Ernst Müller und Mathematik: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Ernst Mueller.jpg|thumb|Ernst Müller]]
Die '''Mathematik''' ([[Wikipedia:Altgriechische Sprache|griech.]] μαθηματική τέχνη ''mathēmatikē téchnē'': "die Kunst des Lernens, zum Lernen gehörig" oder μανθάνω ''manthánō'': "ich lerne") ist jene [[Wissenschaft]], die die Gesetzmäßigkeiten von [[Zahlen]] und [[Geometrie|geometrischen Figuren]] durch [[reines Denken]] mit innerer, sich selbst tragender Gewissheit zu ergründen sucht.
'''Ernst Müller''' (* [[Wikipedia:21. November|21. November]] [[Wikipedia:1880|1880]] in [[Wikipedia:Miroslav (Stadt)|Mißlitz]], [[Wikipedia:Mähren|Mähren]]; † [[Wikipedia:5. August|5. August]] [[Wikipedia:1954|1954]] in [[Wikipedia:London|London]]) war ein [[Wikipedia:österreich|österreich]]ischer [[Wikipedia:Zionist|Zionist]] und [[Anthroposoph]].  


== Leben ==
Nach [[Rudolf Steiner]] ist die Mathematik die erste Stufe der [[Hellsehen|übersinnlichen Anschauung]]. Aus diesem Grund hatten die [[Gnostiker]] auch ihre [[Mystik]] als [[Mathesis]] aufgefasst, weil die selbe [[Gedanke]]nklarheit wie in der Mathematik auch in der [[geist]]igen [[Erkenntnis]] herrschen sollte.
Der in seiner mährischen Geburtsregion aufgewachsene Müller schrieb schon als Schüler in jüdischen Zeitungen, wobei er Partei für den Zionismus ergriff. 1897 begegnete er in [[Wikipedia:Brünn|Brünn]] erstmals [[Wikipedia:Theodor Herzl|Theodor Herzl]]. 1998 maturierte er in Brünn mit Auszeichnung und begann danach in Wien ein Jura-Studium, das er aber nach einer schweren Krise abbrach. Nach einem Aufenthalt in einer Kaltwasserheilanstalt nach Wien zurückgekehrt, studierte er [[Wikipedia:Philosophie|Philosophie]], [[Wikipedia:Mathematik|Mathematik]] und [[Wikipedia:Naturwissenschaft|Naturwissenschaft]]en. 1903 erhielt er die Lehrbefähigung als Gymnasiallehrer und 1905 promovierte er bei [[Laurenz Müllner]] und [[Wikipedia:Friedrich Jodl|Friedrich Jodl]] an der [[Wikipedia:Universität Wien|Universität Wien]] mit einer Arbeit über "Bewusstseinsprobleme".


Schon 1900 hatte Ernst Müller in Wien [[Wikipedia:Martin Buber|Martin Buber]] kennengelernt und schrieb seither regelmäßig für das von Buber redigierte zionistische Zentralorgan [[Wikipedia:Die Welt (Zionismus)|Die Welt]]. 22-jährig leitete Müller dann die Redaktion der zionistischen Jugendzeitschrift „Unsere Hoffnung“. Zu dieser Zeit war er [[Wikipedia:Samuel Hugo Bergmann|Samuel Hugo Bergmann]]  begegnet, einem Klassenkameraden und Freund von [[Wikipedia:Franz Kafka|Franz Kafka]], der später Philosophieprofessor und [[Wikipedia:Rektor|Rektor]] der [[Wikipedia:Hebräische Universität in Jerusalem|Hebräischen Universität]] in Jerusalem wurde.<ref>[http://www.info3.de/ycms/printartikel_228.shtml Hans-Jürgen Bracker: Humanistischer Zionismus. In: Info 3]</ref>
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"Wer mit der richtigen Gesinnung an Mathematik sich
heranbegibt, der wird dazu kommen, gerade in dem
Verhalten des Menschen im Mathematisieren das Musterbild
zu sehen für alles dasjenige, was dann erreicht
werden soll für eine höhere, eine übersinnliche Anschauung.
Denn die Mathematik ist einfach die erste Stufe
übersinnlicher Anschauung. Dasjenige, was wir als mathematische
Strukturen des Raumes schauen, ist übersinnliche
Anschauung. Wir geben es nur nicht zu, weil
wir gewöhnt sind es hinzunehmen. Derjenige aber, der
die eigentliche Natur dieses Mathematisierens kennt, der
weiß, daß es zwar zunächst eine uns nicht sonderlich für
unsere ewige Menschennatur interessierende Wissenschaft
ist, was wir da mit der Raumesstruktur gegeben haben,
daß es aber durchaus den Charakter alles dessen vollständig
trägt, was man im anthroposophischen Sinne -
jetzt ohne nebulose Mystik, ohne verworrenen Okkultismus,
sondern einfach mit dem Ziele, in die übersinnlichen
Welten auf exakt-wissenschaftliche Weise hinaufzusteigen
-, was man im wahren Sinne des Wortes vom
Hellsehen verlangen kann.


Ab 1906 lehrte Müller für ein Jahr an einem Gymnasium in Ungarisch-Brod  (Mähren). 1907 ging er nach Palästina, wo er am neu gegründeten  hebräischen Gymnasium in Jaffa lehrte, das er aber wegen ständiger interner Zwistigkeiten bereits ein halbes Jahr später wieder verließ. Für die nächsten  anderthalb Jahre hielt er sich mit Privatstunden und dem Unterricht an einer Landwirtschaftsschule über Wasser.
Was Hellsehen auf höherem Gebiete ist, studieren
kann es jeder Mensch am Mathematisieren." {{Lit|{{G|082|60f}}}}
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1909 kehrte Ernst Müller nach Wien zurück, wo ihn sein Bruder Edmund in die [[Theosophie|theosophische]] Gemeinschaft um Frau Reif-Busse einführte, aus der später der erste Zweig der [[Anthroposophische Gesellschaft|Anthroposophischen Gesellschaft]] in Wien hervorging.
Die mathematische Begabung resultiert aus dem inneren [[Erleben]] der ''Knochenmechanik'', also des [[Gliedmaßen-System]]s bis in die [[Knochen]] hinein:


1910 hörte Ernst Müller in Wien [[Rudolf Steiner]]s [[Vortragszyklus]] über [[Makrokosmos und Mikrokosmos]] und hatte auch einige persönliche Gespräche mit Steiner. Noch im selben Jahr wirkte er in [[Wikipedia:Münschen|Münschen]] an der Uraufführung von Rudolf Steiners erstem [[Mysteriendrama]] ''[[Die Pforte der Einweihung]]'' mit. Auf Anregung Steiners begann sich Müller mit den mathematischen Untersuchungen von [[Oskar Simony]] zur Verallgemeinerung der Rechenoperationen zu beschäftigen. In der Folge studierte er  Simonys Arbeiten zur [[Wikipedia:Topologie (Mathematik)|Topologie]] der Knoten und gefalteten Bänder und deren Zusammenhang mit den [[Wikipedia:Primzahlen|Primzahlen]].
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"Ein Geometer wird einer, weil er das Gehirn deutlich erlebt. Und Mathematiker
werden wir dadurch, daß wir unsere Gliedmaßen bis ins Knochensystem
erleben. Nicht aus dem Nervensystem kommt die mathematische Begabung, im
Hirn ist nur die Spiegelung." {{Lit|{{G|217a|229}}}}
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1911 wurde Müller [[Wikipedia:Bibliothekar|Bibliothekar]] und später Vizedirektor der umfangreichen Bibliothek der [[Wikipedia:Israelitische Kultusgemeinde Wien|Israelitischen Kultusgemeinde Wien]]. Das waren ideale Voraussetzungen für seine Studien zur jüdischen [[Esoterik]], [[Mystik]] und insbesondere zur [[Kabbala]], von wo er die Brücke zu dem anthroposophisch vertieften Christentum zu schlagen vermochte. Darüber hinaus interessierte sich Müller auch für die [[Wikipedia:Sprachwissenschaft|Sprachwissenschaft]]en.
Darüber hinaus ist auch der [[Gleichgewichtssinn]] von großer Bedeutung für die mathematischen [[Fähigkeiten]]:


Während des [[Wikipedia:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] diente Müller als Verpflegungsoffizier ohne Kampfeinsatz zuerst in Baja in [[Wikipedia:Ungarn|Ungarn]] und später in Zelenika an der Boka Kotorska in [[Wikipedia:Montenegro|Montenegro]].
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"Da zeigte sich mir nämlich, daß das mathematische Denken, das ganze mathematische
Vorstellen etwas viel Objektiveres ist, als man eigentlich gewöhnlich
denkt; daß das ganze mathematische Vorstellen eigentlich etwas ist, was wie eine
Art Automat wirkt, und zwar so: die Gründe für dieses mathematische Vorstellen
sind, daß das gesamte mathematische Vorstellen in der Konstitution der ganzen
Erde liegt. Die Erde ist nämlich nicht jenes undifferenzierte Wesen, als welches
die Menschen theoretisch sich die Erde vorstellen. Sie ist außerordentlich
fein gegliedert und wirkt von innen heraus auf die Wesen, die sie bewohnen.


In den 20iger Jahren drohten latente [[Wikipedia:Antisemitismus|antisemitische]] Untertöne Ernst Müller immer wieder der Anthroposophischen Gesellschaft zu entfremden, wovor er nur durch seinen Freund [[Hans Erhard Lauer]] bewahrt wurde.
Nun hängt beim Menschen die mathematische Begabung vorzugsweise ab
von den drei Kanälen im Mittelohr, die mit dem Gleichgewicht etwas zu tun
haben, und es besteht für den Menschen eine Art Verbindung zwischen diesem
Organ im Ohr und zwischen dem gesamten das Rückenmark konstituierenden
Nervensystem. Wenn der Mensch nämlich mathematische Urteile fällt, so können
wir sehen, daß er viel mehr, als man gewöhnlich glaubt, Zuschauer ist. Die
mathematischen Urteile machen sich viel mehr selber, und der Mensch ist gerade
auf dem Gebiete der Mathematik mehr eine Art Automat. Daher gehört es
auch zu den Eigentümlichkeiten der Mathematik, daß man wirklich den Drang
hat, die ganze Mathematik zu einer Art Automat zu gestalten. Man zählt nur bis
zehn in unserem Zahlensystem, dann zählt man die Zehner und so weiter. Dadurch
wird das ganze Rechnen innerlich automatisiert. Es besteht wirklich eine
innere Gesetzmäßigkeit in den Zahlen, die in einer Art mathematischen Automatismus
an die Erde gebunden ist. Beim Menschen wirkt dieser Automatismus
nicht so stark, weil der Mensch herausgehoben ist aus diesem Automatismus
und die Urteilskraft doch eintritt und niederhält den ganzen mathematischen
Automatismus." {{Lit|Beiträge 114/115, S 66}}
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An der [[Rudolf Steiner-Schule Wien-Mauer]] gab Ernst Müller Gesangsunterricht und dichtete und komponierte zahlreiche Kinderlieder für die Schüler.
Mathematische Fähigkeiten, ja die Schlagfertigkeit des [[Denken]]s überhaupt, schult man daher am besten über die Geschicklichkeit der Gliedmaßen-Tätigkeit - ein Prinzip, das in der [[Waldorfpädagogik]] besondere Beachtung findet:


1924 kam Ernst Müller in engeren Kontakt mit der [[Elisabeth Vreede]], der Leiterin der neu gegründeten [[Mathematisch-Astronomische Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft|Mathematisch-Astronomischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft]] am [[Goetheanum]] in [[Wikipedia:Dornach SO|Dornach]] und auch mit [[George Adams]]. Auch wurde er Mitglied der [[Erste Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft|Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft]].
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"Aber man muß wissen, wie eng ein
ordentliches Denken nicht bloß mit dem Gehirn und
dem Kopf des Menschen zusammenhängt, sondern mit
dem ganzen Menschen. Es hängt von der Art und Weise,
wie jemand denken gelernt hat, ab, welche Geschicklichkeit
er in den Fingern hat. Denn der Mensch denkt ja in
Wirklichkeit mit dem ganzen Leibe. Man glaubt nur
heute, er denke mit dem Nervensystem, in Wahrheit
denkt er mit dem ganzen Organismus. Und auch umgekehrt
ist es: Wenn man in richtiger Weise dem Kinde
Schlagfertigkeit im Denken, sogar bis zu einem gewissen
Grade Geistesgegenwart auf natürliche Weise beibringen
kann, arbeitet man für die körperliche Geschicklichkeit,
und wenn man bis in die Körperlichkeit hinein diese
Denkgeschicklichkeit treibt, dann kommt einem auch
die Geschicklichkeit der Kinder zu Hilfe. Es ist viel
wichtiger, was wir jetzt in der Waldorfschule eingerichtet
haben, daß die Kinder statt des gewöhnlichen
Anschauungsunterrichts im Handfertigkeitsunterricht
übergehen zum Selbstformen, wodurch sie in die Empfindung
hineinbekommen die künstlerische Gestaltung
der Fläche. Das leitet dann wiederum hinüber zur mathematischen
Auffassung der Fläche in späteren Jahrgängen.
Dieses Sich-Hineinleben in die Sachen nicht durch
bloßen Anschauungsunterricht für die Sinne, sondern
durch einen Zusammenlebe-Unterricht mit der ganzen
Umwelt, der für den ganzen Menschen erzielt wird, das
ist es, worauf hingearbeitet werden muß." {{Lit|{{G|077a|93}}}}
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Nach dem [[Wikipedia:Anschluss (Österreich)|Anschluss Österreichs]] an das [[Wikipedia:Deutsches Reich|Deutsche Reich]] [[Wikipedia:Emigration|emigrierte]] Ernst Müller am 21. Juni 1939, vor allem durch die Hilfe [[George Adams]], über die Schweiz weiter nach [[Wikipedia:London|London]]. Seine spätere Frau Frieda folgte bald nach; die Hochzeit erfolgte 1941.
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Portal:Mathematik}}
Von Krankheit beschwert, verbrachte er hier im Exil seine letzten Lebensjahre in bescheidenen Verhältnissen. Bis zuletzt widmete er sein Leben unermüdlich der Verbindung von [[Judentum]], [[Christentum]] und [[Anthroposophie]] und pflegte einen regen Gedankenaustausch mit jüdischen und anthroposophischen Kreisen und auch mit Priestern der [[Christengemeinschaft]].
* {{WikipediaDE|Kategorie:Mathematik nach Teilgebiet}}
 
* {{WikipediaDE|Mathematik}}
==Werke==
* ''Die Anamnesis: Ein Beitrag zum Platonismus'', in: ''Archiv für Geschichte der Philosophie'', 1912, Nr. 2
* ''Der Sohar und seine Lehre'', Einleitung in die Gedankenwelt der Kabbalah, Löwit, Berlin Wien 1920 
* ''Buch der Einheit'' von Abraham ibn Esra. Aus dem Hebräischen, Welt-Verlag, Berlin  1921
* ''Kinderlieder'', Wien 1930
* ''Vom Zahlenerleben in der  Musik'', in: DD 1930, Nr. 9 und 10
* ''Oskar Simony und seine topologischen  Untersuchungen'', in: ''Mathesis'', Stuttgart 1931
* ''Vom Aufbau des  Dodekaeders'', Stuttgart 1931
* ''History of Jewish Mysticism'', Oxford 1946, London 1948
* ''Mein Weg durch Judentum und Christentum'', in: ''Judaica'', 1952,  Nr. 4
 
'''Übersetzungen:'''
 
* Abraham ibn Esra: ''Buch der Einheit'', Welt-Verlag, Berlin 1921
* Ch. Byaliḳ, Ḥayim Naḥman: ''Ausgewählte Gedichte'',R. Löwit, Wien 1922, 2. Aufl. 4-6. Tsd.
* ''Der Sohar'', Hugendubel, Kreuzlingen 2005, Auf Grundlage der  Ausg.  Wien 1932 neu ed.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Hans Erhard Lauer, ''Dr. Ernst Müller'', in: ''Blätter für Anthroposophie'' 1954, Nr. 9;
#''Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe'', Heft 114/115, Dornach 1995
* F. Halla: ''Dr.  Ernst Müller zum Gedächtnis'', in: ''Nachrichtenblatt (Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht)'' 1955, Nr. 2
#Rudolf Steiner: ''Die Aufgabe der Anthroposophie gegenüber Wissenschaft und Leben'', [[GA 77a]] (1997), ISBN 3-7274-0771-9 {{Vorträge|077a}}
* H.-J. Bracker: ''Ernst  Müller. Porträt eines Mitteleuropäers'', in: ''Novalis'' 1994, Nr. 2/3
#Rudolf Steiner: ''Damit der Mensch ganz Mensch werde'', [[GA 82]] (1994), ISBN 3-7274-0820-0 {{Vorträge|082}}
* H.-J. Bracker: ''Der Einzelne und die Einheit der Menschheit. Ein Hinweis auf den  Zionisten und Anthroposophen Ernst Müller'', in: ''Novalis'' 1997, Nr. 5
#Rudolf Steiner: ''Die Erkenntnis-Aufgabe der Jugend'', [[GA 217a]] (1981), ISBN 3-7274-2175-4 {{Vorträge|217a}}
* Renatus Ziegler: ''Biografien und Bibliografien'', Dornach 2001.
#Ernst Schuberth: ''Der Anfangsunterricht in der Mathematik an Waldorfschulen. Aufbau, fachliche Grundlagen und menschenkundliche Gesichtspunkte'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-7725-2563-6
 
#Ernst Schuberth: ''Der Mathematikunterricht in der 6. Klasse an Waldorfschulen. Teil 1: Vom Rechnen zur Algebra'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1995, ISBN 978-3772502668
==Weblinks==
#Ernst Schuberth: ''Der Mathematikunterricht in der 3.Klasse'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-7725-2592-6
* {{biographie|883}}
#Arnold Bernhard: ''Algebra: Für die siebte und achte Klasse an Waldorfschulen'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1996, ISBN 978-3772502521
*[http://www.david.juden.at/kulturzeitschrift/61-65/62-Riemer.htm Nathanael Riemer: Ein Wanderer zwischen den Welten – 50sten Todesjahr von Ernst Müller. In: David. Jüdische Kulturzeitschrift.]
#Bengt Ulin: ''Der Lösung auf der Spur. Ziele und Methoden des Mathematikunterrichts. Erfahrungen aus der Waldorfpädagogik'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1987, ISBN 978-3772502484
* {{DNB-Portal|120544679}}


==Einzelnachweise==
{{GA}}
<references/>


{{DEFAULTSORT:Muller, Ernst}}
== Weblinks ==
[[Kategorie:Anthroposoph]]
[[Kategorie:Person des Zionismus]]
[[Kategorie:Österreicher]]
[[Kategorie:Geboren 1880]]
[[Kategorie:Gestorben 1954]]
[[Kategorie:Mann]]


{{Personendaten
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/mathematik.html Projekt Mathematik] Website
|NAME=Müller, Ernst
|ALTERNATIVNAMEN=
|KURZBESCHREIBUNG=österreichischer Zionist und Anthroposoph
|GEBURTSDATUM=21. November 1880
|GEBURTSORT=[[Miroslav (Stadt)]]
|STERBEDATUM=5. August 1954
|STERBEORT=[[London]]
}}


{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Wissenschaft]] [[Kategorie:Formalwissenschaften]] [[Kategorie:Mathematik|!]]

Version vom 23. März 2018, 10:59 Uhr

Die Mathematik (griech. μαθηματική τέχνη mathēmatikē téchnē: "die Kunst des Lernens, zum Lernen gehörig" oder μανθάνω manthánō: "ich lerne") ist jene Wissenschaft, die die Gesetzmäßigkeiten von Zahlen und geometrischen Figuren durch reines Denken mit innerer, sich selbst tragender Gewissheit zu ergründen sucht.

Nach Rudolf Steiner ist die Mathematik die erste Stufe der übersinnlichen Anschauung. Aus diesem Grund hatten die Gnostiker auch ihre Mystik als Mathesis aufgefasst, weil die selbe Gedankenklarheit wie in der Mathematik auch in der geistigen Erkenntnis herrschen sollte.

"Wer mit der richtigen Gesinnung an Mathematik sich heranbegibt, der wird dazu kommen, gerade in dem Verhalten des Menschen im Mathematisieren das Musterbild zu sehen für alles dasjenige, was dann erreicht werden soll für eine höhere, eine übersinnliche Anschauung. Denn die Mathematik ist einfach die erste Stufe übersinnlicher Anschauung. Dasjenige, was wir als mathematische Strukturen des Raumes schauen, ist übersinnliche Anschauung. Wir geben es nur nicht zu, weil wir gewöhnt sind es hinzunehmen. Derjenige aber, der die eigentliche Natur dieses Mathematisierens kennt, der weiß, daß es zwar zunächst eine uns nicht sonderlich für unsere ewige Menschennatur interessierende Wissenschaft ist, was wir da mit der Raumesstruktur gegeben haben, daß es aber durchaus den Charakter alles dessen vollständig trägt, was man im anthroposophischen Sinne - jetzt ohne nebulose Mystik, ohne verworrenen Okkultismus, sondern einfach mit dem Ziele, in die übersinnlichen Welten auf exakt-wissenschaftliche Weise hinaufzusteigen -, was man im wahren Sinne des Wortes vom Hellsehen verlangen kann.

Was Hellsehen auf höherem Gebiete ist, studieren kann es jeder Mensch am Mathematisieren." (Lit.: GA 082, S. 60f)

Die mathematische Begabung resultiert aus dem inneren Erleben der Knochenmechanik, also des Gliedmaßen-Systems bis in die Knochen hinein:

"Ein Geometer wird einer, weil er das Gehirn deutlich erlebt. Und Mathematiker werden wir dadurch, daß wir unsere Gliedmaßen bis ins Knochensystem erleben. Nicht aus dem Nervensystem kommt die mathematische Begabung, im Hirn ist nur die Spiegelung." (Lit.: GA 217a, S. 229)

Darüber hinaus ist auch der Gleichgewichtssinn von großer Bedeutung für die mathematischen Fähigkeiten:

"Da zeigte sich mir nämlich, daß das mathematische Denken, das ganze mathematische Vorstellen etwas viel Objektiveres ist, als man eigentlich gewöhnlich denkt; daß das ganze mathematische Vorstellen eigentlich etwas ist, was wie eine Art Automat wirkt, und zwar so: die Gründe für dieses mathematische Vorstellen sind, daß das gesamte mathematische Vorstellen in der Konstitution der ganzen Erde liegt. Die Erde ist nämlich nicht jenes undifferenzierte Wesen, als welches die Menschen theoretisch sich die Erde vorstellen. Sie ist außerordentlich fein gegliedert und wirkt von innen heraus auf die Wesen, die sie bewohnen.

Nun hängt beim Menschen die mathematische Begabung vorzugsweise ab von den drei Kanälen im Mittelohr, die mit dem Gleichgewicht etwas zu tun haben, und es besteht für den Menschen eine Art Verbindung zwischen diesem Organ im Ohr und zwischen dem gesamten das Rückenmark konstituierenden Nervensystem. Wenn der Mensch nämlich mathematische Urteile fällt, so können wir sehen, daß er viel mehr, als man gewöhnlich glaubt, Zuschauer ist. Die mathematischen Urteile machen sich viel mehr selber, und der Mensch ist gerade auf dem Gebiete der Mathematik mehr eine Art Automat. Daher gehört es auch zu den Eigentümlichkeiten der Mathematik, daß man wirklich den Drang hat, die ganze Mathematik zu einer Art Automat zu gestalten. Man zählt nur bis zehn in unserem Zahlensystem, dann zählt man die Zehner und so weiter. Dadurch wird das ganze Rechnen innerlich automatisiert. Es besteht wirklich eine innere Gesetzmäßigkeit in den Zahlen, die in einer Art mathematischen Automatismus an die Erde gebunden ist. Beim Menschen wirkt dieser Automatismus nicht so stark, weil der Mensch herausgehoben ist aus diesem Automatismus und die Urteilskraft doch eintritt und niederhält den ganzen mathematischen Automatismus." (Lit.: Beiträge 114/115, S 66)

Mathematische Fähigkeiten, ja die Schlagfertigkeit des Denkens überhaupt, schult man daher am besten über die Geschicklichkeit der Gliedmaßen-Tätigkeit - ein Prinzip, das in der Waldorfpädagogik besondere Beachtung findet:

"Aber man muß wissen, wie eng ein ordentliches Denken nicht bloß mit dem Gehirn und dem Kopf des Menschen zusammenhängt, sondern mit dem ganzen Menschen. Es hängt von der Art und Weise, wie jemand denken gelernt hat, ab, welche Geschicklichkeit er in den Fingern hat. Denn der Mensch denkt ja in Wirklichkeit mit dem ganzen Leibe. Man glaubt nur heute, er denke mit dem Nervensystem, in Wahrheit denkt er mit dem ganzen Organismus. Und auch umgekehrt ist es: Wenn man in richtiger Weise dem Kinde Schlagfertigkeit im Denken, sogar bis zu einem gewissen Grade Geistesgegenwart auf natürliche Weise beibringen kann, arbeitet man für die körperliche Geschicklichkeit, und wenn man bis in die Körperlichkeit hinein diese Denkgeschicklichkeit treibt, dann kommt einem auch die Geschicklichkeit der Kinder zu Hilfe. Es ist viel wichtiger, was wir jetzt in der Waldorfschule eingerichtet haben, daß die Kinder statt des gewöhnlichen Anschauungsunterrichts im Handfertigkeitsunterricht übergehen zum Selbstformen, wodurch sie in die Empfindung hineinbekommen die künstlerische Gestaltung der Fläche. Das leitet dann wiederum hinüber zur mathematischen Auffassung der Fläche in späteren Jahrgängen. Dieses Sich-Hineinleben in die Sachen nicht durch bloßen Anschauungsunterricht für die Sinne, sondern durch einen Zusammenlebe-Unterricht mit der ganzen Umwelt, der für den ganzen Menschen erzielt wird, das ist es, worauf hingearbeitet werden muß." (Lit.: GA 077a, S. 93)

Siehe auch

Literatur

  1. Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Heft 114/115, Dornach 1995
  2. Rudolf Steiner: Die Aufgabe der Anthroposophie gegenüber Wissenschaft und Leben, GA 77a (1997), ISBN 3-7274-0771-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Damit der Mensch ganz Mensch werde, GA 82 (1994), ISBN 3-7274-0820-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Die Erkenntnis-Aufgabe der Jugend, GA 217a (1981), ISBN 3-7274-2175-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Ernst Schuberth: Der Anfangsunterricht in der Mathematik an Waldorfschulen. Aufbau, fachliche Grundlagen und menschenkundliche Gesichtspunkte, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-7725-2563-6
  6. Ernst Schuberth: Der Mathematikunterricht in der 6. Klasse an Waldorfschulen. Teil 1: Vom Rechnen zur Algebra, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1995, ISBN 978-3772502668
  7. Ernst Schuberth: Der Mathematikunterricht in der 3.Klasse, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-7725-2592-6
  8. Arnold Bernhard: Algebra: Für die siebte und achte Klasse an Waldorfschulen, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1996, ISBN 978-3772502521
  9. Bengt Ulin: Der Lösung auf der Spur. Ziele und Methoden des Mathematikunterrichts. Erfahrungen aus der Waldorfpädagogik, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1987, ISBN 978-3772502484
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks