Göttliche Komödie und Anthropomorphismus: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Dante_Bueste.jpg|thumb|Dante Alighieri]]
'''Anthropomorphismus''' (von {{ELSalt|ἄνϑρωπος}} ''anthropos'' ‚Mensch‘  und {{polytonisch|μορφή}} ''morphē'' ‚Form, Gestalt‘) ist die Übertragung [[mensch]]licher [[Gestalt]]s- und [[Verhalten]]smerkmale auf ''nichtmenschliche'' Wesen und Erscheinungen, beispielsweise auf [[Götter]], [[Tier]]e, [[Pflanze]]n, [[Natur]]gewalten, unbelebte [[Objekt]]e und sogar auf [[Maschine]]n.  
==Einführung==
[[Dante Alighieri]]s '''Göttliche Komödie''' hat wie kaum ein anderes Werk die europäische Literatur nachhaltig beeinflusst. Nach seiner Verbannung aus [[Wikipedia:Florenz|Florenz]] im Jahre 1302 hatte sich Dante in [[Wikipedia:Ravenna|Ravenna]] niedergelassen, wo er 1307 mit der Arbeit an der in italienischer Volkssprache verfassten ''Divina Commedia'' begann und sie erst kurz vor seinem Tod im Jahr 1321 vollendete.  


Die ''Göttliche Komödie'' ist wesentlich von den geistigen Schauungen von Dantes Lehrer [[Brunetto Latini]] beeinflusst und gibt, wie [[Rudolf Steiner]] deutlich gemacht hat, einen späten Nachklang dessen, was an geistigem Erleben einstmals in der [[Schule von Chartres]] lebendig gewesen war.  
Schon in den «[[GA 1|Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften]]» hatte Rudolf Steiner geschrieben, dass der Mensch zwangsläufig einen offenbaren oder verhüllten Anthropomorphismus in seine [[Erkenntnis]]tätigkeit hineinträgt, ja, dass dadurch, wenn es in richtiger Weise geschieht, überhaupt erst Erkenntnis möglich wird. Er entfernt sich dadurch keineswegs von der Wirklichkeit, die grundsätzlich nur in einem Subjekt und Objekt übergreifenden Prozess zu erreichen ist. Die [[Wahrheit]], durch die die [[Wirklichkeit]] ergriffen werden soll, ist immer ein [[Freiheit|freies]] schöpferisches Erzeugnis des [[individuell]]en Menschen, das aber bei entsprechender geistiger Beweglichkeit [[Intersubjektivität|intersubjektiv]] nachvollzogen werden kann. Damit wird keineswegs ein willkürlicher Relativismus begründet, sondern es wird nur betont, dass die Wirklichkeit im Erkenntnisvorgang individuell ergriffen werden ''muss'' und auch auf diese Weise ergriffen werden ''kann'', weil der Mensch als [[Mikrokosmos]] sämtliche Gesetzmäßigkeiten des [[Makrokosmos]] in sich trägt. Auch den ''scheinbar'' rein objektiven Erkenntnissen der [[Naturwissenschaft]]en haftet ein solcher, meist verhüllter Anthropomorphismus an.


:"Brunetto Latini, wurde der Lehrer des Dante. Und was Dante von Brunetto Latini gelernt hat, das hat er dann in seiner poetischen Weise in der "Divina Commedia" niedergelegt. So ist also das große Gedicht "Divina Commedia" ein letzter Abglanz dessen, was in platonischer Weise an einzelnen Stätten weiterlebte..." {{lit|GA 240}}
<div style="margin-left:20px">
"Der Mensch muß die Dinge aus seinem Geiste sprechen
lassen, wenn er ihr Wesen erkennen will. Alles, was er über
dieses Wesen zu sagen hat, ist den geistigen Erlebnissen seines
Innern entlehnt. Nur von sich aus kann der Mensch die
Welt beurteilen. Er muß anthropomorphisch denken. In die
einfachste Erscheinung, z. B. in den Stoß zweier Körper
bringt man einen Anthropomorphismus hinein, wenn man
sich darüber ausspricht. Das Urteil: «Der eine Körper
stößt den andern», ist bereits anthropomorphisch. Denn
man muß, wenn man über die bloße Beobachtung des Vorganges
hinauskommen will, das Erlebnis auf ihn übertragen,
das unser eigener Körper hat, wenn er einen Körper
der Außenwelt in Bewegung versetzt. Alle physikalischen
Erklärungen sind versteckte Anthropomorphismen. Man
vermenschlicht die Natur, wenn man sie erklärt, man legt
die inneren Erlebnisse des Menschen in sie hinein. Aber
diese subjektiven Erlebnisse sind das innere Wesen der
Dinge. Und man kann daher nicht sagen, daß der Mensch
die objektive Wahrheit, das «An sich» der Dinge nicht erkenne,
weil er sich nur subjektive Vorstellungen über sie
machen kann.<ref>Goethes Anschauungen stehen in dem denkbar schärfsten Gegensatz
zur Kantschen Philosophie. Diese geht von der Auffassung aus, daß
die Vorstellungswelt von den Gesetzen des menschlichen Geistes beherrscht
werde und deshalb alles, was ihr von außen entgegengebracht
wird, in ihr nur als subjektiver Abglanz vorhanden sein könne.
Der Mensch nehme nicht das «An sich» der Dinge wahr, sondern die
Erscheinung, die dadurch entsteht, daß die Dinge ihn affizieren und
er diese Affektionen nach den Gesetzen seines Verstandes und seiner
Vernunft verbindet. Daß durch diese Vernunft das Wesen der Dinge
spricht, davon haben Kant und die Kantianer keine Ahnung. Deshalb
konnte die Kantsche Philosophie für Goethe nie etwas bedeuten.
Wenn er sich einzelne ihrer Sätze aneignete, so gab er ihnen einen
völlig anderen Sinn, als sie innerhalb der Lehre ihres Urhebers
haben. Es ist durch eine Notiz, die erst nach Eröffnung des Weimarischen
Goethe-Archivs bekannt geworden ist, klar, daß Goethe den
Gegensatz seiner Weltauffassung und der Kantschen sehr wohl
durchschaute. Für ihn liegt der Grundfehler Kants darin, daß dieser
«das ''subjektive'' Erkenntnisvermögen nun selbst als ''Objekt'' betrachtet
und den Punkt, wo ''subjektiv'' und ''objektiv'' zusammentreffen,
zwar scharf aber nicht ganz richtig sondert». Subjektiv und objektiv
treten zusammen, wenn der Mensch das, was die Außenwelt ausspricht,
und das, was sein Inneres vernehmen läßt, zum ''einigen'' Wesen
der Dinge verbindet. Dann hört aber der Gegensatz von subjektiv
und objektiv ganz auf; er verschwindet in der geeinten Wirklichkeit.
Ich habe darauf schon hingedeutet in dieser Schrift S. 218 ff.
Gegen meine damaligen Ausführungen polemisiert nun K. ''Vorländer''
im 1. Heft der «Kantstudien». Er findet, daß meine Anschauung
über den Gegensatz von Goethescher und Kantscher Weltauffassung
«mindestens stark einseitig und mit klaren Selbstzeugnissen
Goethes in Widerspruch» sei und sich «aus dem völligen Mißverständnis
der transzendentalen Methode» Kants von meiner Seite
erkläre. ''Vorländer'' hat keine Ahnung von der Weltanschauung, in
der Goethe lebte. Mit ihm zu polemisieren würde mir gar nichts
nützen, denn wir sprechen verschiedene Sprachen. Wie klar sein
Denken ist, zeigt sich darin, daß er bei meinen Sätzen nie weiß, was
gemeint ist. Ich mache z. B. eine Bemerkung zu dem Goetheschen
Satze: «Sobald der Mensch die Gegenstände um sich her gewahr
wird, betrachtet er sie in bezug auf sich selbst, und mit Recht. Denn
es hängt sein ganzes Schicksal davon ab, ob sie ihm gefallen oder
mißfallen, ob sie ihn anziehen oder abstoßen, ob sie ihm nützen oder
schaden. Diese ganz natürliche Art, die Sachen anzusehen und zu beurteilen, scheint so leicht zu sein, als sie notwendig i s t . . . Ein weit
schwereres Tagewerk übernehmen diejenigen, deren lebhafter Trieb
nach Kenntnis die Gegenstände der Natur ''an sich selbst'' und in
ihren Verhältnissen untereinander zu beobachten strebt, sie suchen
und untersuchen, was ist, und nicht was behagt.» Meine Bemerkung
lautet: «Hier zeigt sich, wie Goethes Weltanschauung gerade der
entgegengesetzte Pol der Kantschen ist. Für Kant gibt es überhaupt
keine Ansicht über die Dinge, wie sie an sich sind, sondern nur wie
sie in bezug auf uns ''erscheinen''. Diese Ansicht läßt Goethe nur als
ganz untergeordnete Art gelten, sich zu den Dingen in ein Verhältnis
zu setzen.» Dazu sagt ''Vorländer'': «Diese (Worte Goethes) wollen
weiter nichts als einleitend den trivialen Unterschied zwischen dem
Angenehmen und dem Wahren auseinandersetzen. Der Forscher soll
suchen, <''was ist'' und nicht was ''behagt''>. Wer, wie Steiner, die letztere
allerdings sehr untergeordnete Art, sich zu den Dingen in ein Verhältnis
zu setzen, als diejenige Kants zu bezeichnen wagt, dem ist zu
raten, daß er sich erst die Grundbegriffe der Kantschen Lehre, z. B.
den Unterschied von subjektiver und objektiver Empfindung, etwa
aus § 3 der Kr. d. U. klarmache.» Nun habe ich durchaus nicht, wie
aus meinem Satze klar hervorgeht, gesagt, daß jene Art, sich zu den
Dingen in ein Verhältnis zu setzen, die Kants ist, sondern daß Goethe
die Kantsche Auffassung vom Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt
nicht entsprechend dem Verhältnis findet, in dem der Mensch
zu den Dingen steht, wenn er erkennen will, wie sie an sich sind.
Goethe ist der Ansicht, daß die Kantsche Definition nicht dem
menschlichen Erkennen, sondern nur dem Verhältnisse entspricht,
in das sich der Mensch zu den Dingen setzt, wenn er sie in bezug auf
sein Gefallen und Mißfallen betrachtet. Wer einen Satz in einer solchen
Weise mißverstehen kann wie ''Vorländer'', der mag es sich ersparen,
andern Leuten Ratschläge zu geben über ihre philosophische
Ausbildung, und lieber erst sich die Fähigkeit aneignen, einen Satz
richtig ''lesen'' zu lernen. Goethesche Zitate aufsuchen und sie historisch
zusammenstellen kann jeder; sie im Sinne der Goetheschen
Weltanschauung deuten, kann jedenfalls ''Vorländer'' nicht.</ref> Von einer andern als einer subjektiven
menschlichen Wahrheit kann gar nicht die Rede sein. Denn
Wahrheit ist Hineinlegen subjektiver Erlebnisse in den objektiven
Erscheinungszusammenhang. Diese subjektiven
Erlebnisse können sogar einen ganz individuellen Charakter
annehmen. Sie sind dennoch der Ausdruck des inneren
Wesens der Dinge. Man kann in die Dinge nur hineinlegen,
was man selbst in sich erlebt hat. Demnach wird auch jeder
Mensch, gemäß seinen individuellen Erlebnissen etwas in
gewissem Sinne anderes in die Dinge hineinlegen. Wie ich
mir gewisse Vorgänge der Natur deute, ist für einen andern,
der nicht das gleiche innerlich erlebt hat, nicht ganz
zu verstehen. Es handelt sich aber gar nicht darum, daß alle
Menschen das gleiche über die Dinge denken, sondern nur
darum, daß sie, wenn sie über die Dinge denken, im Elemente
der Wahrheit leben. Man kann deshalb die Gedanken
eines andern nicht als solche betrachten und sie annehmen
oder ablehnen, sondern man soll sie als die Verkünder
seiner Individualität ansehen. «Diejenigen, welche
widersprechen und streiten, sollten mitunter bedenken, daß
nicht jede Sprache jedem verständlich sei» (Natw. Schr.,
4. Bd., 2. Abt., S. 355). Eine Philosophie kann niemals eine
allgemeingültige Wahrheit überliefern, sondern sie schildert
die inneren Erlebnisse des Philosophen, durch die er
die äußeren Erscheinungen deutet.


==Aufbau==
Wenn ein Ding durch das Organ des menschlichen Geistes
[[Bild:Paradiso Natalino Sapegna.jpg|thumb|left|Schema del Paradiso dantesco, Natalino Sapegna]]
seine Wesenheit ausspricht, so kommt die volle Wirklichkeit
===Die tieferen Schichten der «Göttliche Komödie»===
nur durch den Zusammenfluß des äußeren Objektiven
Dante selbst hat darauf hingewiesen, dass die ''Divina Commedia'' nicht eine einfache, sondern, wie es in mittelalterlichen mystischen Schriften häufig der Fall ist, eine vierfache Bedeutung hat. Die vier Interpretationsebenen hängen mit den vier [[Wesensglieder]]n des Menschen zusammen:
und des inneren Subjektiven zustande. Weder durch einseitiges
Beobachten, noch durch einseitiges Denken erkennt
der Mensch die Wirklichkeit. Diese ist nicht als etwas Fertiges
in der objektiven Welt vorhanden, sondern wird erst
durch den menschlichen Geist in Verbindung mit den Dingen
hervorgebracht. Die objektiven Dinge sind nur ein Teil
der Wirklichkeit. Wer ausschließlich die sinnliche Erfahrung
anpreist, dem muß man mit Goethe erwidern, «daß
die Erfahrung nur die Hälfte der Erfahrung ist» (Natw.
Schr., 4. Bd., 2. Abt., S. 503). «Alles Faktische ist schon
Theorie», d. h. es offenbart sich im menschlichen Geiste ein
Ideelles, wenn er ein Faktisches betrachtet. Diese Weltauffassung,
die in den Ideen die Wesenheit der Dinge erkennt
und die Erkenntnis auffaßt als ein Einleben in das Wesen
der Dinge, ist nicht ''[[Mystik]]''. Sie hat aber mit der Mystik das
gemein, daß sie die objektive Wahrheit nicht als etwas in
der Außenwelt Vorhandenes betrachtet, sondern als etwas,
das sich im Innern des Menschen wirklich ergreifen läßt.
Die entgegengesetzte Weltanschauung versetzt die Gründe
der Dinge hinter die Erscheinungen, in ein der menschlichen
Erfahrung jenseitiges Gebiet. Sie kann nun entweder sich
einem blinden ''[[Glauben]]'' an diese Gründe hingeben, der von
einer positiven Offenbarungsreligion seinen Inhalt erhält,
oder Verstandeshypothesen und Theorien darüber aufstellen,
wie dieses jenseitige Gebiet der Wirklichkeit beschaffen
ist. Der Mystiker sowohl wie der Bekenner der Goetheschen
Weltanschauung lehnen sowohl den Glauben an ein
Jenseitiges, wie auch die Hypothesen über ein solches ab,
und halten sich an das wirkliche Geistige, das sich in dem
Menschen selbst ausspricht." {{Lit|{{G|001|335ff}}}}
</div>


{|align="center" width="80%"|
== Anmerkungen ==
|Der '''Buchstabe''' lehrt die Geschehnisse,
|[[Physischer Leib]] (sinnlicher [[Verstand]])
|-
|die '''Allegorie''' lehrt, was du glauben musst,
|[[Ätherleib]] ([[Imagination]])
|-
|die '''Moral''' lehrt, was du tun musst,
|[[Astralleib]] ([[Inspiration]])
|-
|wonach du streben musst, lehrt die '''Anagogie'''.
|[[Ich]] ([[Intuition]])
|}


===Künstlerisch-architektonischer Aufbau===
<references/>
Der architektonische Aufbau der ''Commedia'' in seiner dreigliedrigen Gestalt deutet auf den Seelenleib (Astralleib) des Menschen und seine Verwandlung durch die Tätigkeit des Ich zum [[Geistselbst]] – es ist das Streben nach dem [[Ewig-Weibliche]]n, nach der [[Jungfrau Sophia]]. Es gibt 1 + 3 x 33 Gesänge und jeder Hauptteil endet mit dem Wort ''Sterne'' – ein deutlicher Hinweis auf den [[Sternenleib]] des Menschen, den [[Siderischer Leib|siderischen Leib]], wie ihn [[Paracelsus]] genannt hat.


==Die «Göttliche Komödie» und das Ostergeschehen==
== Literatur ==
[[Bild:Dante_Tor_zur_Unterwelt.jpg|thumb|200px|William Blake, Die Inschrift am Tor zur Unterwelt]]
Dantes «Göttliche Komödie» ist eng mit dem Ostergeschehen verbunden. Nicht zufällig verlegt Dante den Beginn seiner Schilderungen auf den Karfreitag des Jahres 1300 und den geistigen Hintergrund des Geschehens bildet das Mysterium von [[Tod]] und [[Auferstehung]] des [[Christus]] [[Jesus]], das sich auch in den sieben Stufen des [[Christlicher Schulungsweg|christlichen Einweihungsweges]] widerspiegelt. In die ersten 3 Stufen dieses Weges – [[Fußwaschung]], [[Geißelung]] und [[Dornenkrönung]] - wurde Dante nicht zuletzt durch die schicksalsträchtigen Ereignisse seines Lebenslaufes – die Verbannung aus Florenz mit all ihren Folgen – eingeweiht. In der «Göttlichen Komödie» treten dann vor allem die 4 letzten Stufen deutlicher hervor.


Die Quintessenz der 4. Stufe, der [[Kreuztragung]], wird gleich zu Beginn angedeutet, wo Dante mitteilt, dass er nun Erlebnisse schildert, die sich dem wachen Geist in der Lebensmitte offenbaren. Und er macht auch gleich deutlich, dass es Erlebnisse sind, die jeder Mensch in diesem Alter haben kann, indem er ganz bewusst formuliert: "In unseres Lebens Mitte..." Mit der Lebensmitte haben unsere Lebenskräfte ihren Höhepunkt überschritten und zuerst ganz leise, dann immer stärker beginnen wir unseren stofflichen Leib als Last zu empfinden. Er ist das Kreuz, an dem wir immer schwerer zu tragen haben. Zugleich beginnt aber auch da erst die Zeit, wo wir das Geistige mit vollem [[Ichbewusstsein]] ergreifen können. Etwa mit dem 35. Lebensjahr beginnt sich die [[Bewusstseinsseele]] zu entfalten.
#Rudolf Steiner: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften'', [[GA 1]] (1987), ISBN 3-7274-0011-0; '''Tb 649''', ISBN 978-3-7274-6490-4 {{Schriften|001}}


Alle folgenden Schilderungen sind aus dem Erleben des [[Mystischer Tod|mystischen Todes]] erzählt, der 5. Stufe des christlichen Schulungsweges.
{{GA}


Die geistigen Ereignisse des [[Karsamstag]]s, die mit der sog. Höllenfahrt Jesu Christi zusammenhängen, und die in den vier Evangelien nur wenig berücksichtigt werden, erscheinen Dante besonders wichtig und bilden die Grundlage für die Gesänge des Infernos und des Purgatorios. Das entspricht der 6. Stufe des christlichen Weges, der [[Grablegung]]. Dante folgt dem Christus auf seinen Wegen, wohl wissend, dass der Weg zur Auferstehung durch die Hölle führt. [[Auferstehung]] und [[Himmelfahrt]] bilden die 7. Stufe der christlichen Einweihung und Dante schildert sie vor allem in den Gesängen des Paradiso.
[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]]
 
Ausführlicher wird uns in der christlichen Überlieferung von der Höllenfahrt Christi nur in dem apokryphen [[Nikodemus-Evangelium]] berichtet. [[Nikodemus]] ist jener hohe israelitische Eingeweihte, der Christus "bei Nacht" – d.h. im reinen Geistgespräch – besuchte (Joh 3,1). Es geht in diesem Gespräch um die Wiedergeburt des Menschen aus der Kraft des höheren Ich, was der Christus noch dadurch verdeutlicht, das er in diesem Gespräch Nikodemus auf die Erhöhung der Schlange durch Moses (4. Mose 21,8-9) verweist. Die erhöhte Schlange ist das Symbol für diese Ich-Kraft. Die Wiedergeburt des Menschen aus dem Geiste ist auch das zentrale Thema der «Göttlichen Komödie».
 
Was bedeutet die Wiedergeburt des Menschen im Sinne der Auferstehung? Auferstehung ist mehr als Unsterblichkeit, ist mehr als ein bloßes Weiterleben nach dem Tod. Und Auferstehung ist auch mehr als die Wiedergeburt in wiederholten Erdenleben. Unsterblichkeit bedeutet das bewusste Fortbestehen des geistigen Wesenskerns des Menschen, des Ich, im rein geistigen Leben nach dem Tode. Wiedergeburt im Sinne der Reinkarnation bedeutet das wiederholte Wiedererscheinen dieses geistigen Wesenskernes in einem sterblichen irdischen Leib.Auferstehung bedeutet die Wiedergeburt des ganzen Menschen im Geistigen. Was ist der ganze Mensch? Der ganze Mensch ist das Ich plus den drei Wesensgliedern – Astralleib, Ätherleib und physischer Leib -, die diesen Kern umhüllen. Das Ich ist zwar unser geistiger Wesenskern, aber noch nicht der ganze Mensch – und die Wesensglieder alleine natürlich noch weniger. Ohne seine wesenhaften Hüllen hat das Ich keine Entwicklungsmöglichkeit. Das Ich wächst und reift nur dadurch, dass es an der Vergeistigung seiner Hüllen arbeitet. Es verwirklicht sich, indem es seine Hüllen wirksam durchdringt. Die Integrität der Wesenshüllen des Menschen muss gewahrt werden, wenn sich das Ich voll entfalten soll – darum dreht sich letztlich die ganze Erdenentwicklung.
 
Die Frage nach dem Fortbestand der menschlichen Leibeshüllen nach dem Tode bewegt Dante tief. Er spricht davon noch nicht in den Gesängen des Infernos, aber gleich dort, wo die Gesänge des Purgatorios anheben und die Gestalten der Toten an ihn herantreten:
 
<table align="center"><tr><td>
Hervor trat eine jetzt, so inniglich <br/>Mich zu umarmen, mit so holden Mienen, <br/>Da&szlig; mein Verlangen ganz dem ihren glich. <br/><br/>Leere Schatten, die Gestalt nur schienen! <br/>Dreimal halt&rsquo; ich die H&auml;nde hinter ihr, <br/>Und dreimal kehrt&rsquo; ich zu der Brust mit ihnen. (Purgatorio 2)
</td></tr></table>
 
 
Sichtbar sind die Gestalten wohl, aber es fehlt ihnen "doch gar zu sehr am Greiflich-Tüchtighaften" und sie werfen im Licht der Sonne auch keinen Schatten wie Dante selbst. Die Toten erscheinen zwar als menschliche Gestalten, aber ihnen fehlt die feste Grenze, die sie für andere undurchdringlich macht. Im Erdenleben schafft uns der stoffliche Leib diese feste Begrenzung, bietet uns einen Innenraum, der nur uns gehört und der dadurch unsere Identität wahrt und verhindert, dass wir uns in unserer Umwelt verlieren. Dieses Grenzerlebnis ist entscheidend für die Entwicklung unseres Ichbewusstseins. Dieses Grenzerlebnis, das wir im physischen Leben haben, muss ins Geistige übertragen werden, wenn wir unser volles Selbstbewusstsein nicht verlieren wollen. Wir müssen mit unserem Geistesleben dem äußeren Geistesleben objektiv gegenübertreten, wir dürfen damit nicht unterschiedslos zusammenfließen, wenn wir nicht ein unselbstständiges Glied der geistigen Welt werden wollen.
 
==Inhalt und Bedeutung==
Bei Dante wird nun alles, was früher geistige Schau des Äußeren war, zum tiefen inneren persönlichen Erlebnis. Dante beschreibt, was er bei seinem Hinabstieg in die eigenen Seelentiefen erlebt. In des Lebens Mitte, so schildert er, irrt er in der Nacht zum Karfreitag des Jahres 1300 durch einen wilden grauenvollen Wald. Der Wald ist, ähnlich wie bei Brunetto oder später in [[Goethe]]s [[Faust-Dichtung|Faust II]] ("Waldung, sie schwankt heran..."), ein Bild für die ätherischen Lebenskräfte der Natur. Dennoch - die Schau des Geistigen, das die äußere irdische Natur durchwebt, tritt bei Dante zurück. Die Göttin [[Natura]] tritt in seiner «Commedia» nicht mehr explizit auf, sie wird höchstens in der rätselhaften Figur der Matelda, die Dante im irdischen Paradies begegnet, angedeutet. Teilweise zeigt auch Beatrice gewisse Züge der Natura, aber insgesamt ist doch alles, was aus dem alten Naturhellsehen stammte, endgültig verschwunden.
 
Dante begegnen zunächst drei wilde Tiere, in denen sich die noch ungeläuterten Kräfte der seelischen Wesensglieder widerspiegeln - ein ''Pardelluchs'', ein ''Löwe'' und eine ''Wölfin''.
 
:"Eine Wölfin ist für Dante das Bild für die Unmäßigkeit, für die Schattenseiten der Empfindungsseele. Dann begegnen uns die Schattenseiten der Verstandesseele als der Entwickelung widerstrebende Kräfte: Was nicht in sich geschlossener Starkmut ist, was sinnlos aggressive Kräfte der Verstandesseele sind, das tritt uns in Dantes Phantasie als ein zu Bekämpfendes in dem Löwen entgegen. Und die Weisheit, die nicht nach den Höhen der Welt hinaufstrebt, die sich nur als Klugheit und Schlauheit auf die Welt richtet, tritt uns in dem dritten Bilde, in dem Luchs, entgegen. Die «Luchs-Augen» sollen darstellen Augen, die nicht Weisheitsaugen sind, die in die geistige Welt hineinsehen, sondern Augen, die nur auf die Sinnenwelt gerichtet sind." {{lit|GA 59, 12. Mai 1910}}
 
Ihnen muss durch die [[Platonische Tugenden|platonischen Tugenden]] [[Weisheit]], [[Starkmut]] und [[Mäßigkeit]] entgegengewirkt werden:
 
:"Weisheit, die Kraft der Bewußtseinsseele; Starkmut in sich selber, die Kraft, welche der Verstandes- oder Gemütsseele entstammt, und Mäßigkeit, dasjenige, was die Empfindungsseele in ihrer höchsten Entfaltung erreicht. Wenn das Ich durchgeht durch eine Entwickelung, die getragen ist von der Mäßigkeit der Empfindungsseele, von der Starkheit oder inneren Geschlossenheit der Verstandes- oder Gemütsseele, von der Weisheit der Bewußtseinsseele, dann kommt es allmählich zu höheren Seelenerlebnissen, die in die geistige Welt hinaufführen." {{lit|GA 59}}
 
– dazu gehört dann noch die [[Gerechtigkeit]], die unmittelbar mit der Ich-Kraft zusammenhängt.
 
===Inferno===
====Übersicht====
<table align="center"><tr><td>
<div>1&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Der finstere Wald; die drei Tiere; Virgil; der &bdquo;Veltro&ldquo;.</i></div><div><i>2&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; </i>Mission Virgils; die drei himmlischen Frauen.</div><div>3&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Eingang der H&ouml;lle; </i>die Unentschlossenen; Acheronstrom.</div><div>4&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Erster Kreis </i>Limbus (= Vor-H&ouml;lle); tugendhafte Heiden.<br/>5&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Zweiter Kreis Wollust; Francesca und Paolo.</i></div><div><i>6&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dritter Kreis Gier; Ciaccos Prophetie.</i></div><div><i>7&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Vierter Kreis Geiz </i>und <i>Verschwendung.</i></div><div>8&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>F&uuml;nfter Kreis </i>Styx <i>Zorn, Tr&auml;gheit des Herzens.</i></div><div>9&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Sechster Kreis die Stadt Dis; der hohe Gesandter (Aeneas).</i></div><div>10&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Ketzer in gl&uuml;henden Sarkophagen; Farinata.</i></div><div>11&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erkl&auml;rung der Einteilung der H&ouml;lle <i>Aristotelische Laster</i></div><div>12&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Siebenter Kreis Gewaltt&auml;ter gegen Andere.</i></div><div>13&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Gewalt gegen sich selbst </i>Wald der Selbstm&ouml;rder.</div><div>14&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Gewalt gegen Gott </i>Gottesl&auml;sterer.</div><div>15,16&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Gewalt gegen die Natur Brunetto Latini.</i></div><div>17&nbsp;&nbsp;&nbsp; Wucherer; das Ungeheuer Geryon (Betrug).</div><div>18&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Achter Kreis </i>Malebolge mit 10 Sackt&auml;lern.</div><div>19&nbsp;&nbsp;&nbsp; Simonisten P&auml;pste Nikolaus III. <i>Bonifacius VIII.</i></div><div>20&nbsp;&nbsp;&nbsp; Wahrsager. Zauberer.</div><div>21&nbsp;&nbsp;&nbsp; Bestechende und Bestechliche; gl&uuml;hender Pechsee.</div><div>22&nbsp;&nbsp;&nbsp; Humoristisches Intermezzo: Teufel im Pechsee.</div><div>23&nbsp;&nbsp;&nbsp; Heuchler; Pharis&auml;er.</div><div>24,25&nbsp;&nbsp;&nbsp; Diebe und R&auml;uber; Schlangen als Peiniger.</div><div>26&nbsp;&nbsp;&nbsp; Schlechter Ratgeber &mdash; <i>Ulysses' Fahrt nach dem Westen.</i></div><div><i>27&nbsp;&nbsp;&nbsp; </i>Schlechte Ratgeber (Fortsetzung).</div><div>28&nbsp;&nbsp;&nbsp; Stifter von Zwietracht; Mohammed; Bertran de Born.</div><div>29&nbsp;&nbsp;&nbsp; Falschm&uuml;nzer.</div><div>30&nbsp;&nbsp;&nbsp; F&auml;lscher.</div><div>31&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Neunter Kreis&nbsp;&nbsp; </i>Untere Regionen der H&ouml;lle.</div><div>32&nbsp;&nbsp;&nbsp; Das ewige Eisgefilde des Verrates. Verrat an Verwandten </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; an dem Vaterland.</div><div>33 &nbsp;&nbsp;&nbsp;Ugolino.</div><div>34&nbsp;&nbsp;&nbsp; Verrat an Wohlt&auml;tern, an Gott. <i>Luzifer; </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; mechanischer Fl&uuml;gelschlag. </i></div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Judas, Brutus, Cassius. </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Durchgang durch den Mittelpunkt der Erde zum </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; L&auml;uterungsberg.</div>
</td></tr></table>
 
 
Als geistiger Führer durch die Unterwelt erscheint nun [[Vergil]]. Im [[Anticlaudian]] des [[Alanus ab Insulis]] waren die Wesen der Unterwelt erst ganz am Schluß zum Kampf angetreten. Bei Dante wird der Schilderung der Unterwelt, des Infernos, von Anfang an breiter Raum gegeben. Die 9 Kreise der [[Hölle]] haben einen deutlichen Bezug zu den seelischen Wesensgliedern:
 
[[Bild:Dore_Lucifer.jpg|thumb|left|300px|[[Luzifer]] (eigentlich [[Satan]]), der Herr der [[Hölle]], Illustration von [[Wikipedia:Gustave Doré|Gustave Doré]] zu [[Dante]]s [[Göttliche Komödie|Göttlicher Komödie]]]]
Bis zum 6. Kreis, wo sich die schreckliche Stadt Dis befindet, werden die Folgen der Unmäßigkeit gebüßt – also die vorwiegend [[luziferisch]]en Verfehlungen der [[Empfindungsseele]]. Im 7. Höllenkreis schmoren die Gewalttäter; hier ist auch der schreckliche Wald der Selbstmörder – eben alle, die nicht genügend [[Starkmut]] entwickelt haben, um die [[Verstandes- oder Gemütsseele]] zu läutern. Ab dem 8. Kreis finden sich die Simonisten, die falschen Wahrsager und Zauberer, die Lügner, Betrüger und Verräter, die sich der [[ahrimanisch]]en Verfehlungen der [[Bewusstseinsseele]] schuldig gemacht haben. Im Zentrum, im 9. Kreis, in der [[Eishölle]], finden wir nach Dantes Schilderung [[Luzifer]] – tatsächlich ist es aber [[Ahriman]], der von hier aus seine Kräfte ausschickt.
 
Die 9 Kreise der danteschen Hölle korrespondieren mit den 9 Schichten des [[Erdinneres|Erdinneren]], wie sie Rudolf Steiner gelegentlich charakterisiert hat. Sie stellen die Summe der astralen Kräfte dar, die den Menschen an die Erde fesseln und ihn immer wieder zu einer neuen Inkarnation herunterziehen, solange er diese Kräfte nicht aus seinem Wesen ausgeschieden hat. Dante schildert die gemäß der katholischen Lehre die Hölle als Ort der ewigen Verdammnis. Wahr ist, dass diese Kräfte nicht im [[Kamaloka]] abgetan werden können, sondern dass sich der Mensch erst nach und nach im Laufe der aufeinanderfolgenden Inkarnationen von ihnen endgültig befreien kann. Dante ist allerdings der [[Reinkarnation]]sgedanke noch weitgehend fremd. Allerdings bereitet ihm die von der Kirche postulierte ewige Verdammnis sämtlicher auch hochstehender Persönlichkeiten der vorchristlichen Zeit Unbehagen. Und so findet sich in seiner ''Commedia'', fußend auf der «Legenda Aurea», eine vielsagende Ausnahme von der sonst unumstößlichen Regel: Kaiser Trajanus sei auf Fürsprache von [[Gregor VII.|Papst Gregor dem Großen]] die Gunst eines neuerlichen Erdenlebens in gewährt worden, in dem er die [[Taufe]] empfangen habe und so von der ewigen Verdammnis befreit worden wäre.
 
Es besteht allerdings künftig die Gefahr, dass Menschenseelen zum Raube Ahrimans werden und sich ganz mit der Erdenschlacke verbinden. Wie schon erwähnt, haust Ahriman in der Eishölle, nicht Luzifer. Dante schildert ihn als riesenhaftes grausiges Wesen mit 3 Gesichtern und fledermausartigen Flügeln (Inferno 34,11).
 
Dante schildert den Höllenraum als sich nach unten zu immer mehr verengenden Trichter, auf des Grund sich – im Erdenzentrum – die Eishölle befindet – ein vielsagendes Bild des immer stärkeren Eingeschlossen- und Eingefrorenseins in den materiellen Kräften. Von hier unten greift Ahriman herauf nach dem Menschengeist und will ihn in die geistigen Gesetzmäßigkeiten des Materiellen Daseins hineinzwingen. Ahriman will den Menschengeist mechanisieren, Luzifer hingegen will den Menschen zum moralischen Automaten machen, d.h. ihn eigentlich in den Unschuldszustand des Tieres zurückversetzen. Das menschliche Ich fiele dadurch in den Schoß der geistigen Welt zurück – allerdings in den Schoß der luziferischen geistigen Welt. Durch Ahriman würde das menschliche Ich zersplittert. Diese Splitter will sich Ahriman einverleiben und dadurch der göttlichen Schöpferkraft teilhaftig werden, die als Funke im menschlichen Ich lebt.
 
Rudolf Steiner weist darauf hin, dass sich die ersten 7 Schichten des Erdinneren dem geistigen Blick eröffnen, wenn man die 7 Stufen des [[Christlicher Schulungsweg|christlichen Einweihungsweges]] durchschreitet:
 
[[Bild:Erdinneres.gif|thumb|Die 9 Schichten des [[Erdinneres|Erdinneren]]]]
:"Auch für die hellseherische Forschung besteht die Erde aus Schichten, und es stellt sich heraus, daß diese Schichten stufenweise wahrnehmbar werden. Diejenigen, welche die Vorträge über das Johannes-Evangelium gehört haben, werden sich erinnern, daß es sieben Stufen der christlichen Einweihung gibt. Diese bestehen erstens in der Fußwaschung, zweitens in der Geißelung, drittens der Dornenkrönung, viertens der Kreuztragung, fünftens im mystischen Tod, sechstens in der Grablegung, siebentens in der Auferstehung. In der Tat tritt für jede dieser Einweihungsstufen in bezug auf die Erforschung der Erde etwas besonders Merkwürdiges zutage, nämlich für jede dieser Einweihungsstufen erweist sich eine jeweils um einen Grad tiefer liegende Schicht unserer Erde als durchsichtig, so daß derjenige, welcher die erste Stufe der Einweihung erreicht hat, zunächst die erste Schicht der Erde durchschauen kann. Wer die zweite Stufe erreicht hat, durchschaut eine zweite Schicht, die ganz anders aussieht. Derjenige, der die Dornenkrönung erlebt hat, sieht eine dritte Schicht. Dann kommt die Stufe der Kreuztragung, welche die vierte Schicht sichtbar macht. Die fünfte Stufe, der mystische Tod, erschließt eine weitere Schicht. Dann kommt die sechste Stufe, die Stufe der Grablegung. Die siebente Schicht entspricht der Auferstehung, so daß Sie sieben aufeinanderfolgende Schichten haben. Dann liegen jenseits dieser sieben Schichten für diejenigen Stufen, auf die sich der Mensch erhebt, wenn er diese sieben Stufen der Einweihung absolviert hat, noch zwei weitere Schichten des Erdenplaneten, eine achte und eine neunte Schicht des Erdeninneren, so daß wir unser Erdinneres aus neun übereinanderliegenden Schichten aufgebaut haben. Ich habe diese Schichten im wesentlichen gleich breit gezeichnet (siehe Zeichnung); sie sind es in Wirklichkeit nicht, sondern sie sind verschieden breit. Aber die Breite der Schichten wird uns heute weniger interessieren können." {{lit|GA 96}}
 
Dante steigt bei seiner Schau des Inferno, wie wir gesehen haben, in seine eigenen Seelentiefen hinab. Schaut man das mit dem, was eben beschrieben wurde, zusammen, so erkennt man, dass man durch die 7 Stufen des christlichen Einweihungsweges alles das erkennen kann, was mit den Verfehlungen der Empfindungsseele und der Verstandesseele zusammenhängt. Damit korrespondieren die 7 oberen Schichten des Erdinneren. Nicht erreicht man auf diesem Weg das eigentlich [[Das Böse|Böse]], das mit der Bewusstseinsseele zusammenhängt. Dazu sind zwei weitere Schritte nötig. Erst durch die Bewusstseinsseele kann der Mensch aus eigenem Entschluss böse werden – bis dahin ist er Opfer der luziferischen und ahrimanischen Verführer. Im Ausgleich dazu wird der Mensch aber auch erst durch die Bewusstseinsseele fähig, selbsttätig [[Moral]] zu schaffen. Rudolf Steiner hat mit seinem in der [[Philosophie der Freiheit]] geprägten Begriff der [[Moralische Intuition|moralischen Intuition]] darauf hingewiesen.
 
Erst mit dem Bewusstseinsseelenzeitalter eröffnet sich dem Menschen die zweifache Perspektive: entweder Ahriman in sich aufzunehmen – wodurch es zur Inkarnation Ahrimans kommt - und sich ganz mit der Erdenschlacke zu verbinden – oder das Ich mit dem [[Christus]] zu erfüllen im Sinne des [[Paulus]]-Wortes "Nicht ich, sondern der Christus in mir!"
 
===Purgatorio===
====Übersicht====
<table align="center"><tr><td>
<div>1&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; &nbsp;<i>Venus, der Morgenstern; Cato, H&uuml;ter des L&auml;uterungsberges.</i></div><div><i>2&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Ankunft der Engelbarke; Casella, der S&auml;nger.</i></div><div>3&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Die unter kirchlichem Bann Gestorbenen; Manfred.<br/></i>4, 5&nbsp;&nbsp; Diejenigen die die Bu&szlig;e verschoben haben bis&nbsp;an ihr Lebensende.<br/>6&nbsp;&nbsp;&nbsp; &nbsp;&nbsp;Sordello; <i>Bu&szlig;rede &uuml;ber das zerrissene Italien.</i></div><div><i>7&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; </i>Tal der F&uuml;rsten.</div><div>8&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erste Nacht; die zwei Engel; die Schlange der Versuchung.</div><div>9&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dantes Traum. Er wird im Schlaf zu der Petruspforte gebracht. </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Der Engel mit dem Schwerte; die 7 P's.</div><div>10&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Der erste Kreis <b>Hochmut</b>, </i>gute Vorbilder der Demut.</div><div>11&nbsp;&nbsp;&nbsp; Die schwer b&uuml;&szlig;enden Hochm&uuml;tigen beten das Vaterunser.</div><div>12&nbsp;&nbsp;&nbsp; Vorbilder von bestraftem Hochmut; das erste P. wird getilgt.</div><div>13&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Zweiter Kreis<b> Neid</b>. </i>Den Neidischen sind die Augen zugen&auml;ht.</div><div>14&nbsp;&nbsp;&nbsp; Die Neidischen; warnende Stimmen in der Luft.</div><div>15&nbsp;&nbsp;&nbsp; &Uuml;bergang zum <i>dritten Kreis <b>Zorn</b> </i>Vision Dantes; </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Vorbilder des Sanftmutes.</div><div>16&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dichte Finsternis. Marco Lombardo &uuml;ber den Einflu&szlig; der Sterne </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; auf die menschliche Seele. Freier Wille.</div><div>17&nbsp;&nbsp; &nbsp;Obergang zum <i>vierten Kreis. <b>Tr&auml;gheit des Herzens</b>. </i></div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Worte Virgils <i>&uuml;ber nat&uuml;rliche und geistige Liebe</i></div><div>18&nbsp;&nbsp;&nbsp; Fortsetzung des Gespr&auml;chs <i>&uuml;ber Liebe und freien Willen</i></div><div>19&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Traum von der Sirene F&uuml;nfter Kreis <b>Geiz</b>.</i></div><div>20&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dante verflucht die Habsucht; </div><div><i>&nbsp; &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Frage nach dem kommenden Erl&ouml;ser </i>(Veltro) Erdbeben.</div><div>21&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erkl&auml;rung des Erdbebens: </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; eine erl&ouml;ste Seele darf eingehen in den Himmel; Statius.</div><div>22&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Sechster Kreis <b>Gier</b>.</i></div><div>23&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Forese Donati.</i></div><div>24&nbsp;&nbsp;&nbsp; Gespr&auml;ch &uuml;ber die Dichtkunst mit Buonagiunta.</div><div>25 &nbsp;&nbsp;&nbsp;Statius' Belehrung &uuml;ber <i>K&ouml;rper und Seele; </i></div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; die Flammen des <i>siebenten Kreises <b>Wollust</b>.</i></div><div>26&nbsp;&nbsp;&nbsp; Gespr&auml;ch mit Guinicelli und Arnaut (Troubadour) </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dante spricht den Letzteren an in der provencalischen Sprache.</div><div>27&nbsp;&nbsp;&nbsp; <b><i>Dante schreitet durch die Flammen</i></b><i>. </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Kr&ouml;nung durch Virgil mit der Kaiserkrone</i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; und mit der p&auml;pstlichen Mitra.</i></div><div>28&nbsp;&nbsp;&nbsp; Das <i>irdische Paradies Matelda; Lethe und Eunoe.</i></div><div>29&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Allegorischer Festzug.</i></div><div>30&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Beatrice auf dem Wagen vom Greifen gezogen. </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Virgil ist verschwunden. Beatrices Strafrede.</i></div><div>31&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Dantes Erniedrigung. </i>Untertauchung in der <b>Lethe</b>. </div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dante schaut Beatrices Antlitz.</i></div><div>32&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Der Paradiesesbaum. Apokalyptische Bilder. </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Riese (Franz&ouml;sischer K&ouml;nig) und Hure<b> </b>(Papsttum).</i></div><div>33&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Beatrices Prophetie des DXV </i>Trunk aus der Eunoe. </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Aufstieg zum Himmel (Paradiso).</div>
</td></tr></table>
 
 
Jedem [[Einweihungsweg]] muss eine gründliche [[Läuterung]], eine [[Katharsis]], vorangehen, durch die sich der Mensch von jenen seelischen Schwerekräften befreit, die ihn an das nur irdische Dasein fesseln. Dante macht diese Reinigung beim Aufstieg auf den Läuterungsberg durch. Auf sieben Stufen wird die Seele von den 7 [[Hauptsünden]] befreit.
 
Anschließend an die Läuterung muss Dante die für jede [[Einweihung]] typischen [[Proben]] bestehen, wie sie Rudolf Steiner auch in [[Wie erlang man Erkenntnisse der höheren Welten]] schildert:
 
====Feuerprobe====
[[Bild:Dante_Fire.jpg|thumb|200px|William Blake, Dante betritt das Feuer]]
Das geistige Feuer "verbrennt" den Schleier der sinnlichen Welt und die geistigen Urbilder der äußeren Welt leuchten für den imaginativen Blick auf. Das ist eben nur möglich, wenn zuvor auch die letzten Reste der sinnlichen Begierde abgestreift wurden – denn eben diese webt den Sinnesschleier.
 
Man muss aber auch verstehen lernen, was man sieht. Zur [[Imagination]] tritt die [[Inspiration]] hinzu. Man lernt die Stimmen der geistigen Welt zu vernehmen. Angesichts der lodernden Feuerwand vernimmt Dante die Worte des Engels:
 
<table align="center"><tr><td>
Er sang am Felsrand, außerhalb der Lohe: <br>
"Beglückt, die reines Herzens sind!" – und mehr <br>
Als menschlich war sein Ton, der mächt’ge, frohe. <br><br>
Drauf: "Weiter nicht, ihr Heil’gen, bis vorher <br>
Die Glut euch nagte! Tretet in die Flammen, <br>
Und seid nicht taub dem Sang von dortenher!" (Purgatorio 27)
</td></tr></table>
 
Die Inspiration zu erleben, ist gleichbedeutend damit, dass man lernt die [[okkulte Schrift]] zu lesen. Das ist gleichsam die Gebärdensprache der geistigen Welt. Es sind keine ausgedachten Symbole, sondern diese geistige Schrift entspricht genau den Kräften, die in der geistigen Welt wirksam sind. In dieser geistigen Zeichensprache kann man die geistige Welt viel unmittelbarer erfassen und beschrieben als in sinnlichen Gleichnissen – das ganze imaginative Erleben, das bis dahin ein bildhaftes, aber sinnlich-bildhaftes Erleben war, ändert und vertieft sich dadurch.
 
====Wasserprobe====
Durch diese Probe muss sich beweisen, ob man sich, wenn die Stütze der äußeren sinnlichen Welt weggefallen ist, frei und sicher in der geistigen Welt bewegen kann. Dazu gehört sichere eigenständige [[Urteilskraft]] im [[Denken]], Selbstbeherrschung im Empfinden und Initiativkraft im Wollen (man nimmt freiwillig ernste Verpflichtungen auf sich, zu denen es keinen äußeren Anstoß gibt). Nur so kann man von der Sinneswelt, die einen sicher trägt, zum bewussten Erleben der unaufhaltsam strömenden Ätherwelt übertreten. Man betritt dann wie Dante die ätherische Welt des "irdischen Paradieses" und man lernt wie er die beiden Ströme [[Lethe]] und [[Eunoë]] kennen. Man tritt in jenen paradiesischen Zustand über, in dem der Mensch war, ehe er sich in dichten stofflichen Leibern verkörperte – und in den er künftig in verwandelter Form wieder übertreten wird.
 
====Luftprobe====
Hier muss man nun absolute Geistesgegenwart entwickeln. Es darf kein Zögern und kein Zweifeln mehr geben. Man muss sich ganz sicher und fest auf sich selbst stützen. Man agiert nun ganz selbstständig aus seinem höheren Selbst. Man darf sich nicht verlieren. Das heißt aber auch, dass man seine geistigen Fähigkeiten jederzeit ganz präzise einschätzen muss. Man muss nicht im absoluten Sinne vollkommen sein, dazu bedarf es noch eines weiten Weges – aber man muss sich ganz schonungslos seines eigenen Wertes und auch seines Unwertes bewusst werden. Man muss – um bei Dantes Bild zu bleiben – die Strafpredigt [[Beatrice]]s über sich ergehen lassen.
 
====Der Trunk des Vergessens====
[[Bild:Beatrice_Lethe.jpg|thumb|300px|Sandro Botticelli, Beatrice am Lethefluss]]
Hat man diese Proben bestanden, darf man in den Strom der [[Lethe]] tauchen und aus ihren Fluten trinken. Die [[Erinnerung]] an alte Schuld, die hier nur mehr hemmend wäre, wird ausgelöscht. Überhaupt wird das ganze herkömmliche [[Gedächtnis]] beiseite gestellt – es darf sich keine Erinnerung, nichts im Leben Erfahrenes oder Erlerntes, störend in die geistige Erkenntnis einmischen, die nur mehr aus der unmittelbaren Geistesgegenwart schöpfen darf.
 
====Der Gedächtnistrank====
Noch ein zweiter «Trank» wird dem Eingeweihten gereicht – der [[Gedächtnistrank]]. Durch ihn sind ihm die höheren Geheimnisse und vor allem auch das genaue Bewusstsein für das Maß der eigenen Kräfte ständig lebendig gegenwärtig. Dazu würde das gewöhnliche Gedächtnis nicht ausreichen. Man ist jetzt unmittelbar mit den geistigen Welten verbunden und handelt aus ihrem lebendigen Anschauen. Man muss darüber nicht mehr nachdenken, das Handeln aus dem Geistigen heraus ist einem zur zweiten Natur geworden.
 
====Die Auferstehungsfrage====
Je weiter Dante den Läuterungsberg hinansteigt, desto mehr wird ihm zur Frage, wieso die Toten überhaupt als geschlossene Gestalt erscheinen können. Angesichts derer, die für ihre Gier hier zur Buße magern müssen fragt er:
 
<table align="center"><tr><td>
"Wie wird man hier so mager,<br/>
Hier, wo kein Leib ist, welchen Speis erhält?"
</td></tr></table>
 
 
Von Statius (Publius Papinius Statius, ca. 45 - 96 n. Chr.), dem römischen Dichter, wird er nun über das Verhältnis von Seele und Leib und über die Bildung der menschlichen Gestalt belehrt:
 
<table align="center"><tr><td>
<p>Das reinste Blut, das von den Adern nie <br/>Getrunken wird, vergleichbar einer Speise, <br/>Die &uuml;ber den Bedarf Natur verlieh, </p><p align="left">Empf&auml;ngt im Herzen wunderbarerweise , <br/>Die Bildungskraft f&uuml;r menschliche Gestalt, <br/>Geht dann mit dieser durch der Adern Kreise, </p><p align="left">Noch mehr verkocht, zu einem Aufenthalt, <br/>Den man nicht nennt, von wo&rsquo;s zu anderm Blute <br/>In ein nat&uuml;rlich Becken &uuml;berwallt. </p><p align="left">Da&szlig; beides zum Gebild zusammenflute, <br/>Ist leidend dies, und t&auml;tig das, vom Ort, <br/>In dem die hohe Bildungskraft beruhte. </p><p align="left">Drin angelangt, beginnt&rsquo;s sein Wirken dort; <br/>Geronnen erst, erzeugt es junges Leben <br/>Und schreitet in des Stoffs Verdichtung fort. </p><p align="left">Die Seel entsteht aus t&auml;t&rsquo;ger Kr&auml;fte Streben, <br/>Wie die der Pflanze, die schon stillesteht, <br/>Wenn jene kaum beginnt, sich zu erheben. </p><p align="left">Bewegung zeigt sich dann, Gef&uuml;hl entsteht, <br/>Wie in dem Schwamm des Meers, und zu entfalten <br/>Beginnt die t&auml;t&rsquo;ge Kraft, was sie ges&auml;t. </p><p align="left">Nun beugt, nun dehnt die Frucht sich aus, beim Walten <br/>Der Kraft des Zeugenden, die, nie verwirrt <br/>Von fremdem Trieb, nur ist, um zu gestalten. </p><p align="left">Doch, Sohn, wie nun das Tier zum Menschen wird, <br/>Noch siehst du&rsquo;s nicht, und dies ist eine Lehre, <br/>Worin ein Weiserer als du geirrt. </p><p align="left">Er war der Meinung, von der Seele w&auml;re <br/>Gesondert die Vernunft, weil kein Organ <br/>Die &Auml;u&szlig;erung der letztern uns erkl&auml;re. </p><p align="left">Jetzt sei dein Herz der Wahrheit aufgetan, <br/>Damit dein Geist, was folgen wird, bemerke! <br/>Wenn Bildung das Gehirn der Frucht empfah&rsquo;n, </p><p align="left">Kehrt, froh ob der Natur kunstvollem Werke, <br/>Zu ihr der Sch&ouml;pfer sich und haucht den Geist, <br/>Den neuen Geist ihr ein, von solcher St&auml;rke, </p><p align="left">Da&szlig; er, was t&auml;tig dort ist, an sich rei&szlig;t, <br/>Und mit ihm sich vereint zu einer Seele, <br/>Die lebt und f&uuml;hlt und in sich wogt und kreist. </p><p align="left">Und, da&szlig; dir&rsquo;s nicht an hellerm Lichte fehle, <br/>So denke nur, wie sich zum edlen Wein <br/>Die Sonnenglut dem Rebensaft verm&auml;hlte. </p><p align="left">Gebricht es dann der Lachesis an Lein, <br/>Dann tr&auml;gt sie mit sich aus des Leibes H&uuml;lle <br/>Des Menschlichen und G&ouml;ttlichen Verein; </p><p align="left">Die andern Kr&auml;fte s&auml;mtlich stumm und stille, <br/>Doch sch&auml;rfer als vorher in Macht und Tat, <br/>Erinnerung, Verstandeskraft und Wille. </p><p align="left">Und ohne S&auml;umen f&auml;llt sie am Gestad, <br/>An dem, an jenem, wunderbarlich nieder, <br/>Und hier erkennt sie erst den weitern Pfad. </p><p align="left">Kaum ist sie nun auf sicherm Orte wieder, <br/>Da strahlt die Bildungskraft rings um sie her, <br/>So hell wie einst beim Leben ihrer Glieder. </p><p align="left">Und wie die Luft, vom Regen feucht und Schwer. <br/>Sich gl&auml;nzend schm&uuml;ckt mit buntem Farbenbogen <br/>Im Widerglanz vom Sonnenfeuermeer; </p><p align="left">So jetzt die L&uuml;fte, so die Seel&rsquo; umwogen, <br/>Worein die Bildungskraft ein Bildnis pr&auml;gt, <br/>Sobald die Seel&rsquo; an jenen Strand gezogen. </p><p align="left">Und gleich der Flamme, die sich nachbewegt, <br/>Wo irgendhin des Feuers Pfade gehen, <br/>So folgt die Form, wohin der Geist sie tr&auml;gt. </p><p align="left">Sieh daher die Erscheinung dann entstehen, <br/>Die Schatten hei&szlig;t; so bildet sich in ihr <br/>Jedwed Gef&uuml;hl, das H&ouml;ren und das Sehen. </p><p align="left">Und daher sprechen, daher lachen wir, <br/>Und daher weinen wir die bittern Z&auml;hren <br/>Und seufzen laut auf unserm Berge hier. </p><p align="left">Der Schatten bildet sich, je wie Begehren <br/>Und Leidenschaft uns reizt und Lust und Gram. <br/>Dies mag dir, was du angestaunt, erkl&auml;ren. (Purgatorio 25)</p>
</td></tr></table>
 
 
In der Blutswärme lebt die Willenskraft des Ich. Mit dem Blut strömen die Bildekräfte, die die menschliche Gestalt formen. Das geistige Feuer, die innige Seelenwärme, die strömende ätherische Wärme und die äußere Wärme durchdringen sich so sehr, dass Leib, Seele und Geist nahezu untrennbar ineinander verschlungen werden. Wären die Hüllenglieder des Menschen nicht durch den Sündenfall und seine Folgen korrumpiert, würden wir die Formkräfte, die die menschliche Gestalt bilden, unmittelbar in das geistige Dasein mitnehmen. Durch den Einfluss der luziferischen und ahrimanischen Widersacher haben sich aber immer mehr Kräfte der Finsternis und Kälte unseren Wesensglieder einverwoben. Sie können nicht in das höhere geistige Dasein mitgehen und müssen ausgeschieden werden.
 
===Paradiso===
====Übersicht====
<table align="center"><tr><td>
<div>1&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Anruf an Apollon. </i>Aufstieg durch die Feuersph&auml;re zur Mondsph&auml;re.</div><div>2&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Mondsph&auml;re. Belehrung &uuml;ber die finsteren Stellen auf der Mondfl&auml;che.</i></div><div>3&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Niedrigste Form der Seligkeit. Piccarda. Gel&uuml;bde.</div><div>4&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Zusammenhang der Seelen mit den Sternen (Plato) &uuml;ber gebrochene Gel&uuml;bde.</div><div>5&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Merkursph&auml;re </i>Die Ehrgeizigen im edelen Sinne.</div><div>6&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Kaiser Justinian. <i>Geschichte Roms.</i></div><div><i>7&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; </i>Lehre der Erl&ouml;sung <i>,Nella Fiamma d'Amor'.</i></div><div>8&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Venussph&auml;re </i>Diejenigen die viel geliebt haben. Karl Martell.</div><div>9&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Cunizza; Folco von Marseille (Minnes&auml;nger).</div><div>10&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Sonnesph&auml;re. Kreis von Lichtern: die Weisen. S. Thomas von Aquino Reigen.</i></div><div>11&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Lobrede &uuml;ber S. Franziscus von Assisi durch S. Thomas.</i></div><div>12&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Zweiter Lichtkreis. S. Bonaventura lobt und preist S. Dominicas.</i></div><div>13&nbsp;&nbsp;&nbsp; Reigen der 24 Lichter. Thomas belehrt Dante &uuml;ber Adam und Christus, </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; &uuml;ber die Sch&ouml;pfung.</div><div>14&nbsp;&nbsp;&nbsp; K&ouml;nig Salomon spricht &uuml;ber den Auferstehungsleib. </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dritter Lichtkreis. Aufstieg zur <i>Marssph&auml;re; </i>Kreuz.</div><div>15&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Dantes Vorfahr Cacciaguida.</i></div><div>16&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Cacciaguidas Bild der alten Stadt Florenz.</i></div><div>17&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Prophetie Cacciaguidas &uuml;ber Dantes Schicksal.</i></div><div>18&nbsp;&nbsp;&nbsp; Aufstieg zur <i>Jupitersph&auml;re. </i>Gerechte F&uuml;rsten.</div><div>19&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Der Adler der gerechten Seelen. Gerechtigkeit Gottes.</i></div><div>20&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>G&ouml;ttlicher Gnade; Trajanus. Ripheus.</i></div><div>21&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Saturnsph&auml;re </i>Die kontemplativen Seelen. Himmelleiter. Schallender Ruf.</div><div>22&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erkl&auml;rung des Rufes: Erniedrigung des Bonifacius VIII durch Frankreich. </div><div>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; S. Benedictus. </div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Sph&auml;re der Fixsterne. </i>Dante in seinem Sternbild: Zwillinge.</div><div>23&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erscheinung Christi und Mariae.</div><div>24&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Petrus. Frage &uuml;ber den Glauben. Dantes Credo.</i></div><div>25&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Jacobus Frage &uuml;ber die Hoffnung. </i>Johannes. Dante erblindet.</div><div>26&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Johannes Frage &uuml;ber die Liebe. </i>Dante wird wieder sehend. Gespr&auml;ch mit Adam.</div><div>27&nbsp;&nbsp;&nbsp; Bu&szlig;rede Petri gegen die Entartung der Kirche. <i>Primum Mobile.</i></div><div>28&nbsp;&nbsp;&nbsp; Die Engelhierarchien.</div><div>29&nbsp;&nbsp;&nbsp; Beatrices Belehrung &uuml;ber die Engel.</div><div>30&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Empyreum. </i>Au&szlig;erhalb des Raumes und der Zeit. Das Lichtmeer. </div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Die Himmelsrose. </i>Sessel der seligen Geister.</div><div>31&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>Himmelsrose. Beatrice nimmt ihren Sessel ein. </i><i>S. Bernardus von Clairvaux. </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dantes Danksagung.</i></div><div>32&nbsp;&nbsp;&nbsp; Erkl&auml;rung der Einteilung der Himmelsrose.</div><div>33&nbsp;&nbsp;&nbsp; <i>S. Bernardus' Gebet an Maria. Die drei Zirkel. </i><i>Antlitz Gottes: Visio Dei.</i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Dante f&uuml;hlt seinen Willen und seine Sehnsucht aufgenommen in die Liebe, </i></div><div><i>&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; die das All bewegt.</i></div>
</td></tr></table>
 
[[Datei:Dantes Himmelsspirale.jpg|thumb|300px|Dantes Himmelsspirale. Illustration zu [[Dante]]s [[Divina Commedia]] von [[Wikipedia:William Blake|William Blake]].]]
Die Liebeskraft des Christus ist es, die die düsteren Kräfte, die uns am geistigen Aufstieg im nachtodlichen Leben hindern würden, aus unseren Wesensgliedern herausreißt – und das war auch schon in vorchristlicher Zeit seit dem Sündenfall so. Diese finsteren und kalten Seelenkräfte sind es, die sich vor allem in den Erdentiefen sammeln bzw. als düstere Decke über die Erde breiten und von denen Dante in den Gesängen des Infernos und des Purgatorios spricht. Diese Kräfte sind es aber auch, die unserer Hüllennatur ihre undurchdringliche Festigkeit verleihen - allerdings auf verfehlte Weise, denn sie materialisieren unsere Hüllen zu einem sterblichen stofflichen Körper, der immer wieder dem Zerfall anheim gegeben wird, weil er sich spröde den gestaltenden geistigen Kräften widersetzt und unter deren Ansturm notwendig zerbricht. Im geistigen Leben nach dem Tode fehlen uns daher wesentliche Teile unserer Hüllennatur. Vom Astralleib fällt alles ab, was mit irdisch egoistischen Begierden durchsetzt ist. Vom Ätherleib, der der Träger des Gedächtnisses und u.a. auch der menschlichen Temperamente ist, können wir nur einen schwachen Auszug in das geistige Dasein mitnehmen. Und der physische Leib, der am meisten von der "Verstofflichung" befallen ist, wird mit dem Tode fast völlig abgestreift. Dabei ist daran zu erinnern, dass physischer Leib und stofflicher Leib nicht gleichbedeutend sind. Der physische Leib ist die nur übersinnlich erfahrbare Formgestalt des Menschen, von Rudolf Steiner auch als Phantomleib bezeichnet, die nur dadurch sinnlich sichtbar wird, dass sie sich mit irdischer Stofflichkeit erfüllt. Alles irdisch Stoffliche verfällt dem Grab, und das ist für das nachtodliche Leben kein Verlust. Aber wir verlieren eben auch wesentliche Teile unserer physischen Formgestalt – und das ist eine entscheidende Einbuße, denn gerade diese Formgestalt gibt uns jene feste Grenze, ohne die wir unser Selbstbewusstsein nicht weiterentwickeln können. Das einmal im irdischen Dasein erworbene Ichbewusstsein geht zwar nicht verloren, aber es kann im Leben nach dem Tod wegen des mangelnden Grenzerlebnisses nicht weiterentwickelt werden. Das geht erst wieder im nächsten Erdenleben. Damit der Mensch einmal aus dem Kreislauf der Wiedergeburten herauskommen und dauerhaft in ein geistigeres Leben übertreten kann, muss erstens seine Ich-Kraft gestärkt werden und zweitens seine Hüllennatur vor dem Verfall gerettet werden. Alle Verfehlungen, die wir im irdischen Leben begannen haben, schwächen unsere Ich-Kraft. In einem neuen Erdenleben können wir aber diese Fehler im Zuge des Schicksalsgeschehens selbst ausgleichen. Unsere Hüllen hingegen können wir nicht alleine aus eigener Kraft vor dem Sturz in die Finsternis bewahren. Dazu bedarf es der lichten Auferstehungskraft des Christus, die sich durch das Mysterium von Golgatha mit der Erdensphäre verbunden hat. Nur wenn wir uns mit dieser lichten Auferstehungskraft durchdringen, werden wir fähig, das strahlende Licht der geistigen Welt zu ertragen, ohne dass unser Ichbewusstsein durch ihren Glanz so überstrahlt wird, dass wir uns selbst vergessen und verlieren. In seiner Schilderung der geistigen Sonnensphäre weist Dante darauf sehr deutlich hin. Beatrice, die jetzt seine Führerin durch die geistige Welt ist, bittet die im Lichte strahlenden Geister, Dantes diesbezügliche unausgesprochene Frage zu beantworten:
 
 
<table align="center"><tr><td>
&nbsp;Ihm tut es not, obwohl er&rsquo;s euch nicht kund <br/>In Worten gibt, noch l&auml;&szlig;t im Innern lesen, <br/>Zu sp&auml;h&rsquo;n nach einer andern Wahrheit Grund. <p align="left">Sagt ihm, ob dieses Licht, das euer Wesen <br/>So sch&ouml;n umbl&uuml;ht, euch ewig bleiben wird <br/>Im selben Glanze, wie&rsquo;s bis jetzt gewesen. </p><p align="left">Und, bleibt&rsquo;s. So sagt, damit er nimmer irrt, <br/>Wie, wenn ihr werdet wieder sichtbar werden, <br/>Es euren Blick nicht blendet und verwirrt. (Paradiso 14)</p>
</td></tr></table>
 
 
Worauf aus dem Chor der Geister die Antwort tönt:
 
 
<table align="center"><tr><td>
<p align="left">Solang die Lust im himmlischen Gefilde, <br/>So lange w&auml;hrt auch unsre Lieb&rsquo; und tut <br/>Sich kund um uns in diesem Glanzgebilde. </p><p align="left">Und seine Klarheit, sie entspricht der Glut, <br/>Die Glut dem Schau&rsquo;n, und dies wird mehr uns frommen, <br/>Je mehr auf uns die freie Gnade ruht. </p><p align="left">Wenn wir den heil&rsquo;gen Leib neu angenommen, <br/>Wird unser Sein in h&ouml;hern Gnaden stehn, <br/>Je mehr es wieder ganz ist und vollkommen. </p><p align="left">Drum wird sich das freiwill&rsquo;ge Licht erh&ouml;h&rsquo;n, <br/>Das wir vom h&ouml;chsten Gut aus Huld empfangen, <br/>Licht, welches uns bef&auml;higt, ihn zu sehn, </p><p align="left">Und h&ouml;her wird zum Schau&rsquo;n der Blick gelangen, <br/>H&ouml;her die Glut sein, die dem Schau&rsquo;n entgl&uuml;ht, <br/>H&ouml;her der Strahl, der von ihr ausgegangen. </p><p align="left">Doch, wie die Kohle, der die Flamm&rsquo; entspr&uuml;ht, <br/>Sie an lebend&rsquo;gem Schimmer &uuml;berwindet <br/>Und wohl sich zeigt, wie hell auch jene gl&uuml;ht; </p><p align="left">So wird der Glanz, der jetzt schon uns umwindet, <br/>Dereinst besiegt von unsres Fleisches Schein, <br/>Wenn Gott es seiner Grabeshaft entbindet. </p><p>Nicht wird uns dann so heller Glanz zur Pein; <br/>Denn stark, um alle Wonnen zu genie&szlig;en, <br/>Wird jedes Werkzeug unsers K&ouml;rpers sein. (Paradiso 14)</p>
</td></tr></table>
 
 
[[Bild:Dore_paradisio34.jpg|thumb|200px|Gustave Doré, Illustration zu Dantes Paradiso]]
Die durchlichte Liebeswärme, die der Christus in die Erdenwelt ergossen hat, entreißt den Widersachen die geraubten Teile unserer Wesenshüllen, die durch die "Sünde" korrumpiert sind. Der Christus hat diese Sünden, die substantiell die den Widersachern verfallenen Teile unserer Wesenshüllen sind, auf sich genommen und geheilt. Das ist die eigentliche Bedeutung der Worte Johannes des Täufers: "Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!" (Joh 1,29) Die von den Sünden gereinigte, von Liebeskraft durchdrungene Hüllennatur hält dem geistigen Licht bis in die höchsten Höhen stand. Die Begnadung durch das höchste Geistige kann dann der Mensch ertragen, und sich selbst als eigenständiges Bild des Göttlichen erfassen:
 
 
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<p align="left">Wie kurz, wie rauh mein Wort f&uuml;r solch Gesicht! <br/>Und dem, was zu erschau&rsquo;n mir ward beschieden, <br/>Gen&uuml;gen wenig schwache Worte nicht. </p><p align="left">O ew&rsquo;ges Licht, allein in dir in Frieden, <br/>Allein dich kennend und von dir erkannt, <br/>Dir selber l&auml;chelnd und mit dir zufrieden, </p><p align="left">Als ich zur Kreisform, die in dir entstand, <br/>Wie widerscheinend Licht, die Augen wandte, <br/>Und sie verfolgend mit den Blicken stand, </p><p align="left">Da schien&rsquo;s, gemalt in seiner Mitt&rsquo; erkannte, <br/>Mit eigner Farb&rsquo;, ich unser Ebenbild, <br/>Drob ich nach ihm die Blicke gierig spannte. </p><p align="left">Wie eifrig strebend, aber nie gestillt, <br/>Der Geometer forscht, den Kreis zu messen, <br/>Und nie den Grundsatz findet, welcher gilt; </p><p align="left">So ich beim neuen Schau&rsquo;n &ndash; ich wollt&rsquo; ermessen, <br/>Wie sich das Bild zum Kreis verhielt&rsquo;, und wie <br/>Die Z&uuml;ge mit dem Licht zufammenfl&ouml;ssen. </p><p align="left">Doch dies erflog der eigne Fittich nie, <br/>Ward nicht mein Geist von einem Blitz durchdrungen, <br/>Der, was die Seel&rsquo; ersehnt hatt&rsquo;, ihr verlieh. </p><p align="left">Hier war die Macht der Phantasie bezwungen, <br/>Doch Wunsch und Will&rsquo;, in Kraft aus ew&rsquo;ger Ferne, <br/>Ward, wie ein Rad, gleichm&auml;&szlig;ig umgeschwungen, </p><p align="left">Durch Liebe, die beweget Sonn&rsquo; und Sterne. (Paradiso 33)</p>
</td></tr></table>
 
 
==Literatur==
#Rudolf Steiner: ''Metamorphosen des Seelenlebens - Pfade der Seelenerlebnisse'', Zweiter Teil, [[GA 59]] (1984), Berlin, 12. Mai 1910, Die Mission der Kunst, siehe auch TB 603 (1983), S 175 ff.
#Rudolf Steiner: ''Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft'', [[GA 96]] (1989), Berlin, Ostermontag, 16. April 1906
#Rudolf Steiner: ''Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge'', Sechster Band, [[GA 240]] (1986), Arnheim, 18. Juli 1924
 
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==Weblinks==
#[http://www.bautz.de/bbkl/d/dante_alighieri.shtml Dante Alighieri] - Kurzbiografie
#[http://gutenberg.spiegel.de/dante/komoedie/komoedie.htm Die Göttliche Komödie] - Der gesamte Text in deutscher Übertragung.
#[http://212.88.187.41/ftp/index.php?dirname=C:/www/FTP/bibliothek/philosophie/Dante Die Göttliche Komödie] - Download des gesamten Textes in deutscher Übertragung als WORD- und PDF-Datei, dazu eine Inhaltsübersicht und ein schematischer Überblick.
 
[[Kategorie:Dichtung]]

Version vom 1. Mai 2014, 08:25 Uhr

Anthropomorphismus (von griech. ἄνϑρωπος anthropos ‚Mensch‘ und μορφή morphē ‚Form, Gestalt‘) ist die Übertragung menschlicher Gestalts- und Verhaltensmerkmale auf nichtmenschliche Wesen und Erscheinungen, beispielsweise auf Götter, Tiere, Pflanzen, Naturgewalten, unbelebte Objekte und sogar auf Maschinen.

Schon in den «Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften» hatte Rudolf Steiner geschrieben, dass der Mensch zwangsläufig einen offenbaren oder verhüllten Anthropomorphismus in seine Erkenntnistätigkeit hineinträgt, ja, dass dadurch, wenn es in richtiger Weise geschieht, überhaupt erst Erkenntnis möglich wird. Er entfernt sich dadurch keineswegs von der Wirklichkeit, die grundsätzlich nur in einem Subjekt und Objekt übergreifenden Prozess zu erreichen ist. Die Wahrheit, durch die die Wirklichkeit ergriffen werden soll, ist immer ein freies schöpferisches Erzeugnis des individuellen Menschen, das aber bei entsprechender geistiger Beweglichkeit intersubjektiv nachvollzogen werden kann. Damit wird keineswegs ein willkürlicher Relativismus begründet, sondern es wird nur betont, dass die Wirklichkeit im Erkenntnisvorgang individuell ergriffen werden muss und auch auf diese Weise ergriffen werden kann, weil der Mensch als Mikrokosmos sämtliche Gesetzmäßigkeiten des Makrokosmos in sich trägt. Auch den scheinbar rein objektiven Erkenntnissen der Naturwissenschaften haftet ein solcher, meist verhüllter Anthropomorphismus an.

"Der Mensch muß die Dinge aus seinem Geiste sprechen lassen, wenn er ihr Wesen erkennen will. Alles, was er über dieses Wesen zu sagen hat, ist den geistigen Erlebnissen seines Innern entlehnt. Nur von sich aus kann der Mensch die Welt beurteilen. Er muß anthropomorphisch denken. In die einfachste Erscheinung, z. B. in den Stoß zweier Körper bringt man einen Anthropomorphismus hinein, wenn man sich darüber ausspricht. Das Urteil: «Der eine Körper stößt den andern», ist bereits anthropomorphisch. Denn man muß, wenn man über die bloße Beobachtung des Vorganges hinauskommen will, das Erlebnis auf ihn übertragen, das unser eigener Körper hat, wenn er einen Körper der Außenwelt in Bewegung versetzt. Alle physikalischen Erklärungen sind versteckte Anthropomorphismen. Man vermenschlicht die Natur, wenn man sie erklärt, man legt die inneren Erlebnisse des Menschen in sie hinein. Aber diese subjektiven Erlebnisse sind das innere Wesen der Dinge. Und man kann daher nicht sagen, daß der Mensch die objektive Wahrheit, das «An sich» der Dinge nicht erkenne, weil er sich nur subjektive Vorstellungen über sie machen kann.[1] Von einer andern als einer subjektiven menschlichen Wahrheit kann gar nicht die Rede sein. Denn Wahrheit ist Hineinlegen subjektiver Erlebnisse in den objektiven Erscheinungszusammenhang. Diese subjektiven Erlebnisse können sogar einen ganz individuellen Charakter annehmen. Sie sind dennoch der Ausdruck des inneren Wesens der Dinge. Man kann in die Dinge nur hineinlegen, was man selbst in sich erlebt hat. Demnach wird auch jeder Mensch, gemäß seinen individuellen Erlebnissen etwas in gewissem Sinne anderes in die Dinge hineinlegen. Wie ich mir gewisse Vorgänge der Natur deute, ist für einen andern, der nicht das gleiche innerlich erlebt hat, nicht ganz zu verstehen. Es handelt sich aber gar nicht darum, daß alle Menschen das gleiche über die Dinge denken, sondern nur darum, daß sie, wenn sie über die Dinge denken, im Elemente der Wahrheit leben. Man kann deshalb die Gedanken eines andern nicht als solche betrachten und sie annehmen oder ablehnen, sondern man soll sie als die Verkünder seiner Individualität ansehen. «Diejenigen, welche widersprechen und streiten, sollten mitunter bedenken, daß nicht jede Sprache jedem verständlich sei» (Natw. Schr., 4. Bd., 2. Abt., S. 355). Eine Philosophie kann niemals eine allgemeingültige Wahrheit überliefern, sondern sie schildert die inneren Erlebnisse des Philosophen, durch die er die äußeren Erscheinungen deutet.

Wenn ein Ding durch das Organ des menschlichen Geistes seine Wesenheit ausspricht, so kommt die volle Wirklichkeit nur durch den Zusammenfluß des äußeren Objektiven und des inneren Subjektiven zustande. Weder durch einseitiges Beobachten, noch durch einseitiges Denken erkennt der Mensch die Wirklichkeit. Diese ist nicht als etwas Fertiges in der objektiven Welt vorhanden, sondern wird erst durch den menschlichen Geist in Verbindung mit den Dingen hervorgebracht. Die objektiven Dinge sind nur ein Teil der Wirklichkeit. Wer ausschließlich die sinnliche Erfahrung anpreist, dem muß man mit Goethe erwidern, «daß die Erfahrung nur die Hälfte der Erfahrung ist» (Natw. Schr., 4. Bd., 2. Abt., S. 503). «Alles Faktische ist schon Theorie», d. h. es offenbart sich im menschlichen Geiste ein Ideelles, wenn er ein Faktisches betrachtet. Diese Weltauffassung, die in den Ideen die Wesenheit der Dinge erkennt und die Erkenntnis auffaßt als ein Einleben in das Wesen der Dinge, ist nicht Mystik. Sie hat aber mit der Mystik das gemein, daß sie die objektive Wahrheit nicht als etwas in der Außenwelt Vorhandenes betrachtet, sondern als etwas, das sich im Innern des Menschen wirklich ergreifen läßt. Die entgegengesetzte Weltanschauung versetzt die Gründe der Dinge hinter die Erscheinungen, in ein der menschlichen Erfahrung jenseitiges Gebiet. Sie kann nun entweder sich einem blinden Glauben an diese Gründe hingeben, der von einer positiven Offenbarungsreligion seinen Inhalt erhält, oder Verstandeshypothesen und Theorien darüber aufstellen, wie dieses jenseitige Gebiet der Wirklichkeit beschaffen ist. Der Mystiker sowohl wie der Bekenner der Goetheschen Weltanschauung lehnen sowohl den Glauben an ein Jenseitiges, wie auch die Hypothesen über ein solches ab, und halten sich an das wirkliche Geistige, das sich in dem Menschen selbst ausspricht." (Lit.: GA 001, S. 335ff)

Anmerkungen

  1. Goethes Anschauungen stehen in dem denkbar schärfsten Gegensatz zur Kantschen Philosophie. Diese geht von der Auffassung aus, daß die Vorstellungswelt von den Gesetzen des menschlichen Geistes beherrscht werde und deshalb alles, was ihr von außen entgegengebracht wird, in ihr nur als subjektiver Abglanz vorhanden sein könne. Der Mensch nehme nicht das «An sich» der Dinge wahr, sondern die Erscheinung, die dadurch entsteht, daß die Dinge ihn affizieren und er diese Affektionen nach den Gesetzen seines Verstandes und seiner Vernunft verbindet. Daß durch diese Vernunft das Wesen der Dinge spricht, davon haben Kant und die Kantianer keine Ahnung. Deshalb konnte die Kantsche Philosophie für Goethe nie etwas bedeuten. Wenn er sich einzelne ihrer Sätze aneignete, so gab er ihnen einen völlig anderen Sinn, als sie innerhalb der Lehre ihres Urhebers haben. Es ist durch eine Notiz, die erst nach Eröffnung des Weimarischen Goethe-Archivs bekannt geworden ist, klar, daß Goethe den Gegensatz seiner Weltauffassung und der Kantschen sehr wohl durchschaute. Für ihn liegt der Grundfehler Kants darin, daß dieser «das subjektive Erkenntnisvermögen nun selbst als Objekt betrachtet und den Punkt, wo subjektiv und objektiv zusammentreffen, zwar scharf aber nicht ganz richtig sondert». Subjektiv und objektiv treten zusammen, wenn der Mensch das, was die Außenwelt ausspricht, und das, was sein Inneres vernehmen läßt, zum einigen Wesen der Dinge verbindet. Dann hört aber der Gegensatz von subjektiv und objektiv ganz auf; er verschwindet in der geeinten Wirklichkeit. Ich habe darauf schon hingedeutet in dieser Schrift S. 218 ff. Gegen meine damaligen Ausführungen polemisiert nun K. Vorländer im 1. Heft der «Kantstudien». Er findet, daß meine Anschauung über den Gegensatz von Goethescher und Kantscher Weltauffassung «mindestens stark einseitig und mit klaren Selbstzeugnissen Goethes in Widerspruch» sei und sich «aus dem völligen Mißverständnis der transzendentalen Methode» Kants von meiner Seite erkläre. Vorländer hat keine Ahnung von der Weltanschauung, in der Goethe lebte. Mit ihm zu polemisieren würde mir gar nichts nützen, denn wir sprechen verschiedene Sprachen. Wie klar sein Denken ist, zeigt sich darin, daß er bei meinen Sätzen nie weiß, was gemeint ist. Ich mache z. B. eine Bemerkung zu dem Goetheschen Satze: «Sobald der Mensch die Gegenstände um sich her gewahr wird, betrachtet er sie in bezug auf sich selbst, und mit Recht. Denn es hängt sein ganzes Schicksal davon ab, ob sie ihm gefallen oder mißfallen, ob sie ihn anziehen oder abstoßen, ob sie ihm nützen oder schaden. Diese ganz natürliche Art, die Sachen anzusehen und zu beurteilen, scheint so leicht zu sein, als sie notwendig i s t . . . Ein weit schwereres Tagewerk übernehmen diejenigen, deren lebhafter Trieb nach Kenntnis die Gegenstände der Natur an sich selbst und in ihren Verhältnissen untereinander zu beobachten strebt, sie suchen und untersuchen, was ist, und nicht was behagt.» Meine Bemerkung lautet: «Hier zeigt sich, wie Goethes Weltanschauung gerade der entgegengesetzte Pol der Kantschen ist. Für Kant gibt es überhaupt keine Ansicht über die Dinge, wie sie an sich sind, sondern nur wie sie in bezug auf uns erscheinen. Diese Ansicht läßt Goethe nur als ganz untergeordnete Art gelten, sich zu den Dingen in ein Verhältnis zu setzen.» Dazu sagt Vorländer: «Diese (Worte Goethes) wollen weiter nichts als einleitend den trivialen Unterschied zwischen dem Angenehmen und dem Wahren auseinandersetzen. Der Forscher soll suchen, <was ist und nicht was behagt>. Wer, wie Steiner, die letztere allerdings sehr untergeordnete Art, sich zu den Dingen in ein Verhältnis zu setzen, als diejenige Kants zu bezeichnen wagt, dem ist zu raten, daß er sich erst die Grundbegriffe der Kantschen Lehre, z. B. den Unterschied von subjektiver und objektiver Empfindung, etwa aus § 3 der Kr. d. U. klarmache.» Nun habe ich durchaus nicht, wie aus meinem Satze klar hervorgeht, gesagt, daß jene Art, sich zu den Dingen in ein Verhältnis zu setzen, die Kants ist, sondern daß Goethe die Kantsche Auffassung vom Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt nicht entsprechend dem Verhältnis findet, in dem der Mensch zu den Dingen steht, wenn er erkennen will, wie sie an sich sind. Goethe ist der Ansicht, daß die Kantsche Definition nicht dem menschlichen Erkennen, sondern nur dem Verhältnisse entspricht, in das sich der Mensch zu den Dingen setzt, wenn er sie in bezug auf sein Gefallen und Mißfallen betrachtet. Wer einen Satz in einer solchen Weise mißverstehen kann wie Vorländer, der mag es sich ersparen, andern Leuten Ratschläge zu geben über ihre philosophische Ausbildung, und lieber erst sich die Fähigkeit aneignen, einen Satz richtig lesen zu lernen. Goethesche Zitate aufsuchen und sie historisch zusammenstellen kann jeder; sie im Sinne der Goetheschen Weltanschauung deuten, kann jedenfalls Vorländer nicht.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften, GA 1 (1987), ISBN 3-7274-0011-0; Tb 649, ISBN 978-3-7274-6490-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org

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