Eigenzeit

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Die Eigenzeit ist im Wesen einer lebendig sich entwickelnden Ganzheit begründet und äußert sich durch die in ihr periodisch in geordneter Folge ablaufenden und sich dabei beständig metamorphosierenden Prozesse. Alle Lebewesen und alle lebendigen Systeme, so etwa auch unsere Erde, das ganze Planetensystem und der Kosmos insgesamt, sind solche Ganzheiten und jede hat ihre spezifische Eigenzeit. Eine von den Dingen abgezogene absolute Zeit gibt es nicht. Zeitmessungen können daher nicht auf sie bezogen werde, sondern bestehen im Vergleich verschiedener Eigenzeiten miteinander.

"Und damit komme ich dazu, daß im Grunde jede Entität, die überhaupt betrachtet werden darf wie eine Totalität, eigentlich ihre Zeit in sich trägt. Ein Stückchen [eines] unorganischen Körpers kann ich für sich betrachten, ein Blatt nicht, weil es nur einen Bestand hat am Baum. Ich muß also Rücksicht nehmen bei meiner Betrachtung darauf, was ein in sich geschlossenes totales System ist, was eine Totalität ist. Jede Totalität aber, die ich so betrachte, hat die Zeit als etwas Immanentes in sich. So daß ich eigentlich nicht viel übrig haben kann für die abstrakte Zeit, die noch außer jedem Ding ist und [neben] der jedem Ding oder Verlauf immanenten Zeit existiert. Wenn ich die Zeit, die von Anfang bis Ende gehen soll, ins Auge fasse, kommt es mir gerade so vor, wie wenn jemand den abstrakten Begriff für das einzelne Pferd bildet. Die einzelnen Pferde sind in der äußeren Raumrealität da, aber um den Begriff zu bekommen, muß ich ihm etwas anderes noch zuschreiben. So ist es auch mit der Zeit. Die Frage: Ist die Zeit in sich veränderlich oder nicht? - hat keinen wirklichen Inhalt, weil jedes Totalsystem in seinem immanenten Sein seine [eigene] Zeit hat, und seinen [eigenen] Geschwindigkeitsverlauf. Der Geschwindigkeitsverlauf des Unorganischen oder des Lebensprozesses führt zurück auf diese immanente Zeit.

Daher möchte ich eigentlich lieber als eine Relativitätstheorie, die immer voraussetzt, daß man das eine Koordinatenachsensystem auf das andere beziehen kann, eine Absolutitätstheorie begründen, die davon ausgeht, überall zu erforschen, wo Totalsysteme sind, von denen man sprechen darf, wie man sprechen darf von der Totalität eines Organismus. Man kann nicht sprechen von der Totalität der Silurperiode bei der Erde, sondern da muß man die Silurperiode mit einer anderen [erdgeschichtlichen Periode] zu einem Totalitätssystem zusammenfassen. Ebensowenig kann ich von einem Menschenkopf sprechen als von einer Totalität, da gehört das andere dazu.

In der Geologie beschreiben wir [je] eine Periode [für sich genommen] nach der anderen, als wenn sie so eine Wirklichkeit wäre. Sie ist es nicht. Sie ist nur eine Wirklichkeit mit dem Ganzen der Erde, und zwar so, wie ein Organismus eine Wirklichkeit ist, wo ich nicht eines herausreißen darf. Es käme vielmehr darauf an, statt unsere Vorgänge zu beziehen auf Koordinatenachsensysteme, sie auf ihre eigene innere Wirklichkeit zu beziehen, dann würden wir zu Totalitätssystemen kommen. Und dann würden wir müssen zu einer Art von Monadismus zurückkommen. Wir würden überwinden diese Relativitätstheorie und würden zur Absolutitätstheorie kommen." (Lit.: GA 324a, S. 143f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die vierte Dimension, GA 324a (1995), ISBN 3-7274-3245-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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