Zimzum und Sonnentrennung: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Zimzum''' oder '''Tzimtzum''' ({{HeS|צמצום|ṣimṣūm}}, wörtlich ''Zusammenziehung'' oder ''Rückzug'') bezeichnet den Akt der ''Selbstbeschränkung'' und des ''Rückzugs'' [[Gott]]es bzw. des Unendlichen, des [[Ain Soph]], durch den erst die [[Schöpfung]] möglich wurde. Diese Lehre wurde  vor allem von dem [[Judentum|jüdischen]] [[Kabbalah|Kabbalisten]] [[Isaak Luria]] systematisch dargestellt und steht im Gegensatz zu den verbreiteten [[Emanation]]slehren, nach denen die Schöpfung als eine Ausstrahlung Gottes entstanden ist. Gott habe vielmehr sein unendliches göttliches [[Licht]], das alles erfüllte, an den Rändern zusammengezogen, um so einen endlichen Leerraum ({{HeS|חלל}}, chalal = ''[[Raum]]'') zu öffnen, in dem die geschaffenen Welten entstehen konnten. Da Gott in dem so entstandenen Schöpfungsraum nicht oder zumindest nicht vollständig [[immanent]] anwesend und wirksam ist, ist hier der Raum für das [[Böse]] geschaffen zugleich aber auch die Grundlage für die [[Freiheit]] des [[Mensch]]en.
Die '''Sonnentrennung''', die Trennung der [[Sonne]] von der [[Erde (Planet)|Erde]], die damals noch den [[Mond]] in sich enthielt, fand nach der Darstellung [[Rudolf Steiner]]s während der [[Erdentwicklung]] in der [[Hyperboräische Zeit|hyperboräischen Zeit]] statt. Zu dieser Zeit setzen auch die Schilderungen der [[Biblische Schöpfungsgeschichte|biblischen Schöpfungsgeschichte]] ein.


{{Zitat|Wisse, bevor die Emanationen emaniert wurden und das Erschaffene erschaffen war, erfüllte ein höchstes einfaches Licht alle Wirklichkeit, so dass es überhaupt keinen freien Ort im Sinne eines leeren, hohlen Raums gab, sondern alles war von jenem einfachen Licht des En Sof erfüllt. [...] Und als es in seinem einfachen Willen aufstieg, die Welten zu erschaffen und die Emanationen zu emanieren, um damit die Vollkommenheit seiner Werke, seiner Namen und seiner Attribute erkennbar zu machen, welches der Grund für die Erschaffung der Welten war [...], da kontrahierte sich das En Sof am mittleren Punkt, wahrhaft in der Mitte seines Lichts. Es kontrahierte das Licht und entfernte sich nach allen Seiten rund um den Mittelpunkt. Dadurch blieb um den Mittelpunkt ein freier Platz, ein leerer, hohler Raum übrig [...] Diese Kontraktion (Zimzum) war rings um den leeren [virtuellen] Mittelpunkt von absoluter Gleichheit, und zwar so, dass der leere Raum die Form einer vollkommenen sphärischen Kugel hatte [...] weil sich das En Sof in der Form einer vollkommenen Kugel von allen umgebenden Seiten in sich selbst zusammengezogen hatte. Der Grund dafür war, dass das Licht des En Sof von vollkommener absoluter Gleichheit ist [...]|Sefer Ez Chajim<ref>Sefer Ez Chajim, Hechal I, Scha'ar I, zitiert nach Karl Erich Grözinger, ''Jüdisches Denken. Theologie – Philosophie – Mystik'', Band 2, S. 626 f.</ref>}}
{{GZ|Es mußte einmal
 
diese Sonnentrennung von der Erde stattfinden, denn wären die
Da das unbegrenzte göttliche Licht [[Ain Soph Aur]] in sich völlig unterschiedslos und gleichförmig war, zog es sich völlig gleichmäßig nach allen Seiten zurück und bildete nun das ''umgebende Licht'' ({{HeS|אור מקיף|[[Or Makif]]}}); der entstandene Freiraum hatte daher die Gestalt eines vollkommenen [[Igulim|Kreises]] ({{He|עִגּוּל}}, [[igul]]). Doch blieb dieser noch rein geistig aufzufassende „Raum“ nicht völlig leer, sondern war erfüllt von feinsten Impressionen des göttlichen Lichts ({{HeS|רשם|[[Reshima]]}} „Eindruck, Abdruck“) - so wie Öl und Wein in einer Flasche, die man entleert hat, auch noch feinste Tropfen zurück lässt (ein Bild, das Luria öfter gebraucht). Der so vom ''reshima'' des Urlichts durchglänzte primordiale geistige Urraum wird von den Kabbalisten auch [[Tehiru]] ([[hebr.]] „Glanz“) genannt, was einen Vergleich mit [[Akasha]] (von [[Sanskrit|skrt.]] kash = ''leuchten, strahlen, glänzen'') nahelegt. Ähnlich wie der [[Akasha-Stoff]] die [[Urmaterie]] ist, aus der alles Geschaffene geformt wird, so kann auch ''Tehiru'' als Urstoff der Schöpfung angesehen werden.
beiden Weltenkörper wie im Beginne des Erdenwerdens miteinander
 
verknüpft geblieben, so hätte der Fortgang der Menschheitsentwickelung
Alles, was später in Form der 10 [[Sephiroth]] als manifeste Schöpfung in Erscheinung treten sollte, war schon in ungeschiedener Einheit in [[Ain Soph]] enthalten. So auch die göttliche [[Gnade]] ({{HeS|חסד|[[Chesed]]}}), aber auch das strenge göttliche Gericht ({{HeS|דין|[[Din]]}}), das zugleich die Wurzel des [[Das Böse|Bösen]] ist. Es würde, wie die Kabbalisten meinten, Gottes Vollkommenheit widersprechen, wenn nicht auch das Böse ein ursprünglicher, wenn auch winziger Bestandteil seines Wesens gewesen wäre. Überdies ist die durch das Gericht bewirkte Scheidung und Begrenzung des unendlichen Lichts die eigentliche schöpferische Kraft Gottes.
dem Menschen seine eigentliche Erdenbedeutung
 
nicht geben können. Alles das, was wir Sonne nennen, also natürlich
Vorsichtig wird von manchen Kabbalisten - wie auch von [[Isaak Luria]] - angedeutet, dass in der Ausscheidung von ''Din'' aus dem unbegrenzten Licht, der wesentliche Grund für den Schöpfungsprozess zu sehen ist. Dieser führte gleichsam zu einer [[Läuterung]], zu einer [[Katharsis]] des göttlichen Urlichts, das [[das Gute]] und [[das Böse]] gleichermaßen in sich trug.<ref>Gerold Necker: ''Einführung in die lurianische Kabbla'', Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag, Frankfurt am Main Leipzig 2008 ISBN 978-3458710080, S 81ff</ref>
nicht nur das Elementarische oder Physische des Sonnenleibes,
 
sondern auch alle die geistigen Wesenheiten, die zum Sonnenleibe
Durch die Ausscheidung von ''Din'' wurde allerdings der Raum ({{HeS|חלל|chalal}}) verunreinigt, in dem sich die Schöpfung entfalten sollte. Er war nun erfüllt von einer [[Chaos|chaotischen]] Mischung von ''Tehiru'' und ''Din''. [[Luria]] spricht ihn sogar als [[Golem]] an, als formlose schmutzige Masse, die erst durch das schöpferische Licht, das in Form eines feinen Strahls ({{HeS|קו|[[Kav]]}}, „Linie [des Lichts]“) in den Raum hereintrat, geformt und belebt wurde. Während [[Adam Kadmon]] aus dem reinen Urlicht entstand, wurden die [[Kelim|Gefäße]] der 10 [[Sephirot]] aus dem Golem gebildet. Doch nur die obersten drei Gefäße ([[Kether]], [[Chochma]] und [[Binah]]) konnten der Macht des Lichtes standhalten, die anderen, mit Ausnahme des untersten Gefäßes für die [[Sephira]] [[Malchuth]], zerbrachen. Das unterste Gefäß zerbrach zwar nicht, wurde aber dennoch beeinträchtigt und konnte nicht das ganze Licht in sich aufnehmen. Dieser ''[[Bruch der Gefäße]]'' ({{HeS|שבירת הכלים|[[Schvirat ha-Kelim]]}}) hatte dramatische Folgen für das Schöpfungsgeschehen, die erst durch [[Tikkun Olam]] ({{HeS|תיקון עולם}}), das „[[Reparieren der Welt]]“, an dem der [[Mensch]] wesentlich beteiligt ist, wieder ausgeglichen werden können.
gehören, alles das mußte sozusagen aus der Erde heraustreten, oder,
 
wenn man es richtiger findet, es mußte die Erde von sich abstoßen,
== Siehe auch ==
weil, trivial gesprochen, die Kräfte jener Wesenheiten, welche ihren
* [[Kenosis]]
Schauplatz von der Erde hinaus auf die Sonne verlegt haben, für
* [[Entäußerung]]
das Gedeihen des Menschen zu stark gewirkt hätten, wenn sie mit
 
der Erde verbunden geblieben wären. Diese Wesenheiten mußten
== Anmerkungen ==
gleichsam ihre Kräfte dadurch abschwächen, daß sie sich hinausverlegten
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von dem Erdenschauplatz und von außen her wirkten.|122|159f}}


== Literatur ==
== Literatur ==


* [[Wikipedia:Karl Erich Grözinger|Karl Erich Grözinger]]: ''Jüdisches Denken. Theologie - Philosophie - Mystik: Band 2: Von der mittelalterlichen Kabbala zum Hasidismus'', Campus Verlag, Frankfurt/New York 2006, ISBN 978-3593375137
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Geheimnisse der biblischen Schöpfungsgeschichte'', [[GA 122]] (1984), ISBN 3-7274-1220-8 {{Vorträge|122}}


== Weblinks ==
{{GA}}
* [http://www.de.chabad.org/library/article_cdo/aid/534913/jewish/Tzimtzum.htm Tzimtzum]


[[Kategorie:Judentum]] [[Kategorie:Kabbala]]
[[Kategorie:Weltentwicklung]]
[[Kategorie:Erdentwicklung]]
[[en:Separation of the Sun]]

Version vom 20. Oktober 2021, 17:16 Uhr

Die Sonnentrennung, die Trennung der Sonne von der Erde, die damals noch den Mond in sich enthielt, fand nach der Darstellung Rudolf Steiners während der Erdentwicklung in der hyperboräischen Zeit statt. Zu dieser Zeit setzen auch die Schilderungen der biblischen Schöpfungsgeschichte ein.

„Es mußte einmal diese Sonnentrennung von der Erde stattfinden, denn wären die beiden Weltenkörper wie im Beginne des Erdenwerdens miteinander verknüpft geblieben, so hätte der Fortgang der Menschheitsentwickelung dem Menschen seine eigentliche Erdenbedeutung nicht geben können. Alles das, was wir Sonne nennen, also natürlich nicht nur das Elementarische oder Physische des Sonnenleibes, sondern auch alle die geistigen Wesenheiten, die zum Sonnenleibe gehören, alles das mußte sozusagen aus der Erde heraustreten, oder, wenn man es richtiger findet, es mußte die Erde von sich abstoßen, weil, trivial gesprochen, die Kräfte jener Wesenheiten, welche ihren Schauplatz von der Erde hinaus auf die Sonne verlegt haben, für das Gedeihen des Menschen zu stark gewirkt hätten, wenn sie mit der Erde verbunden geblieben wären. Diese Wesenheiten mußten gleichsam ihre Kräfte dadurch abschwächen, daß sie sich hinausverlegten von dem Erdenschauplatz und von außen her wirkten.“ (Lit.:GA 122, S. 159f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.