Planetensäulen und Definition: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Planetensäulen''' wurden von [[Rudolf Steiner]]s für den [[Münchner Kongreß (1907)|Kongreß der «Föderation europäischer Sektionen der Theosophischen Gesellschaft»]], der vom 18. - 21. Mai 1907 in München stattfand, entworfen und von [[Karl Stahl]] ausgeführt. Die [[Wikipedia:Kapitell|Kapitell]]e der [[sieben]] Säulen, die zwischen den 7 [[Apokalyptische Siegel|apokalyptischen Siegelbildern]] aufgerichtet wurden, geben durch ihre Formverwandlung von Säule zu Säule ein lebendiges Bild der [[Weltentwicklungsstufen|Planetarischen Weltentwicklungsstufen]]. Der künftige [[Vulkan]]zustand, mit dem unsere [[planetarische Entwicklungskette]] enden wird und der in gewissem Sinn eine höhere [[Metamorphose]] des [[Alter Saturn|alten Saturnzustandes]] ist, wird nicht durch eine eigene Säule repräsentiert. Dafür wird unser gegenwärtiger [[Erde (Planet)|Erdenzustand]] entsprechend den beiden Hälften seiner Entwicklung durch die [[Mars]]- und die [[Merkur]]-Säule dargestellt.
[[Datei:angel2.svg|mini|250px|Platons Definition des Begriffs „Angelfischerei“]][[Datei:Schussenried Kloster Bibliothekssaal Gewölbefresko Baum des Porphyrius.jpg|miniatur|250px||Der [[Baum des Porphyrios]] auf einem Fresko (18. Jahrhundert) im Bibliothekssaal des [[Wikipedia:Kloster Schussenried|Klosters Schussenried]]]]
[[Datei:Praedicabilia.jpg|miniatur|250px|Die zehn Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien]]


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Eine '''Definition''' ([[Wikipedia:Latein|lat.]] definitio = ''Abgrenzung'', von de = ''ab, weg'' und finis = ''Grenze'') soll eine möglichst eindeutige Bestimmung eines [[Begriff]]s geben und ihn klar von anderen, ähnlichen Begriffen abgrenzen. Vielfach werden daher möglichst präzise Definitionen als grundlegend für die [[Wissenschaft]]en angesehen.  
  Bild:Saturnkapitell.gif|[[Alter Saturn]]
  Bild:Sonnenkapitell.gif|[[Alte Sonne]]
  Bild:Mondkapitell.gif|[[Alter Mond]]
  Bild:Marskapitell.gif|[[Mars]]
  Bild:Merkurkapitell.gif|[[Merkur]]
  Bild:Jupiterkapitell.gif|[[Neuer Jupiter]]
  Bild:Venuskapitell.gif|[[Neue Venus]]
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In den Jahren 1908/09 wurden die Motive der Planetensäulen von dem späteren [[Waldorflehrer]] [[Ernst August Karl Stockmeyer]] gemeinsam mit seinem Vater, dem Maler [[Karl Stockmeyer]], in dem nach den Ideen [[Rudolf Steiner]]s in [[Wikipedia:Malsch (Landkreis Karlsruhe)|Malsch]] im [[Wikipedia:Landkreis Karlsruhe|Landkreis Karlsruhe]] errichteten [[Modellbau in Malsch|Modellbau]] für ein späteres [[Goetheanum]] verwirklicht. Hier wurden die Säulen aus Eichenholz gefertigt und der Bau wurde so ausgerichtet, dass die Sonne zu [[Wikipedia:Frühling|Frühling]]sbeginn um 9 Uhr morgens die erste nördliche Säule beleuchtet.
== Platons Dihairesis ==


[[Bild:Modellbau_Malsch2.jpg|thumb|Der Innenraum des [[Modellbau]]s in [[Wikipedia:Malsch (Landkreis Karlsruhe)|Malsch]] mit den Planetensäulen.]]
{{Hauptartikel|Dihairesis}}
Über die Bedeutung der Kapitellmotive sagt Rudolf Steiner:


<div style="margin-left:20px">
Die als [[Dihairesis]] ({{ELSalt|διαίρεσις}} „Auseinandernehmung, Einteilung, Trennung“) bezeichnete Methode der Begriffseinteilung wurde von [[Platon]] entwickelt, um [[Begriffe]] konsequent und lückenlos in ein hierarchisches System von Gattungen und [[Art (Philosophie)|Arten]] einzuordnen, um so von den [[Allgemeinbegriff]]en absteigend durch wiederholte Teilung zu einer [[Logik|logisch]] exakten Definition spezieller, nicht weiter teilbarer [[Begriff]]e zu gelangen. Ein klassisches Beispiel dazu ist seine [[Ableitung]] der „Angelfischerei“ aus dem Allgemeinbegriff der „handwerklichen Tätigkeit“ (''[[techné]]'') nach dem nebenstehenden Schema, die zu der Definition führt: ''Die Angelfischerei ist die Kunstfertigkeit einer verwundenden Jagd auf Fische mit einem Haken bei Tage zum Zweck des Erwerbs.''<ref>Platon, ''[[Wikipedia:Sophistes|Sophistes]]'' 218e–221b</ref>
"Zwischen je zwei dieser Siegel befand sich im Kongreßraume eine der sieben Säulen, welche in der zweiten Serie der Bilder wiedergegeben sind. In den Kapitälen dieser Säulen sind, wie oben bereits angedeutet, Erfahrungen des «Sehers» (was auf diesem Gebiete eigentlich nicht mehr ein passender Name ist) in der «geistigen Welt» dargestellt. Es handelt sich um die Wahrnehmung der Urkräfte, welche in geistigen Tönen bestehen. Die plastischen Formen der Kapitäle sind Übersetzungen dessen, was der «Seher» hört. Doch sind diese Formen keineswegs willkürlich, sondern so, wie sie sich auf ganz natürliche Art ergeben, wenn der «sehende Mensch» die «geistige Musik» (Sphärenharmonie), die sein ganzes Wesen durchströmt, auf die formende Hand wirken läßt. Die plastischen Formen sind hier wirklich eine Art «gefrorener Musik», welche die Weltgeheimnisse zum Ausdruck bringt. Daß diese Formen als Säulenkapitäle auftreten, erscheint für den, welcher die Sachlage durchschaut, wie selbstverständlich. Die Grundlage der physischen Entwicklung der Erdenwesen liegt in der geistigen Welt. Von dort aus wird sie «gestützt». Nun beruht alle Entwicklung auf einem Fortschreiten in sieben Stufen. (Die Zahl sieben soll dabei nicht als Ergebnis eines «Aberglaubens» aufgefaßt werden, sondern als der Ausdruck einer geistigen Gesetzmäßigkeit, wie die sieben Regenbogenfarben der Ausdruck einer physischen Gesetzmäßigkeit sind). Die Erde selbst schreitet in ihrer Entwicklung durch sieben Zustände, die mit den sieben Planetennamen bezeichnet werden: Saturn-, Sonne-, Mond-, Mars-, Merkur-, Jupiter- und Venuszustand. (Über den Sinn dieser Sache vergleiche man meine «Geheimwissenschaft» oder die Aufsätze Zur Akasha-Chronik. Doch nicht allein ein Himmelskörper schreitet in seiner Entwicklung so vorwärts, sondern jede Entwicklung durchläuft sieben Stufen, die man im Sinne der modernen Geisteswissenschaft mit den Ausdrücken für die sieben planetarischen Zustände bezeichnet. In der oben gekennzeichneten Weise sind die geistigen Stützkräfte dieser Zustände durch die Formen der Säulenkapitäle wiedergegeben. Man wird aber zu keinem wahren Verständnis dieser Sache kommen, wenn man nur die verstandesmäßige Erklärung beim Beschauen der Formen zugrunde legt. Man muß künstlerisch-empfindend sich in die Formen hineinschauen und die Kapitäle eben als Form auf sich wirken lassen. Wer dies nicht beachtet, wird glauben, nur Allegorien, oder im besten Falle Symbole vor sich zu haben. Dann hätte er alles mißverstanden. Dasselbe Motiv geht durch alle sieben Kapitäle: eine Kraft von oben und eine von unten, die sich erst entgegenstreben, dann, sich erreichend, zusammenwirken. Diese Kräfte sind in ihrer Fülle und in ihrem inneren Leben zu empfinden und dann ist von der Seele selbst zu erleben, wie sie lebendig gestaltend sich breiten, zusammenziehen, sich umfassen, verschlingen, aufschließen usw. Man wird diese Komplikation der Kräfte fühlen können, wie man das «sich-gestalten» der Pflanze aus ihren lebendigen Kräften fühlt, und man wird empfinden können, wie die Kraftlinie erst senkrecht nach oben wächst in der Säule, wie sie sich entfaltet in den plastischen Gestalten der Kapitäle, welche sich den von oben ihnen entgegenkommenden Kräften öffnen und aufschließen, so daß ein sinnvoll tragendes Kapitäl wird. Erst entfaltet sich die Kraft von unten in der einfachsten Art, und ihr strebt ebenso einfach die Kraft von oben entgegen (Saturn-Säule); dann füllen sich die Formen von oben an, schieben sich in die Spitzen von unten hinein und bewirken so, daß die unteren Formen nach den Seiten ausweichen. Zugleich schließen sich diese unteren Formen zu lebendigen Gebilden auf (Sonnensäule). Im ferneren wird das obere mannigfaltiger; eine Spitze, die hervorgetrieben war, wächst wie zu einem befruchtenden Prinzip aus, und das untere gestaltet sich zu einem Fruchtträger um. Das andere Kraftmotiv zwischen beiden ist zu einer tragenden Stütze geworden, weil das Verhältnis der Zwischenglieder nicht genug stark als Tragkraft empfunden würde (Mond-Säule). Weiterhin tritt eine Abscheidung des Unteren und Oberen ein, die starken Träger des Mondkapitäls sind selbst säulenartig geworden, das dazwischenliegende Obere und Untere sind verwachsen zu einem Gebilde, von oben deutet sich ein neues Motiv an (Mars-Säule). Die aus der Verbindung des Oberen und Unteren entstandenen Gebilde haben Leben angenommen, erscheinen daher als von Schlangen umwundener Stab. Man wird empfinden müssen, wie dieses Motiv aus dem vorigen organisch herauswächst. Die mittleren Gebilde des Marskapitäls sind verschwunden; ihre Kraft ist von dem stützenden inneren Teile des Kapitäls aufgesogen; die vorher von oben kommenden Andeutungen sind voller geworden (Merkur-Säule). Nun geht es wieder zu einer Art Vereinfachung, die aber die Frucht der vorhergängigen Vermannigfaltigung in sich schließt. Das Obere schließt sich kelchartig auf, das Untere vereinfacht das Leben in einer keuschen Form (Jupiter-Säule). Der letzte Zustand zeigt diese «innere Fülle» bei der äußeren Vereinfachung aufs höchste. Die Wachstumsumgestaltungen von unten haben von obenher ein fruchttragendes Kelchartiges hervorgelockt (Venus-Säule)." {{Lit|GA 284}}
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[[Bild:Saeulen.jpg|center|Sieben Säulen]]
== Aristoteles klassische Definitionsregel ==


==Literatur==
{{Siehe auch|genus proximum et differentia specifica}}
#Rudolf Steiner: ''Bilder okkulter Siegel und Säulen'', [[GA 284]] (1993)
 
Die auf [[Aristoteles]] zurückgehende und bis ins [[Wikipedia:19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]] in der [[Logik|klassischen Logik]] als verbindlich angesehene Definitionsregel wurde in der [[Scholastik]] in die knappe Formel «[[genus proximum et differentia specifica]]» gefasst. Demnach habe jede Definition so zu erfolgen, dass die nächsthöhere [[Gattung (Philosophie)|Gattung]] und die [[Art (Philosophie)|artbildende]] [[Differenz (Philosophie)|Differenz]] angegeben wird, wodurch jeder [[Begriff]] [[system]]atisch in ein hierarchisches [[Begriffssystem]] eingeordnet werden kann, das später [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios]] durch den [[arbor porphyriana]], den [[Baum des Wissens]], veranschaulicht hat.
 
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{{Stammbaum/Start}}
{{Stammbaum|border=0| | | | | | | | | |EINS| | | | | | | |EINS='''[[Gattung (Philosophie)|Gattung]]'''<br>(z.B. Lebewesen)}}
{{Stammbaum|border=0| | | | | |,|-|-|-|-|^|-|-|-|-|.| | | | }}
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== Porphyrios «Baum des Wissens» ==
 
{{Hauptartikel|Baum des Wissens}}
 
Der ''Arbor porphyriana'' (auch ''arbor porphyrii, Árbor de Porfirio, Baum des Porphyrios'' oder ''Begriffspyramide'') ist eine durch den [[Scholastik]]er [[Wikipedia:Petrus Hispanus|Petrus Hispanus]] um [[Wikipedia:1240|1240]] in die Wissenschaftsgeschichte eingeführte Metapher für die Klassifikationsmethode, die [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios von Tyros]] in seiner [[Isagoge]] dargestellt hat. Da Porphyrios System die fünf philosophischen Grundbegriffe ([[Prädikabilien]]) miteinander verbindet, die die Art und Weise angeben, wie über die Dinge gesprochen werden kann, ist er auch als ''Quinque voces („Von den fünf Lautungen“; „Fünf Begriffe“)'' bekannt. Das Schema des Baums von Porphyrios ermöglicht die Subordinierung von Gattungs- und Artbegriffen, in die reale Gattungen und Arten eingeordnet werden können. Die zehn möglichen Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien entsprechen den von Aristoteles aufgestellten zehn [[Kategorien]].
 
[[Datei:Arbor porphyrii according Sowa (2001) GER.png|mini|center|600px|Links: der „Baum des Porphyrios“ nach [[Wikipedia:Petrus Hispanus|Petrus Hispanus]] (13. Jahrhundert). Rechts: der „Baum des Porphyrios“ in einer neuzeitlichen Darstellung.<ref>Abbildung des Baums nach Peter Schroeder-Heister: ''arbor porphyriana''. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie'', 2. Auflage, Bd. 1: A–B, Stuttgart 2005, S. 192 f.</ref>]]
 
== Grenzen der Definierbarkeit ==
 
[[Wikipedia:Karl Popper|Karl Popper]] sah Definitionen für relativ unbedeutend an, da sie den [[Aussage]]n und [[Theorie]]n untergeordnet seien, in deren Rahmen sie verwendet würden. Erst durch ihren Gebrauch würden sich die verwendeten Begriffe allmählich klären.
 
{{Zitat|Nicht durch die Definition wird die Anwendung eines Begriffes festgelegt, sondern die Verwendung des Begriffes legt das fest, was man seine ‚Definition‘ oder seine ‚Bedeutung‘ nennt. Anders ausgedrückt: Es gibt nur Gebrauchsdefinitionen.|Karl Popper|''Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie.''|ref=<ref>Karl R. Popper: ''Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Aufgrund von Manuskripten aus den Jahren 1930–1933.'' Tübingen 2. verbess. Auflage 1994, S. 366f. ISBN 3-16-145774-9)</ref>}}
 
In [[geist]]igen Zusammenhängen, wo ein [[lebendiges Denken]] gefordert ist, sind Definitionen völlig unbrauchbar. An ihre Stelle muss eine lebendig-bewegliche begriffliche [[Charakterisierung]] treten.
 
{{GZ|Nun, wenn Sie öfter von mir Auseinandersetzungen gehört hätten,
dann würden Sie gefunden haben, daß ich nirgends Definitionen
gebe, ja, daß ich mich sogar scharf gegen das Definieren in der
Anthroposophie wende. Ich muß ja manchmal, da ich populär zu
sprechen habe, die Dinge begrifflich darstellen. Und obwohl ich ganz
gut weiß, daß Definitionen eine gewisse Hilfe sein können für das
mehr naturwissenschaftliche oder historisch im heutigen Sinne geartete
Wissen, obwohl ich mir also des eingeschränkten Rechtes von
Definitionen bewußt bin, so erinnere ich doch daran, wie innerhalb
der griechischen Philosophie gesagt wurde, man solle einen Menschen
definieren. Es wurde da die Definition gegeben, ein Mensch sei
ein Lebewesen, das zwei Beine und keine Federn hat. Und da brachte
am nächsten Tage jemand einen gerupften Hahn und sagte, das wäre
ein Mensch. - Sehen Sie, so weit entfernt man sich sehr häufig von
der unmittelbaren Anschauung, auch mit brauchbaren Definitionen.
Man muß nur auf die Dinge eingehen.
 
Das ist eben eine Eigentümlichkeit des intellektualistischen Wissens,
und darin steckt vielfach auch dasjenige, was nun zu dem Urteil
geführt hat, das in so scharfer Weise die Grenzen sehen will zwischen
Glauben und Wissen. Man muß da schon ein wenig auf die Feinheiten
eingehen. Sehen Sie, schon in unseren einfachsten Wissenschaften
stecken Definitionen, die eigentlich gar keine Berechtigung haben.
Schlagen Sie irgendein Physikbuch auf. Sie finden darin eine Definition:
Was ist Undurchdringlichkeit? Undurchdringlichkeit ist die Eigenschaft
der Körper, daß an dem Orte, wo ein Körper ist, nicht
zugleich ein anderer sein kann. - Das ist eine Definition der Undurchdringlichkeit.
Im ganzen Umfange des Wissens und Erkennens
darf aber so gar nicht definiert werden, sondern diese [Definition der]
Undurchdringlichkeit ist eigentlich bloß ein maskiertes Postulat. In
Wirklichkeit müßte gesagt werden: Man nennt einen Körper undurchdringlich,
wenn er so beschaffen ist, daß an dem Orte, wo er ist,
nicht zugleich ein anderer sein kann. - Es ist das nämlich bloß eine
Anleitung, einen Körper zu bestimmen, seine Eigenart zu postulieren;
und erst unter dem Einfluß der materialistischen Denkweise
werden Postulate maskiert als Definitionen gegeben.|343a|95}}
 
{{GZ|Man kann heute in der
Schule lernen: Die Körper sind undurchdringlich. Und das
wird als Definition angeführt: die Undurchdringlichkeit
besteht darin, daß in dem Raum, in dem ein Körper ist,
ein anderer nicht sein kann. - So kann ein Geisteswissenschafter
den Satz nicht sagen. Ein Geisteswissenschafter
kann niemals von einer begrifflichen Definition ausgehen,
sondern nur von einer begrifflichen Charakteristik. Er sagt
in diesem Falle: Dasjenige, welches sich so verhält, daß es
einen Raum in der Art ausfüllt, daß kein anderes Wesen in
diesem Räume drinnen sein kann, ist ein materieller Körper.
— Das heißt, er kehrt die Sache gerade um, er geht aus
davon, seinen Begriff nur in den Grenzen anzuwenden,
weil er ihn lebendig hat, in denen er anzuwenden ist. Er
verabsolutiert nicht die Begriffe. Das stellt sich in den allereinfachsten
Denkoperationen ein, wenn man wirklich den
Sprung macht, den ich nennen möchte: den Sprung über die
Schwelle der geistigen Welt. Man muß das wirklich sehr
ernst nehmen. Die Menschen möchten heute noch so im Abstrakten
herumreden, wenn von der geistigen Welt die
Rede ist. Aber die ganze Seelenkonstitution, die ganze Art
zu denken, wird eine andere, wenn man in die Wirklichkeit
eintritt. Die Begriffe werden erlebt, so daß man ihre Wirklichkeit
durchlebt. Sehen Sie: ein abstrakt denkender
Mensch, für den ist eine Rose, die er im Zimmer in Wasser
gestellt hat, selbstverständlich eine Wirklichkeit. Aber das
ist gar keine Wirklichkeit. Denn im wirklichen Leben kann
eine Rose nicht da sein, ohne daß sie am Rosenstrauch ist
und im ganzen Zusammenhang mit dem Rosenstrauch entsteht.
Der Geisteswissenschafter ist sich also immer bewußt,
daß er, wo etwas mit etwas anderem zusammengehört, es
im Zusammenhange zu denken hat. Er weiß: der Begriff
Rose als abgeschnittene Rose ist ein unwirklicher Begriff.
Denken Sie sich das ausgedehnt auf die ganze Formung,
auf die ganze Struktur des Denkens, dann werden Sie einen
Begriff bekommen von dem bedeutungsvollen Umschwung,
der eintritt, wenn die Schwelle zur geistigen Welt überschritten
ist. Da bekommt man eben die Wirklichkeit.
Da bekommt man ein inneres, erlebbares Vorstellen von
der Tragweite der Begriffe.|73|99ff}}
 
{{GZ|In der Geisteswissenschaft
läßt sich nicht anders charakterisieren, als daß man von verschiedenen
Seiten her sich einer Sache nähert und die sich ergebenden verschiedenen
Anschauungen dann zusammenschaut. Geradesowenig wie in
einem einzigen Ton eine Melodie gegeben werden kann, so wenig können
Sie das, was geisteswissenschaftlicher Inhalt ist, mit einer einzigen
Charakteristik umfassen; Sie müssen die Charakteristik von verschiedenen
Seiten nehmen. Das ist das, was in früheren Zeiten Menschen,
welche etwas davon wirklich wußten, genannt haben: Zusammenhören,
die verschiedenen Erklärungen zusammenhören.|302a|54f}}
 
== Siehe auch ==
 
*{{UTB-Philosophie|Thomas Blume|205|Definition}}
 
== Anmerkungen ==
 
<references />
 
== Literatur ==
 
#Rudolf Steiner: ''Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie'', [[GA 73]] (1987), ISBN 3-7274-0730-1 {{Vorträge|073}}
#Rudolf Steiner: ''Erziehung und Unterricht aus Menschenerkenntnis'', [[GA 302a]] (1993), ISBN 3-7274-3025-7 {{Vorträge|302a}}
#Rudolf Steiner: ''Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II'', [[GA 343a]] (1993), ISBN 3-7274-3430-9 {{Vorträge|343a}}


{{GA}}
{{GA}}


[[Kategorie:Architektur]] [[Kategorie:Baukunst]] [[Kategorie:Kunst]]
[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]] [[Kategorie:Wissenschaft]] [[Kategorie:Wissenschaftstheorie]]

Version vom 24. September 2016, 07:33 Uhr

Platons Definition des Begriffs „Angelfischerei“
Der Baum des Porphyrios auf einem Fresko (18. Jahrhundert) im Bibliothekssaal des Klosters Schussenried
Die zehn Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien

Eine Definition (lat. definitio = Abgrenzung, von de = ab, weg und finis = Grenze) soll eine möglichst eindeutige Bestimmung eines Begriffs geben und ihn klar von anderen, ähnlichen Begriffen abgrenzen. Vielfach werden daher möglichst präzise Definitionen als grundlegend für die Wissenschaften angesehen.

Platons Dihairesis

Hauptartikel: Dihairesis

Die als Dihairesis (griech. διαίρεσις „Auseinandernehmung, Einteilung, Trennung“) bezeichnete Methode der Begriffseinteilung wurde von Platon entwickelt, um Begriffe konsequent und lückenlos in ein hierarchisches System von Gattungen und Arten einzuordnen, um so von den Allgemeinbegriffen absteigend durch wiederholte Teilung zu einer logisch exakten Definition spezieller, nicht weiter teilbarer Begriffe zu gelangen. Ein klassisches Beispiel dazu ist seine Ableitung der „Angelfischerei“ aus dem Allgemeinbegriff der „handwerklichen Tätigkeit“ (techné) nach dem nebenstehenden Schema, die zu der Definition führt: Die Angelfischerei ist die Kunstfertigkeit einer verwundenden Jagd auf Fische mit einem Haken bei Tage zum Zweck des Erwerbs.[1]

Aristoteles klassische Definitionsregel

Die auf Aristoteles zurückgehende und bis ins 19. Jahrhundert in der klassischen Logik als verbindlich angesehene Definitionsregel wurde in der Scholastik in die knappe Formel «genus proximum et differentia specifica» gefasst. Demnach habe jede Definition so zu erfolgen, dass die nächsthöhere Gattung und die artbildende Differenz angegeben wird, wodurch jeder Begriff systematisch in ein hierarchisches Begriffssystem eingeordnet werden kann, das später Porphyrios durch den arbor porphyriana, den Baum des Wissens, veranschaulicht hat.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
Gattung
(z.B. Lebewesen)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Art 1
(z.B. Mensch)
 
 
artbildender
Unterschied
(z.B. vernunftbegabt)
 
 
Art 2
(z.B. Tier)
 
 
 
 
 
 
 
 

Porphyrios «Baum des Wissens»

Hauptartikel: Baum des Wissens

Der Arbor porphyriana (auch arbor porphyrii, Árbor de Porfirio, Baum des Porphyrios oder Begriffspyramide) ist eine durch den Scholastiker Petrus Hispanus um 1240 in die Wissenschaftsgeschichte eingeführte Metapher für die Klassifikationsmethode, die Porphyrios von Tyros in seiner Isagoge dargestellt hat. Da Porphyrios System die fünf philosophischen Grundbegriffe (Prädikabilien) miteinander verbindet, die die Art und Weise angeben, wie über die Dinge gesprochen werden kann, ist er auch als Quinque voces („Von den fünf Lautungen“; „Fünf Begriffe“) bekannt. Das Schema des Baums von Porphyrios ermöglicht die Subordinierung von Gattungs- und Artbegriffen, in die reale Gattungen und Arten eingeordnet werden können. Die zehn möglichen Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien entsprechen den von Aristoteles aufgestellten zehn Kategorien.

Links: der „Baum des Porphyrios“ nach Petrus Hispanus (13. Jahrhundert). Rechts: der „Baum des Porphyrios“ in einer neuzeitlichen Darstellung.[2]

Grenzen der Definierbarkeit

Karl Popper sah Definitionen für relativ unbedeutend an, da sie den Aussagen und Theorien untergeordnet seien, in deren Rahmen sie verwendet würden. Erst durch ihren Gebrauch würden sich die verwendeten Begriffe allmählich klären.

„Nicht durch die Definition wird die Anwendung eines Begriffes festgelegt, sondern die Verwendung des Begriffes legt das fest, was man seine ‚Definition‘ oder seine ‚Bedeutung‘ nennt. Anders ausgedrückt: Es gibt nur Gebrauchsdefinitionen.“

Karl Popper: Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie.[3]

In geistigen Zusammenhängen, wo ein lebendiges Denken gefordert ist, sind Definitionen völlig unbrauchbar. An ihre Stelle muss eine lebendig-bewegliche begriffliche Charakterisierung treten.

„Nun, wenn Sie öfter von mir Auseinandersetzungen gehört hätten, dann würden Sie gefunden haben, daß ich nirgends Definitionen gebe, ja, daß ich mich sogar scharf gegen das Definieren in der Anthroposophie wende. Ich muß ja manchmal, da ich populär zu sprechen habe, die Dinge begrifflich darstellen. Und obwohl ich ganz gut weiß, daß Definitionen eine gewisse Hilfe sein können für das mehr naturwissenschaftliche oder historisch im heutigen Sinne geartete Wissen, obwohl ich mir also des eingeschränkten Rechtes von Definitionen bewußt bin, so erinnere ich doch daran, wie innerhalb der griechischen Philosophie gesagt wurde, man solle einen Menschen definieren. Es wurde da die Definition gegeben, ein Mensch sei ein Lebewesen, das zwei Beine und keine Federn hat. Und da brachte am nächsten Tage jemand einen gerupften Hahn und sagte, das wäre ein Mensch. - Sehen Sie, so weit entfernt man sich sehr häufig von der unmittelbaren Anschauung, auch mit brauchbaren Definitionen. Man muß nur auf die Dinge eingehen.

Das ist eben eine Eigentümlichkeit des intellektualistischen Wissens, und darin steckt vielfach auch dasjenige, was nun zu dem Urteil geführt hat, das in so scharfer Weise die Grenzen sehen will zwischen Glauben und Wissen. Man muß da schon ein wenig auf die Feinheiten eingehen. Sehen Sie, schon in unseren einfachsten Wissenschaften stecken Definitionen, die eigentlich gar keine Berechtigung haben. Schlagen Sie irgendein Physikbuch auf. Sie finden darin eine Definition: Was ist Undurchdringlichkeit? Undurchdringlichkeit ist die Eigenschaft der Körper, daß an dem Orte, wo ein Körper ist, nicht zugleich ein anderer sein kann. - Das ist eine Definition der Undurchdringlichkeit. Im ganzen Umfange des Wissens und Erkennens darf aber so gar nicht definiert werden, sondern diese [Definition der] Undurchdringlichkeit ist eigentlich bloß ein maskiertes Postulat. In Wirklichkeit müßte gesagt werden: Man nennt einen Körper undurchdringlich, wenn er so beschaffen ist, daß an dem Orte, wo er ist, nicht zugleich ein anderer sein kann. - Es ist das nämlich bloß eine Anleitung, einen Körper zu bestimmen, seine Eigenart zu postulieren; und erst unter dem Einfluß der materialistischen Denkweise werden Postulate maskiert als Definitionen gegeben.“ (Lit.:GA 343a, S. 95)

„Man kann heute in der Schule lernen: Die Körper sind undurchdringlich. Und das wird als Definition angeführt: die Undurchdringlichkeit besteht darin, daß in dem Raum, in dem ein Körper ist, ein anderer nicht sein kann. - So kann ein Geisteswissenschafter den Satz nicht sagen. Ein Geisteswissenschafter kann niemals von einer begrifflichen Definition ausgehen, sondern nur von einer begrifflichen Charakteristik. Er sagt in diesem Falle: Dasjenige, welches sich so verhält, daß es einen Raum in der Art ausfüllt, daß kein anderes Wesen in diesem Räume drinnen sein kann, ist ein materieller Körper. — Das heißt, er kehrt die Sache gerade um, er geht aus davon, seinen Begriff nur in den Grenzen anzuwenden, weil er ihn lebendig hat, in denen er anzuwenden ist. Er verabsolutiert nicht die Begriffe. Das stellt sich in den allereinfachsten Denkoperationen ein, wenn man wirklich den Sprung macht, den ich nennen möchte: den Sprung über die Schwelle der geistigen Welt. Man muß das wirklich sehr ernst nehmen. Die Menschen möchten heute noch so im Abstrakten herumreden, wenn von der geistigen Welt die Rede ist. Aber die ganze Seelenkonstitution, die ganze Art zu denken, wird eine andere, wenn man in die Wirklichkeit eintritt. Die Begriffe werden erlebt, so daß man ihre Wirklichkeit durchlebt. Sehen Sie: ein abstrakt denkender Mensch, für den ist eine Rose, die er im Zimmer in Wasser gestellt hat, selbstverständlich eine Wirklichkeit. Aber das ist gar keine Wirklichkeit. Denn im wirklichen Leben kann eine Rose nicht da sein, ohne daß sie am Rosenstrauch ist und im ganzen Zusammenhang mit dem Rosenstrauch entsteht. Der Geisteswissenschafter ist sich also immer bewußt, daß er, wo etwas mit etwas anderem zusammengehört, es im Zusammenhange zu denken hat. Er weiß: der Begriff Rose als abgeschnittene Rose ist ein unwirklicher Begriff. Denken Sie sich das ausgedehnt auf die ganze Formung, auf die ganze Struktur des Denkens, dann werden Sie einen Begriff bekommen von dem bedeutungsvollen Umschwung, der eintritt, wenn die Schwelle zur geistigen Welt überschritten ist. Da bekommt man eben die Wirklichkeit. Da bekommt man ein inneres, erlebbares Vorstellen von der Tragweite der Begriffe.“ (Lit.:GA 73, S. 99ff)

„In der Geisteswissenschaft läßt sich nicht anders charakterisieren, als daß man von verschiedenen Seiten her sich einer Sache nähert und die sich ergebenden verschiedenen Anschauungen dann zusammenschaut. Geradesowenig wie in einem einzigen Ton eine Melodie gegeben werden kann, so wenig können Sie das, was geisteswissenschaftlicher Inhalt ist, mit einer einzigen Charakteristik umfassen; Sie müssen die Charakteristik von verschiedenen Seiten nehmen. Das ist das, was in früheren Zeiten Menschen, welche etwas davon wirklich wußten, genannt haben: Zusammenhören, die verschiedenen Erklärungen zusammenhören.“ (Lit.:GA 302a, S. 54f)

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Platon, Sophistes 218e–221b
  2. Abbildung des Baums nach Peter Schroeder-Heister: arbor porphyriana. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, 2. Auflage, Bd. 1: A–B, Stuttgart 2005, S. 192 f.
  3. Karl R. Popper: Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Aufgrund von Manuskripten aus den Jahren 1930–1933. Tübingen 2. verbess. Auflage 1994, S. 366f. ISBN 3-16-145774-9)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie, GA 73 (1987), ISBN 3-7274-0730-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Erziehung und Unterricht aus Menschenerkenntnis, GA 302a (1993), ISBN 3-7274-3025-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II, GA 343a (1993), ISBN 3-7274-3430-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.