imported>Odyssee |
imported>Odyssee |
Zeile 1: |
Zeile 1: |
| '''Einzig mögliche Kritik der atomistischen Begriffe''' ist der Titel eines Aufsatzes, den [[Rudolf Steiner]] schon als 21-jähriger Student geschrieben und im Juni [[Wikipedia:1882|1882]] an [[Wikipedia:Friedrich Theodor Vischer|Friedrich Theodor Vischer]] gesandt hat. Steiner äußert darin seine fundamentale Kritik an dem ihm [[in sich]] widersprüchlich erscheinenden [[Atom]]-Begriff.
| | <includeonly>{{#if: {{{1|}}} | <div style="margin-left:20px;"> |
| | | „{{{1}}}“ }}<!-- |
| {{BZ|Wie auch die Meinungen im einzelnen auseinandergehen mögen, zuletzt kommt | | --> ([[#Literatur|Lit.]]: [http://www.anthroposophie.net/GA/B{{{2}}}.pdf{{#if: {{{4|}}} | {{msgnw:Hash}}page={{{3}}}&view=Fit Beiträge {{{2}}}{{#if: {{{3|}}} |, S. {{{3|}}}|}}] | {{msgnw:Hash}}page={{Str replace|{{{3|}}}|[%D]|||ja}}&view=Fit Beiträge {{{2}}}{{#if: {{{3|}}} |, S. {{{3}}}|}}] }}<!-- |
| doch der Atomismus darauf hinaus, alle sinnlichen Qualitäten als: Ton, Wärme,
| | </div> | ) }}<!-- |
| Licht, Geruch usw., ja, wenn man auf die Art und Weise sieht, wie die mechanische
| | --></includeonly><noinclude>{{Dokumentation}}</noinclude> |
| Wärmetheorie das Mariottesche Gesetz ableitet, sogar den Druck als bloßen
| |
| Schein, bloße Funktion der Atomenwelt anzusehen. Das Atom allein gilt als letzter
| |
| Wirklichkeitsfaktor. Diesem muß man nun folgerichtig jede sinnliche Qualität absprechen,
| |
| weil sonst ein Ding aus sich selbst erklärt würde. Man hat zwar, wenn
| |
| man daran ging, ein atomistisches Weltsystem aufzubauen<ref>Hierher gehören die Andeutungen, welche Du Bois-Reymond über ein solches System gibt, sowie die ausgeführten Versuche von Wießner, Schrann u. a.</ref>, dem Atome allerlei
| |
| sinnliche Qualitäten, obwohl nur in ganz spärlicher Abstraktion, beigelegt. Bald
| |
| betrachtet man dasselbe als ausgedehnt und undurchdringlich, bald als bloßes
| |
| Kraftzentrum usw. Damit beging man aber die größte Inkonsequenz und zeigte,
| |
| daß man das Obige, welches ganz klar zeigt, daß überhaupt gar keine sinnlichen
| |
| Merkmale dem Atome beigelegt werden dürfen, nicht bedacht hat. Die Atome
| |
| müssen eine der sinnlichen Erfahrung unzugängliche Existenz haben. Andrerseits
| |
| sollen aber auch sie selbst und auch die in der Atomwelt vor sich gehenden Prozesse,
| |
| speziell Bewegungen, nichts bloß Begriffliches sein. Der Begriff ist ja bloß Allgemeines,
| |
| das ohne räumliches Dasein ist. Das Atom soll aber, wenn auch nicht selbst
| |
| räumlich, doch im Raume da sein, doch etwas Besonderes darstellen. Es soll in
| |
| seinem Begriffe noch nicht erschöpft sein, sondern über denselben hinaus eine Form
| |
| der Existenz im Raume haben. Damit ist in den Begriff des Atomes eine Eigenschaft
| |
| aufgenommen, die ihn vernichtet. Es soll analog den Gegenständen der äußeren
| |
| Wahrnehmung existieren, doch nicht wahrgenommen werden können. ''In seinem
| |
| Begriffe ist die Anschaulichkeit zugleich bejaht und verneint.''
| |
| | |
| Außerdem kündigt sich das Atom sofort als ein bloßes Produkt der Spekulation
| |
| an. Wenn man von den vorhin erwähnten, demselben ganz ungerechtfertigterweise
| |
| beigelegten sinnlichen Qualitäten absieht, so bleibt für dasselbe nichts
| |
| mehr übrig als das bloße «Etwas», das natürlich unveränderlich ist, weil an ihm
| |
| nichts ist, also auch nichts zerstört werden kann. Der Gedanke des bloßen Seins,
| |
| der in den Raum versetzt wird, ein bloßer Gedankenpunkt, im Grunde nur das beliebig
| |
| vervielfachte Kantische «Ding an sich» tritt uns entgegen.
| |
| | |
| Man könnte dagegen etwa einwenden, daß es denn doch ganz gleichgültig sei,
| |
| was unter Atom verstanden wird, man solle den Naturhistoriker ruhig damit operieren
| |
| lassen - denn zu vielen Aufgaben der mathematischen Physik sind ja atomistische
| |
| Vorstellungen doch vom Vorteile - ; der Philosoph wisse ja schließlich
| |
| doch, daß man es nicht mit einer räumlichen Realität zu tun hat, sondern mit einer
| |
| Abstraktion gleich andern mathematischen Vorstellungen. Gegen die Annahme des
| |
| Atomes in dieser Hinsicht sich zu wenden, wäre allerdings verfehlt. Aber darum
| |
| handelt es sich nicht. Es ist den Philosophen um jenen Atomismus zu tun, dem Atom
| |
| und Kausalität<ref>* Vergleiche Vischer, Altes und Neues, 2. Teil.</ref> die einzig möglichen Triebfedern der Welt sind, der entweder
| |
| alles nicht Mechanische leugnet oder doch als über unser Erkenntnisvermögen hinausgehend
| |
| für unerklärlich hält<ref>Diese Ansicht vertritt Du Bois-Reymond in «Über die Grenzen des Naturerkennens» und «Die
| |
| sieben Welträtsel», Leipzig 1882.</ref>. Es ist ein anderes, das Atom als bloßen Gedankenpunkt
| |
| anzusehen, ein anderes, darinnen das Grundprinzip alles Daseins sehen zu
| |
| wollen. Der erstere Standpunkt geht mit demselben nie über die mechanische Natur
| |
| hinaus, der zweite hält alles für eine mechanische Funktion.
| |
| Wer von der Unschädlichkeit der atomistischen Vorstellungen sprechen wollte,
| |
| dem könnte man ruhig die Konsequenzen, welche aus denselben gezogen worden
| |
| sind, vorhalten, um ihn zu widerlegen. Es sind vorzüglich zwei notwendige Konsequenzen:
| |
| erstens, daß das Prädikat der ursprünglichen Existenz an weiter ganz
| |
| unbestimmte, gegeneinander schlechthin gleichgültige geistlose Einzelsubstanzen
| |
| verschwendet wird, in deren Wechselwirkung nur mechanische Notwendigkeit
| |
| herrscht, so daß die ganze übrige Erscheinungswelt als leerer Dunst derselben
| |
| besteht und dem bloßenZufall das Entstehen verdankt; zweitens ergeben sich daraus
| |
| unüberschreitbare Grenzen unseres Erkennens. Für den menschlichen Verstand
| |
| ist, wie wir gezeigt haben, der Begriff des Atomes etwas ganz Leeres, das bloße
| |
| «Etwas». Da aber mit diesem Inhalte die Atomisten sich nicht zufrieden geben
| |
| können, sondern einen tatsächlichen Gehalt verlangen, diesen aber so bestimmen,
| |
| wie er nirgends gegeben werden kann, so müssen sie die Unerkennbarkeit des eigentlichen
| |
| Wesens des Atomes proklamieren.
| |
| | |
| Bezüglich der anderen Grenze des Wissens ist folgendes zu bemerken. Wenn
| |
| man das Denken auch als eine Funktion der Wechselwirkung gleichgültig gegeneinander
| |
| bleibender Atomkomplexe ansieht, so ist durchaus nicht zu verwundern,
| |
| warum der Zusammenhang zwischen Bewegung der Atome einer-, Denken und
| |
| Empfindung andrerseits nicht zu begreifen ist<ref>Du Bois-Reymond: «Ober die Grenzen des Naturerkennens (s. S. 7, Fußnote).</ref>, welches der Atomismus daher als
| |
| eine Grenze unserer Erkenntnis ansieht. Allein zu begreifen ist nur da etwas, wo
| |
| ein begrifflicher Übergang besteht. Wenn man aber vorher die Begriffe so begrenzt,
| |
| daß in der Sphäre des einen sich nichts findet, was den Übergang in die
| |
| Sphäre des andern ermöglichen würde, so ist das Begreifen von vorneherein ausgeschlossen.
| |
| Außerdem müßte dieser Übergang ja nicht bloß spekulativer Natur,
| |
| sondern er müßte ein realer Prozeß sein, sich also demonstrieren lassen. Dies wird
| |
| aber wieder durch die Unsinnlichkeit der atomistischen Bewegung verhindert. Mit
| |
| dem Aufgeben des Atombegriffes fallen diese Spekulationen über die Grenze unseres
| |
| Wissens von selbst weg. Man muß sich vor nichts mehr als solchen Grenzbestimmungen
| |
| hüten, denn jenseits der Grenze ist dann für alles mögliche Platz. Der
| |
| vernunftwidrigste Spiritismus ebensosehr wie das unsinnigste Dogma könnte sich
| |
| hinter solchen Annahmen verstecken. Dieselben sind in jedem einzelnen Falle ganz
| |
| leicht zu widerlegen, indem man zeigt, daß immer der Fehler zugrunde liegt, eine
| |
| bloße Abstraktion für mehr anzusehen als sie ist, oder bloß relative Begriffe für absolute
| |
| zu halten und ähnliche Irrtümer. Eine große Anzahl falscher Vorstellungen
| |
| ist namentlich durch die unrichtigen Begriffe von Raum und Zeit in Umlauf gekommen<ref>Vischer sprach wiederholt die Notwendigkeit einer Korrektur unseres Zeitbegriffes aus (Krit. Gänge, 1873, Altes und Neues, 3. Teil).</ref>.|63|7ff}}
| |
| | |
| Verfehlt schien Steiner dabei auch, [[Raum]] und Zeit als von den [[sinnlich]]en [[Ding]]en und [[Prozess]]en abgesonderte [[Entität]]en zu betrachten:
| |
| | |
| {{BBZ|Der Raum, abgesehen von den Dingen der Sinnenwelt, ist ein Unding. Wie der | |
| Raum nur etwas an den Gegenständen, so ist auch die Zeit nur an und mit den
| |
| Prozessen der Sinnenwelt gegeben. Sie ist denselben immanent. An sich sind beide
| |
| bloße Abstraktionen. Konkrete Gebilde der Sinnenwelt sind nur die sinnlichen
| |
| Dinge und Prozesse. Sie stellen Begriffe und Gesetze in Form äußeren Daseins vor.
| |
| Daher müssen sie in ihrer einfachsten Form Grundpfeiler der empirischen Naturlehre
| |
| sein. Die einfache sinnliche Qualität und nicht das Atom, die Grundtatsache
| |
| und nicht die hinterempirische Bewegung sind die Elemente derselben. Damit ist
| |
| ihr eine Richtung gegeben, welche die einzig mögliche ist. Wenn man sich darauf
| |
| stützt, wird man gar nicht versucht werden, von Grenzen des Erkennens zu sprechen,
| |
| weil man es nicht mit Dingen zu tun hat, denen man willkürliche negative
| |
| Merkmale wie übersinnlich und dergleichen beilegt, sondern mit wirklich gegebenen
| |
| konkreten Gegenständen.|63|10}}
| |
| | |
| == Literatur == | |
| | |
| # ''Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe'', Heft 63: ''Rudolf Steiner über den Atomismus. Zwei Aufsätze aus dem Frühwerk'' {{BE|63}} | |
| | |
| {{GA}} | |
| | |
| == Anmerkungen ==
| |
| | |
| <references /> | |
| | |
| [[Kategorie:Rudolf Steiner]] [[Kategorie:Gesamtausgabe]] [[Kategorie:GA]] [[Kategorie:Beiträge]] [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Naturwissenschaft]] [[Kategorie:Materie]] [[Kategorie:Atom]]
| |