Kategorie:Chemie nach Fachgebiet und Naturwissenschaften: Unterschied zwischen den Seiten

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Als '''Naturwissenschaften''' werden zusammenfassend all jene [[Wissenschaft]]en bezeichnet, die sich der Erforschung der [[Leben|belebten]] und unbelebten [[Natur]] widmen. Ihre Hauptdisziplinen sind: [[Physik]], [[Chemie]], [[Biologie]] und [[Geologie]]. Methodisch streben die gegenwärtigen Naturwissenschaften dabei, unter weitgehender Abstreifung der unmittelbar [[Erfahrung|erfahrbaren]] [[Sinnesqualitäten]], nach einer möglichst [[quantitativ]]en Erfassung der Natur und ihrer Abbildung durch ein [[mathematisches Modell]].
[[Kategorie:Wissenschaftsgebiet nach Fachgebiet]]
 
[[Kategorie:Chemie nach Fachgebiet|!]]
Die von [[Rudolf Steiner]] propagierten [[Goetheanistische Naturwissenschaft|Goetheanistischen Naturwissenschaften]] streben demgegenüber nach einer rein [[qualitativ]]en Erklärung der gesetzmäßigen Zusammenhänge der unmittelbar [[sinnlich]] gegebenen [[Phänomen|Naturphänomene]]. Komplexere Phänomene werden dabei entweder auf unmittelbar einsehbare grundlegende [[Urphänomen]]e zurückgeführt oder durch [[Metamorphose]] ineinander übergeführt. Musterbeispiele dafür sind [[Goethe]]s [[Farbenlehre]] und dessen [[Metamorphosenlehre]].
[[Kategorie:Chemie|!]]
 
== Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft ==
 
{{GZ|Also darum kann es sich nicht handeln, daß wir etwa einen
Strich machen gegenüber der gewöhnlichen sinnenfälligen empirischen
Wissenschaft und aus geistigen Wolkenkuckucksheimen herunter
eine Geisteswissenschaft begründen. So ist es gar nicht gegenüber
den empirischen Wissenschaften, das heißt demjenigen, was man
heute empirische Wissenschaften nennt, was ich hier sinnenfällig-empirische
Wissenschaft nennen möchte. So ist es gar nicht. Sie können
zum Beispiel, wenn Sie geisteswissenschaftlich forschen, nicht
etwa auf dasselbe kommen, was Sie mit dem Mikroskop erforschen.
Sie können ruhig jemanden, der Ihnen den Glauben beibringen will,
daß er aus der Geisteswissenschaft heraus dasselbe finden kann, was
man unter dem Mikroskop findet, als einen Scharlatan auffassen.
Das ist nicht so. Dasjenige, was empirische Forschung in heutigem
Sinne gibt, besteht. Und um die Wissenschaft auch im Sinne geisteswissenschaftlicher
Anthroposophie vollständig zu machen auf irgendeinem
Gebiete, dazu ist nicht etwa ein Hinwegräumen des sinnenfällig
Empirischen statthaft, sondern es ist durchaus ein Rechnen
mit dieser sinnenfälligen Empirie notwendig. Nirgends wird derjenige,
der, wenn ich mich dieses Ausdruckes bedienen darf, in anthroposophischer
Geisteswissenschaft Fachmann ist, etwas anderes
finden, als daß man dadurch, daß man Geisteswissenschaft treibt,
erst recht sich im Sinne des sinnenfällig Empirischen mit den Erscheinungen
der Welt befassen muß.|314|81}}
 
== Naturwissenschaft und Mathematik ==
 
{{LZ|Wir treiben heute Naturwissenschaft, indem wir uns bewusst
sind, wir verbinden dasjenige, was wir im Raum und in
der Zeit durch die Beobachtung und durch das Experiment
erkunden, mit demjenigen, was uns die Mathematik durch
reine Innenanschauung erkennen lässt, und gerade dadurch
fühlen wir uns in der wissenschaftlichen Gewissheit, dass wir
imstande sind, etwas, was so sehr menschliche Innenerkenntnis
ist, menschliches Innenerlebnis ist wie das Mathematische,
dass wir das gewissermaßen verweben mit demjenigen, was
uns Beobachtung und Experiment gibt. Indem wir durch die
mathematische Gewissheit, die uns gegeben ist im reinen
Innenerleben, umspannen dasjenige, was uns von außen
kommt, fühlen wir, dass wir in einer Verbindung stehen mit
diesem Äußeren im Erkenntnisprozess, die uns genügt, um
wissenschaftliche Gewissheit zu erleben.
 
Und so sind wir immer mehr und mehr dazu gelangt, gerade
von naturwissenschaftlichen Voraussetzungen ausgehend,
die Exaktheit des Wissenschaftlichen darinnen zu sehen, dass
wir dasjenige, was wir in wissenschaftlicher Arbeit tun, mathematisch
uns rechtfertigen.
 
Warum tun wir das? Warum wir es tun, das liegt eigentlich
schon darinnen, meine sehr verehrten Anwesenden, meine
verehrten Kommilitonen, das liegt eigentlich schon in dem,
was ich eben gesagt habe, es liegt darinnen, dass wir, indem
wir Mathematik treiben, lediglich mit dem Erleben unseres eigenen
Seelischen betätigt sind, dass wir ganz in uns bleiben.
 
Ich glaube, dass diejenigen, welche sich im Speziellen den
mathematischen Studien ergeben haben, mir recht geben werden,
wenn ich sage: In bezug auf das innere Erlebnis ist das
Mathematische, Mathematiktreiben etwas, was viel mehr für
den, der es aus innerer Fähigkeit und Anlage, aus innerem Enthusiasmus,
möchte ich sagen, treibt, viel mehr Befriedigung
geben kann als alles übrige Erkennen der Außenwelt, einfach
aus dem Grunde, weil man Schritt für Schritt unmittelbar verbunden
ist mit demjenigen, was man als wissenschaftliches Ergebnis
hat, und wenn man dann in der Lage ist, dasjenige, was
einem von außen entgegentritt, zu verbinden mit demjenigen,
dessen ganzen Aufbau man kennt, dessen ganzen Aufbau man
selber gemacht hat, so fühlt man eben in dem, was zuletzt aus
dem Verwobensein von äußerlich Gegebenem und mathematisch
Erarbeitetem auftritt wissenschaftlich, in dem fühlt man
dann das, was man als auf sicherer Grundlage fußend ansehen
kann.
 
Deshalb also, weil unsere Wissenschaft uns gestattet, das
Äußere mit einem innerlich Erlebten in der Mathematik zu
verbinden, deshalb erkennen wir dieses Wissenschaftliche insofern
an im Kantischen Sinne, als Mathematik darinnen ist.
 
Nun, meine verehrten Anwesenden, damit aber ist zu
gleicher Zeit der Weg eröffnet für eine ganz bestimmte Auffassung
der naturwissenschaftlichen Weltanschauung, und diese
Auffassung der naturwissenschaftlichen Weltanschauung, sie
wird eben gerade in ihren Konsequenzen verfolgt vom anthroposophischen
Forschen. Denn was liegt denn eigentlich schon
darinnen in dem, dass wir zu einer solchen Auffassung unseres
wissenschaftlichen Erkennens gekommen sind? Darinnen
liegt die Anerkennung dessen, dass wir unser Denken innerlich
ausbilden wollen, und indem wir es innerlich ausbilden,
zu einer Gewissheit kommen, und es dann verwenden, um die
äußeren Phänomene, um die äußeren Tatsachen gesetzmäßig
zu verfolgen.
 
Dieses Prinzip verfolgt nun auf dem Gebiete, wo es angemessen
ist, gerade die Anthroposophie, indem sie sich hinwendet
zu dem, was ich nennen möchte: den reinen Phänomenalismus
in bezug auf ein gewisses Gebiet der äußeren
Naturwissenschaft, in bezug auf Mechanik, Physik, Chemie, in
bezug auf alles dasjenige, was zunächst nicht bis zum Leben
heraufdringt. Im extremsten Sinne wird dieser Phänomenalismus
von uns festgehalten auf den Gebieten, die über dem
Leblosen liegen, aber wir werden gleich sehen, inwiefern er da
ergänzt werden muss durch etwas wesentlich anderes.
 
Man kommt nämlich nach und nach dazu, indem man gerade
das mathematische Verhältnis zur Außenwelt sich vergegenwärtigt,
man kommt nach und nach dazu, sich zu sagen,
dass das Denken überhaupt zunächst in unorganischen Wissenschaften
nur einen dienenden Charakter haben kann, dass
wir nirgends berechtigt sind, von unseren Gedanken auch selber
etwas in die Welt hineinzutragen, wenn wir reine Wissenschaft
haben wollen. Das aber führt zu dem, was Phänomenalismus
genannt werden darf und was in seiner Art, wenn es
auch im einzelnen vielfach getadelt werden kann, was in seiner
Art am reinsten doch Goethe verfolgt hat.
 
Was ist dieser Phänomenalismus? Er besteht darin, dass
man die Phänomene, gleichgültig ob durch Beobachtung oder
durch Experiment, rein auffasst, so wie sie sich sinnenfällig ergeben,
und dass man das Denken nur dazu verwendet, um die
Phänomene in gewissem Zusammenhang zu schauen, die Phänomene
aufzureihen und so dazu zu kommen, dass sich die
Phänomene selber erklären.
 
Damit aber wird ausgeschaltet zunächst aus der reinen Naturwissenschaft
alles dasjenige, was Hypothesen nicht bloß als
Hilfskonstruktionen auffasst, sondern was Hypothesen so auffasst,
als ob sie etwas geben könnten über das Wirkliche. Wenn
man bei dem reinen Phänomenalismus stehenbleibt. So ist
man zwar berechtigt, dasjenige, was einen aus der Beobachtung
und dem Experiment heraus selber dazu führt, eine atomistische
Struktur, sei es in der materiellen, sei es in der Kräftewelt,
anzunehmen, aber diese Tendenz zur atomistischen
Struktur nur insoweit gelten zu lassen, als man sie phänomenalistisch
verfolgen kann, als man sie an dem Phänomen beschreiben
kann.
 
Gegen dieses Prinzip sündigt diejenige wissenschaftliche
Weltanschauung, welche eine Atomistik konstruiert, die hinter
den sinnlich verfolgbaren Phänomenen Tatsächliches konstatiert,
das nicht in die Welt der Phänomene selbst hereinfallen
kann, in dem Augenblick, wo man die Welt der Farben,
zum Beispiel, die vor uns ausgebreitet ist, nicht einfach so verfolgt,
dass man die Farbenerscheinung selber an die andere
Farbenerscheinung reiht, um dadurch zum gesetzmäßigen Zusammenhang
des Farbigen zu kommen, sondern wenn man
von dem Phänomen auf etwas Dahinterliegendes geht, das
eben nicht bloß etwa eine Hilfskonstruktion sein kann, sondern
ein Reales statuieren soll, wenn man dazu übergeht,
Schwingungen oder dergleichen im Äther anzunehmen, dann
dehnt man das Denken über das Phänomen aus, gewissermaßen
man durchstößt aus einer gewissen Trägheit des Denkens
heraus den Sinnesteppich und man statuiert hinter dem Sinnesteppich
eine Art von wirbelnden Atomen oder dergleichen,
wozu gar keine Veranlassung bei einem sich selbst verstehenden
Denken vorliegt, das nur Diener sein will für die Aufreihung
der Phänomene aneinander, für den immanenten gesetzmäßigen
Zusammenhang in den Phänomenen, das aber
nicht kann irgendetwas aussagen gegenüber der äußeren Sinnenwelt,
was hinter dieser Sinnenwelt liegen würde.
 
So aber zieht gerade die Anthroposophie die letzte Konsequenz,
zu der eigentlich alles hintendiert in der modernen
Naturwissenschaft. Wir sind sogar in dieser modernen Naturwissenschaft
in der letzten Zeit in hohem Masse zu einer zwar
theoretisch noch wenig zugegebenen, aber praktisch angewandten
Ausbildung dieses Phänomenalismus gekommen, indem
man sich einfach um die hypothetischen Atomwelten
und dergleichen nicht kümmert und innerhalb der Phänomene
stehenbleibt.|Steiner 1922}}
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Naturwissenschaft}}
* {{WikipediaDE|Naturwissenschaft}}
 
== Literatur ==
 
#Rudolf Steiner: ''Agnostizismus in der Wissenschaft und Anthroposophie'', öffentlicher Vortrag, 11. Mai 1922, Leipzig [http://www.steiner-klartext.net/pdfs/19220511-01-01.pdf] [http://www.perseus.ch/PDF-Europaer/JG_07/Europaer_01_2002.pdf#page=11&view=Fit]
#Rudolf Steiner: ''Physiologisch-Therapeutisches auf Grundlage der Geisteswissenschaft. Zur Therapie und Hygiene'', [[GA 314]] (1989), ISBN 3-7274-3141-5 {{Vorträge|314}}
 
{{GA}}
 
== Weblinks ==
 
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/sonstiges1.html Projekt Naturwissenschaften I] Website, [http://joachimstiller.de/sonstiges2.html Projekt Naturwissenschaften II] Website, [http://joachimstiller.de/sonstiges3.html Projekt Naturwissenschaften III] Website
 
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Version vom 20. Mai 2018, 15:37 Uhr

Als Naturwissenschaften werden zusammenfassend all jene Wissenschaften bezeichnet, die sich der Erforschung der belebten und unbelebten Natur widmen. Ihre Hauptdisziplinen sind: Physik, Chemie, Biologie und Geologie. Methodisch streben die gegenwärtigen Naturwissenschaften dabei, unter weitgehender Abstreifung der unmittelbar erfahrbaren Sinnesqualitäten, nach einer möglichst quantitativen Erfassung der Natur und ihrer Abbildung durch ein mathematisches Modell.

Die von Rudolf Steiner propagierten Goetheanistischen Naturwissenschaften streben demgegenüber nach einer rein qualitativen Erklärung der gesetzmäßigen Zusammenhänge der unmittelbar sinnlich gegebenen Naturphänomene. Komplexere Phänomene werden dabei entweder auf unmittelbar einsehbare grundlegende Urphänomene zurückgeführt oder durch Metamorphose ineinander übergeführt. Musterbeispiele dafür sind Goethes Farbenlehre und dessen Metamorphosenlehre.

Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft

„Also darum kann es sich nicht handeln, daß wir etwa einen Strich machen gegenüber der gewöhnlichen sinnenfälligen empirischen Wissenschaft und aus geistigen Wolkenkuckucksheimen herunter eine Geisteswissenschaft begründen. So ist es gar nicht gegenüber den empirischen Wissenschaften, das heißt demjenigen, was man heute empirische Wissenschaften nennt, was ich hier sinnenfällig-empirische Wissenschaft nennen möchte. So ist es gar nicht. Sie können zum Beispiel, wenn Sie geisteswissenschaftlich forschen, nicht etwa auf dasselbe kommen, was Sie mit dem Mikroskop erforschen. Sie können ruhig jemanden, der Ihnen den Glauben beibringen will, daß er aus der Geisteswissenschaft heraus dasselbe finden kann, was man unter dem Mikroskop findet, als einen Scharlatan auffassen. Das ist nicht so. Dasjenige, was empirische Forschung in heutigem Sinne gibt, besteht. Und um die Wissenschaft auch im Sinne geisteswissenschaftlicher Anthroposophie vollständig zu machen auf irgendeinem Gebiete, dazu ist nicht etwa ein Hinwegräumen des sinnenfällig Empirischen statthaft, sondern es ist durchaus ein Rechnen mit dieser sinnenfälligen Empirie notwendig. Nirgends wird derjenige, der, wenn ich mich dieses Ausdruckes bedienen darf, in anthroposophischer Geisteswissenschaft Fachmann ist, etwas anderes finden, als daß man dadurch, daß man Geisteswissenschaft treibt, erst recht sich im Sinne des sinnenfällig Empirischen mit den Erscheinungen der Welt befassen muß.“ (Lit.:GA 314, S. 81)

Naturwissenschaft und Mathematik

„Wir treiben heute Naturwissenschaft, indem wir uns bewusst sind, wir verbinden dasjenige, was wir im Raum und in der Zeit durch die Beobachtung und durch das Experiment erkunden, mit demjenigen, was uns die Mathematik durch reine Innenanschauung erkennen lässt, und gerade dadurch fühlen wir uns in der wissenschaftlichen Gewissheit, dass wir imstande sind, etwas, was so sehr menschliche Innenerkenntnis ist, menschliches Innenerlebnis ist wie das Mathematische, dass wir das gewissermaßen verweben mit demjenigen, was uns Beobachtung und Experiment gibt. Indem wir durch die mathematische Gewissheit, die uns gegeben ist im reinen Innenerleben, umspannen dasjenige, was uns von außen kommt, fühlen wir, dass wir in einer Verbindung stehen mit diesem Äußeren im Erkenntnisprozess, die uns genügt, um wissenschaftliche Gewissheit zu erleben.

Und so sind wir immer mehr und mehr dazu gelangt, gerade von naturwissenschaftlichen Voraussetzungen ausgehend, die Exaktheit des Wissenschaftlichen darinnen zu sehen, dass wir dasjenige, was wir in wissenschaftlicher Arbeit tun, mathematisch uns rechtfertigen.

Warum tun wir das? Warum wir es tun, das liegt eigentlich schon darinnen, meine sehr verehrten Anwesenden, meine verehrten Kommilitonen, das liegt eigentlich schon in dem, was ich eben gesagt habe, es liegt darinnen, dass wir, indem wir Mathematik treiben, lediglich mit dem Erleben unseres eigenen Seelischen betätigt sind, dass wir ganz in uns bleiben.

Ich glaube, dass diejenigen, welche sich im Speziellen den mathematischen Studien ergeben haben, mir recht geben werden, wenn ich sage: In bezug auf das innere Erlebnis ist das Mathematische, Mathematiktreiben etwas, was viel mehr für den, der es aus innerer Fähigkeit und Anlage, aus innerem Enthusiasmus, möchte ich sagen, treibt, viel mehr Befriedigung geben kann als alles übrige Erkennen der Außenwelt, einfach aus dem Grunde, weil man Schritt für Schritt unmittelbar verbunden ist mit demjenigen, was man als wissenschaftliches Ergebnis hat, und wenn man dann in der Lage ist, dasjenige, was einem von außen entgegentritt, zu verbinden mit demjenigen, dessen ganzen Aufbau man kennt, dessen ganzen Aufbau man selber gemacht hat, so fühlt man eben in dem, was zuletzt aus dem Verwobensein von äußerlich Gegebenem und mathematisch Erarbeitetem auftritt wissenschaftlich, in dem fühlt man dann das, was man als auf sicherer Grundlage fußend ansehen kann.

Deshalb also, weil unsere Wissenschaft uns gestattet, das Äußere mit einem innerlich Erlebten in der Mathematik zu verbinden, deshalb erkennen wir dieses Wissenschaftliche insofern an im Kantischen Sinne, als Mathematik darinnen ist.

Nun, meine verehrten Anwesenden, damit aber ist zu gleicher Zeit der Weg eröffnet für eine ganz bestimmte Auffassung der naturwissenschaftlichen Weltanschauung, und diese Auffassung der naturwissenschaftlichen Weltanschauung, sie wird eben gerade in ihren Konsequenzen verfolgt vom anthroposophischen Forschen. Denn was liegt denn eigentlich schon darinnen in dem, dass wir zu einer solchen Auffassung unseres wissenschaftlichen Erkennens gekommen sind? Darinnen liegt die Anerkennung dessen, dass wir unser Denken innerlich ausbilden wollen, und indem wir es innerlich ausbilden, zu einer Gewissheit kommen, und es dann verwenden, um die äußeren Phänomene, um die äußeren Tatsachen gesetzmäßig zu verfolgen.

Dieses Prinzip verfolgt nun auf dem Gebiete, wo es angemessen ist, gerade die Anthroposophie, indem sie sich hinwendet zu dem, was ich nennen möchte: den reinen Phänomenalismus in bezug auf ein gewisses Gebiet der äußeren Naturwissenschaft, in bezug auf Mechanik, Physik, Chemie, in bezug auf alles dasjenige, was zunächst nicht bis zum Leben heraufdringt. Im extremsten Sinne wird dieser Phänomenalismus von uns festgehalten auf den Gebieten, die über dem Leblosen liegen, aber wir werden gleich sehen, inwiefern er da ergänzt werden muss durch etwas wesentlich anderes.

Man kommt nämlich nach und nach dazu, indem man gerade das mathematische Verhältnis zur Außenwelt sich vergegenwärtigt, man kommt nach und nach dazu, sich zu sagen, dass das Denken überhaupt zunächst in unorganischen Wissenschaften nur einen dienenden Charakter haben kann, dass wir nirgends berechtigt sind, von unseren Gedanken auch selber etwas in die Welt hineinzutragen, wenn wir reine Wissenschaft haben wollen. Das aber führt zu dem, was Phänomenalismus genannt werden darf und was in seiner Art, wenn es auch im einzelnen vielfach getadelt werden kann, was in seiner Art am reinsten doch Goethe verfolgt hat.

Was ist dieser Phänomenalismus? Er besteht darin, dass man die Phänomene, gleichgültig ob durch Beobachtung oder durch Experiment, rein auffasst, so wie sie sich sinnenfällig ergeben, und dass man das Denken nur dazu verwendet, um die Phänomene in gewissem Zusammenhang zu schauen, die Phänomene aufzureihen und so dazu zu kommen, dass sich die Phänomene selber erklären.

Damit aber wird ausgeschaltet zunächst aus der reinen Naturwissenschaft alles dasjenige, was Hypothesen nicht bloß als Hilfskonstruktionen auffasst, sondern was Hypothesen so auffasst, als ob sie etwas geben könnten über das Wirkliche. Wenn man bei dem reinen Phänomenalismus stehenbleibt. So ist man zwar berechtigt, dasjenige, was einen aus der Beobachtung und dem Experiment heraus selber dazu führt, eine atomistische Struktur, sei es in der materiellen, sei es in der Kräftewelt, anzunehmen, aber diese Tendenz zur atomistischen Struktur nur insoweit gelten zu lassen, als man sie phänomenalistisch verfolgen kann, als man sie an dem Phänomen beschreiben kann.

Gegen dieses Prinzip sündigt diejenige wissenschaftliche Weltanschauung, welche eine Atomistik konstruiert, die hinter den sinnlich verfolgbaren Phänomenen Tatsächliches konstatiert, das nicht in die Welt der Phänomene selbst hereinfallen kann, in dem Augenblick, wo man die Welt der Farben, zum Beispiel, die vor uns ausgebreitet ist, nicht einfach so verfolgt, dass man die Farbenerscheinung selber an die andere Farbenerscheinung reiht, um dadurch zum gesetzmäßigen Zusammenhang des Farbigen zu kommen, sondern wenn man von dem Phänomen auf etwas Dahinterliegendes geht, das eben nicht bloß etwa eine Hilfskonstruktion sein kann, sondern ein Reales statuieren soll, wenn man dazu übergeht, Schwingungen oder dergleichen im Äther anzunehmen, dann dehnt man das Denken über das Phänomen aus, gewissermaßen man durchstößt aus einer gewissen Trägheit des Denkens heraus den Sinnesteppich und man statuiert hinter dem Sinnesteppich eine Art von wirbelnden Atomen oder dergleichen, wozu gar keine Veranlassung bei einem sich selbst verstehenden Denken vorliegt, das nur Diener sein will für die Aufreihung der Phänomene aneinander, für den immanenten gesetzmäßigen Zusammenhang in den Phänomenen, das aber nicht kann irgendetwas aussagen gegenüber der äußeren Sinnenwelt, was hinter dieser Sinnenwelt liegen würde.

So aber zieht gerade die Anthroposophie die letzte Konsequenz, zu der eigentlich alles hintendiert in der modernen Naturwissenschaft. Wir sind sogar in dieser modernen Naturwissenschaft in der letzten Zeit in hohem Masse zu einer zwar theoretisch noch wenig zugegebenen, aber praktisch angewandten Ausbildung dieses Phänomenalismus gekommen, indem man sich einfach um die hypothetischen Atomwelten und dergleichen nicht kümmert und innerhalb der Phänomene stehenbleibt.“ (Lit.: Steiner 1922)

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Agnostizismus in der Wissenschaft und Anthroposophie, öffentlicher Vortrag, 11. Mai 1922, Leipzig [1] [2]
  2. Rudolf Steiner: Physiologisch-Therapeutisches auf Grundlage der Geisteswissenschaft. Zur Therapie und Hygiene, GA 314 (1989), ISBN 3-7274-3141-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

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