Wilfried Heidt und Anthropomorphismus: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Bild 250xyz.jpg|mini|hochkant|Wilfried Heidt auf der Ostertagung 2000 in Achberg]]
'''Anthropomorphismus''' (von {{ELSalt|ἄνϑρωπος}} ''anthropos'' ‚Mensch‘  und {{polytonisch|μορφή}} ''morphē'' ‚Form, Gestalt‘) ist die Übertragung [[mensch]]licher [[Gestalt]]s- und [[Verhalten]]smerkmale auf ''nichtmenschliche'' Wesen und Erscheinungen, beispielsweise auf [[Götter]], [[Tier]]e, [[Pflanze]]n, [[Natur]]gewalten, unbelebte [[Objekt]]e und sogar auf [[Maschine]]n.  
[[Datei:Bild 27x.jpg|mini|hochkant|Wilfried Heidt in Achberg]]
''Wilfried Heidt'', deutscher [[Wikipedia:Sozialforscher|Sozialforscher]] und [[Anthroposoph]], geboren am 16.04.1941 in [[Wikipedia:Karlsruhe|Karlsruhe]], starb am 02.02.2012 in [[Wikipedia:Achberg|Achberg]]. Sein Lebensweg war geprägt von seinem Einsatz für den Dritten Weg im Sinne der sozialen Dreigliederung [[Rudolf Steiner]]s.  


== Leben und Werk ==
Schon in den «[[GA 1|Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften]]» hatte Rudolf Steiner geschrieben, dass der Mensch zwangsläufig einen offenbaren oder verhüllten Anthropomorphismus in seine [[Erkenntnis]]tätigkeit hineinträgt, ja, dass dadurch, wenn es in richtiger Weise geschieht, überhaupt erst Erkenntnis möglich wird. Er entfernt sich dadurch keineswegs von der Wirklichkeit, die grundsätzlich nur in einem Subjekt und Objekt übergreifenden Prozess zu erreichen ist. Die [[Wahrheit]], durch die die [[Wirklichkeit]] ergriffen werden soll, ist immer ein [[Freiheit|freies]] schöpferisches Erzeugnis des [[individuell]]en Menschen, das aber bei entsprechender geistiger Beweglichkeit [[Intersubjektivität|intersubjektiv]] nachvollzogen werden kann. Damit wird keineswegs ein willkürlicher Relativismus begründet, sondern es wird nur betont, dass die Wirklichkeit im Erkenntnisvorgang individuell ergriffen werden ''muss'' und auch auf diese Weise ergriffen werden ''kann'', weil der Mensch als [[Mikrokosmos]] sämtliche Gesetzmäßigkeiten des [[Makrokosmos]] in sich trägt. Auch den ''scheinbar'' rein objektiven Erkenntnissen der [[Naturwissenschaft]]en haftet ein solcher, meist verhüllter Anthropomorphismus an.


Zu seinem Wirken für das Ziel der Neugestaltung des gesellschaftlichen Lebens zählten unter anderem:
<div style="margin-left:20px">
* Mitbegründer des [[Internationales Kulturzentrum Achberg|Internationalen Kulturzentrums Achberg]].
"Der Mensch muß die Dinge aus seinem Geiste sprechen
* Einrichtung und Leitung des [[Institut für Sozialforschung|Instituts für Sozialforschung]] im Internationalen Kulturzentrum Achberg.  
lassen, wenn er ihr Wesen erkennen will. Alles, was er über
* Die Mitwirkung an den politischen Entwicklungen in Deutschland in Folge der 1968er-Bewegungen, einschließlich der Nachwirkungen des sogenannten [[Wikipedia:Prager Frühling|Prager Frühlings]].
dieses Wesen zu sagen hat, ist den geistigen Erlebnissen seines
* Seine Mitwirkung bei der Gründung der westdeutschen Partei [[Wikipedia:Die Grünen|Die Grünen]].  
Innern entlehnt. Nur von sich aus kann der Mensch die
* Seine bis kurz vor seinem Tode durch ihn betriebene Idee der „dreistufigen Volksgesetzgebung“ ([[Direkte Demokratie]]) auf Bundesebene (nach Art. 20 II GG) sowie letztendlich in der gesamten Europäischen Union ([[Wikipedia:EU|EU]]).
Welt beurteilen. Er muß anthropomorphisch denken. In die
einfachste Erscheinung, z. B. in den Stoß zweier Körper
bringt man einen Anthropomorphismus hinein, wenn man
sich darüber ausspricht. Das Urteil: «Der eine Körper
stößt den andern», ist bereits anthropomorphisch. Denn
man muß, wenn man über die bloße Beobachtung des Vorganges
hinauskommen will, das Erlebnis auf ihn übertragen,
das unser eigener Körper hat, wenn er einen Körper
der Außenwelt in Bewegung versetzt. Alle physikalischen
Erklärungen sind versteckte Anthropomorphismen. Man
vermenschlicht die Natur, wenn man sie erklärt, man legt
die inneren Erlebnisse des Menschen in sie hinein. Aber
diese subjektiven Erlebnisse sind das innere Wesen der
Dinge. Und man kann daher nicht sagen, daß der Mensch
die objektive Wahrheit, das «An sich» der Dinge nicht erkenne,
weil er sich nur subjektive Vorstellungen über sie
machen kann.<ref>Goethes Anschauungen stehen in dem denkbar schärfsten Gegensatz
zur Kantschen Philosophie. Diese geht von der Auffassung aus, daß
die Vorstellungswelt von den Gesetzen des menschlichen Geistes beherrscht
werde und deshalb alles, was ihr von außen entgegengebracht
wird, in ihr nur als subjektiver Abglanz vorhanden sein könne.
Der Mensch nehme nicht das «An sich» der Dinge wahr, sondern die
Erscheinung, die dadurch entsteht, daß die Dinge ihn affizieren und
er diese Affektionen nach den Gesetzen seines Verstandes und seiner
Vernunft verbindet. Daß durch diese Vernunft das Wesen der Dinge
spricht, davon haben Kant und die Kantianer keine Ahnung. Deshalb
konnte die Kantsche Philosophie für Goethe nie etwas bedeuten.
Wenn er sich einzelne ihrer Sätze aneignete, so gab er ihnen einen
völlig anderen Sinn, als sie innerhalb der Lehre ihres Urhebers
haben. Es ist durch eine Notiz, die erst nach Eröffnung des Weimarischen
Goethe-Archivs bekannt geworden ist, klar, daß Goethe den
Gegensatz seiner Weltauffassung und der Kantschen sehr wohl
durchschaute. Für ihn liegt der Grundfehler Kants darin, daß dieser
«das ''subjektive'' Erkenntnisvermögen nun selbst als ''Objekt'' betrachtet
und den Punkt, wo ''subjektiv'' und ''objektiv'' zusammentreffen,
zwar scharf aber nicht ganz richtig sondert». Subjektiv und objektiv
treten zusammen, wenn der Mensch das, was die Außenwelt ausspricht,
und das, was sein Inneres vernehmen läßt, zum ''einigen'' Wesen
der Dinge verbindet. Dann hört aber der Gegensatz von subjektiv
und objektiv ganz auf; er verschwindet in der geeinten Wirklichkeit.
Ich habe darauf schon hingedeutet in dieser Schrift S. 218 ff.
Gegen meine damaligen Ausführungen polemisiert nun K. ''Vorländer''
im 1. Heft der «Kantstudien». Er findet, daß meine Anschauung
über den Gegensatz von Goethescher und Kantscher Weltauffassung
«mindestens stark einseitig und mit klaren Selbstzeugnissen
Goethes in Widerspruch» sei und sich «aus dem völligen Mißverständnis
der transzendentalen Methode» Kants von meiner Seite
erkläre. ''Vorländer'' hat keine Ahnung von der Weltanschauung, in
der Goethe lebte. Mit ihm zu polemisieren würde mir gar nichts
nützen, denn wir sprechen verschiedene Sprachen. Wie klar sein
Denken ist, zeigt sich darin, daß er bei meinen Sätzen nie weiß, was
gemeint ist. Ich mache z. B. eine Bemerkung zu dem Goetheschen
Satze: «Sobald der Mensch die Gegenstände um sich her gewahr
wird, betrachtet er sie in bezug auf sich selbst, und mit Recht. Denn
es hängt sein ganzes Schicksal davon ab, ob sie ihm gefallen oder
mißfallen, ob sie ihn anziehen oder abstoßen, ob sie ihm nützen oder
schaden. Diese ganz natürliche Art, die Sachen anzusehen und zu beurteilen, scheint so leicht zu sein, als sie notwendig i s t . . . Ein weit
schwereres Tagewerk übernehmen diejenigen, deren lebhafter Trieb
nach Kenntnis die Gegenstände der Natur ''an sich selbst'' und in
ihren Verhältnissen untereinander zu beobachten strebt, sie suchen
und untersuchen, was ist, und nicht was behagt.» Meine Bemerkung
lautet: «Hier zeigt sich, wie Goethes Weltanschauung gerade der
entgegengesetzte Pol der Kantschen ist. Für Kant gibt es überhaupt
keine Ansicht über die Dinge, wie sie an sich sind, sondern nur wie
sie in bezug auf uns ''erscheinen''. Diese Ansicht läßt Goethe nur als
ganz untergeordnete Art gelten, sich zu den Dingen in ein Verhältnis
zu setzen.» Dazu sagt ''Vorländer'': «Diese (Worte Goethes) wollen
weiter nichts als einleitend den trivialen Unterschied zwischen dem
Angenehmen und dem Wahren auseinandersetzen. Der Forscher soll
suchen, <''was ist'' und nicht was ''behagt''>. Wer, wie Steiner, die letztere
allerdings sehr untergeordnete Art, sich zu den Dingen in ein Verhältnis
zu setzen, als diejenige Kants zu bezeichnen wagt, dem ist zu
raten, daß er sich erst die Grundbegriffe der Kantschen Lehre, z. B.
den Unterschied von subjektiver und objektiver Empfindung, etwa
aus § 3 der Kr. d. U. klarmache.» Nun habe ich durchaus nicht, wie
aus meinem Satze klar hervorgeht, gesagt, daß jene Art, sich zu den
Dingen in ein Verhältnis zu setzen, die Kants ist, sondern daß Goethe
die Kantsche Auffassung vom Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt
nicht entsprechend dem Verhältnis findet, in dem der Mensch
zu den Dingen steht, wenn er erkennen will, wie sie an sich sind.
Goethe ist der Ansicht, daß die Kantsche Definition nicht dem
menschlichen Erkennen, sondern nur dem Verhältnisse entspricht,
in das sich der Mensch zu den Dingen setzt, wenn er sie in bezug auf
sein Gefallen und Mißfallen betrachtet. Wer einen Satz in einer solchen
Weise mißverstehen kann wie ''Vorländer'', der mag es sich ersparen,
andern Leuten Ratschläge zu geben über ihre philosophische
Ausbildung, und lieber erst sich die Fähigkeit aneignen, einen Satz
richtig ''lesen'' zu lernen. Goethesche Zitate aufsuchen und sie historisch
zusammenstellen kann jeder; sie im Sinne der Goetheschen
Weltanschauung deuten, kann jedenfalls ''Vorländer'' nicht.</ref> Von einer andern als einer subjektiven
menschlichen Wahrheit kann gar nicht die Rede sein. Denn
Wahrheit ist Hineinlegen subjektiver Erlebnisse in den objektiven
Erscheinungszusammenhang. Diese subjektiven
Erlebnisse können sogar einen ganz individuellen Charakter
annehmen. Sie sind dennoch der Ausdruck des inneren
Wesens der Dinge. Man kann in die Dinge nur hineinlegen,
was man selbst in sich erlebt hat. Demnach wird auch jeder
Mensch, gemäß seinen individuellen Erlebnissen etwas in
gewissem Sinne anderes in die Dinge hineinlegen. Wie ich
mir gewisse Vorgänge der Natur deute, ist für einen andern,
der nicht das gleiche innerlich erlebt hat, nicht ganz
zu verstehen. Es handelt sich aber gar nicht darum, daß alle
Menschen das gleiche über die Dinge denken, sondern nur
darum, daß sie, wenn sie über die Dinge denken, im Elemente
der Wahrheit leben. Man kann deshalb die Gedanken
eines andern nicht als solche betrachten und sie annehmen
oder ablehnen, sondern man soll sie als die Verkünder
seiner Individualität ansehen. «Diejenigen, welche
widersprechen und streiten, sollten mitunter bedenken, daß
nicht jede Sprache jedem verständlich sei» (Natw. Schr.,
4. Bd., 2. Abt., S. 355). Eine Philosophie kann niemals eine
allgemeingültige Wahrheit überliefern, sondern sie schildert
die inneren Erlebnisse des Philosophen, durch die er
die äußeren Erscheinungen deutet.


Das Verhältnis einer "dreistufigen Volksgesetzgebung" zur [[Dreigliederung des sozialen Organismus]] bestimmen [[Bertold Hasen-Müller]] und Wilfried Heidt in einem Aufsatz des Buches "Der Staat - Aufgaben und Grenzen" (hrsg. Stefan Leber) so:
Wenn ein Ding durch das Organ des menschlichen Geistes
seine Wesenheit ausspricht, so kommt die volle Wirklichkeit
nur durch den Zusammenfluß des äußeren Objektiven
und des inneren Subjektiven zustande. Weder durch einseitiges
Beobachten, noch durch einseitiges Denken erkennt
der Mensch die Wirklichkeit. Diese ist nicht als etwas Fertiges
in der objektiven Welt vorhanden, sondern wird erst
durch den menschlichen Geist in Verbindung mit den Dingen
hervorgebracht. Die objektiven Dinge sind nur ein Teil
der Wirklichkeit. Wer ausschließlich die sinnliche Erfahrung
anpreist, dem muß man mit Goethe erwidern, «daß
die Erfahrung nur die Hälfte der Erfahrung ist» (Natw.
Schr., 4. Bd., 2. Abt., S. 503). «Alles Faktische ist schon
Theorie», d. h. es offenbart sich im menschlichen Geiste ein
Ideelles, wenn er ein Faktisches betrachtet. Diese Weltauffassung,
die in den Ideen die Wesenheit der Dinge erkennt
und die Erkenntnis auffaßt als ein Einleben in das Wesen
der Dinge, ist nicht ''[[Mystik]]''. Sie hat aber mit der Mystik das
gemein, daß sie die objektive Wahrheit nicht als etwas in
der Außenwelt Vorhandenes betrachtet, sondern als etwas,
das sich im Innern des Menschen wirklich ergreifen läßt.
Die entgegengesetzte Weltanschauung versetzt die Gründe
der Dinge hinter die Erscheinungen, in ein der menschlichen
Erfahrung jenseitiges Gebiet. Sie kann nun entweder sich
einem blinden ''[[Glauben]]'' an diese Gründe hingeben, der von
einer positiven Offenbarungsreligion seinen Inhalt erhält,
oder Verstandeshypothesen und Theorien darüber aufstellen,
wie dieses jenseitige Gebiet der Wirklichkeit beschaffen
ist. Der Mystiker sowohl wie der Bekenner der Goetheschen
Weltanschauung lehnen sowohl den Glauben an ein
Jenseitiges, wie auch die Hypothesen über ein solches ab,
und halten sich an das wirkliche Geistige, das sich in dem
Menschen selbst ausspricht." {{Lit|{{G|001|335ff}}}}
</div>


{{LZ|Wenn es bei der Dreigliederungsaufgabe um die «Neugestaltung
== Anmerkungen ==
des sozialen Organismus vom Fundament aus» geht, dann ist das, was wir ...
die «dreistufige Volksgesetzgebung» nennen, diejenige Instanz,
die sowohl die Gestalt des Fundamentes selbst wie auch alle anderen Strukturen,
die darauf errichtet werden sollen, im gesellschaftlichen Prozeß durchzuarbeiten
und dann zu legitimieren hat. Demokratie setzt also nicht eine wie auch immer
gedachte «Staatsbegrenzung» dogmatisch voraus, in deren Rahmen sie sich a priori
selbst zu beschränken hätte, sondern sie ist es, die sowohl die Aufgaben und Grenzen
der Staatsfunktionen wie diejenigen aller anderen sozialen Lebensprozesse insofern
zu bestimmen hat, als diese der Legitimität bedürfen. In diesem Sinne bestimmt
natürlich die Rechtsgemeinschaft auch, welches die Aufgaben und Grenzen eines
souveränen Geisteslebens und eines souveränen Wirtschaftslebens sein sollen – vorausgesetzt,
diese sollen gegründet sein auf dem Recht zur Selbstverwaltung.|Hasen-Müller/Heidt: Die Kardinalfrage des Staatswesens, 1992, S. 117, FN 19}}


Wilfriedt Heidt's Wirken reichte weit über den engeren Kreis seiner [[Internationales Kulturzentrum Achberg|Achberg]]er Freunde hinaus.
<references/>
So befruchtete er immer wieder gesellschaftliche Debatten sowohl innerhalb der AAG ([[Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft]]) als auch innerhalb der gesamtdeutschen Politik.
 
== Schüler (Auswahl) ==
 
* Herbert Schliffka
* Gerhard Meister
* Gerhard Schuster
* Joachim Stiller
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Wilfried Heidt}}
* [[Soziale Dreigliederung]]
* [[INKA|Kulturzentrum Achberg]]
 
== Werke (Auswahl) ==
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]]  ''Freiheit, Demokratie, Sozialismus. Der dritte Weg als Zeitnotwendigkeit und Friedensidee im sozialen Leben und im Lebenszusammenhang der Völker'', 1972 - 1974, Achberg, Teil 1: ''Über die Ziele des Internationalen Kulturzentrums Achberg und die Wege, die es zum Erreichen dieser Ziele beschreiten will - Eine Projektbeschreibung'', [http://www.medianum.info/pdf/Heidt-Freiheit-Demokratie-SozialismusI-1972.pdf Teil I (Internetversion 2003)], [http://www.sozialimpuls.info/assets/pdf/DemokratischerSozialismus.pdf Teil V]
* ''Der dritte Weg'', Achberg 1973
* ''Die Gesellschaft mit dem Antlitz des Menschen: Das wollte 1968 der »Prager Frühling«. Eine Erinnerung an den ersten Achberger Jahres-Kongress Dritter Weg 1973: »An der Schwelle einer Neuen Gesellschaft: Prager Frühling 1968 – Idee – Tragik – Aufgabe«'', Edition Medianum/Achberger Verlag 1973/2008 {{VT16|http://www.wilfried-heidt.de/pdf/prager-heft_ebook.pdf}}
 
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] ''Die ökologische Krise als soziale Herausforderung. Zur gesellschaftlichen Konzeption der grünen Alternative - Ein dritter Weg jenseits von Kapitalismus und real existierendem Sozialismus'', 1980, [http://www.medianum.info/pdf/Heidt-oekologischeKrise-GruenenBuch.pdf PDF]
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]]  ''Abschied vom Wachstumswahn'' (als Herausgeber), Achberg 1980, [http://www.medianum.info/pdf/Heidt_Abschied-vom-Wachstumswahn.pdf PDF Internetversion]
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] ''Es geht ums Ganze. Wirtschaftsökologie statt Plünderungsökonomie'', 1980, aus: Abschied vom Wachstumswahn. Ökologischer Humanismus als Alternative zur Plünderung des Planeten, [http://www.impuls21.net/pdf/es-geht-ums-ganze.pdf PDF]
* ''Die Position des »Achberger Kreises« in den Grünen''. In: Reinhard Giese (Hg.): Sozial handeln aus der Erkenntnis des sozial Ganzen. Soziale Dreigliederung heute, Rabel 1980, S. 238 - 247
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]]  ''Die Chance der Befreiung  - Ideen zur Emanzipation der Gesellschaft von den sie beherrschenden Mächten'', (Gesammelte Schriften und Vorträge GSV Band 6), 2002 (1981), Edition Medianum, ISBN 3881030220, [http://www.medianum.info/pdf/Heidt-Chance-der-Befreiung-1981-2002.pdf Internetversion 2003 PDF]
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] ''Der Kampf ums Plebiszit. Oder: Eintreten für das Selbstverständliche. Was bei der Volksgesetzgebung beachtet werden muß und wie das Ziel zu erreichen ist'', 1984, [http://www.impuls21.net/pdf/kampf-ums-plebiszit.pdf PDF]
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] ''Die Umstülpung des demiurgischen Prinzips'', 1987, in: Joseph Beuys, die Aufgabe der Deutschen und der dreiundzwanzigste Mai 1989'', 1989, [http://www.impuls21.net/pdf/umstuelpung.pdf PDF]
*''Das Doppelgesicht des Politik-Begriffs bei Rudolf Steiner'', in: "Info 3"-Extra, Das Magazin der Zeitschrift "Info 3", 1/1989, S. 25f.
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] Bertold Hasen-Müller / Wilfried Heidt: ''Der Kern der »Kernpunkte« Zum Verhältnis von Anthroposophie, Dreigliederung des sozialen Organismus und  Initiative »Volksentscheid zum 23. Mai 89«. Ein Erklärungsversuch, 1988, [http://www.wiege.at/imc/Zivilgesellschaft/pdf/DD_Kern_der_Kernpunkte_mit_Anhang.pdf PDF]
* ''Volkssouveränität und Volksgesetzgebung'', Sonderheft 5 der [[Flensburger Hefte]], Flensburg 1990
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] Bertold Hasen-Müller / Wilfried Heidt: ''Das Verhältnis von Wahl- und Abstimmungsrecht als Kern der Legitimationsfrage'' [1990], [http://www.impuls21.net/pdf/Verhaeltnis-Wahl-und-Abstimmungsrecht.pdf PDF]
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] Bertold Hasen-Müller / Wilfried Heidt: ''Zum Begriff des »demokratischen Souveräns«'' [1990] , [http://www.impuls21.net/pdf/Begriff-des-demokratischen-Souveraens.pdf PDF]
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]]  ''Die Kardinalfrage des Staatswesens - Hinweis auf eine Lebensnotwendigkeit der Gegenwart und Zukunft'' (zusammen mit [[Bertold Hasen-Müller]]). In: Der Staat. Aufgaben und Grenzen, Sozialwissenschaftliches Forum Band 4, Stuttgart 1992, S. 113 - 139, [http://www.wiege.at/imc/Zivilgesellschaft/pdf/DD_Kardinalfrage_des_Staatswesens.pdf PDF] (Das PDF enthält zusätzlich einen Anhang: ''Eine Antwort auf Einwände'', der in dem Buch "Der Staat" nicht enhalten ist)
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] 1966 - 1999: Arbeit für die Dreigliederung des sozialen Organismus im letzten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts.  Wegbeschreibung, für Weggefährten und Freunde erzählt von Wilfried Heidt, Institut für Zeitgeschichte und Dreigliederungsentwicklung im Internationalen Kulturzentrum Achberg, 1995, [http://www.stiftung-gw3.de/files/1995-heidt-wegbeschreibung.pdf PDF]
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] ''Wer ist die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft?'', Achberg 1998, [http://www.stiftung-gw3.de/files/1997-aag-initiative-an-alle-heft.pdf PDF], [http://www.stiftung-gw3.de/files/1997-aag-neubegruendung-nbl-original.pdf PDF2 (Orig.)]
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] ''Memorandum zur EU-Verfassung'', 2004, [http://www.dreigliederung.de/download/2004-05-001.pdf PDF]
*[[Bild:Adobepdf_small.gif]] Wilfried Heidt / Gerhard Schuster: Auf der Suche nach der »Seele Europas« [2008]. Im Blick auf menschenkundliche, sozialwissenschaftliche und zeitgeschichtliche Aspekte. Logosophische Prolegomena zu einem europäischen Projekt, [http://www.impuls21.net/pdf/dialogica_2_seele.pdf PDF]
*Wilfried Heidt / Gerhard Schuster: ''Wo war die anthroposophische Bewegung im Epochenjahr »1968«? Eine Nachfrage'', Flugschrift Nr 1, 2008, {{VT|12|http://www.wilfried-heidt.de/pdf/flugschrift_nr1_2008.pdf|PDF}}
* ''Initiative 1989 – 2009. Wie Goethe und Schiller 1989 versuchten, die DDR zu retten und neu zu gründen'', Achberger Verlag, edition medianum, Achberg 2009
* Wilfried Heidt / Gerhard Schuster: ''Der "Achberger Kreis" in den Grünen'', Dokumentation, 2010, {{VT|16|http://www.stiftung-gw3.de/dokumentation/achberg-kreis-in-den-gruenen|PDF}}


== Literatur ==
== Literatur ==
*[http://www.wilfried-heidt.de/wp-content/uploads/2008/08/novalis-interview-1996.pdf Interview Heidt 1996 im [[Internationales Kulturzentrum Achberg|Humboldt-Haus Achberg]] (im Gespräch mit Michael  Frensch  über die Ereignisse von 1968 und 1989, die politische Entwicklung in Deutschland und die Chancen für die Dreigliederung, Novalis 09/1996) PDF]
*Der Impuls der direkten Demokratie im neuzeitlichen Europa: 1789 – 1989. INTERVIEW MIT WILFRIED HEIDT von Wolfgang Weirauch, Flensburger Hefte Nr. 25, Sommer 1989, [http://www.volksabstimmung.info/assets/PDF/FH-Interview_Der_Impuls_der_direkten_Demokratie.pdf PDF]
*[http://www.wirsinddeutschland.org/pdf/WsD_Korrespondenz_Lammert_Antwort_2.pdf Antwortschreiben Büro Lammert, Bundestagspräsident, 2006].


== Weblinks ==
#Rudolf Steiner: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften'', [[GA 1]] (1987), ISBN 3-7274-0011-0; '''Tb 649''', ISBN 978-3-7274-6490-4 {{Schriften|001}}
* [http://www.wilfried-heidt.de/ Die Website von Wilfried Heidt new trinity and unity (Mit Veranstaltungshinweisen und weiterführenden Links)]
* [http://www.wilfried-heidt.de/pdf/nachruf-lindauer-zeitung.pdf Nachruf in der Lindauer Zeitung vom 08.02.12]
* [http://www.wilfried-heidt.de/pdf/nachruf-wh-es-geht-ums-ganze.pdf Weiterer Nachruf auf Wilfried Heidt]
*http://www.themen-der-zeit.de/content/Freiheit_Demokratie_und_Sozialismus.1569.0.html


{{DEFAULTSORT:Heidt, Wilfried}}
{{GA}
[[Kategorie:Anthroposoph (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Anthroposoph (21. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Soziologe (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Soziologe (21. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Sozialwissenschaftler]]
[[Kategorie:Soziale Dreigliederung (Person)]]
[[Kategorie:Direkte Demokratie (Person)]]
[[Kategorie:Grundeinkommen (Person)]]
[[Kategorie:Internationales Kulturzentrum Achberg (Person)|I]]
[[Kategorie:Joseph Beuys (Person)]]
[[Kategorie:Autor (Anthroposophie)]]
[[Kategorie:Autor (Soziologie)]]
[[Kategorie:Wilfried Heidt|!]]
[[Kategorie:Publizist]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1941]]
[[Kategorie:Gestorben 2012]]
[[Kategorie:Mann]]


{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]]

Version vom 1. Mai 2014, 08:25 Uhr

Anthropomorphismus (von griech. ἄνϑρωπος anthropos ‚Mensch‘ und μορφή morphē ‚Form, Gestalt‘) ist die Übertragung menschlicher Gestalts- und Verhaltensmerkmale auf nichtmenschliche Wesen und Erscheinungen, beispielsweise auf Götter, Tiere, Pflanzen, Naturgewalten, unbelebte Objekte und sogar auf Maschinen.

Schon in den «Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften» hatte Rudolf Steiner geschrieben, dass der Mensch zwangsläufig einen offenbaren oder verhüllten Anthropomorphismus in seine Erkenntnistätigkeit hineinträgt, ja, dass dadurch, wenn es in richtiger Weise geschieht, überhaupt erst Erkenntnis möglich wird. Er entfernt sich dadurch keineswegs von der Wirklichkeit, die grundsätzlich nur in einem Subjekt und Objekt übergreifenden Prozess zu erreichen ist. Die Wahrheit, durch die die Wirklichkeit ergriffen werden soll, ist immer ein freies schöpferisches Erzeugnis des individuellen Menschen, das aber bei entsprechender geistiger Beweglichkeit intersubjektiv nachvollzogen werden kann. Damit wird keineswegs ein willkürlicher Relativismus begründet, sondern es wird nur betont, dass die Wirklichkeit im Erkenntnisvorgang individuell ergriffen werden muss und auch auf diese Weise ergriffen werden kann, weil der Mensch als Mikrokosmos sämtliche Gesetzmäßigkeiten des Makrokosmos in sich trägt. Auch den scheinbar rein objektiven Erkenntnissen der Naturwissenschaften haftet ein solcher, meist verhüllter Anthropomorphismus an.

"Der Mensch muß die Dinge aus seinem Geiste sprechen lassen, wenn er ihr Wesen erkennen will. Alles, was er über dieses Wesen zu sagen hat, ist den geistigen Erlebnissen seines Innern entlehnt. Nur von sich aus kann der Mensch die Welt beurteilen. Er muß anthropomorphisch denken. In die einfachste Erscheinung, z. B. in den Stoß zweier Körper bringt man einen Anthropomorphismus hinein, wenn man sich darüber ausspricht. Das Urteil: «Der eine Körper stößt den andern», ist bereits anthropomorphisch. Denn man muß, wenn man über die bloße Beobachtung des Vorganges hinauskommen will, das Erlebnis auf ihn übertragen, das unser eigener Körper hat, wenn er einen Körper der Außenwelt in Bewegung versetzt. Alle physikalischen Erklärungen sind versteckte Anthropomorphismen. Man vermenschlicht die Natur, wenn man sie erklärt, man legt die inneren Erlebnisse des Menschen in sie hinein. Aber diese subjektiven Erlebnisse sind das innere Wesen der Dinge. Und man kann daher nicht sagen, daß der Mensch die objektive Wahrheit, das «An sich» der Dinge nicht erkenne, weil er sich nur subjektive Vorstellungen über sie machen kann.[1] Von einer andern als einer subjektiven menschlichen Wahrheit kann gar nicht die Rede sein. Denn Wahrheit ist Hineinlegen subjektiver Erlebnisse in den objektiven Erscheinungszusammenhang. Diese subjektiven Erlebnisse können sogar einen ganz individuellen Charakter annehmen. Sie sind dennoch der Ausdruck des inneren Wesens der Dinge. Man kann in die Dinge nur hineinlegen, was man selbst in sich erlebt hat. Demnach wird auch jeder Mensch, gemäß seinen individuellen Erlebnissen etwas in gewissem Sinne anderes in die Dinge hineinlegen. Wie ich mir gewisse Vorgänge der Natur deute, ist für einen andern, der nicht das gleiche innerlich erlebt hat, nicht ganz zu verstehen. Es handelt sich aber gar nicht darum, daß alle Menschen das gleiche über die Dinge denken, sondern nur darum, daß sie, wenn sie über die Dinge denken, im Elemente der Wahrheit leben. Man kann deshalb die Gedanken eines andern nicht als solche betrachten und sie annehmen oder ablehnen, sondern man soll sie als die Verkünder seiner Individualität ansehen. «Diejenigen, welche widersprechen und streiten, sollten mitunter bedenken, daß nicht jede Sprache jedem verständlich sei» (Natw. Schr., 4. Bd., 2. Abt., S. 355). Eine Philosophie kann niemals eine allgemeingültige Wahrheit überliefern, sondern sie schildert die inneren Erlebnisse des Philosophen, durch die er die äußeren Erscheinungen deutet.

Wenn ein Ding durch das Organ des menschlichen Geistes seine Wesenheit ausspricht, so kommt die volle Wirklichkeit nur durch den Zusammenfluß des äußeren Objektiven und des inneren Subjektiven zustande. Weder durch einseitiges Beobachten, noch durch einseitiges Denken erkennt der Mensch die Wirklichkeit. Diese ist nicht als etwas Fertiges in der objektiven Welt vorhanden, sondern wird erst durch den menschlichen Geist in Verbindung mit den Dingen hervorgebracht. Die objektiven Dinge sind nur ein Teil der Wirklichkeit. Wer ausschließlich die sinnliche Erfahrung anpreist, dem muß man mit Goethe erwidern, «daß die Erfahrung nur die Hälfte der Erfahrung ist» (Natw. Schr., 4. Bd., 2. Abt., S. 503). «Alles Faktische ist schon Theorie», d. h. es offenbart sich im menschlichen Geiste ein Ideelles, wenn er ein Faktisches betrachtet. Diese Weltauffassung, die in den Ideen die Wesenheit der Dinge erkennt und die Erkenntnis auffaßt als ein Einleben in das Wesen der Dinge, ist nicht Mystik. Sie hat aber mit der Mystik das gemein, daß sie die objektive Wahrheit nicht als etwas in der Außenwelt Vorhandenes betrachtet, sondern als etwas, das sich im Innern des Menschen wirklich ergreifen läßt. Die entgegengesetzte Weltanschauung versetzt die Gründe der Dinge hinter die Erscheinungen, in ein der menschlichen Erfahrung jenseitiges Gebiet. Sie kann nun entweder sich einem blinden Glauben an diese Gründe hingeben, der von einer positiven Offenbarungsreligion seinen Inhalt erhält, oder Verstandeshypothesen und Theorien darüber aufstellen, wie dieses jenseitige Gebiet der Wirklichkeit beschaffen ist. Der Mystiker sowohl wie der Bekenner der Goetheschen Weltanschauung lehnen sowohl den Glauben an ein Jenseitiges, wie auch die Hypothesen über ein solches ab, und halten sich an das wirkliche Geistige, das sich in dem Menschen selbst ausspricht." (Lit.: GA 001, S. 335ff)

Anmerkungen

  1. Goethes Anschauungen stehen in dem denkbar schärfsten Gegensatz zur Kantschen Philosophie. Diese geht von der Auffassung aus, daß die Vorstellungswelt von den Gesetzen des menschlichen Geistes beherrscht werde und deshalb alles, was ihr von außen entgegengebracht wird, in ihr nur als subjektiver Abglanz vorhanden sein könne. Der Mensch nehme nicht das «An sich» der Dinge wahr, sondern die Erscheinung, die dadurch entsteht, daß die Dinge ihn affizieren und er diese Affektionen nach den Gesetzen seines Verstandes und seiner Vernunft verbindet. Daß durch diese Vernunft das Wesen der Dinge spricht, davon haben Kant und die Kantianer keine Ahnung. Deshalb konnte die Kantsche Philosophie für Goethe nie etwas bedeuten. Wenn er sich einzelne ihrer Sätze aneignete, so gab er ihnen einen völlig anderen Sinn, als sie innerhalb der Lehre ihres Urhebers haben. Es ist durch eine Notiz, die erst nach Eröffnung des Weimarischen Goethe-Archivs bekannt geworden ist, klar, daß Goethe den Gegensatz seiner Weltauffassung und der Kantschen sehr wohl durchschaute. Für ihn liegt der Grundfehler Kants darin, daß dieser «das subjektive Erkenntnisvermögen nun selbst als Objekt betrachtet und den Punkt, wo subjektiv und objektiv zusammentreffen, zwar scharf aber nicht ganz richtig sondert». Subjektiv und objektiv treten zusammen, wenn der Mensch das, was die Außenwelt ausspricht, und das, was sein Inneres vernehmen läßt, zum einigen Wesen der Dinge verbindet. Dann hört aber der Gegensatz von subjektiv und objektiv ganz auf; er verschwindet in der geeinten Wirklichkeit. Ich habe darauf schon hingedeutet in dieser Schrift S. 218 ff. Gegen meine damaligen Ausführungen polemisiert nun K. Vorländer im 1. Heft der «Kantstudien». Er findet, daß meine Anschauung über den Gegensatz von Goethescher und Kantscher Weltauffassung «mindestens stark einseitig und mit klaren Selbstzeugnissen Goethes in Widerspruch» sei und sich «aus dem völligen Mißverständnis der transzendentalen Methode» Kants von meiner Seite erkläre. Vorländer hat keine Ahnung von der Weltanschauung, in der Goethe lebte. Mit ihm zu polemisieren würde mir gar nichts nützen, denn wir sprechen verschiedene Sprachen. Wie klar sein Denken ist, zeigt sich darin, daß er bei meinen Sätzen nie weiß, was gemeint ist. Ich mache z. B. eine Bemerkung zu dem Goetheschen Satze: «Sobald der Mensch die Gegenstände um sich her gewahr wird, betrachtet er sie in bezug auf sich selbst, und mit Recht. Denn es hängt sein ganzes Schicksal davon ab, ob sie ihm gefallen oder mißfallen, ob sie ihn anziehen oder abstoßen, ob sie ihm nützen oder schaden. Diese ganz natürliche Art, die Sachen anzusehen und zu beurteilen, scheint so leicht zu sein, als sie notwendig i s t . . . Ein weit schwereres Tagewerk übernehmen diejenigen, deren lebhafter Trieb nach Kenntnis die Gegenstände der Natur an sich selbst und in ihren Verhältnissen untereinander zu beobachten strebt, sie suchen und untersuchen, was ist, und nicht was behagt.» Meine Bemerkung lautet: «Hier zeigt sich, wie Goethes Weltanschauung gerade der entgegengesetzte Pol der Kantschen ist. Für Kant gibt es überhaupt keine Ansicht über die Dinge, wie sie an sich sind, sondern nur wie sie in bezug auf uns erscheinen. Diese Ansicht läßt Goethe nur als ganz untergeordnete Art gelten, sich zu den Dingen in ein Verhältnis zu setzen.» Dazu sagt Vorländer: «Diese (Worte Goethes) wollen weiter nichts als einleitend den trivialen Unterschied zwischen dem Angenehmen und dem Wahren auseinandersetzen. Der Forscher soll suchen, <was ist und nicht was behagt>. Wer, wie Steiner, die letztere allerdings sehr untergeordnete Art, sich zu den Dingen in ein Verhältnis zu setzen, als diejenige Kants zu bezeichnen wagt, dem ist zu raten, daß er sich erst die Grundbegriffe der Kantschen Lehre, z. B. den Unterschied von subjektiver und objektiver Empfindung, etwa aus § 3 der Kr. d. U. klarmache.» Nun habe ich durchaus nicht, wie aus meinem Satze klar hervorgeht, gesagt, daß jene Art, sich zu den Dingen in ein Verhältnis zu setzen, die Kants ist, sondern daß Goethe die Kantsche Auffassung vom Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt nicht entsprechend dem Verhältnis findet, in dem der Mensch zu den Dingen steht, wenn er erkennen will, wie sie an sich sind. Goethe ist der Ansicht, daß die Kantsche Definition nicht dem menschlichen Erkennen, sondern nur dem Verhältnisse entspricht, in das sich der Mensch zu den Dingen setzt, wenn er sie in bezug auf sein Gefallen und Mißfallen betrachtet. Wer einen Satz in einer solchen Weise mißverstehen kann wie Vorländer, der mag es sich ersparen, andern Leuten Ratschläge zu geben über ihre philosophische Ausbildung, und lieber erst sich die Fähigkeit aneignen, einen Satz richtig lesen zu lernen. Goethesche Zitate aufsuchen und sie historisch zusammenstellen kann jeder; sie im Sinne der Goetheschen Weltanschauung deuten, kann jedenfalls Vorländer nicht.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften, GA 1 (1987), ISBN 3-7274-0011-0; Tb 649, ISBN 978-3-7274-6490-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org

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