Tristan und Isolde und Thomas Müntzer: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Tristan-Isolde-boot-schaakspel-miniatuur-1470.jpg|mini|Tristan und Isolde spielen Schach, während sie den Liebestrank trinken an Bord eines Schiffes (mittelalterliche Miniatur 1470).]]
[[Datei:Thomas Muentzer.jpg|mini|Älteste, allerdings nachträgliche und nicht verbürgte Darstellung Thomas Müntzers aus dem Jahr 1608;<ref>[[Hans-Jürgen Goertz]]: ''Thomas Müntzer. Mystiker – Apokalyptiker – Revolutionär.'' Beck, München 1989, ISBN 3-406-33612-4, S. 15f. Darin heißt es: ''„Niemand weiß, wie Thomas Müntzer aussah. Es gibt kein zeitgenössisches Portrait von ihm. (…) Der berühmte Kupferstich, hinter dem gelegentlich eine wirklichkeitsgetreue Vorlage eines Zeitgenossen vermutet wurde, stammt aus einer Ketzergalerie des 17. Jahrhunderts.“''</ref><br /> Kupferstich von Christoph van Sichem]]
[[Datei:Leighton-Tristan and Isolde-1902.jpg|mini|Tristan und Isolde (Gemälde von [[Edmund Blair Leighton]], 1902)]]


Die Erzählung von '''Tristan und Isolde''' ist neben der vom [[Heiliger Gral|Gral]] oder der von König [[Artus]] und seiner [[Tafelrunde]] einer der Stoffe, die von der erzählenden Literatur des europäischen [[Mittelalter]]s häufig bearbeitet wurden. Zahlreiche Dichter unterschiedlicher Volksliteraturen –&nbsp;besonders in Frankreich und Deutschland&nbsp;– haben ihr dichterisches Können an der Gestaltung dieses spannungsreichen Stoffes erprobt.
'''Thomas Müntzer''' (auch ''Münzer''; * um [[1489]] in [[Stadt Stolberg (Harz)|Stolberg]], [[Grafschaft Stolberg]]; † [[27. Mai]] [[1525]] bei [[Mühlhausen/Thüringen|Mühlhausen]], [[Freie und Reichsstädte|Freie Reichsstadt]]) war ein [[Theologe]], [[Reformator]], [[Hochdruckverfahren|Drucker]] und [[Revolutionär]] in der Zeit des [[Deutscher Bauernkrieg|Bauernkrieges]].


== Handlung ==
Müntzer war als [[Priester (Christentum)|Priester]] zunächst ein engagierter Anhänger und Bewunderer [[Martin Luther]]s. Allerdings richtete sich sein Widerstand nicht nur gegen die vom [[Papst]]tum beherrschte geistliche Obrigkeit, sondern auch gegen die ständisch geprägte weltliche Ordnung. Wegen Müntzers radikaler sozialrevolutionärer Bestrebungen und seiner [[Spiritualismus (Theologie)|spiritualistischen]] Theologie, die sich in vielen kämpferischen Texten und Predigten niederschlugen, distanzierte sich Luther zu Beginn des Bauernkrieges von ihm.
[[Datei:Gaston Brussiere23.jpg|mini|Isolde (Gemälde von [[Gaston Bussière]], 1911)]]
Tristan ist der Sohn von Riwalin, dem König von Lohnois, der in einem Krieg ums Leben gekommen ist. Seine Mutter ist Blanscheflur, die Schwester des Königs Marke von Cornwall, die aus Sehnsucht nach ihrem Mann Riwalin ebenfalls starb. Tristan wuchs bei Rual le très loyal, einem Freund Riwalins, auf. Mit sieben Jahren wird Tristan ins Ausland geschickt, um Sprachen zu lernen. Später wird er wieder zurückgeholt, damit er die wichtigen Herren in seinem Lande kennenlernt. Tristan wird mit seinem Knappen Kurvenal entführt und in Cornwall wieder freigelassen. Bei König Marke erfährt er von seiner adligen Herkunft und will den Tod seines Vaters rächen. So trifft er auf Morgan, der seinen Vater umgebracht hat, und tötet ihn.
[[Datei:John william waterhouse tristan and isolde with the potion.jpg|mini|Tristan und Isolde mit dem Liebestrank (Gemälde von [[John William Waterhouse]], etwa 1916)]]


Morold, der Sohn des Königs von Irland, fordert seinen jährlichen Tribut von Cornwall. Tristan stellt sich Morold zum Zweikampf, den er zwar gewinnt, dabei aber von Morolds Schwert vergiftet wird. Tristan fährt nach Irland, da er weiß, dass nur Isolde, die Schwester von Morold, ihn heilen kann. Tristan wird zur Königin Isolde gebracht, der er vorgibt, Tantris zu heißen. Sie bietet ihm an, ihn zu heilen, wenn er sie mit seinem bezaubernden Harfenspiel beglücke und ihre gleichnamige wunderschöne Tochter Isolde unterrichte.
Im Gegensatz zu Luther stand Müntzer für die gewaltsame Befreiung der Bauern und betätigte sich in Mühlhausen/Thüringen, wo er Pfarrer in der [[Marienkirche (Mühlhausen)|Marienkirche]] war, als Agitator und Förderer der Aufstände. Dort versuchte er, seine Vorstellungen einer gerechten Gesellschaftsordnung umzusetzen: Privilegien wurden aufgehoben, Klöster aufgelöst, Räume für Obdachlose geschaffen, eine Armenspeisung eingerichtet. Schließlich scheiterten seine Bestrebungen, als Bauernführer verschiedene Thüringer Freibauern zu vereinigen, an der Strategie des Adels. Nach der [[Schlacht bei Frankenhausen]] wurde er am 15.&nbsp;Mai 1525 gefangen genommen. Den Bauern blieb als Fluchtweg nur der Weg in die Stadt, wo sie von Söldnern erschlagen wurden. Nur wenigen Aufständischen gelang die Flucht, darunter [[Hans Hut]]. Müntzer wurde am 27.&nbsp;Mai 1525 gefoltert, öffentlich [[Enthauptung|enthauptet]] und sein Leichnam aufgespießt.


Als Tristan wieder in seine Heimat zurückkehrt, wird der König zur Heirat gezwungen, da er noch keine Erben hat. Ihm wird die schöne Isolde vorgeschlagen, unter der Bedingung, dass er keine andere heiraten werde. Dem stimmt er zu, da er annimmt, dass Isolde nicht mit der Heirat einverstanden sei.
== Leben ==
=== Herkunft, Studium (1506–1512) ===
Müntzer wurde in [[Stadt Stolberg (Harz)|Stolberg (Harz)]] geboren, sein genaues Geburtsjahr ist unbekannt. Vor seiner Immatrikulation an der [[Universität Leipzig]] im Jahre 1506 lebte er vermutlich seit 1501 in [[Quedlinburg]]. Nach sechs Jahren immatrikulierte er sich 1512 an der [[Brandenburgische Universität Frankfurt|Brandenburgischen Universität Frankfurt]]. Während des Studiums in Leipzig und in Frankfurt an der Oder kam Müntzer mit der humanistischen Gedankenwelt in Berührung. Voraussetzung hierfür war die exakte Beherrschung der lateinischen Sprache und Folge hiervon die gute Kenntnis verschiedener antiker Autoren.
Noch nicht belegbar ist, an welcher Universität Müntzer seine Titel ''Baccalaureus artium'', ''Magister artium'' und ''Baccalaureus biblicus'' erhalten hat. Nach dem Theologiestudium führte ihn sein Weg über Aschersleben und Halle nach Halberstadt. In Halberstadt empfing er um 1513/1514 die [[Priesterweihe]]. Wegen seines gleichzeitigen Wirkens als Hilfslehrer in [[Aschersleben]] und [[Halle (Saale)]] dauerte sein Studium ungewöhnlich lange.


Tristan fährt nach Irland, um im Namen des Königs von England um die Hand der schönen Isolde anzuhalten. Die Familie stimmt zu, aber nur, wenn sie auch Königin von England wird. So fahren Tristan und Isolde zu Marke. Die Königin hatte vor der Abfahrt noch einen Liebestrank<ref>Claudia Müller-Ebeling, Christian Rätsch: ''Isoldens Liebestrank.'' München 1986.</ref> gebraut, den sie Brangaine, einer Verwandten, mitgibt. Er sollte von König Marke und Isolde gemeinsam getrunken werden, damit sie sich auf ewig lieben. Als aber Brangaine nicht auf den Trank aufpasst, trinken Tristan und Isolde nacheinander aus dem Gefäß. Tristan und Isolde verlieben sich ineinander und müssen sich nun heimlich treffen.
=== Priester (1513) und Prediger (1519–1520) ===
Um 1513 wurde Müntzer in der [[Bistum Halberstadt|Diözese Halberstadt]] zum Priester geweiht und war zunächst in [[Braunschweig]] an der [[St. Michaelis (Braunschweig)|Michaeliskirche]] tätig. Da dieses Amt seinen Lebensunterhalt nicht deckte, nahm er 1515/16 das Amt eines Präfekten im [[Kanonissenstift]] [[Frose]] bei Aschersleben an. Dort errichtete er eine kleine Privatschule, in der begüterte Bürgersöhne unterrichtet wurden.


Durch eine List wird Isolde dem König Marke weggenommen. Doch Tristan kann sie zurückholen und dem König wieder übergeben. Tristan und Isolde treffen sich nun öfter, wobei sie auch entdeckt werden. Es werden ihnen Fallen gestellt, doch Tristan und Isolde können diese immer wieder umgehen. So können sie auch die Zweifel des Königs aus dem Weg räumen. Doch eines Tages bemerkt der König, dass sich die beiden lieben. König Marke lässt sie gewähren, bis er sie eines Nachts zusammen im Bett entdeckt. Nun ist Tristan in England nicht mehr sicher und flüchtet nach Deutschland.
Zwischen 1517 und 1519 besuchte er öfter [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]]. Zu Ostern 1519 vertrat er den Prediger [[Franz Günther (Theologe)|Franz Günther]] in [[Jüterbog]]. Thomas Müntzer nahm im Juni des Jahres 1519 vermutlich an der [[Leipziger Disputation]] zwischen [[Martin Luther]] und [[Johann Eck]] teil, bevor er bis 1520 in ein Zisterzienserinnenkloster ging. Noch im selben Jahr wurde er zum Beichtvater der [[Zisterzienser]]innen im [[Kloster Beuditz]] bei Weißenfels berufen.


In Deutschland herrscht Krieg. Hier trifft Tristan auf Herzog Jovelin, dessen Frau Karsie, dessen Tochter Isolde aux mains blanches und dessen Sohn Cahedin le noble, mit dem er sich verbündet und in den Krieg zieht. Nun sieht er immer mehr Isolde aux mains blanches, die ihn an Isolde von England erinnert. Doch er beginnt an ihrer Liebe zu zweifeln und verliebt sich in Isolde aux mains blanches. Er wird in einer Schlacht von einem vergifteten Speer verletzt und kann nur durch die Heilsalbe der Königin von Irland, um deren Geheimnis auch Isolde von England weiß, geheilt werden.
==== Aufenthalt in Zwickau (1520–1521) ====
Im Mai 1520 predigte Müntzer in Vertretung von [[Johannes Sylvius Egranus]] in der Marienkirche in [[Zwickau]]. Als Egranus zurückkehrte, wechselte Müntzer an die [[Katharinenkirche (Zwickau)|Katharinenkirche]]. Dort in Zwickau hatte Müntzer jetzt ein großes Forum, das er auch nutzte. Er hatte engen Kontakt zu [[Nikolaus Storch]], einem führenden Mitglied der [[Zwickauer Propheten]].
Zwickau gehörte durch seine wirtschaftliche Prosperität an die Spitze der Städte im [[Kurfürstentum Sachsen]], es verfügte über eine Latein- und Griechischschule sowie seit 1523 über eine Buchdruckerei. Die Versorgung wurde u.&nbsp;a. durch den Kornmarkt garantiert, auf dem die Fuhrleute ihr mitgeführtes Getreide auf drei Markttagen anboten, bevor sie es weiter transportieren durften.<ref>Helmut Bräuer: ''Zwickau zur Zeit Thomas Müntzers und des Bauernkrieges.'' Sächsische Heimatblätter 20 (1974), S.&nbsp;193–223.</ref> Die Zahl der Einwohner belief sich um 1520 auf sechs- und siebentausend Bewohner. Eines der ältesten und auch wichtigsten Gewerbe war die Tuchweberei.


Tristan sendet Kurvenal aus, seinen treuen Begleiter, um Isolde von England zu ihm zu bringen. Wenn er sie bei seiner Rückkehr bei sich habe, solle er ein weißes Segel hissen, andernfalls ein schwarzes. Bei der Rückkehr mit Isolde von England berichtet Isolde aux mains blanches dem todkranken Tristan fälschlicherweise, um ihn nicht an Isolde von England zu verlieren, dass das Segel schwarz sei. Daraufhin stirbt Tristan, nun ohne Hoffnung, sofort. Als Isolde von England ihren toten Geliebten erblickt, wird sie sehr krank und stirbt kurz darauf ebenfalls.
Im Lauf des Jahres bekam Müntzer Schwierigkeiten mit dem Orden der [[Franziskanische Orden|Franziskaner]] und mit seinem Kollegen Egranus. Als ihn zusätzlich der Stadtrat von Zwickau des Aufruhrs verdächtigte, wurde er 1521 aus der Stadt vertrieben. Seinen letzten Sold quittierte er stolz mit „''Thomas Müntzer, qui pro veritate militat in mundo''“ („Thomas Müntzer, der für die Wahrheit in der Welt kämpft“).


== Ursprung ==
=== Weitere Ortswechsel, Veröffentlichungen ===
[[Datei:Miniatura Isotta.jpg|mini|Tristan und Isolde auf dem Weg nach Cornwall (mittelalterliche Miniatur, Jean du Mas, 15. Jahrhundert).]]
[[Datei:Thomas Muentzer, Prague Manifesto (autograph).jpg|mini|Thomas Müntzer, Prager Manifest. Eigenhändiger Entwurf vom 1. November 1521. Staatsarchiv Dresden]]
Der Ursprung der Tristan-Legende lässt sich nicht zuverlässig rekonstruieren. Neben anderen Wurzeln erscheinen vor allem ein keltischer, ein germanischer und ein orientalischer Ursprung möglich.
[[Datei:Thomas Muentzer, letter, 1524.jpg|mini|Ausschnitt aus einem eigenhändigen Brief Müntzers an die Bürger von Allstedt vom 15. August 1524]]
[[Datei:Thomas Müntzer, letter, 1524.jpg|mini|Eigenhändiger Brief Müntzers von 1524 an den [[Schösser (Beruf)|Schösser]] von Allstedt, Hans Zeiß. Staatsarchiv Weimar]]
Von Zwickau aus ging er nach [[Böhmen]]. In [[Prag]] predigte er am 23. Juni 1521 in der [[Bethlehemskapelle (Prag)|Bethlehemskapelle]], (''Betlémská kaple'') und verfasste in der Stadt das [[Prager Manifest (1521)|Prager Manifest]]. Im November 1521 verließ er Prag. Seine nächsten Stationen waren Jena, Erfurt und Weimar. In der [[St. Georgen (Halle)|St.-Georgen-Kirche]] in Glaucha (heute Teil von [[Halle (Saale)|Halle]]) wirkte Müntzer 1522 einige Zeit als [[Kaplan]]. Kurz vor Ostern 1523 wurde er an der Johanniskirche im kursächsischen [[Allstedt]] Pastor. Hier heiratete er die ehemalige Nonne [[Ottilie Müntzer|Ottilie von Gersen]]. Am 27. März 1524 wurde ihnen ein Sohn geboren. In dieser Zeit arbeitete er an seiner [[Liturgie]]reform, deren Kernpunkt die Übersetzung der lateinischen Messtexte in die deutsche Sprache war.


Dabei gilt insbesondere die keltische Ursprungstheorie als wahrscheinlich, da es hier lokale und historische Bezüge gibt (siehe ''[[Drystan fab Tallwch]]'', ''[[Diarmuid und Gráinne]]'' sowie ''[[Scéla Cano meic Gartnáin]]'', „Die Geschichte von Cano, dem Sohn Gartnáns“). In Cornwall hat man eine [[Stele]] aus dem 6. Jahrhundert mit dem Namen ''Drustanus'' in der Inschrift gefunden, möglicherweise eine latinisierte Form des Namens ''Tristan'' (siehe [[Tristan-Stein]]).
Am 13. Juli 1524 hielt er zu [[Allstedt]] vor dem späteren Kurfürsten [[Johann der Beständige|Johann dem Beständigen]] und dessen Sohn [[Johann Friedrich I. (Sachsen)|Johann Friedrich&nbsp;I.]] die sogenannte ''[[Fürstenpredigt]]''. Darin forderte er die [[Ernestiner|ernestinischen]] Fürsten auf, der Sache der Reformation (im Sinne Müntzers) keinen Widerstand zu leisten. In seiner Rede griff er zugleich die sozialen Missstände scharf an, was zum Verlust seiner Stellung führte. In Allstedt richtete er sich im April 1524 eine Druckerei ein, die [[Letter|Typen]] stammten von [[Wolfgang Stöckel]] aus [[Leipzig]].<ref>[[Helga Schnabel-Schüle]]: ''Reformation. Historisch-kulturwissenschaftliches Handbuch.'' Metzler, Heidelberg 2017, ISBN 978-3-476-02593-7, S.&nbsp;105.</ref>


Aus keltischen [[Lai (Dichtung)|Lais]] ging der Stoff vermutlich zunächst in nordfranzösische und anglonormannische [[Spielmannsdichtung]]en über. Sie sind allesamt nur fragmentarisch überliefert, so auch die im 12. Jh. entstandenen Romane von [[Béroul]] und die kunstvollere Bearbeitung des [[Thomas d'Angleterre|Thomas von England]] (eines [[Anglonormannen]]) sowie eine in ihrer Existenz umstrittene Tristan-Fassung [[Chrétien de Troyes|Chrétiens de Troyes]] (ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert). Von hier aus fand die Sage den Weg in die spanische, italienische, deutsche, skandinavische, slawische und sogar in die griechische Literatur.
=== Mühlhausen (1524), Tod ===
[[Datei:Stamps of Germany (DDR) 1989, MiNr Block 097.jpg|mini|Wichtige Wirkungsstätten Thomas Müntzers; Briefmarkenblock der DDR zum 500. Geburtstag (1989)]]
Im August 1524 floh Müntzer schließlich vor der Obrigkeit von Allstedt nach Mühlhausen, wo er zusammen mit dem ehemaligen Zisterziensermönch [[Heinrich Pfeiffer (Bauernführer)|Heinrich Pfeiffer]] wirkte. Nach seiner Ausweisung kehrte Müntzer Ende Februar 1525 nach Mühlhausen zurück und wurde zum Pfarrer der dortigen Marienkirche gewählt. Er schlug sich auf die Seite der Bauern und wurde zu deren Leitfigur im [[Deutscher Bauernkrieg|Deutschen Bauernkrieg]] in Thüringen. Am 15.&nbsp;Mai 1525 wurde er nach der [[Schlacht bei Frankenhausen]], die in einer völligen Niederlage der von Müntzer zusammengerufenen Bauernhaufen endete, gefangen genommen und in der [[Festung Heldrungen]] auf Befehl [[Ernst II. von Mansfeld-Vorderort|Graf Ernsts&nbsp;II. von Mansfeld-Vorderort]] (1479–1531) im Beisein des Herzogs [[Georg der Bärtige|Georg des Bärtigen]] gefoltert. Im Turm von [[Heldrungen]] [[Kerker|eingekerkert]], schrieb er seinen [[Abschiedsbrief]] an die Aufständischen, die er dabei zur Einstellung des weiteren Blutvergießens aufrief.<ref>vgl. [[Otto Zierer]]: ''Bild der Jahrhunderte''. Bertelsmann-Verlag, o.&nbsp;J., Band 14, S. 177.</ref> Am Mittwoch, den 27. Mai wurde er vor den Toren der Stadt Mühlhausen [[Enthauptung|enthauptet]], sein Leib aufgespießt, sein Kopf auf einen Pfahl gesteckt.


Insgesamt kann man davon ausgehen, dass sich der Stoff im Laufe der Jahrhunderte aus den verschiedensten Quellen entwickelt hat, so dass es keinen exakten Ursprungstext gibt.
== Theologie ==
=== Glaubensbegriff ===
Müntzers Theologie vereinigt auf [[Mystik|mystischem]] Boden [[Spiritualität|spiritualistische]], [[täufer]]ische, [[Apokalyptik|apokalyptische]] und sozialrevolutionäre Elemente zu einer Einheit.


== Bearbeitungen ==
Glauben bedeutet nach Müntzer ein von Gott ausgelöstes Geschehen im Abgrund der Seele; es ist ''„die wirkung des worts, das Gott in die selen<!--sic!--> redet“''. Ob solcher Glaube entsteht, liegt allein an Gott, dessen Geist weht, wo er will {{Bibel|Joh|3|6|LUT}}. Erste Wirkung des Wortes Gottes in den Seelen der Menschen ist die Gottesfurcht, die dem Heiligen Geist eine Wohnstatt gibt und alles aus dem Weg räumt, was sich dem weiteren Wirken Gottes widersetzt. Dazu gehören insbesondere der [[Eigennutz]] und die Menschenfurcht. Die Seele, die Gott erleben will, ''„musz<!--sic!--> zuvor gefegt sein vom gethön<!--sic!--> der sorgen und luste“''. In diesem Zusammenhang gebraucht Müntzer gerne die mystischen Termini ''Langweyl'' und ''Gelassenheit'', um damit den Zustand der leeren Seele zu beschreiben. Der in diesem Sinne „langweilige“ und „gelassene“ Mensch erlebt in seiner Tiefe das Wirken Gottes und – unter Schmerzen – die Geburt des echten Glaubens, der das Leiden nicht mehr scheut und gleichsam fröhlich ist. Im echten Glauben besteht Konformität zwischen dem menschlichen Willen und dem des gekreuzigten [[Christus]]. Allein solche Konformität führt zur Gewissheit des Glaubens.
Von [[Eilhart von Oberg]] stammt die erste deutsche Bearbeitung des Tristan-Stoffes. Sein ''Tristrant und Isalte'' dürfte wohl Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts entstanden sein. Aus dem 12. Jahrhundert sind nur drei [[Pergament]]-Bruchstücke seines Textes erhalten. Drei aus dem 15. Jahrhundert stammende Papier-Handschriften, die vermutlich auf eine Bearbeitung des Textes aus dem 13. Jahrhundert zurückgehen, überliefern den vollständigen Text.


Auf der Version des Thomas von England schließlich fußt der ebenfalls fragmentarische Versroman ''[[Tristan (Gottfried von Straßburg)|Tristan]]'' des mittelhochdeutschen Dichters [[Gottfried von Straßburg]] aus dem 13. Jahrhundert, der als „klassische“ Stoffrepräsentation des [[Mittelalter]]s gilt. Sowohl [[Ulrich von Türheim]] als auch [[Heinrich von Freiberg]] schrieben eine Fortsetzung, um Gottfrieds Fragment abzuschließen und auch [[Tristan als Mönch]] ist in der Nachfolge Gottfrieds. Eine Übersetzung des französischen [[Prosa-Tristan]] sind die im 15. Jahrhundert entstandenen [[Bruchstücke eines prosaischen Tristanromans]]. Um 1400 ließen Franz und [[Niklaus Vintler]] aus Bozen auf ihrem [[Schloss Runkelstein]] einen Teil des Sommerhauses mit Terraverde-Fresken zum Motiv von Tristan und Isolde ausmalen.
=== Bibelverständnis ===
Die [[Bibel]] legt primär Zeugnis ab von den Erfahrungen, die ''erleuchtete seelen'' im Umgang mit dem lebendigen Gott gewonnen haben. Sie ist Einladung, für ähnliche Erfahrungen offen zu werden, und gleichzeitig Maßstab, an der eigene Erfahrungen zu messen sind. Die Bibel ist ''nur'' das ''verbum externum'' (äußerliches Wort), das das ''verbum internum'' (innerliches Wort) braucht, um im Menschen anzukommen. Das ''verbum internum'' bedarf jedoch nicht unbedingt des äußeren Wortes der Bibel, um Glauben zu erzeugen. Belege dafür sind nach Müntzer viele Menschen der Bibel, die auch kein ''verbum externum'' hatten, als sie gläubig wurden. Vor allem an dieser Stelle erfolgte der Bruch mit Luther.


Über das Mittelalter hinaus schufen zahlreiche weitere Schriftsteller, bildende Künstler und Komponisten Tristan-und-Isolde-Bearbeitungen, etwa [[Hans Sachs]] (Tragödie, 1553), [[Karl Immermann]] (Gedichtzyklus, 1840; untertitelt: "Ein Gedicht in Romanzen"; unvollendet hinterlassen und nach Schlussbearbeitung von [[Ludwig Tieck]] 1841 posthum veröffentlicht), [[Richard Wagner]] ([[Tristan und Isolde (Oper)|Tristan und Isolde]], Oper, 1859) und [[Thomas Mann]], dessen Novelle ([[Tristan (Thomas Mann)|Tristan]], 1901) auf Wagners Oper anspielt, aber keine Tristan-Erzählung ist.  
=== Spiritualismus ===
Nicht die Schriftgelehrten und – wie Müntzer wörtlich sagt – ''ihr Bücherwissen'', sondern die Visionäre sind die wahrhaftigen Interpreten des [[Altes Testament|Alten]] und [[Neues Testament|Neuen Testaments]]. Erst der gottesfürchtige ''Seher'' kennt Gottes aktuellen Willen für die Gegenwart. Nur er hat das Recht der Verkündigung des Wortes Gottes.


[[John Neumeier]] setzte den Tristan-Stoff 1982 als [[Ballett]] um.
In den Müntzerschen Schriften sind Anlehnungen an die mittelalterliche Mystik unverkennbar. Es bestehen enge Beziehungen zur ''[[Theologia deutsch]]'' und zu [[Johannes Tauler]]. Als Spiritualist verwarf Müntzer die [[Kindertaufe]]. Die wahre [[Taufe]] ist für Müntzer die [[Geistestaufe]]; eine Wassertaufe kann – sofern sie das äußere Zeichen eines inneren Vorgangs ist – nur als [[Gläubigentaufe]] erfolgen. Geistgetaufte hören die Stimme des [[Himmelfahrt|erhöhten Christus]] und „''sehen Ihn auf dem wasser ihrer seelen diepe wandern''“. Das äußere Taufwasser ist für Müntzer nur das Symbol für die Bewegung, die Gott in unserer Seele wirkt.
[[Bernard Cornwell]] integrierte das Thema in seine Arthus-Chroniken. [[David Dawson (Choreograf)|David Dawson]] schuf 2015 das erste komplette ''Tristan-und-Isolde''-Ballett.


Sowohl in der [[Metal]]-Musik, als auch in der [[Musik der Mittelalterszene]] wurde das Thema aufgegriffen, so etwa durch [[Blind Guardian]] (''The Maiden and the Minstrel Knight'' auf dem Album ''[[A Night at the Opera (Blind-Guardian-Album)|A Night at the Opera]]'', 2002), [[Grave Digger]] (''Tristan’s Fate'' auf dem Album ''Excalibur'', 1999) oder [[Qntal]], die der Thematik 2003 das ganze Album ''Qntal III – Tristan und Isolde'' widmeten.
=== Apokalyptik ===
[[Datei:ThomasMüntzerDDR5Mark.jpg|mini|hochkant|Thomas Müntzer auf der [[Mark (DDR)#Banknoten|5-DDR-Mark]]-Banknote in der Ausgabe von 1971 bis 1990.]]
Die prophetischen Bücher der Bibel, hier besonders [[Daniel]], und die [[Offenbarung des Johannes]] wurden von Müntzer besonders geschätzt. Seine visionäre Auslegung der [[Apokalypse|apokalyptischen]] Bibelteile führten ihn unter anderem dazu, in der mit [[Purpur (Farbe)|Purpur]] bekleideten [[Hure Babylon]]s ({{B|Offb|17|4|LUT}}; {{BB|Offb|18|16|LUT}}) die [[römisch-katholische Kirche]] zu sehen. ''Luther und syn anhang'' begriff er hier schlichtweg mit ein. In der [[Fürstenpredigt]], in der er das zweite Kapitel des Buches Daniel auslegt, deutet er die vier Weltreiche der Apokalypse auf die Reiche der Babylonier, Perser, Griechen und Römer. Seine Zeit nennt er das ''fünft reich'', das ebenfalls aus Eisen besteht, weil es Arme und Unschuldige unterdrückt. Darum sei ein neuer Prophet Daniel vonnöten. An anderen Stellen fordert er ''alle gottsfüchtgen'' auf, einen neuen [[Johannes der Täufer|Täufer Johannes]] zu erwarten. Am liebsten jedoch spricht er von einem neuen [[Elija]], der kommen muss, um die Welt auf gottgewollte Weise zu ordnen. Dazu gehörte seiner Meinung nach auch die Tötung der ''[[Baal (Dämon)|Baalspfaffen]]'' (= papsttreue Amtsträger der alten Kirche) und der Sturz der gottlosen politischen Machthaber.
 
=== „Theologie der Revolution“ ===
Müntzer deutete in apokalyptischer Schau seine Zeit als Anbruch des göttlichen Gerichtes. Weizen sei vom Unkraut zu trennen; es gelte das Wort Jesu: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ {{Bibel|Mt|10|34|LUT}}. Unter Berufung auf {{B|2 Mos|22|1ff|LUT}} ruft er den versammelten Landesfürsten zu: „Ein gottloser Mensch hat kein Recht zu leben, wo er die Frommen behindert […] wie uns essen und trinken ein Lebensmittel ist, so ist es auch das Schwert, um die Gottlosen zu vertilgen.“ Jesus sei in einem Viehstall geboren; er stehe auf Seiten der Armen und Unterdrückten. Die, die sich in Pelzmäntel kleideten und auf Seidenkissen säßen, seien „Christo ain greuel“.
 
Müntzer hatte einen guten Blick für die sozialen Probleme seiner Tage. Seine sozialethischen Interessen sind in engem Kontakt mit seinen mystischen und theologischen Ideen. Müntzer eiferte nicht nur für die Gottesfurcht, sondern als Gottesfürchtiger für soziale Gerechtigkeit.
 
=== Liturgie und Kirchenmusik ===
[[Datei:Thomas muentzer denkmal zwickau.JPG|mini|hochkant|Thomas-Müntzer-Denkmal in Zwickau vor der Katharinenkirche.]]
Thomas Müntzers liturgische Reformen, die er in seiner Eigenschaft als Pfarrer in Allstedt in den Jahren 1523 und 1524 mit zwei Veröffentlichungen („Allstedter Kirchenampt<!--sic!-->“ und „Deutzsch-Euangelisch<!--sic!--> Mesze<!--sic!-->“) auf den Weg brachte, sind als Beispiel der reformatorischen Suche nach einer angemessenen evangelischen Gottesdienstform von Bedeutung. Ebenso wie seine [[Geistliches Lied|Kirchenlieder]] hatte dieser Teil von Müntzers Werk über seinen Tod hinaus Bestand. Seine deutschen Gottesdienste, in denen er mit nur behutsamen und vorsichtigen Veränderungen die lateinische [[Heilige Messe|Messe]] und das lateinische [[Stundengebet]] für den deutschsprachigen evangelischen Gottesdienst nutzbar machen wollte, wurden noch viele Jahrzehnte lang in manchen Teilen Sachsens und Thüringens gebraucht und mehrmals nachgedruckt – allerdings immer ohne die Nennung von Müntzers Namen.
 
Müntzers liturgische Veröffentlichungen stellen den Versuch dar, die in Allstedt eingeführten lateinischen Kirchengesänge (spätmittelalterlicher [[gregorianischer Choral]]) relativ direkt ins Deutsche zu übertragen. Damit war Müntzer einer der Vorreiter deutschsprachigen Gottesdienstes in Mitteldeutschland – seine Ungeduld, das reformatorische Gedankengut in eine volksnahe kirchliche Arbeit umzusetzen, ist offenkundig und war in Allstedt von einem enormen Erfolg geprägt. Martin Luther und seine Umgebung beobachteten die liturgischen Reformen Müntzers skeptisch, wobei die Skepsis sich weniger auf liturgisch-theologische Bedenken als auf die enorme Sorge vor der Popularität, die der wenig diplomatische Reformator Müntzer damit erlangte, gegründet haben dürfte.
 
Es muss davon ausgegangen werden, dass Luthers Entscheidung, seine „[[Deutsche Messe (Gottesdienst)#Martin Luthers Deutsche Messe 1526|Deutsche Messe]]“ im Jahr 1526 anders als seine liturgischen Veröffentlichungen der Jahre 1523 und 1524 auf deutschsprachige Lieder und nicht mehr auf den gregorianischen Gesang als wesentliches hymnisches Element zu gründen, eine bewusste Abgrenzung von Müntzer darstellt, nachdem in den Ereignissen des Jahres 1525 (Niederschlagung des thüringischen Bauernaufstandes) deutlich geworden war, wie leicht die Reformation politisch instrumentalisiert werden konnte und in welcher Gefahr die theologischen Anliegen der Reformation standen, im Gefolge sozialer Konflikte unterzugehen. Luthers Urteil über Müntzers liturgische Reformen („Nachahmen, wie die Affen tun“) fügt sich in eine massive, in seinen Tischreden immer wieder auftauchende Ablehnung Müntzers schlüssig ein. Einige von Müntzers Liedern sind bis heute in evangelischen und katholischen Gesangbüchern abgedruckt (z.&nbsp;B. die Hymnus-Übertragung EG 3 „[[Gott, heilger Schöpfer aller Stern]]“).
 
== Gedenken ==
[[Datei:2007-04 Stolberg (Harz) 58.jpg|mini|Thomas-Müntzer-Denkmal in Stolberg (Harz).]]
[[Datei:East German Medal 1989 Thomas Müntzer.jpg|mini|DDR-Medaille 1989 Thomas Müntzer, kurz vor dem Fall der Berliner Mauer]]
 
Auf Schloss [[Allstedt]] ist unter dem Titel „Thomas Müntzer. Ein Knecht Gottes“ eine Dauerausstellung zu seinem Leben und Wirken zu sehen.
In Mühlhausen erinnert ein Bauernkriegsmuseum auch an Müntzer und die damaligen Kämpfe gegen die Feudalherrschaft, des Weiteren gibt es eine Müntzer-Gedenkstätte in der Marienkirche.
 
Die 2001 gegründete [[Thomas-Müntzer-Gesellschaft]] beschäftigt sich mit dem Leben und Werk Thomas Müntzers und dessen Verhältnis zur Reformation und dem Bauernkrieg sowie mit der Rezeptionsgeschichte.
 
[[Friedrich Wolf]] schrieb ein Theaterstück ''Thomas Müntzer''.
 
Der [[DEFA]]-Film [[Thomas Müntzer – Ein Film deutscher Geschichte]] kam 1956 in die Kinos.
 
Die im Oktober 1977 erstmals veröffentlichte [[Proletenpassion]] der Österreichischen Polit-Rock-Gruppe ''[[Schmetterlinge (Band)|Schmetterlinge]]'' beinhaltet in Abschnitt 2 einen Bericht über Thomas Müntzer sowie über die Geschehnisse im Zusammenhang mit den [[Liste von Bauernaufständen|Bauernkriegen]] bis hin zur [[Schlacht bei Frankenhausen]].
 
Das Theaterstück ''[[Martin Luther & Thomas Münzer oder Die Einführung der Buchhaltung]]'' des linksintellektuellen Schriftstellers [[Dieter Forte]] wurde 1984 am [[Volkstheater Rostock]] vom [[Fernsehen der DDR]] aufgezeichnet. In diesem [[Lutherfilm]] spielt Thomas Müntzer eine wichtige Rolle.
 
Ein weiterer DEFA-Film ''[[Ich, Thomas Müntzer, Sichel Gottes]] erschien 1989.''
 
Müntzer war auf der von 1971 bis 1990 gültigen [[Mark (DDR)#Mark5|5-Mark]]-Banknote der DDR [[:Datei:5-Mark-1975.jpg|abgebildet]]. Die Staatsbank der DDR gab 1989 eine 20-Mark-Gedenkmünze mit einem Porträt Müntzers heraus. Die „Thomas-Müntzer-Medaille“ war die höchste Auszeichnung der [[Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe]] der DDR.
 
Auch zum Gedenken an den frühen Sozialrevolutionär Müntzer schuf [[Werner Tübke]] von 1976 bis 1987 bei [[Bad Frankenhausen]] das [[Bauernkriegspanorama]] (eigentlicher Titel: „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“).
 
Thomas Müntzer ist eine der Hauptfiguren in dem Roman ''[[Q (Roman)|Q]]'' von [[Luther Blissett (kollektives Pseudonym)|Luther Blissett]] (Pseudonym eines anonymen italienischen Autorenkollektivs). Auch die jüngere deutsche Literatur hat Müntzer als Gegenstand wiederentdeckt, etwa [[Hendrik Jackson]] mit seinem Gedichtband ''brausende bulgen'' (2004) und Frank Fischer mit seiner Reiseerzählung ''Die Südharzreise'' (2010).
 
== Benennungen und Denkmäler ==
[[Datei:Thomas Müntzer Denkmal Mühlhausen.JPG|mini|hochkant|Thomas-Müntzer-Denkmal vor dem Frauentor in Mühlhausen/Thüringen.]]
Der Geburtsort [[Stadt Stolberg (Harz)|Stolberg]] sowie der Sterbeort Mühlhausen erhielten in der DDR den offiziellen Namenszusatz „Thomas-Müntzer-Stadt“ (Mühlhausen 1975 anlässlich des 450. Todestages). Nach der [[Deutsche Wiedervereinigung|deutschen Wiedervereinigung]] 1989/1990 wurden die Beinamen im Gegensatz zu den „Lutherstädten“ Eisleben und Wittenberg gestrichen.
[[Datei:Die erneuerte Müntzer-Plastik.jpg|mini|hochkant|Die erneuerte Thomas-Müntzer-Plastik in Kapellendorf]]
In [[Kapellendorf]] gab die dortige [[Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen|evangelische Kirchgemeinde]] ihrer Begegnungsstätte den Namen „Evangelisches Gemeindezentrum Thomas Müntzer“ und ließ dort 1989 ein Müntzer-Standbild errichten.
 
In zahlreichen Orten gibt es Straßen und Plätze, die nach Müntzer benannt sind, so in Berlin, Rostock, Dresden, Halle (Saale), Weimar, Nordhausen, Mühlhausen, Sömmerda, Halberstadt und Ravenstein. Auch in Wien-[[Favoriten]] ist eine Gasse nach ihm benannt (in der Schreibweise ''Thomas-Münzer-Gasse''). Das jetzt stillgelegte Kupferbergwerk in [[Sangerhausen]] wurde über den Thomas-Müntzer-Schacht erschlossen.
 
Von 1953 bis 1990 hieß das Theater in Eisleben [[Landesbühne Sachsen-Anhalt|Thomas-Müntzer-Theater]].
 
In vielen Orten Mitteldeutschlands tragen Schulen seinen Namen, darunter in Mühlhausen, Magdeburg, Sangerhausen, Güstrow, Wernigerode, Allstedt und zahlreichen kleineren Gemeinden. In Radebeul erinnert eine denkmalgeschützte [[Villa Tanger|Integrative Kindertagesstätte]] mit ihrem Namen an Müntzer.
 
Am 20. Februar 1989 wurde im Gebäude der ehemaligen [[St. Maria-Victoria-Heilanstalt]] in Berlin eine von der Bildhauerin Christine Dewerny geschaffene Porträtbüste von Thomas Müntzer aufgestellt, die seit 1990 verschollen ist.<ref>Peter Michel: ''Kulturnation Deutschland?'' Mit dokumentarischem Bildmaterial. Heinen, Berlin 2013, ISBN 978-3-95514-003-8, S. 41.</ref>
 
Auf dem Gelände der [[Universität Hohenheim]] in Stuttgart befindet sich die „Thomas-Müntzer-Scheuer“.<ref>[https://vs.uni-hohenheim.de/tms Thomas-Müntzer-Scheuer (TMS)].</ref>
 
Müntzers Gedenktag ist der 27. Mai (nicht im offiziellen [[Evangelischer Namenkalender|Evangelischen Namenkalender]] enthalten).<ref>[http://www.heiligenlexikon.de/BiographienT/Thomas_Muentzer.html Thomas Müntzer.] In: ''Ökumenisches Heiligenlexikon''.</ref>
 
Auf dem historischen Schlachtberg in Bad Frankenhausen wurde im Jahre 1989 das Bauernkriegs-Panorama des Künstlers [[Werner Tübke]] eröffnet. Dieses Rundgemälde zeigt neben biblischen Themen auch den verheerenden Bauernkrieg und Müntzer sowie Luther.
 
<gallery>
  Thomas Müntzer Haus2 (Stolberg-Harz).jpg|Gedenktafel am Haus Niedergasse 2 in [[Stadt Stolberg (Harz)|Stolberg (Harz)]]
  Thomas Müntzer Haus (Stolberg-Harz).jpg|Inschrift über der Haustür Niedergasse 2 in [[Stadt Stolberg (Harz)|Stolberg (Harz)]]
  Gedenktafel Schlossstr 26 (Wittenberg) Thomas Müntzer.jpg|Gedenktafel am Haus Schloßstraße 26, in der [[Lutherstadt Wittenberg]]
  Heiligenstadt Gedenktafel Thomas Müntzer.jpg|Im [[Heilbad Heiligenstadt]] angebrachte Gedenktafel am Rathaus
</gallery>
 
== Schriften ==
* [[Prager Manifest (1521)|Prager Manifest]] (1521)
* Drei liturgische Schriften (1523)
** Deutsches Kirchenamt
** Deutsch-evangelische Messe
** ''Ordnung und Berechnung des Deutschen Amtes zu Allstedt''
* ''Von dem gedichteten Glauben'' (Anfang 1524)
* ''Protestation oder Erbietung'' (Anfang 1524)
* ''Auslegung des zweiten Kapitels Daniels'' (sogenannte [[Fürstenpredigt]]) (Juli 1524)
* ''Ausgedrückte Entblößung'' [des falschen Glaubens] (Sommer 1524)
* ''Hochverursachte Schutzrede'' (Herbst 1524) [http://www.mlwerke.de/mu/mu_003.htm mlwerke.de]
 
Überliefert sind weiterhin rund 95 deutsche und lateinische Briefe.<ref>[[Gerhard Wehr]] (Hrsg.): ''Thomas Müntzer; Schriften und Briefe''. Diogenes, Zürich 1989, ISBN 3-257-21809-5, S. 7.</ref>
 
== Ausgaben ==
* Günther Franz, Paul Kirn (Hrsg.): ''Thomas Müntzers Schriften und Briefe. Kritische Gesamtausgabe.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1968.
* Berhard Wehr (Hrsg.): ''Thomas Müntzer; Schriften und Briefe''. Diogenes, Zürich 1989, ISBN 3-257-21809-5.
* Helmar Junghans (Hrsg.): ''Thomas-Müntzer-Ausgabe. Kritische Gesamtausgabe''. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2004 ff.
# ''Schriften und Fragmente''. 2017, ISBN 978-3-374-02202-1.
# ''Briefwechsel''. 2011, ISBN 978-3-374-02203-8.
# ''Quellen zu Thomas Müntzer''. 2004, ISBN 3-374-02180-8.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Tristan und Isolde}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Thomas Müntzer}}
* {{WikipediaDE|Thomas Müntzer}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Gottfried von Straßburg: ''Tristan und Isolde.'' Neu bearbeitet von Wilhelm Hertz. 3. Auflage. Cotta, Stuttgart 1901 und weitere Auflagen.
* Alfred Meusel: ''Thomas Müntzer und seine Zeit. Mit einer Auswahl der Dokumente des großen deutschen Bauernkrieges''. Aufbau-Verlag, Berlin 1952
* Gottfried von Straßburg; Rüdiger Krohn (Hrsg.): ''Tristan'': Verse 1–9982. Band 1, Reclam, Ditzingen 1986, ISBN 978-3-15-004471-1 / Verse 9983–19548 in Band 2, ISBN 978-3-15-004472-8 (Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch).
* Ernst Bloch: ''Thomas Münzer als Theologe der Revolution.'' Reclam, Leipzig 1989, ISBN 3-379-00436-7 (erstmals erschienen 1921).
* Günter de Bruyn: ''Tristan und Isolde'' [neu erzählt]. Fischer Taschenbuch 8275, Frankfurt am Main 1988, ISBN 978-3-596-28275-3 (Lizenzausgabe des Verlags Neues Leben, Berlin).
* Thomas Nipperdey: ''Theologie und Revolution bei Thomas Müntzer.'' In: ''[[Archiv für Reformationsgeschichte]].'' 54, 1963, S. 145–181.
* Albrecht Diem: ''„Nu suln ouch wir gesellen sîn.“ – Über Schönheit, Freundschaft und mann-männliche Liebe im Tristan Gottfrieds von Straßburg.'' In: Lev Mordechai Thoma und Sven Limbeck (Hrsg.): ''„Die sünde, der sich der tuivel schamet in der helle“. Homosexualität in der Kultur des Mittelalters und der frühen Neuzeit.'' Thorbecke Verlag, Ostfildern 2009, S. 91–121, ISBN 978-3-7995-0223-8.
* Walter Elliger: ''Thomas Müntzer. Leben und Werk.'' 3. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1976, ISBN 3-525-55318-8.
* Daniel Lacroix, Philippe Walter: ''Tristan et Iseut. Les poèmes francais. La saga norroise.'' Textes originaux et intégraux présentés, traduits et commentés par Daniel Lacroix et Philippe Walter (''Le livre de Poche Lettres Gothiques'', Band 4521). Librairie générale française, Paris 1989, ISBN 2-253-05085-7 (mit einer sehr guten Einführung und der skandinavischen Adaption des Tristan-Romans von Thomas von England aus dem 13. Jahrhundert, die die Legende komplett wiedergibt).
* Hans Pfeiffer: ''Thomas Müntzer.'' Ein biographischer Roman. Neues Leben, Berlin 1981.
* Gottfried von Straßburg; Dieter Kühn (Hrsg.): ''Die Geschichte der Liebe von Tristan und Isolde''. Reclam, Stuttgart 1998, ISBN 978-3-15-004474-2.
* {{ADB|23|41|46|Müntzer, Thomas|Alfred Stern|ADB:Müntzer, Thomas}}
* Asuka Yamazaki: ''Das deutsche Nationalbewusstsein des 19. Jahrhunderts und Richard Wagners „Tristan und Isolde“''. Königshausen & Neumann, Würzburg 2013, ISBN 978-3-8260-5344-3 (Dissertation Universität Kyōto 2012, 134, Seiten).
* Eike Wolgast: ''Thomas Müntzer. Ein Verstörer der Ungläubigen.'' Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1988, ISBN 3-374-00467-9.
* Hans-Jürgen Goertz: ''Thomas Müntzer. Mystiker – Apokalyptiker – Revolutionär.'' Beck, München 1989, ISBN 3-406-33612-4.
* Hans-Jürgen Goertz: ''Thomas Müntzer. Revolutionär am Ende der Zeiten. Eine Biografie''. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-68163-9 (völlig überarbeitete und teilweise neu geschriebene Neuausgabe seines Buches von 1989).
* Gerhard Brendler: Thomas Müntzer – Geist und Faust. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1989, ISBN 3-326-00475-3.
* Günter Vogler: ''Thomas Müntzer.'' Dietz, Berlin 1989, ISBN 3-320-01337-8.
* Klaus Ebert (Hrsg.): ''Thomas Müntzer im Urteil der Geschichte. Von Martin Luther bis Ernst Bloch.'' Hammer, Wuppertal 1990, ISBN 3-87294-417-7.
* {{BBKL|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070607211656/http://www.bautz.de/bbkl/m/muentzer_t.shtml |autor=Daniel Heinz|artikel=MÜNTZER (Münzer), Thomas|band=6|spalten=329–345}}
* Horst Herrmann: ''Thomas Müntzer heute. Versuch über einen Verdrängten.'' Klemm & Oelschläger, Ulm 1995, ISBN 3-9802739-7-0.
* {{NDB|18|547|550|Müntzer, Thomas|Günter Vogler|118585533}}
* Tobias Quilisch: ''Das Widerstandsrecht und die Idee des religiösen Bundes bei Thomas Müntzer ein Beitrag zur Politischen Theologie.'' Duncker und Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-09717-3 (Zugleich Dissertation an der Universität Freiburg (Breisgau) 1998).
* Arnulf Zitelmann: ''Ich will donnern über sie. Die Lebensgeschichte des Thomas Müntzer.'' Beltz & Gelberg, Weinheim 1999, ISBN 3-407-78794-4.
* Wolfgang Ullmann: ''Ordo rerum. Die Thomas Müntzer-Studien.'' Kontext, Berlin 2006, ISBN 3-931337-43-X.
* Jan Cattepoel: ''Thomas Müntzer. Ein Mystiker als Terrorist.'' Lang, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-631-56476-9.
* Marion Dammaschke, Günter Vogler: Thomas-Müntzer-Bibliographie (1519–2012). Baden-Baden: Koerner 2013. ISBN 978-3-87320-733-2.
* Ulrike Strerath-Bolz: ''Thomas Müntzer. Warum der Mystiker die Bauern in den Krieg führte. Ein Porträt.'' Wichern-Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-88981-375-6.
* Siegfried Bräuer; Günter Vogler: ''Thomas Müntzer. Neu Ordnung machen in der Welt. Eine Biographie.'' Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2016, ISBN 978-3-579-08229-5.
* Thomas-Müntzer-Gesellschaft, Veröffentlichungen Nr. 1 bis 10.
* Günter Brakelmann: ''Müntzer und Luther.'' Luther-Verlag, Bielefeld 2016, ISBN 978-3-7858-0691-3.
* Landkreis Mansfeld-Südharz, Landeszentrale für politische Bildung des Landes Sachsen-Anhalt (Hrsg.): ''Müntzer. Keine Randbemerkung der Geschichte.'' Verlag Janos Stekovics, Wettin-Löbejün 2017, ISBN 978-3-89923-378-0.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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{{Wikisource}}
* [http://www.lib.rochester.edu/camelot/trismenu.htm ''Tristan and Isolt''] im ''Camelot Project'' der University of Rochester (englisch)
{{Wikiquote}}
* [http://bavarikon.de/object/bav:BSB-HSS-00000BSB00088332 Tristan und Isolde von Gottfried von Straßburg, mit der Fortsetzung von Ulrich von Türheim – BSB Cgm 51] – Digitalisat der Handschrift in bavarikon
{{Commons}}
* [https://www.projekt-gutenberg.org/gvstrass/tristan/tristan.html Gottfried von Straßburg: ''Tristan''] in: Projekt Gutenberg und [https://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/13Jh/Gottfried/got_tr00.html in der Bibliotheca Augustana]
* {{DNB-Portal|118585533}}
* [http://stavenhagen.net/GvS/Tris.html Versübertragung von Gottfrieds ''Tristan'' ins Englische]
* {{DDB|Person|118585533}}
* [http://www.thomas-muentzer.de/ Thomas-Müntzer-Gesellschaft e.&nbsp;V.]
* private Seite [http://www.mlwerke.de/mu/default.htm mit Texten von Thomas Müntzer]
* private Seite [http://www.planet-franken-online.de/muentzer/muntzer.html Fundstück Gescheiterte: Thomas Müntzer]
* Jürgen Müller: ''Martin Luther & Thomas Müntzer. Ihr Leben und ihre Zeit sowie ihre reformatorischen Wirkungen auf die Ereignisse des deutschen Bauernkrieges von 1524–1525.'' Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1. März 2013, [https://www.uni-frankfurt.de/46973165/Juergen-Mueller.pdf uni-frankfurt.de] (PDF)


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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Version vom 16. Juli 2020, 23:49 Uhr

Älteste, allerdings nachträgliche und nicht verbürgte Darstellung Thomas Müntzers aus dem Jahr 1608;[1]
Kupferstich von Christoph van Sichem

Thomas Müntzer (auch Münzer; * um 1489 in Stolberg, Grafschaft Stolberg; † 27. Mai 1525 bei Mühlhausen, Freie Reichsstadt) war ein Theologe, Reformator, Drucker und Revolutionär in der Zeit des Bauernkrieges.

Müntzer war als Priester zunächst ein engagierter Anhänger und Bewunderer Martin Luthers. Allerdings richtete sich sein Widerstand nicht nur gegen die vom Papsttum beherrschte geistliche Obrigkeit, sondern auch gegen die ständisch geprägte weltliche Ordnung. Wegen Müntzers radikaler sozialrevolutionärer Bestrebungen und seiner spiritualistischen Theologie, die sich in vielen kämpferischen Texten und Predigten niederschlugen, distanzierte sich Luther zu Beginn des Bauernkrieges von ihm.

Im Gegensatz zu Luther stand Müntzer für die gewaltsame Befreiung der Bauern und betätigte sich in Mühlhausen/Thüringen, wo er Pfarrer in der Marienkirche war, als Agitator und Förderer der Aufstände. Dort versuchte er, seine Vorstellungen einer gerechten Gesellschaftsordnung umzusetzen: Privilegien wurden aufgehoben, Klöster aufgelöst, Räume für Obdachlose geschaffen, eine Armenspeisung eingerichtet. Schließlich scheiterten seine Bestrebungen, als Bauernführer verschiedene Thüringer Freibauern zu vereinigen, an der Strategie des Adels. Nach der Schlacht bei Frankenhausen wurde er am 15. Mai 1525 gefangen genommen. Den Bauern blieb als Fluchtweg nur der Weg in die Stadt, wo sie von Söldnern erschlagen wurden. Nur wenigen Aufständischen gelang die Flucht, darunter Hans Hut. Müntzer wurde am 27. Mai 1525 gefoltert, öffentlich enthauptet und sein Leichnam aufgespießt.

Leben

Herkunft, Studium (1506–1512)

Müntzer wurde in Stolberg (Harz) geboren, sein genaues Geburtsjahr ist unbekannt. Vor seiner Immatrikulation an der Universität Leipzig im Jahre 1506 lebte er vermutlich seit 1501 in Quedlinburg. Nach sechs Jahren immatrikulierte er sich 1512 an der Brandenburgischen Universität Frankfurt. Während des Studiums in Leipzig und in Frankfurt an der Oder kam Müntzer mit der humanistischen Gedankenwelt in Berührung. Voraussetzung hierfür war die exakte Beherrschung der lateinischen Sprache und Folge hiervon die gute Kenntnis verschiedener antiker Autoren. Noch nicht belegbar ist, an welcher Universität Müntzer seine Titel Baccalaureus artium, Magister artium und Baccalaureus biblicus erhalten hat. Nach dem Theologiestudium führte ihn sein Weg über Aschersleben und Halle nach Halberstadt. In Halberstadt empfing er um 1513/1514 die Priesterweihe. Wegen seines gleichzeitigen Wirkens als Hilfslehrer in Aschersleben und Halle (Saale) dauerte sein Studium ungewöhnlich lange.

Priester (1513) und Prediger (1519–1520)

Um 1513 wurde Müntzer in der Diözese Halberstadt zum Priester geweiht und war zunächst in Braunschweig an der Michaeliskirche tätig. Da dieses Amt seinen Lebensunterhalt nicht deckte, nahm er 1515/16 das Amt eines Präfekten im Kanonissenstift Frose bei Aschersleben an. Dort errichtete er eine kleine Privatschule, in der begüterte Bürgersöhne unterrichtet wurden.

Zwischen 1517 und 1519 besuchte er öfter Wittenberg. Zu Ostern 1519 vertrat er den Prediger Franz Günther in Jüterbog. Thomas Müntzer nahm im Juni des Jahres 1519 vermutlich an der Leipziger Disputation zwischen Martin Luther und Johann Eck teil, bevor er bis 1520 in ein Zisterzienserinnenkloster ging. Noch im selben Jahr wurde er zum Beichtvater der Zisterzienserinnen im Kloster Beuditz bei Weißenfels berufen.

Aufenthalt in Zwickau (1520–1521)

Im Mai 1520 predigte Müntzer in Vertretung von Johannes Sylvius Egranus in der Marienkirche in Zwickau. Als Egranus zurückkehrte, wechselte Müntzer an die Katharinenkirche. Dort in Zwickau hatte Müntzer jetzt ein großes Forum, das er auch nutzte. Er hatte engen Kontakt zu Nikolaus Storch, einem führenden Mitglied der Zwickauer Propheten. Zwickau gehörte durch seine wirtschaftliche Prosperität an die Spitze der Städte im Kurfürstentum Sachsen, es verfügte über eine Latein- und Griechischschule sowie seit 1523 über eine Buchdruckerei. Die Versorgung wurde u. a. durch den Kornmarkt garantiert, auf dem die Fuhrleute ihr mitgeführtes Getreide auf drei Markttagen anboten, bevor sie es weiter transportieren durften.[2] Die Zahl der Einwohner belief sich um 1520 auf sechs- und siebentausend Bewohner. Eines der ältesten und auch wichtigsten Gewerbe war die Tuchweberei.

Im Lauf des Jahres bekam Müntzer Schwierigkeiten mit dem Orden der Franziskaner und mit seinem Kollegen Egranus. Als ihn zusätzlich der Stadtrat von Zwickau des Aufruhrs verdächtigte, wurde er 1521 aus der Stadt vertrieben. Seinen letzten Sold quittierte er stolz mit „Thomas Müntzer, qui pro veritate militat in mundo“ („Thomas Müntzer, der für die Wahrheit in der Welt kämpft“).

Weitere Ortswechsel, Veröffentlichungen

Thomas Müntzer, Prager Manifest. Eigenhändiger Entwurf vom 1. November 1521. Staatsarchiv Dresden
Ausschnitt aus einem eigenhändigen Brief Müntzers an die Bürger von Allstedt vom 15. August 1524
Eigenhändiger Brief Müntzers von 1524 an den Schösser von Allstedt, Hans Zeiß. Staatsarchiv Weimar

Von Zwickau aus ging er nach Böhmen. In Prag predigte er am 23. Juni 1521 in der Bethlehemskapelle, (Betlémská kaple) und verfasste in der Stadt das Prager Manifest. Im November 1521 verließ er Prag. Seine nächsten Stationen waren Jena, Erfurt und Weimar. In der St.-Georgen-Kirche in Glaucha (heute Teil von Halle) wirkte Müntzer 1522 einige Zeit als Kaplan. Kurz vor Ostern 1523 wurde er an der Johanniskirche im kursächsischen Allstedt Pastor. Hier heiratete er die ehemalige Nonne Ottilie von Gersen. Am 27. März 1524 wurde ihnen ein Sohn geboren. In dieser Zeit arbeitete er an seiner Liturgiereform, deren Kernpunkt die Übersetzung der lateinischen Messtexte in die deutsche Sprache war.

Am 13. Juli 1524 hielt er zu Allstedt vor dem späteren Kurfürsten Johann dem Beständigen und dessen Sohn Johann Friedrich I. die sogenannte Fürstenpredigt. Darin forderte er die ernestinischen Fürsten auf, der Sache der Reformation (im Sinne Müntzers) keinen Widerstand zu leisten. In seiner Rede griff er zugleich die sozialen Missstände scharf an, was zum Verlust seiner Stellung führte. In Allstedt richtete er sich im April 1524 eine Druckerei ein, die Typen stammten von Wolfgang Stöckel aus Leipzig.[3]

Mühlhausen (1524), Tod

Wichtige Wirkungsstätten Thomas Müntzers; Briefmarkenblock der DDR zum 500. Geburtstag (1989)

Im August 1524 floh Müntzer schließlich vor der Obrigkeit von Allstedt nach Mühlhausen, wo er zusammen mit dem ehemaligen Zisterziensermönch Heinrich Pfeiffer wirkte. Nach seiner Ausweisung kehrte Müntzer Ende Februar 1525 nach Mühlhausen zurück und wurde zum Pfarrer der dortigen Marienkirche gewählt. Er schlug sich auf die Seite der Bauern und wurde zu deren Leitfigur im Deutschen Bauernkrieg in Thüringen. Am 15. Mai 1525 wurde er nach der Schlacht bei Frankenhausen, die in einer völligen Niederlage der von Müntzer zusammengerufenen Bauernhaufen endete, gefangen genommen und in der Festung Heldrungen auf Befehl Graf Ernsts II. von Mansfeld-Vorderort (1479–1531) im Beisein des Herzogs Georg des Bärtigen gefoltert. Im Turm von Heldrungen eingekerkert, schrieb er seinen Abschiedsbrief an die Aufständischen, die er dabei zur Einstellung des weiteren Blutvergießens aufrief.[4] Am Mittwoch, den 27. Mai wurde er vor den Toren der Stadt Mühlhausen enthauptet, sein Leib aufgespießt, sein Kopf auf einen Pfahl gesteckt.

Theologie

Glaubensbegriff

Müntzers Theologie vereinigt auf mystischem Boden spiritualistische, täuferische, apokalyptische und sozialrevolutionäre Elemente zu einer Einheit.

Glauben bedeutet nach Müntzer ein von Gott ausgelöstes Geschehen im Abgrund der Seele; es ist „die wirkung des worts, das Gott in die selen redet“. Ob solcher Glaube entsteht, liegt allein an Gott, dessen Geist weht, wo er will (Joh 3,6 LUT). Erste Wirkung des Wortes Gottes in den Seelen der Menschen ist die Gottesfurcht, die dem Heiligen Geist eine Wohnstatt gibt und alles aus dem Weg räumt, was sich dem weiteren Wirken Gottes widersetzt. Dazu gehören insbesondere der Eigennutz und die Menschenfurcht. Die Seele, die Gott erleben will, „musz zuvor gefegt sein vom gethön der sorgen und luste“. In diesem Zusammenhang gebraucht Müntzer gerne die mystischen Termini Langweyl und Gelassenheit, um damit den Zustand der leeren Seele zu beschreiben. Der in diesem Sinne „langweilige“ und „gelassene“ Mensch erlebt in seiner Tiefe das Wirken Gottes und – unter Schmerzen – die Geburt des echten Glaubens, der das Leiden nicht mehr scheut und gleichsam fröhlich ist. Im echten Glauben besteht Konformität zwischen dem menschlichen Willen und dem des gekreuzigten Christus. Allein solche Konformität führt zur Gewissheit des Glaubens.

Bibelverständnis

Die Bibel legt primär Zeugnis ab von den Erfahrungen, die erleuchtete seelen im Umgang mit dem lebendigen Gott gewonnen haben. Sie ist Einladung, für ähnliche Erfahrungen offen zu werden, und gleichzeitig Maßstab, an der eigene Erfahrungen zu messen sind. Die Bibel ist nur das verbum externum (äußerliches Wort), das das verbum internum (innerliches Wort) braucht, um im Menschen anzukommen. Das verbum internum bedarf jedoch nicht unbedingt des äußeren Wortes der Bibel, um Glauben zu erzeugen. Belege dafür sind nach Müntzer viele Menschen der Bibel, die auch kein verbum externum hatten, als sie gläubig wurden. Vor allem an dieser Stelle erfolgte der Bruch mit Luther.

Spiritualismus

Nicht die Schriftgelehrten und – wie Müntzer wörtlich sagt – ihr Bücherwissen, sondern die Visionäre sind die wahrhaftigen Interpreten des Alten und Neuen Testaments. Erst der gottesfürchtige Seher kennt Gottes aktuellen Willen für die Gegenwart. Nur er hat das Recht der Verkündigung des Wortes Gottes.

In den Müntzerschen Schriften sind Anlehnungen an die mittelalterliche Mystik unverkennbar. Es bestehen enge Beziehungen zur Theologia deutsch und zu Johannes Tauler. Als Spiritualist verwarf Müntzer die Kindertaufe. Die wahre Taufe ist für Müntzer die Geistestaufe; eine Wassertaufe kann – sofern sie das äußere Zeichen eines inneren Vorgangs ist – nur als Gläubigentaufe erfolgen. Geistgetaufte hören die Stimme des erhöhten Christus und „sehen Ihn auf dem wasser ihrer seelen diepe wandern“. Das äußere Taufwasser ist für Müntzer nur das Symbol für die Bewegung, die Gott in unserer Seele wirkt.

Apokalyptik

Thomas Müntzer auf der 5-DDR-Mark-Banknote in der Ausgabe von 1971 bis 1990.

Die prophetischen Bücher der Bibel, hier besonders Daniel, und die Offenbarung des Johannes wurden von Müntzer besonders geschätzt. Seine visionäre Auslegung der apokalyptischen Bibelteile führten ihn unter anderem dazu, in der mit Purpur bekleideten Hure Babylons (Offb 17,4 LUT; 18,16 LUT) die römisch-katholische Kirche zu sehen. Luther und syn anhang begriff er hier schlichtweg mit ein. In der Fürstenpredigt, in der er das zweite Kapitel des Buches Daniel auslegt, deutet er die vier Weltreiche der Apokalypse auf die Reiche der Babylonier, Perser, Griechen und Römer. Seine Zeit nennt er das fünft reich, das ebenfalls aus Eisen besteht, weil es Arme und Unschuldige unterdrückt. Darum sei ein neuer Prophet Daniel vonnöten. An anderen Stellen fordert er alle gottsfüchtgen auf, einen neuen Täufer Johannes zu erwarten. Am liebsten jedoch spricht er von einem neuen Elija, der kommen muss, um die Welt auf gottgewollte Weise zu ordnen. Dazu gehörte seiner Meinung nach auch die Tötung der Baalspfaffen (= papsttreue Amtsträger der alten Kirche) und der Sturz der gottlosen politischen Machthaber.

„Theologie der Revolution“

Müntzer deutete in apokalyptischer Schau seine Zeit als Anbruch des göttlichen Gerichtes. Weizen sei vom Unkraut zu trennen; es gelte das Wort Jesu: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ (Mt 10,34 LUT). Unter Berufung auf 2 Mos 22,1ff LUT ruft er den versammelten Landesfürsten zu: „Ein gottloser Mensch hat kein Recht zu leben, wo er die Frommen behindert […] wie uns essen und trinken ein Lebensmittel ist, so ist es auch das Schwert, um die Gottlosen zu vertilgen.“ Jesus sei in einem Viehstall geboren; er stehe auf Seiten der Armen und Unterdrückten. Die, die sich in Pelzmäntel kleideten und auf Seidenkissen säßen, seien „Christo ain greuel“.

Müntzer hatte einen guten Blick für die sozialen Probleme seiner Tage. Seine sozialethischen Interessen sind in engem Kontakt mit seinen mystischen und theologischen Ideen. Müntzer eiferte nicht nur für die Gottesfurcht, sondern als Gottesfürchtiger für soziale Gerechtigkeit.

Liturgie und Kirchenmusik

Thomas-Müntzer-Denkmal in Zwickau vor der Katharinenkirche.

Thomas Müntzers liturgische Reformen, die er in seiner Eigenschaft als Pfarrer in Allstedt in den Jahren 1523 und 1524 mit zwei Veröffentlichungen („Allstedter Kirchenampt“ und „Deutzsch-Euangelisch Mesze“) auf den Weg brachte, sind als Beispiel der reformatorischen Suche nach einer angemessenen evangelischen Gottesdienstform von Bedeutung. Ebenso wie seine Kirchenlieder hatte dieser Teil von Müntzers Werk über seinen Tod hinaus Bestand. Seine deutschen Gottesdienste, in denen er mit nur behutsamen und vorsichtigen Veränderungen die lateinische Messe und das lateinische Stundengebet für den deutschsprachigen evangelischen Gottesdienst nutzbar machen wollte, wurden noch viele Jahrzehnte lang in manchen Teilen Sachsens und Thüringens gebraucht und mehrmals nachgedruckt – allerdings immer ohne die Nennung von Müntzers Namen.

Müntzers liturgische Veröffentlichungen stellen den Versuch dar, die in Allstedt eingeführten lateinischen Kirchengesänge (spätmittelalterlicher gregorianischer Choral) relativ direkt ins Deutsche zu übertragen. Damit war Müntzer einer der Vorreiter deutschsprachigen Gottesdienstes in Mitteldeutschland – seine Ungeduld, das reformatorische Gedankengut in eine volksnahe kirchliche Arbeit umzusetzen, ist offenkundig und war in Allstedt von einem enormen Erfolg geprägt. Martin Luther und seine Umgebung beobachteten die liturgischen Reformen Müntzers skeptisch, wobei die Skepsis sich weniger auf liturgisch-theologische Bedenken als auf die enorme Sorge vor der Popularität, die der wenig diplomatische Reformator Müntzer damit erlangte, gegründet haben dürfte.

Es muss davon ausgegangen werden, dass Luthers Entscheidung, seine „Deutsche Messe“ im Jahr 1526 anders als seine liturgischen Veröffentlichungen der Jahre 1523 und 1524 auf deutschsprachige Lieder und nicht mehr auf den gregorianischen Gesang als wesentliches hymnisches Element zu gründen, eine bewusste Abgrenzung von Müntzer darstellt, nachdem in den Ereignissen des Jahres 1525 (Niederschlagung des thüringischen Bauernaufstandes) deutlich geworden war, wie leicht die Reformation politisch instrumentalisiert werden konnte und in welcher Gefahr die theologischen Anliegen der Reformation standen, im Gefolge sozialer Konflikte unterzugehen. Luthers Urteil über Müntzers liturgische Reformen („Nachahmen, wie die Affen tun“) fügt sich in eine massive, in seinen Tischreden immer wieder auftauchende Ablehnung Müntzers schlüssig ein. Einige von Müntzers Liedern sind bis heute in evangelischen und katholischen Gesangbüchern abgedruckt (z. B. die Hymnus-Übertragung EG 3 „Gott, heilger Schöpfer aller Stern“).

Gedenken

Thomas-Müntzer-Denkmal in Stolberg (Harz).
DDR-Medaille 1989 Thomas Müntzer, kurz vor dem Fall der Berliner Mauer

Auf Schloss Allstedt ist unter dem Titel „Thomas Müntzer. Ein Knecht Gottes“ eine Dauerausstellung zu seinem Leben und Wirken zu sehen. In Mühlhausen erinnert ein Bauernkriegsmuseum auch an Müntzer und die damaligen Kämpfe gegen die Feudalherrschaft, des Weiteren gibt es eine Müntzer-Gedenkstätte in der Marienkirche.

Die 2001 gegründete Thomas-Müntzer-Gesellschaft beschäftigt sich mit dem Leben und Werk Thomas Müntzers und dessen Verhältnis zur Reformation und dem Bauernkrieg sowie mit der Rezeptionsgeschichte.

Friedrich Wolf schrieb ein Theaterstück Thomas Müntzer.

Der DEFA-Film Thomas Müntzer – Ein Film deutscher Geschichte kam 1956 in die Kinos.

Die im Oktober 1977 erstmals veröffentlichte Proletenpassion der Österreichischen Polit-Rock-Gruppe Schmetterlinge beinhaltet in Abschnitt 2 einen Bericht über Thomas Müntzer sowie über die Geschehnisse im Zusammenhang mit den Bauernkriegen bis hin zur Schlacht bei Frankenhausen.

Das Theaterstück Martin Luther & Thomas Münzer oder Die Einführung der Buchhaltung des linksintellektuellen Schriftstellers Dieter Forte wurde 1984 am Volkstheater Rostock vom Fernsehen der DDR aufgezeichnet. In diesem Lutherfilm spielt Thomas Müntzer eine wichtige Rolle.

Ein weiterer DEFA-Film Ich, Thomas Müntzer, Sichel Gottes erschien 1989.

Müntzer war auf der von 1971 bis 1990 gültigen 5-Mark-Banknote der DDR abgebildet. Die Staatsbank der DDR gab 1989 eine 20-Mark-Gedenkmünze mit einem Porträt Müntzers heraus. Die „Thomas-Müntzer-Medaille“ war die höchste Auszeichnung der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe der DDR.

Auch zum Gedenken an den frühen Sozialrevolutionär Müntzer schuf Werner Tübke von 1976 bis 1987 bei Bad Frankenhausen das Bauernkriegspanorama (eigentlicher Titel: „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“).

Thomas Müntzer ist eine der Hauptfiguren in dem Roman Q von Luther Blissett (Pseudonym eines anonymen italienischen Autorenkollektivs). Auch die jüngere deutsche Literatur hat Müntzer als Gegenstand wiederentdeckt, etwa Hendrik Jackson mit seinem Gedichtband brausende bulgen (2004) und Frank Fischer mit seiner Reiseerzählung Die Südharzreise (2010).

Benennungen und Denkmäler

Thomas-Müntzer-Denkmal vor dem Frauentor in Mühlhausen/Thüringen.

Der Geburtsort Stolberg sowie der Sterbeort Mühlhausen erhielten in der DDR den offiziellen Namenszusatz „Thomas-Müntzer-Stadt“ (Mühlhausen 1975 anlässlich des 450. Todestages). Nach der deutschen Wiedervereinigung 1989/1990 wurden die Beinamen im Gegensatz zu den „Lutherstädten“ Eisleben und Wittenberg gestrichen.

Die erneuerte Thomas-Müntzer-Plastik in Kapellendorf

In Kapellendorf gab die dortige evangelische Kirchgemeinde ihrer Begegnungsstätte den Namen „Evangelisches Gemeindezentrum Thomas Müntzer“ und ließ dort 1989 ein Müntzer-Standbild errichten.

In zahlreichen Orten gibt es Straßen und Plätze, die nach Müntzer benannt sind, so in Berlin, Rostock, Dresden, Halle (Saale), Weimar, Nordhausen, Mühlhausen, Sömmerda, Halberstadt und Ravenstein. Auch in Wien-Favoriten ist eine Gasse nach ihm benannt (in der Schreibweise Thomas-Münzer-Gasse). Das jetzt stillgelegte Kupferbergwerk in Sangerhausen wurde über den Thomas-Müntzer-Schacht erschlossen.

Von 1953 bis 1990 hieß das Theater in Eisleben Thomas-Müntzer-Theater.

In vielen Orten Mitteldeutschlands tragen Schulen seinen Namen, darunter in Mühlhausen, Magdeburg, Sangerhausen, Güstrow, Wernigerode, Allstedt und zahlreichen kleineren Gemeinden. In Radebeul erinnert eine denkmalgeschützte Integrative Kindertagesstätte mit ihrem Namen an Müntzer.

Am 20. Februar 1989 wurde im Gebäude der ehemaligen St. Maria-Victoria-Heilanstalt in Berlin eine von der Bildhauerin Christine Dewerny geschaffene Porträtbüste von Thomas Müntzer aufgestellt, die seit 1990 verschollen ist.[5]

Auf dem Gelände der Universität Hohenheim in Stuttgart befindet sich die „Thomas-Müntzer-Scheuer“.[6]

Müntzers Gedenktag ist der 27. Mai (nicht im offiziellen Evangelischen Namenkalender enthalten).[7]

Auf dem historischen Schlachtberg in Bad Frankenhausen wurde im Jahre 1989 das Bauernkriegs-Panorama des Künstlers Werner Tübke eröffnet. Dieses Rundgemälde zeigt neben biblischen Themen auch den verheerenden Bauernkrieg und Müntzer sowie Luther.

Schriften

  • Prager Manifest (1521)
  • Drei liturgische Schriften (1523)
    • Deutsches Kirchenamt
    • Deutsch-evangelische Messe
    • Ordnung und Berechnung des Deutschen Amtes zu Allstedt
  • Von dem gedichteten Glauben (Anfang 1524)
  • Protestation oder Erbietung (Anfang 1524)
  • Auslegung des zweiten Kapitels Daniels (sogenannte Fürstenpredigt) (Juli 1524)
  • Ausgedrückte Entblößung [des falschen Glaubens] (Sommer 1524)
  • Hochverursachte Schutzrede (Herbst 1524) mlwerke.de

Überliefert sind weiterhin rund 95 deutsche und lateinische Briefe.[8]

Ausgaben

  • Günther Franz, Paul Kirn (Hrsg.): Thomas Müntzers Schriften und Briefe. Kritische Gesamtausgabe. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1968.
  • Berhard Wehr (Hrsg.): Thomas Müntzer; Schriften und Briefe. Diogenes, Zürich 1989, ISBN 3-257-21809-5.
  • Helmar Junghans (Hrsg.): Thomas-Müntzer-Ausgabe. Kritische Gesamtausgabe. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2004 ff.
  1. Schriften und Fragmente. 2017, ISBN 978-3-374-02202-1.
  2. Briefwechsel. 2011, ISBN 978-3-374-02203-8.
  3. Quellen zu Thomas Müntzer. 2004, ISBN 3-374-02180-8.

Siehe auch

Literatur

  • Alfred Meusel: Thomas Müntzer und seine Zeit. Mit einer Auswahl der Dokumente des großen deutschen Bauernkrieges. Aufbau-Verlag, Berlin 1952
  • Ernst Bloch: Thomas Münzer als Theologe der Revolution. Reclam, Leipzig 1989, ISBN 3-379-00436-7 (erstmals erschienen 1921).
  • Thomas Nipperdey: Theologie und Revolution bei Thomas Müntzer. In: Archiv für Reformationsgeschichte. 54, 1963, S. 145–181.
  • Walter Elliger: Thomas Müntzer. Leben und Werk. 3. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1976, ISBN 3-525-55318-8.
  • Hans Pfeiffer: Thomas Müntzer. Ein biographischer Roman. Neues Leben, Berlin 1981.
  • Alfred Stern: Müntzer, Thomas. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. 23, Leipzig 1886, S. 41–46.
  • Eike Wolgast: Thomas Müntzer. Ein Verstörer der Ungläubigen. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1988, ISBN 3-374-00467-9.
  • Hans-Jürgen Goertz: Thomas Müntzer. Mystiker – Apokalyptiker – Revolutionär. Beck, München 1989, ISBN 3-406-33612-4.
  • Hans-Jürgen Goertz: Thomas Müntzer. Revolutionär am Ende der Zeiten. Eine Biografie. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-68163-9 (völlig überarbeitete und teilweise neu geschriebene Neuausgabe seines Buches von 1989).
  • Gerhard Brendler: Thomas Müntzer – Geist und Faust. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1989, ISBN 3-326-00475-3.
  • Günter Vogler: Thomas Müntzer. Dietz, Berlin 1989, ISBN 3-320-01337-8.
  • Klaus Ebert (Hrsg.): Thomas Müntzer im Urteil der Geschichte. Von Martin Luther bis Ernst Bloch. Hammer, Wuppertal 1990, ISBN 3-87294-417-7.
  • Daniel Heinz: MÜNTZER (Münzer), Thomas In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 6, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-044-1, Sp. 329–345.
  • Horst Herrmann: Thomas Müntzer heute. Versuch über einen Verdrängten. Klemm & Oelschläger, Ulm 1995, ISBN 3-9802739-7-0.
  • Günter Vogler: Müntzer, Thomas. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, S. 547–550 (Digitalisat).
  • Tobias Quilisch: Das Widerstandsrecht und die Idee des religiösen Bundes bei Thomas Müntzer – ein Beitrag zur Politischen Theologie. Duncker und Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-09717-3 (Zugleich Dissertation an der Universität Freiburg (Breisgau) 1998).
  • Arnulf Zitelmann: Ich will donnern über sie. Die Lebensgeschichte des Thomas Müntzer. Beltz & Gelberg, Weinheim 1999, ISBN 3-407-78794-4.
  • Wolfgang Ullmann: Ordo rerum. Die Thomas Müntzer-Studien. Kontext, Berlin 2006, ISBN 3-931337-43-X.
  • Jan Cattepoel: Thomas Müntzer. Ein Mystiker als Terrorist. Lang, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-631-56476-9.
  • Marion Dammaschke, Günter Vogler: Thomas-Müntzer-Bibliographie (1519–2012). Baden-Baden: Koerner 2013. ISBN 978-3-87320-733-2.
  • Ulrike Strerath-Bolz: Thomas Müntzer. Warum der Mystiker die Bauern in den Krieg führte. Ein Porträt. Wichern-Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-88981-375-6.
  • Siegfried Bräuer; Günter Vogler: Thomas Müntzer. Neu Ordnung machen in der Welt. Eine Biographie. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2016, ISBN 978-3-579-08229-5.
  • Thomas-Müntzer-Gesellschaft, Veröffentlichungen Nr. 1 bis 10.
  • Günter Brakelmann: Müntzer und Luther. Luther-Verlag, Bielefeld 2016, ISBN 978-3-7858-0691-3.
  • Landkreis Mansfeld-Südharz, Landeszentrale für politische Bildung des Landes Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Müntzer. Keine Randbemerkung der Geschichte. Verlag Janos Stekovics, Wettin-Löbejün 2017, ISBN 978-3-89923-378-0.

Weblinks

 Wikisource: Thomas Müntzer – Quellen und Volltexte
Commons: Thomas Müntzer - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Hans-Jürgen Goertz: Thomas Müntzer. Mystiker – Apokalyptiker – Revolutionär. Beck, München 1989, ISBN 3-406-33612-4, S. 15f. Darin heißt es: „Niemand weiß, wie Thomas Müntzer aussah. Es gibt kein zeitgenössisches Portrait von ihm. (…) Der berühmte Kupferstich, hinter dem gelegentlich eine wirklichkeitsgetreue Vorlage eines Zeitgenossen vermutet wurde, stammt aus einer Ketzergalerie des 17. Jahrhunderts.“
  2. Helmut Bräuer: Zwickau zur Zeit Thomas Müntzers und des Bauernkrieges. Sächsische Heimatblätter 20 (1974), S. 193–223.
  3. Helga Schnabel-Schüle: Reformation. Historisch-kulturwissenschaftliches Handbuch. Metzler, Heidelberg 2017, ISBN 978-3-476-02593-7, S. 105.
  4. vgl. Otto Zierer: Bild der Jahrhunderte. Bertelsmann-Verlag, o. J., Band 14, S. 177.
  5. Peter Michel: Kulturnation Deutschland? Mit dokumentarischem Bildmaterial. Heinen, Berlin 2013, ISBN 978-3-95514-003-8, S. 41.
  6. Thomas-Müntzer-Scheuer (TMS).
  7. Thomas Müntzer. In: Ökumenisches Heiligenlexikon.
  8. Gerhard Wehr (Hrsg.): Thomas Müntzer; Schriften und Briefe. Diogenes, Zürich 1989, ISBN 3-257-21809-5, S. 7.


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