Kulturgeographie

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Die Kulturgeographie als ein traditioneller Teil der Geographie beschäftigt sich mit dem Einfluss der menschlichen Geisteshaltung auf die Gestalt des geographischen Raumes. Der Name wird zudem auch als Synonym für Humangeographie bzw. Anthropogeographie gebraucht.

Hintergrund

Dieser Gebrauch leitet sich aus der traditionellen Geographie des 19. Jahrhunderts ab. Kultur wurde dabei als etwas Wesenhaftes gedacht, das identifizierbar und für die Geographie abgrenzbar sei. Dabei stand sie der physischen Geographie (Naturgeographie) gegenüber. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts trat der Kulturbegriff in der deutschsprachigen Humangeographie gegenüber sozialwissenschaftliche Konzepten im engeren Sinne zunehmend in den Hintergrund – anstelle von Kulturgeographie wurde jetzt eher von Human- oder von Wirtschafts- und Sozialgeographie gesprochen.

Traditionelle Kulturgeographie

Wie im angloamerikanischen Raum weit verbreitet, wird unter dem Begriff Kulturgeographie (cultural geography) traditionell die Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Mensch/Gesellschaft und Landschaft/Umwelt im Sinne Carl Ortwin Sauers gefasst. Dessen Ideen wurden vor allem durch die traditionelle deutschsprachige und französische Geographie (z. B. von Otto Schlüter, Paul Vidal de la Blache) – und kaum durch die britische Geographie, die Sauer ablehnte – geprägt. Zum Teil gibt es dabei Überschneidungen mit Inhalten, die in Europa unter einer Sozialgeographie im Sinne von Hans Bobek oder Wolfgang Hartke verstanden würden.

Poststrukturalistische „Neue Kulturgeographie“

Im Zuge der Rezeption von poststrukturalistischen Ansätzen und des cultural turn, die darauf hinweisen, dass alle sozialen Kategorien letztlich durch die Gesellschaft gemacht (Konstruktivismus) und damit auch veränderbar sind, erleben Teile der Humangeographie seit den 1990er Jahren eine konzeptionelle Neuorientierung unter dem Begriff der „Neuen Kulturgeographie“. Die „Neue Kulturgeographie“ oder new cultural geography – welche sich scharf von der traditionellen, materialistischen Kulturgeographie abgrenzt – versteht sich dabei weniger als eine Teildisziplin der Humangeographie, sondern eher als eine bestimmte Perspektive, die auf die Gemachtheit von Geographien abzielt, sich also dafür interessiert, welche Rolle die Produktion bestimmter Räume in der Produktion bestimmter gesellschaftlicher Wirklichkeiten spielt.

Verhältnis

Sowohl der poststrukturalistische Ansatz der „Neuen Kulturgeographie“ (Diskurse, Dekonstruktion), als auch die empiristisch-hermeneutische traditionelle Kulturgeographie und ihr Erfahrungsobjekt der materiellen Kulturlandschaft existieren in der Gegenwart parallel nebeneinander, interagieren jedoch aufgrund ontologischer und epistemologischer Differenzen kaum miteinander.

Siehe auch

Literatur

  • Neue Kulturgeographie. Themenheft PGM, Petermanns Geographische Mitteilungen, Heft 2/2003, ISSN 0031-6229, Klett, Stuttgart 2003, ISBN 3-623-08102-7.
  • Christian Berndt, Robert Pütz (Hrsg.): Kulturelle Geographien. Zur Beschäftigung mit Raum und Ort nach dem Cultural Turn. Transcript, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89942-724-0 (= Kultur und soziale Praxis).
  • Hans Gebhardt (Hrsg.): Kulturgeographie. Spektrum, Heidelberg / Berlin 2003, ISBN 3-8274-1393-1.

Weblinks

  • Tagungsreihe „Neue Kulturgeographie“ Seit 2004 jeweils Ende Januar stattfindende Tagungsreihe. Die Internetseite dokumentiert über eine Tagungschronik die inhaltliche Entwicklung der deutschsprachigen „Neuen Kulturgeographie“ in den letzten Jahren.
  • Deutsche Gesellschaft für Geographie: Informationen zum Geographiestudium an deutschsprachigen Universitäten: [1]


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