Urs Widmer und Bibliothek:Rudolf Steiner/Werke/GA 9 Theosophie/Die drei Welten/V. Die physische Welt und ihre Verbindung mit Seelen- und Geisterland: Unterschied zwischen den Seiten

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=== V. Die physische Welt und ihre Verbindung mit Seelen- und Geisterland ===
'''Urs Widmer''' (* [[21. Mai]] [[1938]] in Basel; † [[2. April]] [[2014]] in Zürich)<ref>{{Internetquelle | url=http://www.spiegel.de/kultur/literatur/urs-widmer-schweizer-schriftsteller-ist-tot-a-962287.html | titel= Schweizer Schriftsteller: Urs Widmer ist tot | werk=Spiegel Online | datum=2014-04-03 | zugriff=2014-04-03}}</ref> war ein [[w:Schweiz|Schweiz]]er [[Schriftsteller]] und Übersetzer.<ref>[http://books.google.de/books?id=_DS3oAEACAAJ&dq=K%C3%BCrschners+Deutscher+Literatur-Kalender+2014&hl=de&sa=X&ei=z9MFVKfjKrKM4gSRuoGgCQ&ved=0CDUQ6AEwAA ''Urs Widmer.''] In: ''Kürschners Deutscher Literatur-Kalender 2014/2015: Band I: A-O. Band II: P-Z.'', Walter De Gruyter Incorporated, 2014, S. 1139–1140, ISBN 978-3-11-033720-4.</ref>


== Leben ==
Die Gebilde der Seelenwelt und des Geisterlandes können nicht der Gegenstand äußerer sinnlicher Wahrnehmung sein. Die Gegenstände dieser sinnlichen Wahrnehmung sind den beschriebenen beiden Welten als eine dritte anzureihen. Auch während seines leiblichen Daseins lebt der Mensch gleichzeitig in den drei Welten. Er nimmt die Dinge der sinnlichen Welt wahr und wirkt auf sie. Die Gebilde der Seelenwelt wirken durch ihre Kräfte der Sympathie und Antipathie auf ihn ein; und seine eigene Seele erregt durch ihre Neigungen und Abneigungen, durch ihre Wünsche und Begierden Wellen in der Seelenwelt. Die geistige Wesenheit der Dinge aber spiegelt sich in seiner Gedankenwelt; und er selbst ist als denkendes Geistwesen Bürger des Geisterlandes und Genosse alles dessen, was in diesem Gebiete der Welt lebt. Daraus wird ersichtlich, daß die sinnliche Welt nur ein Teil dessen ist, was den Menschen umgibt. Aus der allgemeinen Umwelt des Menschen hebt sich dieser Teil mit einer gewissen Selbständigkeit ab, weil ihn die Sinne wahrnehmen können, die das Seelische und Geistige unberücksichtigt lassen, das ebenso dieser Welt angehört. Wie ein Stück Eis, das auf dem Wasser schwimmt, Stoff ist des umgebenden Wassers, aber sich durch gewisse Eigenschaften von diesem abhebt, so sind die Sinnendinge Stoff der sie umgebenden Seelen- und Geisterwelt; und sie heben sich von diesen durch gewisse Eigenschaften ab, die sie sinnlich wahrnehmbar machen. Sie sind - halb bildlich gesprochen - verdichtete Geist- und Seelengebilde; und die Verdichtung [147] bewirkt, daß die Sinne sich von ihnen Kenntnis verschaffen können. Ja, wie das Eis nur eine Form ist, in der das Wasser existiert, so sind die Sinnendinge nur eine Form, in der die Seelen- und Geistwesen existieren. Hat man das begriffen, so faßt man auch, daß, wie das Wasser in Eis, so die Geist- in die Seelenwelt und diese in die Sinnenwelt übergehen können.<br>Von diesem Gesichtspunkte aus ergibt sich auch, warum der Mensch sich Gedanken über die sinnlichen Dinge machen kann. Denn es gibt eine Frage, welche sich doch jeder Denkende stellen müßte, nämlich die: in welchem Verhältnisse steht der Gedanke, den sich der Mensch über einen Stein macht, zu diesem Steine selbst? Denjenigen Menschen, die besonders tiefe Blicke in die äußere Natur tun, tritt diese Frage in voller Klarheit vor das geistige Auge. Sie empfinden die Zusammenstimmung der menschlichen Gedankenwelt mit dem Bau und der Einrichtung der Natur. In schöner Art spricht sich zum Beispiel der große Astronom Keller über diese Harmonie aus:<br>«Wahr ist's, daß der göttliche Ruf, welcher die Menschen Astronomie lernen heißt, in der Welt selbst geschrieben steht, nicht zwar in Worten und Silben, aber der Sache nach, vermöge der Angemessenheit der menschlichen Begriffe und Sinne zu der Verkettung der himmlischen Körper und Zustände.» - Nur weil die Dinge der Sinnenwelt nichts anderes sind als die verdichteten Geistwesenheiten, kann der Mensch, der sich durch seine Gedanken zu diesen Geistwesenheiten erhebt, in seinem Denken die Dinge verstehen. Es stammen die Sinnendinge aus der Geisterwelt, sie sind nur eine andere Form der Geisteswesenheiten; und wenn sich der Mensch Gedanken über die Dinge [148] macht, so ist sein Inneres nur von der sinnlichen Form ab- und zu den geistigen Urbildern dieser Dinge hingerichtet. Ein Ding durch Gedanken verstehen ist ein Vorgang, der verglichen werden kann mit dem, durch welchen ein fester Körper zuerst im Feuer flüssig gemacht wird, damit ihn der Chemiker dann in seiner flüssigen Form untersuchen kann.<br>In den verschiedenen Regionen des Geisterlandes zeigen sich (vergleiche Seite 120 ff.) die geistigen Urbilder der sinnlichen Welt. In der fünften, sechsten und siebenten Region finden sich diese Urbilder noch als lebendige Keimpunkte, in den vier unteren Regionen gestalten sie sich zu geistigen Gebilden. Diese geistigen Gebilde nimmt in einem schattenhaften Abglanz der Menschengeist wahr, wenn er durch sein Denken sich das Verständnis der sinnlichen Dinge verschaffen will. Wie diese Gebilde sich zur sinnlichen Welt verdichtet haben, das ist für denjenigen eine Frage, der ein geistiges Verständnis seiner Umwelt anstrebt. - Zunächst gliedert sich für die menschliche Sinnesanschauung diese Umwelt in die vier deutlich voneinander geschiedenen Stufen: die mineralische, die pflanzliche, die tierische und die menschliche. Das Mineralreich wird durch die Sinne wahrgenommen und durch das Denken begriffen. Macht man sich über einen mineralischen Körper einen Gedanken, so hat man es somit mit einem Zweifachen zu tun: mit dem Sinnendinge und mit dem Gedanken. Demgemäß hat man sich vorzustellen, daß dieses Sinnending ein verdichtetes Gedankenwesen ist. Nun wirkt ein mineralisches Wesen auf ein anderes in äußerlicher Weise. Es stößt an dasselbe und bewegt es; es erwärmt es, beleuchtet es, löst es auf und so weiter. Diese [149] äußerliche Wirkungsart ist durch Gedanken auszudrücken. Der Mensch macht sich Gedanken darüber, wie die mineralisches Dinge äußerlich gesetzmäßig aufeinander wirken. Dadurch erweitern sich seine einzelnen Gedanken zu einem Gedankenbilde der gesamten mineralischen Welt. Und dieses Gedankenbild ist ein Abglanz des Urbildes der ganzen mineralischen Sinnenwelt. Es ist als ein Ganzes in der geistigen Welt zu finden. Im Pflanzenreiche treten zu der äußeren Wirkung eines Dinges auf das andere noch die Erscheinungen des Wachstums und der Fortpflanzung hinzu. Die Pflanze vergrößert sich und bringt aus sich Wesen ihresgleichen hervor. Zu dem, was dem Menschen im Mineralreiche entgegentritt, kommt hier noch das Leben. Die einfache Besinnung auf diese Tatsache gibt einen Ausblick, der hier lichtbringend ist die Pflanze hat in sich die Kraft, sich selbst ihre lebendige Gestalt zu geben und diese Gestalt an einem Wesen ihresgleichen hervorzubringen. Und zwischen der gestaltlosen Art der mineralischen Stoffe, wie sie uns in den Gasen, in den Flüssigkeiten und so weiter gegenübertreten, und der lebendigen Gestalt der Pflanzenwelt stehen die Formen der Kristalle mitten drinnen. In den Kristallen haben wir den Übergang von der gestaltlosen Mineralwelt zu der lebendigen Gestaltungsfähigkeit des Pflanzenreiches zu suchen. - In diesem äußerlich sinnlichen Vorgang der Gestaltung - in den beiden Reichen, dem mineralischen und dem pflanzlichen - hat man die sinnliche Verdichtung des rein geistigen Vorganges zu sehen, der sich abspielt, wenn die geistigen Keime der drei oberen Regionen des Geisterlandes sich zu den Geistgestalten der unteren Regionen bilden. Dem Prozeß der Kristallisation entspricht in [150] der geistigen Welt als sein Urbild der Übergang von dem formlosen Geistkeim zu dem gestalteten Gebilde. Verdichtet sich dieser Übergang so, daß ihn die Sinne in seinem Ergebnis wahrnehmen können, so stellt er sich in der Sinnenwelt als mineralischer Kristallisationsprozeß dar. - Nun ist aber auch in dem Pflanzenleben ein gestalteter Geistkeim vorhanden. Aber hier ist dem gestalteten Wesen noch die lebendige Gestaltungsfähigkeit erhalten geblieben. In dem Kristall hat der Geistkeim bei seiner Gestaltung die Bildungsfähigkeit verloren. Er hat sich in der zustande gebrachten Gestalt ausgelebt. Die Pflanze hat Gestalt und dazu auch noch Gestaltungsfähigkeit. Die Eigenschaft der Geistkeime in den oberen Regionen des Geisterlandes ist dem Pflanzenleben bewahrt geblieben. Die Pflanze ist also Gestalt wie der Kristall, und dazu noch Gestaltungskraft. Außer der Form, welche die Urwesen in der Pflanzengestalt angenommen haben, arbeitet an dieser noch eine andere Form, die das Gepräge der Geistwesen aus den oberen Regionen trägt. Sinnlich wahrnehmbar ist an der Pflanze aber nur, was sich in der fertigen Gestalt auslebt; die bildenden Wesenheiten, welche dieser Gestalt die Lebendigkeit geben, sind im Pflanzenreiche auf sinnlich-unwahrnehmbare Art vorhanden. Das sinnliche Auge sieht die kleine Lilie von heute und die größer gewordene nach einiger Zeit. Die Bildungskraft, welche die letztere aus der ersten herausarbeitet, sieht dieses Auge nicht. Diese bildende Kraftwesenheit ist der sinnlich-unsichtbar webende Teil in der Pflanzenwelt. Die Geistkeime sind um eine Stufe Herabgestiegen, um im Gestaltenreich zu wirken. In der Geisteswissenschaft kann von Elementarreichen gesprochen werden. Bezeichnet man die Urformen, [151] die noch keine Gestalt haben, als erstes Elementarreich, so sind die sinnlich unsichtbaren Kraftwesenheiten, die als die Werkmeister des Pflanzenwachstums wirken, Angehörige des zweiten Elementarreiches. In der tierischen Welt kommt zu den Fähigkeiten des Wachstums und der Fortpflanzung noch Empfindung und Trieb hinzu. Das sind Äußerungen der seelischen Welt. Ein Wesen, das mit ihnen begabt ist, gehört dieser Welt an, empfängt von ihr Eindrücke und übt auf sie Wirkungen. Nun ist jede Empfindung, jeder Trieb, die in einem tierischen Wesen entstehen, aus dem Untergrunde der Tierseele hervorgeholt. Die Gestalt ist bleibender als die Empfindung oder der Trieb. Man kann sagen, so wie sich die sich verändernde Pflanzengestalt zur starren Kristallform verhält, so das Empfindungsleben zur bleibenderen lebendigen Gestalt. Die Pflanze geht in der gestaltbildenden Kraft gewissermaßen auf; sie gliedert immer neue Gestalten während ihres Lebens an. Erst setzt sie die Wurzel, dann die Blattgebilde, dann die Blüten und so weiter an. Das Tier schließt mit einer in sich vollendeten Gestalt ab und entwickelt innerhalb derselben das wechselvolle Empfindungs- und Triebleben. Und dieses Leben hat sein Dasein in der seelischen Welt. So wie nun die Pflanze das ist, was wächst und sich fortpflanzt, so ist das Tier dasjenige, was empfindet und seine Triebe entwickelt. Diese sind für das Tier das Formlose, das sich in immer neuen Formen entwickelt. Sie haben letzten Endes ihre urbildlichen Vorgänge in den höchsten Regionen des Geisterlandes. Aber sie betätigen sich in der seelischen Welt. So kommen in der Tierwelt zu den Kraftwesenheiten, die als sinnlich-unsichtbare das Wachstum und die Fortpflanzung lenken, [152] andere hinzu, die noch eine Stufe tiefer gestiegen sind in die seelische Welt. Im tierischen Reich sind als die Werkmeister, welche die Empfindungen und Triebe bewirken, formlose Wesenheiten vorhanden, die sich in seelische Hüllen kleiden. Sie sind die eigentlichen Baumeister der tierischen Formen. Man kann das Gebiet, dem sie angehören, in der Geisteswissenschaft als das dritte Elementarreich bezeichnen. - Der Mensch ist außer mit den bei Pflanzen und Tieren genannten Fähigkeiten noch mit derjenigen ausgestattet, die Empfindungen zu Vorstellungen und Gedanken zu verarbeiten und seine Triebe denkend zu regeln. Der Gedanke, der in der Pflanze als Gestalt, im Tiere als seelische Kraft erscheint, tritt bei ihm als Gedanke selbst, in seiner eigenen Form, auf. Das Tier ist Seele; der Mensch ist Geist. Die Geistwesenheit ist noch um eine Stufe tiefer herabgestiegen. Beim Tiere ist sie seelenbildend. Beim Menschen ist sie in die sinnliche Stoffwelt selbst eingezogen. Der Geist ist innerhalb des menschlichen Sinnenleibes anwesend. Und weil er im sinnlichen Kleide erscheint, kann er nur als jener schattenhafte Abglanz erscheinen, welchen der Gedanke vom Geistwesen darstellt. Durch die Bedingungen des physischen Gehirnorganismus erscheint im Menschen der Geist - Aber der Geist ist dafür auch des Menschen innerliche Wesenheit geworden. Der Gedanke ist die Form, welche die formlose Geistwesenheit im Menschen annimmt, wie sie in der Pflanze Gestalt, im Tiere Seele annimmt. Dadurch hat der Mensch kein ihn aufbauendes Elementarreich außer sich, insofern er denkendes Wesen ist. Sein Elementarreich arbeitet in seinem sinnlichen Leibe. Nur insofern der Mensch Gestalt und Empfindungswesen [153] ist, arbeiten an ihm die Elementarwesen derselben Art, d je an den Pflanzen und Tieren arbeiten. Der Gedankenorganismus aber wird im Menschen ganz vom Inneren seines physischen Leibes herausgearbeitet. Im Geistorganismus des Menschen, in seinem zum vollkommenen Gehirn ausgebildeten Nervensystem, hat man sinnlich-sichtbar vor sich, was an den Pflanzen und Tieren als unsinnliche Kraftwesenheit arbeitet. Dies macht, daß das Tier Selbstgefühl, der Mensch aber Selbstbewußtsein zeigt. Im Tiere fühlt sich der Geist als Seele; er erfaßt sich noch nicht als Geist. Im Menschen erkennt der Geist sich als Geist, wenn auch - durch die physischen Bedingungen - als schattenhaften Abglanz des Geistes, als Gedanke. - In diesem Sinne gliedert sich die dreifache Welt in der folgenden Art: 1. Das Reich der urbildlichen formlosen Wesen (erstes Elementarreich); 2. das Reich der gestaltenschaffenden Wesen (zweites Elementarreich); 3. das Reich der seelischen Wesen (drittes Elementarreich); 4. das Reich der geschaffenen Gestalten (Kristallgestalten); 5. das Reich, das in Gestalten sinnlich wahrnehmbar wird, an dem aber die gestaltenschaffenden Wesen wirken (Pflanzenreich); 6. das Reich, das in Gestalten sinnlich wahrnehmbar wird, an dem aber außerdem noch die gestaltenschaffenden und die sich seelisch auslebenden Wesenheiten wirken (Tierreich); und 7. das Reich, in dem die Gestalten sinnlich wahrnehmbar sind, an dem aber noch die gestaltenschaffenden und seelisch sich auslebenden Wesenheiten wirken und in dem sich der Geist selbst in Form des Gedankens innerhalb der Sinnenwelt gestaltet (Menschenreich).<br>Hieraus ergibt sich, wie die Grundbestandteile des im [154] Leibe lebenden Menschen mit der geistigen Welt zusammenhängen. Den physischen Körper, den Ätherleib, den empfindenden Seelenleib und die Verstandesseele hat man als in der Sinnenwelt verdichtete Urbilder des Geisterlandes anzusehen. Der physische Körper kommt dadurch zustande, daß des Menschen Urbild bis zur sinnlichen Erscheinung verdichtet wird. Man kann deshalb auch diesen physischen Leib eine zur sinnlichen Anschaulichkeit verdichtete Wesenheit des ersten Elementarreiches nennen. Der Ätherleib entsteht dadurch, daß die auf diese Art entstandene Gestalt beweglich erhalten wird durch eine Wesenheit, die ihre Tätigkeit in das sinnliche Reich herein erstreckt, selbst aber nicht sinnlich anschaubar wird. Will man diese Wesenheit vollständig charakterisieren, so muß man sagen, sie hat zunächst ihren Ursprung in den höchsten Regionen des Geisterlandes und gestaltet sich dann in der zweiten Region zu einem Urbild des Lebens. Als solches Urbild des Lebens wirkt sie in der sinnlichen Welt. In ähnlicher Art hat die Wesenheit, welche den empfindenden Seelenleib aufbaut, ihren Ursprung in den höchsten Gebieten des Geisterlandes, gestaltet sich in der dritten Region desselben zum Urbilde der Seelenwelt und wirkt als solches in der sinnlichen Welt. Die Verstandesseele aber wird dadurch gebildet, daß des denkenden Menschen Urbild sich in der vierten Region des Geisterlandes zum Gedanken gestaltet und als solcher unmittelbar als denkende Menschenwesenheit in der Sinneswelt wirkt. - So steht der Mensch innerhalb der Sinneswelt; so arbeitet der Geist an seinem physischen Körper, an seinem Ätherleib und an seinem empfindenden Seelenleib. So kommt dieser Geist in der Verstandesseele zur Erscheinung. – [155] An den drei unteren Gliedern des Menschen arbeiten also die Urbilder in Form von Wesenheiten mit, die ihm in einer gewissen Art äußerlich gegenüberstehen; in seiner Verstandesseele wird er selbst zum (bewußten) Arbeiter an sich. - Und die Wesenheiten, die an seinem physischen Körper arbeiten, sind dieselben, welche die mineralische Natur bilden. An seinem Ätherleib wirken Wesenheiten von der Art, die im Pflanzenreich, an seinem empfindenden Seelenleib solche, die im Tierreich auf Sinnlich-unwahrnehmbare Art leben, die aber ihre Wirksamkeit in diese Reiche herein erstrecken.<br>So wirken die verschiedenen Welten zusammen. Die Welt, in welcher der Mensch lebt, ist der Ausdruck dieses Zusammenwirkens.<br>- - -<br>Hat man die sinnliche Welt in dieser Art begriffen, so eröffnet sich auch das Verständnis für Wesen anderer Art, als diejenigen sind, die in den genannten vier Reichen der Natur ihr Dasein haben. Ein Beispiel für solche Wesenheiten ist das, was man Volksgeist (Nationalgeist) nennt. Dieser kommt nicht in sinnlicher Art unmittelbar zur Erscheinung. Er lebt sich aus in den Empfindungen, Gefühlen, Neigungen und so weiter, die man als die einem Volke gemeinsamen beobachtet. Er ist eine Wesenheit, die sich nicht sinnlich verkörpert; sondern wie der Mensch seinen Leib sinnlich anschaulich gestaltet, so gestaltet sie den ihrigen aus dem Stoffe der Seelenwelt. Dieser Seelenleib des Volksgeistes ist wie eine Wolke, in welcher die Glieder eines Volkes leben, deren Wirkungen in den Seelen der betreffenden Menschen zum Vorschein kommen, [156] die aber nicht aus diesen Seelen selbst stammt. Wer sich den Volksgeist nicht in dieser Art vorstellt, für den bleibt er ein schemenhaftes Gedankenbild ohne Wesen und Leben, eine leere Abstraktion. - Und ein ähnliches wäre zu sagen in bezug auf das, was man Zeitgeist nennt. Ja, es wird dadurch der geistige Blick geweitet über eine Mannigfaltigkeit von anderen, von niederen und höheren Wesenheiten, die in der Umwelt des Menschen leben, ohne daß er sie sinnlich wahrnehmen kann. Diejenigen, welche geistiges Anschauungsvermögen haben, nehmen aber solche Wesen wahr und können sie beschreiben. Zu den niedrigeren Arten solcher Wesen gehört alles, was die Wahrnehmer der geistigen Welt als Salamander, Sylphen, Undinen, Gnomen beschreiben. Es sollte nicht gesagt zu werden brauchen, daß solche Beschreibungen nicht als Abbilder der ihnen zugrunde liegenden Wirklichkeit gelten können. Wären sie dieses, so wäre die durch sie gemeinte Welt keine geistige, sondern eine grob-sinnliche. Sie sind Veranschaulichungen einer geistigen Wirklichkeit, die sich eben nur auf diese Art, durch Gleichnisse, darstellen läßt. Wenn derjenige, der nur das sinnliche Anschauen gelten lassen will, solche Wesenheiten als Ausgeburten einer wüsten Phantasie und des Aberglaubens ansieht, so ist das durchaus begreiflich. Für sinnliche Augen können sie natürlich nie sichtbar werden, weil sie keinen sinnlichen Leib haben. Der Aberglaube liegt nicht darin, daß man solche Wesen als wirklich ansieht, sondern daß man glaubt, sie erscheinen auf sinnliche Art.<br>Wesen solcher Form wirken an dem Wellenbad mit, und man trifft mit ihnen zusammen, sobald man die höheren, den leiblichen Sinnen verschlossenen Weltgebiete betritt. [157] Abergläubisch sind nicht diejenigen, welche in solchen Beschreibungen die Bilder geistiger Wirklichkeiten sehen, sondern diejenigen, welche an das sinnliche Dasein der Bilder glauben, aber auch diejenigen, welche den Geist ablehnen, weil sie das sinnliche Bild ablehnen zu müssen vermeinen. - Auch solche Wesen sind zu verzeichnen, die nicht bis in die Seelenwelt herabsteigen, sondern deren Hülle nur aus Gebilden des Geisterlandes gewoben ist. Der Mensch nimmt sie wahr, wird ihr Genosse, wenn er das geistige Auge und das geistige Ohr sich für sie eröffnet. - Durch eine solche Eröffnung wird dem Menschen vieles verständlich, was er ohne dieselbe nur verständnislos anstarren kann. Es wird hell um ihn herum; er sieht die Ursachen zu dem, was sich in der Sinnenwelt als Wirkungen abspielt. Er erfaßt dasjenige, was er ohne geistiges Auge entweder ganz ableugnet oder demgegenüber er sich mit dem Ausspruch begnügen muß: «Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumen läßt.» Feiner - geistig - empfindende Menschen werden unruhig, wenn sie eine andere Welt als die sinnliche uni sich herum ahnen, dumpf gewahr werden und innerhalb ihrer tappen müssen wie der Blinde zwischen sichtbaren Gegenständen. Nur die klare Erkenntnis von diesen höheren Gebieten des Daseins, das verständnisvolle Eindringen in dasjenige, was in ihnen vorgeht, kann den Menschen wirklich festigen und ihn seiner wahren Bestimmung zuführen. Durch die Einsicht in das, was den Sinnen verborgen ist, erweitert der Mensch sein Wesen in der Art, daß er sein Leben vor dieser Erweiterung wie ein «Träumen über die Welt» empfindet. [158]
Urs Widmer wurde als Sohn des Übersetzers, Literaturkritikers und Gymnasiallehrers Walter Widmer in Basel geboren. Aufgrund der Tätigkeit seines Vaters kam Widmer schon als Kind in Kontakt mit der Literatur und dem Literaturbetrieb. So war der deutsche Autor und Nobelpreisträger [[Heinrich Böll]] häufiger Gast im Hause Widmer. Widmers Deutschlehrer am Realgymnasium Basel war der Autor [[w:Rudolf Graber (Schriftsteller)|Rudolf Graber]]. Er studierte [[Germanistik]], [[Romanistik]] und [[Geschichte]] an den Universitäten von [[Universität Basel|Basel]], [[Universität Montpellier|Montpellier]] und [[Universität Paris|Paris]]. 1966 wurde er in Basel bei [[Heinz Rupp]] mit der Arbeit ''1945 oder Die „neue Sprache“. Studien zur Prosa der „jungen Generation“'' [[Promotion (Doktor)|promoviert]].


Anschliessend begann Widmer als [[Verlagslektor]] zunächst beim [[Walter Verlag]] in Olten, wechselte dann nach Deutschland zum [[Suhrkamp Verlag]]. Den Verlag verließ er bald wieder, nicht aber die Stadt [[Frankfurt am Main]], wo er von 1967 bis 1984 als [[freier Schriftsteller]] lebte, ehe er wieder in die Schweiz zurückkehrte. Während seiner Zeit in Frankfurt schrieb er Kritiken für die ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]'' und lehrte als [[Dozent]] für neuere deutsche Literatur an der [[Johann Wolfgang Goethe-Universität|Universität Frankfurt]]. 1968 debütierte Widmer als Schriftsteller mit der Erzählung ''Alois''. 1969 gehörte er zu den Mitbegründern des [[Verlag der Autoren|Verlags der Autoren]], durch den seine Theaterstücke noch heute publiziert werden.
<br>
 
Urs Widmer war Mitglied der [[Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung|Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung]] in Darmstadt, der [[Deutsche Akademie der Darstellenden Künste|Deutschen Akademie der Darstellenden Künste]] in Bensheim, der [[Akademie der Künste (Berlin)|Akademie der Künste]] Berlin-Brandenburg und Mitglied im Grazer [[Forum Stadtpark]].
 
Urs Widmer verstarb am 2. April 2014 nach schwerer Krankheit und wurde auf dem [[Friedhof Enzenbühl]] in Zürich begraben. Bis zu seinem Tod lebte er überwiegend in Zürich. Er war mit einer [[Psychoanalyse|Psychoanalytikerin]] verheiratet und Vater einer Tochter.
 
Sein Nachlass befindet sich im [[Schweizerisches Literaturarchiv|Schweizerischen Literaturarchiv]] in [[Bern]].
 
== Werk ==
Urs Widmers umfangreiches Werk umfasst Romane, Erzählungen, Essays, Theaterstücke und Hörspiele. Er galt als einer der vielseitigsten Schweizer Autoren der Gegenwart. Die Stärke seiner Werke liegt im fantasievollen, ironischen Ausspinnen trivialer Handlungsschemata der klassischen Abenteuer- und Reisegeschichte bis hin zur [[Parodie]] und zum [[Surrealismus|Surrealen]]. Widmer wollte einerseits „Fiktion“ schreiben, aber dabei auch ''„möglichst viel gesellschaftliche Wirklichkeit spürbar werden lassen.“''<ref>[{{Toter Link | inline=ja | date=2018-07-07 | url=http://oe1.orf.at/highlights/120542.html}} ''Die Wieder(er)findung der deutschen Sprache''.] [[ORF1]], 15. Mai 2008.</ref> Mit seinem Werk gelang Widmer nicht selten ein Brückenschlag zwischen U und E, zwischen avantgardistischem Gestus und Büchern mit Bestsellerpotential. Die Jury des Friedrich Hölderlin Preises 2007 bemerkte, eine Stärke von Widmers Texten sei „der Wechsel der Töne (...): Ironie und Satire stehen neben surrealer und realistischer Präzision“.
 
Ab 2000 wiesen viele von Widmers Werken autobiografische Bezüge auf. Zu seinen größten Publikumserfolgen zählt seine (pseudo-)autobiografische Trilogie über seine Mutter (''Der Geliebte der Mutter'', 2000), seinen Vater (''Das Buch des Vaters'', 2004) und sich selbst (''Ein Leben als Zwerg'', 2006). Darin werde deutlich, wie das doppelbödige Spiel seiner Eltern&nbsp;– eine [[burleske]] Fassade vor einem ernsten Hintergrund&nbsp;– auch seinen späteren Schreibstil beeinflusst habe. Läse man den Roman ''Der Geliebte der Mutter'' als autobiografischen Text, so würde der Autor darin damit kokettieren, der Sohn des einflussreichen Schweizer Unternehmers und Dirigenten [[Paul Sacher]] zu sein. Die Ambiguität des Textes zwingt nicht zu einer solchen Lesart, hält sie aber offen.
 
Sein erfolgreichstes Theaterstück ''[[Top Dogs]]'', eine Sozialsatire, präsentierte Widmer mit dem Regisseur [[Volker Hesse]] beim [[Berliner Theatertreffen]] 1997. Aus entlassenen Führungskräften, den sogenannten „Top Dogs“, werden dort „[[Underdog (Soziologie)|Underdogs]]“. In einem Outplacement-Center erleben sie das Grauen und das Groteske, das sie anderen durch ihre Entlassung zugefügt haben, an sich selbst.
 
Ausserdem war Widmer wie schon sein Vater als Übersetzer tätig. So übersetzte er eine Vielzahl an Werken französischer und englischsprachiger Autoren.
 
== Werke ==
=== Prosawerke ===
* ''Alois. Erzählung.'' Diogenes, Zürich 1968.
* ''Die Amsel im Regen im Garten. Erzählung.'' Diogenes, Zürich 1971.
* ''Die Forschungsreise. Abenteuerroman.'' Diogenes, Zürich 1974.
* ''Schweizer Geschichten''. Hallwag, Bern 1975.
* ''Die gelben Männer. Roman.'' Diogenes, Zürich 1976.
* ''Vom Fenster meines Hauses aus. Prosa.'' Diogenes, Zürich 1977.
* ''Hand und Fuss. Ein Buch''. Moon Press, Den Haag 1978 (Miniaturbuch).
* ''Shakespeares Geschichten. Band 2. Stücke von Shakespeare nacherzählt.'' Diogenes, Zürich 1978.
* ''Fotos'' (= ''Pa-ra-bü.'' Band 25). Patio Frankfurt am Main 1980.
* ''Das Urs-Widmer-Lesebuch''. Diogenes, Zürich 1980.
* ''Das enge Land. Roman.'' Diogenes, Zürich 1981.
* ''Liebesnacht. Erzählung.'' Diogenes, Zürich 1982.
* ''Die gestohlene Schöpfung. Ein Märchen.'' Diogenes, Zürich 1984.
* ''Indianersommer. Erzählung.'' Diogenes, Zürich 1985.
* ''Das Verschwinden der Chinesen im neuen Jahr.'' Diogenes, Zürich 1987.
* ''Auf, auf, ihr Hirten! Die Kuh haut ab! Kolumnen.'' Diogenes, Zürich 1988.
* ''Der Kongreß der Paläolepidopterologen. Roman.'' Diogenes, Zürich 1989.
* ''Das Paradies des Vergessens. Erzählung.'' Diogenes, Zürich 1990.
* ''[[Der blaue Siphon]]. Erzählung.'' Diogenes, Zürich 1992
* ''Liebesbrief für Mary. Erzählung.'' Diogenes, Zürich 1993.
* ''[[Im Kongo]]. Roman.'' Diogenes, Zürich 1996
* ''Vor uns die Sintflut. Geschichten.'' Diogenes, Zürich 1998.
* ''Das Buch der Albträume.'' Mit Zeichnungen von [[Hannes Binder]]. Sanssouci bei Nagel & Kimche, Zürich 2000.
* ''Der Geliebte der Mutter. Roman.'' Diogenes, Zürich 2000.
* ''Das Buch des Vaters. Roman.'' Diogenes, Zürich 2004.
* ''Ein Leben als Zwerg.'' Diogenes, Zürich 2006.
* ''Valentin Lustigs Pilgerreise. Bericht eines Spaziergangs durch 33 seiner Gemälde.'' Diogenes, Zürich 2008.
* ''Herr Adamson. Roman.'' Diogenes, Zürich 2009.
* ''Stille Post. Kleine Prosa.'' Diogenes, Zürich 2011.
* ''Reise an den Rand des Universums. Autobiografie.'' Diogenes, Zürich 2013, ISBN 978-3-257-06868-9.
 
=== Essays, Vorlesungen und Sachbücher ===
* ''1945 oder die „Neue Sprache“. Studien zur Prosa der „Jungen Generation“''. Pädagogischer Verlag Schwann, Düsseldorf 1966 (= Dissertation, Basel 1965)
* ''In uns und um uns und um uns herum.'' In: [[Renate Matthaei]] (Hrsg.): ''Trivialmythen.'' März, Frankfurt 1970, S.&nbsp;11–19 (Wiederauflagen, z.&nbsp;B. Area-Verlag, Erftstadt 2004, ISBN 3-89996-029-7, S.&nbsp;31–39<!-- ?! -->).
* ''Das Normale und die Sehnsucht. Essays und Geschichten.'' Diogenes, Zürich 1972.
* ''Die sechste Puppe im Bauch der fünften Puppe im Bauch der vierten und andere Überlegungen zur Literatur'' (= ''Grazer Poetikvorlesungen''). Droschl, Graz 1991.
* ''Das Geld, die Arbeit, die Angst, das Glück.'' Diogenes, Zürich 2002.
* ''Vom Leben, vom Tod und vom Übrigen auch dies und das. Frankfurter Poetikvorlesungen.'' Diogenes, Zürich 2007.
* ''Beim Wiederlesen von „Alois“.'' In: Renatus Deckert (Hrsg.): ''Das erste Buch. Schriftsteller über ihr literarisches Debüt''. Suhrkamp, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-518-45864-8, S. 125–128.
* ''Der Traum vom herrschaftsfreien Arbeiten. 1968 – vom Suhrkamp Verlag zum Verlag der Autoren.'' In: ''[[Neue Zürcher Zeitung]].'' 11./12. Juni 2011, Nr. 135, S. 21 f.
 
=== Theaterstücke ===
* ''Die lange Nacht der Detektive. Kriminalstück in drei Akten.'' Mit einem Vorwort des Verfassers. Diogenes, Zürich 1973, ISBN 3-257-20117-6. Aufführungsrechte: [[Verlag der Autoren]], Frankfurt am Main 1973. UA: Dezember 1973 Basel.
* ''Nepal. Stück in der Basler Umgangssprache.'' Frankfurt am Main 1976.
* ''[[Laurel und Hardy|Stan und Ollie]] in Deutschland.'' Frankfurt am Main 1979.
* ''Züst oder Die Aufschneider.'' Frankfurt am Main 1979.
* ''Dr neu Noah.'' Frankfurt am Main 1984.
* ''Alles klar. Stan und Ollie in Deutschland.'' Frankfurt am Main 1988.
* ''[[Jean-Louis Jeanmaire|Jeanmaire]]. Ein Stück Schweiz.'' Frankfurt am Main 1992.
* ''Der Sprung in der Schüssel. Frölicher – ein Fest.'' Frankfurt am Main 1992.
* ''Sommernachtswut.'' Frankfurt am Main 1993.
* ''[[Top Dogs]].'' Frankfurt am Main 1996.
* [[Die schwarze Spinne (Novelle)#Künstlerische Adaptionen|''Die schwarze Spinne'']], nach der Novelle von [[Jeremias Gotthelf]] und ''Sommernachtswut'', eine Paraphrase auf Shakespeares [[Sommernachtstraum]]. Beide erschienen in dem Textbuch: ''Die schwarze Spinne – Sommernachtswut: Zwei Stücke.'' [[Verlag der Autoren]], Frankfurt am Main 1998, ISBN 978-3-88661-202-4.
* ''König der Bücher. Bankgeheimnisse.'' Frankfurt am Main 2001.
* ''Münchhausens Enkel.'' Uraufführung, 2012, Zürich.<ref>[{{Toter Link | inline=ja | date=2018-07-07 | url=http://www.srf.ch/player/video?id=95cfe578-8325-4a05-86fa-e88e79b111b7}} Uraufführungsbericht] bei ''Glanz und Gloria'' am 29. Februar 2012 im Videoportal des [[Schweizer Fernsehen]]s SF, abgerufen am 18. März 2012.</ref><ref>Dieter Langhardt: ''Der rote Teppich wird aufgerollt.'' [{{Toter Link | inline=ja | date=2018-07-07 | url=http://www.thurgauerzeitung.ch/ostschweiz/thurgau/tz-ku/art123838,2898125,PRINT?_FRAME=33}} Rezension] in der [[Thurgauer Zeitung]], abgerufen am 18. März 2012.</ref>
* ''Das Ende vom Geld.'' Uraufführung, 24. März 2012, ''Staatstheater Darmstadt''<ref>[{{Toter Link | inline=ja | date=2018-07-07 | url=http://www.staatstheater-darmstadt.de/%E2%80%9Eindex.php?option=com_content&view=article&id=2094:das-ende-vom-geld&catid=198&Itemid=400107%E2%80%9C}} ''Das Ende vom Geld'', Staatstheater Darmstadt]</ref>
 
=== Hörspiele/Radiosendungen ===
* ''Wer nicht sehen kann, muss hören.'' [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR]] 1969
* ''Henry Chicago.'' WDR 1970.
* ''Operette.'' WDR 1971.
* ''Aua 231.'' WDR 1971.
* ''Anna von hinten wie von vorne.'' WDR 1971.
* ''Tod und Sehnsucht.'' [[Sender Freies Berlin|SFB]] 1972
* ''Die Katze des Doktor Watson.'' WDR 1972.
* ''Das Überleben der unsterblichen Mimi.'' [[Südwestfunk|SWF]] 1973
* ''Die schreckliche Verwirrung des Giuseppe Verdi.'' SWF 1974.
* ''Der Bergsteiger.'' [[Bayerischer Rundfunk|BR]] 1974
* ''Fernsehabend.'' SWF 1976.
* ''Die Ballade von den Hoffnungen der Väter.'' WDR 1976.
* ''Die Zwerge in der Stadt.'' [[Süddeutscher Rundfunk|SDR]] 1978
* ''Das Blasquartett oder 80 Fragen nach dem Glück.'' SWF/[[Hessischer Rundfunk|hr]]/[[Norddeutscher Rundfunk|NDR]]/BR 1979
* ''Die Zehen der Elfen.'' SDR, 1981.
* ''Indianersommer.'' SWF 1984.
* ''Dr neu Noah.'' [[Schweizer Radio DRS|DRS]] 1984
* ''An die Freunde.'' SWF/hr 1986.
* ''Der Besucher aus Kassel.'' SWF/DRS 1986.
* ''Der tolle Tonmeister.'' SWF/WDR/NDR 1988.
* ''Der Gott und das Mädchen.'' SWF 1988.
* ''Der Afrikaforscher.'' SWF 1990.
* ''Bottoms Traum.'' SWF 1990.
* ''Das gelöschte Band.'' 1992.
* ''Die Frauen des Sultans.'' 1993.
* ''Helmuts Brief.'' 1994.
* ''Das Machthorn.'' SWR 2005.
* ''Das Ende vom Geld.'' HR 2012.
* ''Vom Fenster meines Hauses aus'' SRF 2013
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Urs Widmer}}
 
== Literatur ==
* Benita Cantieni: ''Schweizer Schriftsteller persönlich''. Huber, Frauenfeld 1983, ISBN 3-7193-0883-9, S. 127–141.
* Ursi Schachenmann (Hrsg.): ''„Top dogs“. Entstehung – Hintergründe – Materialien.'' Zürich 1997, ISBN 3-9521287-1-6.
* Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): ''Urs Widmer.'' Edition Text + Kritik (text + kritik, Band 140). München 1998, ISBN 3-88377-587-8.
* Simplice Agossavi: ''Fremdhermeneutik in der zeitgenössischen deutschen Literatur.'' St. Ingbert 2003, ISBN 3-86110-339-7.
* Barbara Sinic: ''Die sozialkritische Funktion des Grotesken.'' Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-631-50649-X.
* {{Theaterlexikon|Urs Widmer|3|2095|2096|Autor=Brigitte Marschall}}
* Winfried Giesen (Hrsg.): ''Urs Widmer – Vom Leben, vom Tod und vom Übrigen auch dies und das.'' Begleitheft zur Ausstellung 16. Januar – 2. März 2007, Universitätsbibliothek Frankfurt am Main. Erfurt 2006, ISBN 3-86680-086-X.
* Winfried Stephan, Daniel Keel (Hrsg.): ''Das Schreiben ist das Ziel, nicht das Buch. Urs Widmer zum 70. Geburtstag.'' Diogenes Verlag, Zürich 2008, ISBN 978-3-257-06674-6.
* Christophe Bourquin: ''Schreiben über Reisen.'' Kap. 1.2: ''Zur ars itineraria bei Urs Widmer.'' Königshausen & Neumann, Würzburg 2006, ISBN 3-8260-3475-9, S. 10–15, Anm. 8. (sehr detaillierte Liste neuer Veröffentlichungen, bei Google Books lesbar)
* Roman Bucheli: [http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/aktuell/ein_froehlicher_melancholiker_1.738750.html ''Ein fröhlicher Melancholiker''.] Mit weiteren Buchrezensionen und Theaterkritiken zu Widmer. In: ''Neue Zürcher Zeitung (NZZ).'' 21. Mai 2008.
* Pia Reinacher: [http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/urs-widmer-zum-siebzigsten-immer-mit-der-nase-am-grenzzaun-der-erkenntnis-1543614.html ''Immer mit der Nase am Grenzzaun der Erkenntnis''.] In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ).'' 21. Mai 2008, abgerufen am 17. März 2012.
 
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|11904157X|NAME=Urs Widmer}}
* {{Perlentaucher|3226|Urs Widmer}}
* {{IMDb|nm1652175}}
* [https://titel-kulturmagazin.net/2018/07/05/menschen-interview-mit-urs-wiedmer/ »Kafka war nie ein Käfer«] Interview mit Urs Wiedmer. In [[Titel-Kulturmagazin]] abgerufen am 8. Juli 2018.
* [https://www.youtube.com/watch?v=q4blVWYjS80 Urs Widmers Reflexion] zu J. S. Bachs Kantate ''Schwingt freudig euch empor, BWV 36|Schwingt freudig euch empor''. Im YouTube-Kanal der J. S. Bach-Stiftung, abgerufen am 6. Dezember 2017.
; Nachrufe
* Roman Bucheli: [http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/uebersicht/zum-tod-von-urs-widmer-schreiben-gegen-die-furien-des-verschwindens-1.18276782 ''Zum Tod von Urs Widmer. Schreiben gegen die Furien des Verschwindens.''] In: ''Neue Zürcher Zeitung.'' 3. April 2014, abgerufen am 6. Dezember 2017.
* Nicola Steiner: [http://www.srf.ch/kultur/literatur/urs-widmer-verachtete-das-lachen-nie ''Urs Widmer verachtete das Lachen nie.''] In: ''SRF 1.'' 3. April 2014, abgerufen am 6. Dezember 2017. (Mit Links auf weitere Sendungen)
* Pirmin Meier: [http://www.schweizermonat.ch/artikel/doktor-der-sehnsucht ''«Doktor der Sehnsucht». Zum Tode eines Meisters der gegenwärtigen Literaturszene.''] In: ''[[Schweizer Monat]].'' online, 8. April 2014, abgerufen am 6. Dezember 2017.
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
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Version vom 4. Oktober 2015, 09:51 Uhr

V. Die physische Welt und ihre Verbindung mit Seelen- und Geisterland

Die Gebilde der Seelenwelt und des Geisterlandes können nicht der Gegenstand äußerer sinnlicher Wahrnehmung sein. Die Gegenstände dieser sinnlichen Wahrnehmung sind den beschriebenen beiden Welten als eine dritte anzureihen. Auch während seines leiblichen Daseins lebt der Mensch gleichzeitig in den drei Welten. Er nimmt die Dinge der sinnlichen Welt wahr und wirkt auf sie. Die Gebilde der Seelenwelt wirken durch ihre Kräfte der Sympathie und Antipathie auf ihn ein; und seine eigene Seele erregt durch ihre Neigungen und Abneigungen, durch ihre Wünsche und Begierden Wellen in der Seelenwelt. Die geistige Wesenheit der Dinge aber spiegelt sich in seiner Gedankenwelt; und er selbst ist als denkendes Geistwesen Bürger des Geisterlandes und Genosse alles dessen, was in diesem Gebiete der Welt lebt. Daraus wird ersichtlich, daß die sinnliche Welt nur ein Teil dessen ist, was den Menschen umgibt. Aus der allgemeinen Umwelt des Menschen hebt sich dieser Teil mit einer gewissen Selbständigkeit ab, weil ihn die Sinne wahrnehmen können, die das Seelische und Geistige unberücksichtigt lassen, das ebenso dieser Welt angehört. Wie ein Stück Eis, das auf dem Wasser schwimmt, Stoff ist des umgebenden Wassers, aber sich durch gewisse Eigenschaften von diesem abhebt, so sind die Sinnendinge Stoff der sie umgebenden Seelen- und Geisterwelt; und sie heben sich von diesen durch gewisse Eigenschaften ab, die sie sinnlich wahrnehmbar machen. Sie sind - halb bildlich gesprochen - verdichtete Geist- und Seelengebilde; und die Verdichtung [147] bewirkt, daß die Sinne sich von ihnen Kenntnis verschaffen können. Ja, wie das Eis nur eine Form ist, in der das Wasser existiert, so sind die Sinnendinge nur eine Form, in der die Seelen- und Geistwesen existieren. Hat man das begriffen, so faßt man auch, daß, wie das Wasser in Eis, so die Geist- in die Seelenwelt und diese in die Sinnenwelt übergehen können.
Von diesem Gesichtspunkte aus ergibt sich auch, warum der Mensch sich Gedanken über die sinnlichen Dinge machen kann. Denn es gibt eine Frage, welche sich doch jeder Denkende stellen müßte, nämlich die: in welchem Verhältnisse steht der Gedanke, den sich der Mensch über einen Stein macht, zu diesem Steine selbst? Denjenigen Menschen, die besonders tiefe Blicke in die äußere Natur tun, tritt diese Frage in voller Klarheit vor das geistige Auge. Sie empfinden die Zusammenstimmung der menschlichen Gedankenwelt mit dem Bau und der Einrichtung der Natur. In schöner Art spricht sich zum Beispiel der große Astronom Keller über diese Harmonie aus:
«Wahr ist's, daß der göttliche Ruf, welcher die Menschen Astronomie lernen heißt, in der Welt selbst geschrieben steht, nicht zwar in Worten und Silben, aber der Sache nach, vermöge der Angemessenheit der menschlichen Begriffe und Sinne zu der Verkettung der himmlischen Körper und Zustände.» - Nur weil die Dinge der Sinnenwelt nichts anderes sind als die verdichteten Geistwesenheiten, kann der Mensch, der sich durch seine Gedanken zu diesen Geistwesenheiten erhebt, in seinem Denken die Dinge verstehen. Es stammen die Sinnendinge aus der Geisterwelt, sie sind nur eine andere Form der Geisteswesenheiten; und wenn sich der Mensch Gedanken über die Dinge [148] macht, so ist sein Inneres nur von der sinnlichen Form ab- und zu den geistigen Urbildern dieser Dinge hingerichtet. Ein Ding durch Gedanken verstehen ist ein Vorgang, der verglichen werden kann mit dem, durch welchen ein fester Körper zuerst im Feuer flüssig gemacht wird, damit ihn der Chemiker dann in seiner flüssigen Form untersuchen kann.
In den verschiedenen Regionen des Geisterlandes zeigen sich (vergleiche Seite 120 ff.) die geistigen Urbilder der sinnlichen Welt. In der fünften, sechsten und siebenten Region finden sich diese Urbilder noch als lebendige Keimpunkte, in den vier unteren Regionen gestalten sie sich zu geistigen Gebilden. Diese geistigen Gebilde nimmt in einem schattenhaften Abglanz der Menschengeist wahr, wenn er durch sein Denken sich das Verständnis der sinnlichen Dinge verschaffen will. Wie diese Gebilde sich zur sinnlichen Welt verdichtet haben, das ist für denjenigen eine Frage, der ein geistiges Verständnis seiner Umwelt anstrebt. - Zunächst gliedert sich für die menschliche Sinnesanschauung diese Umwelt in die vier deutlich voneinander geschiedenen Stufen: die mineralische, die pflanzliche, die tierische und die menschliche. Das Mineralreich wird durch die Sinne wahrgenommen und durch das Denken begriffen. Macht man sich über einen mineralischen Körper einen Gedanken, so hat man es somit mit einem Zweifachen zu tun: mit dem Sinnendinge und mit dem Gedanken. Demgemäß hat man sich vorzustellen, daß dieses Sinnending ein verdichtetes Gedankenwesen ist. Nun wirkt ein mineralisches Wesen auf ein anderes in äußerlicher Weise. Es stößt an dasselbe und bewegt es; es erwärmt es, beleuchtet es, löst es auf und so weiter. Diese [149] äußerliche Wirkungsart ist durch Gedanken auszudrücken. Der Mensch macht sich Gedanken darüber, wie die mineralisches Dinge äußerlich gesetzmäßig aufeinander wirken. Dadurch erweitern sich seine einzelnen Gedanken zu einem Gedankenbilde der gesamten mineralischen Welt. Und dieses Gedankenbild ist ein Abglanz des Urbildes der ganzen mineralischen Sinnenwelt. Es ist als ein Ganzes in der geistigen Welt zu finden. Im Pflanzenreiche treten zu der äußeren Wirkung eines Dinges auf das andere noch die Erscheinungen des Wachstums und der Fortpflanzung hinzu. Die Pflanze vergrößert sich und bringt aus sich Wesen ihresgleichen hervor. Zu dem, was dem Menschen im Mineralreiche entgegentritt, kommt hier noch das Leben. Die einfache Besinnung auf diese Tatsache gibt einen Ausblick, der hier lichtbringend ist die Pflanze hat in sich die Kraft, sich selbst ihre lebendige Gestalt zu geben und diese Gestalt an einem Wesen ihresgleichen hervorzubringen. Und zwischen der gestaltlosen Art der mineralischen Stoffe, wie sie uns in den Gasen, in den Flüssigkeiten und so weiter gegenübertreten, und der lebendigen Gestalt der Pflanzenwelt stehen die Formen der Kristalle mitten drinnen. In den Kristallen haben wir den Übergang von der gestaltlosen Mineralwelt zu der lebendigen Gestaltungsfähigkeit des Pflanzenreiches zu suchen. - In diesem äußerlich sinnlichen Vorgang der Gestaltung - in den beiden Reichen, dem mineralischen und dem pflanzlichen - hat man die sinnliche Verdichtung des rein geistigen Vorganges zu sehen, der sich abspielt, wenn die geistigen Keime der drei oberen Regionen des Geisterlandes sich zu den Geistgestalten der unteren Regionen bilden. Dem Prozeß der Kristallisation entspricht in [150] der geistigen Welt als sein Urbild der Übergang von dem formlosen Geistkeim zu dem gestalteten Gebilde. Verdichtet sich dieser Übergang so, daß ihn die Sinne in seinem Ergebnis wahrnehmen können, so stellt er sich in der Sinnenwelt als mineralischer Kristallisationsprozeß dar. - Nun ist aber auch in dem Pflanzenleben ein gestalteter Geistkeim vorhanden. Aber hier ist dem gestalteten Wesen noch die lebendige Gestaltungsfähigkeit erhalten geblieben. In dem Kristall hat der Geistkeim bei seiner Gestaltung die Bildungsfähigkeit verloren. Er hat sich in der zustande gebrachten Gestalt ausgelebt. Die Pflanze hat Gestalt und dazu auch noch Gestaltungsfähigkeit. Die Eigenschaft der Geistkeime in den oberen Regionen des Geisterlandes ist dem Pflanzenleben bewahrt geblieben. Die Pflanze ist also Gestalt wie der Kristall, und dazu noch Gestaltungskraft. Außer der Form, welche die Urwesen in der Pflanzengestalt angenommen haben, arbeitet an dieser noch eine andere Form, die das Gepräge der Geistwesen aus den oberen Regionen trägt. Sinnlich wahrnehmbar ist an der Pflanze aber nur, was sich in der fertigen Gestalt auslebt; die bildenden Wesenheiten, welche dieser Gestalt die Lebendigkeit geben, sind im Pflanzenreiche auf sinnlich-unwahrnehmbare Art vorhanden. Das sinnliche Auge sieht die kleine Lilie von heute und die größer gewordene nach einiger Zeit. Die Bildungskraft, welche die letztere aus der ersten herausarbeitet, sieht dieses Auge nicht. Diese bildende Kraftwesenheit ist der sinnlich-unsichtbar webende Teil in der Pflanzenwelt. Die Geistkeime sind um eine Stufe Herabgestiegen, um im Gestaltenreich zu wirken. In der Geisteswissenschaft kann von Elementarreichen gesprochen werden. Bezeichnet man die Urformen, [151] die noch keine Gestalt haben, als erstes Elementarreich, so sind die sinnlich unsichtbaren Kraftwesenheiten, die als die Werkmeister des Pflanzenwachstums wirken, Angehörige des zweiten Elementarreiches. In der tierischen Welt kommt zu den Fähigkeiten des Wachstums und der Fortpflanzung noch Empfindung und Trieb hinzu. Das sind Äußerungen der seelischen Welt. Ein Wesen, das mit ihnen begabt ist, gehört dieser Welt an, empfängt von ihr Eindrücke und übt auf sie Wirkungen. Nun ist jede Empfindung, jeder Trieb, die in einem tierischen Wesen entstehen, aus dem Untergrunde der Tierseele hervorgeholt. Die Gestalt ist bleibender als die Empfindung oder der Trieb. Man kann sagen, so wie sich die sich verändernde Pflanzengestalt zur starren Kristallform verhält, so das Empfindungsleben zur bleibenderen lebendigen Gestalt. Die Pflanze geht in der gestaltbildenden Kraft gewissermaßen auf; sie gliedert immer neue Gestalten während ihres Lebens an. Erst setzt sie die Wurzel, dann die Blattgebilde, dann die Blüten und so weiter an. Das Tier schließt mit einer in sich vollendeten Gestalt ab und entwickelt innerhalb derselben das wechselvolle Empfindungs- und Triebleben. Und dieses Leben hat sein Dasein in der seelischen Welt. So wie nun die Pflanze das ist, was wächst und sich fortpflanzt, so ist das Tier dasjenige, was empfindet und seine Triebe entwickelt. Diese sind für das Tier das Formlose, das sich in immer neuen Formen entwickelt. Sie haben letzten Endes ihre urbildlichen Vorgänge in den höchsten Regionen des Geisterlandes. Aber sie betätigen sich in der seelischen Welt. So kommen in der Tierwelt zu den Kraftwesenheiten, die als sinnlich-unsichtbare das Wachstum und die Fortpflanzung lenken, [152] andere hinzu, die noch eine Stufe tiefer gestiegen sind in die seelische Welt. Im tierischen Reich sind als die Werkmeister, welche die Empfindungen und Triebe bewirken, formlose Wesenheiten vorhanden, die sich in seelische Hüllen kleiden. Sie sind die eigentlichen Baumeister der tierischen Formen. Man kann das Gebiet, dem sie angehören, in der Geisteswissenschaft als das dritte Elementarreich bezeichnen. - Der Mensch ist außer mit den bei Pflanzen und Tieren genannten Fähigkeiten noch mit derjenigen ausgestattet, die Empfindungen zu Vorstellungen und Gedanken zu verarbeiten und seine Triebe denkend zu regeln. Der Gedanke, der in der Pflanze als Gestalt, im Tiere als seelische Kraft erscheint, tritt bei ihm als Gedanke selbst, in seiner eigenen Form, auf. Das Tier ist Seele; der Mensch ist Geist. Die Geistwesenheit ist noch um eine Stufe tiefer herabgestiegen. Beim Tiere ist sie seelenbildend. Beim Menschen ist sie in die sinnliche Stoffwelt selbst eingezogen. Der Geist ist innerhalb des menschlichen Sinnenleibes anwesend. Und weil er im sinnlichen Kleide erscheint, kann er nur als jener schattenhafte Abglanz erscheinen, welchen der Gedanke vom Geistwesen darstellt. Durch die Bedingungen des physischen Gehirnorganismus erscheint im Menschen der Geist - Aber der Geist ist dafür auch des Menschen innerliche Wesenheit geworden. Der Gedanke ist die Form, welche die formlose Geistwesenheit im Menschen annimmt, wie sie in der Pflanze Gestalt, im Tiere Seele annimmt. Dadurch hat der Mensch kein ihn aufbauendes Elementarreich außer sich, insofern er denkendes Wesen ist. Sein Elementarreich arbeitet in seinem sinnlichen Leibe. Nur insofern der Mensch Gestalt und Empfindungswesen [153] ist, arbeiten an ihm die Elementarwesen derselben Art, d je an den Pflanzen und Tieren arbeiten. Der Gedankenorganismus aber wird im Menschen ganz vom Inneren seines physischen Leibes herausgearbeitet. Im Geistorganismus des Menschen, in seinem zum vollkommenen Gehirn ausgebildeten Nervensystem, hat man sinnlich-sichtbar vor sich, was an den Pflanzen und Tieren als unsinnliche Kraftwesenheit arbeitet. Dies macht, daß das Tier Selbstgefühl, der Mensch aber Selbstbewußtsein zeigt. Im Tiere fühlt sich der Geist als Seele; er erfaßt sich noch nicht als Geist. Im Menschen erkennt der Geist sich als Geist, wenn auch - durch die physischen Bedingungen - als schattenhaften Abglanz des Geistes, als Gedanke. - In diesem Sinne gliedert sich die dreifache Welt in der folgenden Art: 1. Das Reich der urbildlichen formlosen Wesen (erstes Elementarreich); 2. das Reich der gestaltenschaffenden Wesen (zweites Elementarreich); 3. das Reich der seelischen Wesen (drittes Elementarreich); 4. das Reich der geschaffenen Gestalten (Kristallgestalten); 5. das Reich, das in Gestalten sinnlich wahrnehmbar wird, an dem aber die gestaltenschaffenden Wesen wirken (Pflanzenreich); 6. das Reich, das in Gestalten sinnlich wahrnehmbar wird, an dem aber außerdem noch die gestaltenschaffenden und die sich seelisch auslebenden Wesenheiten wirken (Tierreich); und 7. das Reich, in dem die Gestalten sinnlich wahrnehmbar sind, an dem aber noch die gestaltenschaffenden und seelisch sich auslebenden Wesenheiten wirken und in dem sich der Geist selbst in Form des Gedankens innerhalb der Sinnenwelt gestaltet (Menschenreich).
Hieraus ergibt sich, wie die Grundbestandteile des im [154] Leibe lebenden Menschen mit der geistigen Welt zusammenhängen. Den physischen Körper, den Ätherleib, den empfindenden Seelenleib und die Verstandesseele hat man als in der Sinnenwelt verdichtete Urbilder des Geisterlandes anzusehen. Der physische Körper kommt dadurch zustande, daß des Menschen Urbild bis zur sinnlichen Erscheinung verdichtet wird. Man kann deshalb auch diesen physischen Leib eine zur sinnlichen Anschaulichkeit verdichtete Wesenheit des ersten Elementarreiches nennen. Der Ätherleib entsteht dadurch, daß die auf diese Art entstandene Gestalt beweglich erhalten wird durch eine Wesenheit, die ihre Tätigkeit in das sinnliche Reich herein erstreckt, selbst aber nicht sinnlich anschaubar wird. Will man diese Wesenheit vollständig charakterisieren, so muß man sagen, sie hat zunächst ihren Ursprung in den höchsten Regionen des Geisterlandes und gestaltet sich dann in der zweiten Region zu einem Urbild des Lebens. Als solches Urbild des Lebens wirkt sie in der sinnlichen Welt. In ähnlicher Art hat die Wesenheit, welche den empfindenden Seelenleib aufbaut, ihren Ursprung in den höchsten Gebieten des Geisterlandes, gestaltet sich in der dritten Region desselben zum Urbilde der Seelenwelt und wirkt als solches in der sinnlichen Welt. Die Verstandesseele aber wird dadurch gebildet, daß des denkenden Menschen Urbild sich in der vierten Region des Geisterlandes zum Gedanken gestaltet und als solcher unmittelbar als denkende Menschenwesenheit in der Sinneswelt wirkt. - So steht der Mensch innerhalb der Sinneswelt; so arbeitet der Geist an seinem physischen Körper, an seinem Ätherleib und an seinem empfindenden Seelenleib. So kommt dieser Geist in der Verstandesseele zur Erscheinung. – [155] An den drei unteren Gliedern des Menschen arbeiten also die Urbilder in Form von Wesenheiten mit, die ihm in einer gewissen Art äußerlich gegenüberstehen; in seiner Verstandesseele wird er selbst zum (bewußten) Arbeiter an sich. - Und die Wesenheiten, die an seinem physischen Körper arbeiten, sind dieselben, welche die mineralische Natur bilden. An seinem Ätherleib wirken Wesenheiten von der Art, die im Pflanzenreich, an seinem empfindenden Seelenleib solche, die im Tierreich auf Sinnlich-unwahrnehmbare Art leben, die aber ihre Wirksamkeit in diese Reiche herein erstrecken.
So wirken die verschiedenen Welten zusammen. Die Welt, in welcher der Mensch lebt, ist der Ausdruck dieses Zusammenwirkens.
- - -
Hat man die sinnliche Welt in dieser Art begriffen, so eröffnet sich auch das Verständnis für Wesen anderer Art, als diejenigen sind, die in den genannten vier Reichen der Natur ihr Dasein haben. Ein Beispiel für solche Wesenheiten ist das, was man Volksgeist (Nationalgeist) nennt. Dieser kommt nicht in sinnlicher Art unmittelbar zur Erscheinung. Er lebt sich aus in den Empfindungen, Gefühlen, Neigungen und so weiter, die man als die einem Volke gemeinsamen beobachtet. Er ist eine Wesenheit, die sich nicht sinnlich verkörpert; sondern wie der Mensch seinen Leib sinnlich anschaulich gestaltet, so gestaltet sie den ihrigen aus dem Stoffe der Seelenwelt. Dieser Seelenleib des Volksgeistes ist wie eine Wolke, in welcher die Glieder eines Volkes leben, deren Wirkungen in den Seelen der betreffenden Menschen zum Vorschein kommen, [156] die aber nicht aus diesen Seelen selbst stammt. Wer sich den Volksgeist nicht in dieser Art vorstellt, für den bleibt er ein schemenhaftes Gedankenbild ohne Wesen und Leben, eine leere Abstraktion. - Und ein ähnliches wäre zu sagen in bezug auf das, was man Zeitgeist nennt. Ja, es wird dadurch der geistige Blick geweitet über eine Mannigfaltigkeit von anderen, von niederen und höheren Wesenheiten, die in der Umwelt des Menschen leben, ohne daß er sie sinnlich wahrnehmen kann. Diejenigen, welche geistiges Anschauungsvermögen haben, nehmen aber solche Wesen wahr und können sie beschreiben. Zu den niedrigeren Arten solcher Wesen gehört alles, was die Wahrnehmer der geistigen Welt als Salamander, Sylphen, Undinen, Gnomen beschreiben. Es sollte nicht gesagt zu werden brauchen, daß solche Beschreibungen nicht als Abbilder der ihnen zugrunde liegenden Wirklichkeit gelten können. Wären sie dieses, so wäre die durch sie gemeinte Welt keine geistige, sondern eine grob-sinnliche. Sie sind Veranschaulichungen einer geistigen Wirklichkeit, die sich eben nur auf diese Art, durch Gleichnisse, darstellen läßt. Wenn derjenige, der nur das sinnliche Anschauen gelten lassen will, solche Wesenheiten als Ausgeburten einer wüsten Phantasie und des Aberglaubens ansieht, so ist das durchaus begreiflich. Für sinnliche Augen können sie natürlich nie sichtbar werden, weil sie keinen sinnlichen Leib haben. Der Aberglaube liegt nicht darin, daß man solche Wesen als wirklich ansieht, sondern daß man glaubt, sie erscheinen auf sinnliche Art.
Wesen solcher Form wirken an dem Wellenbad mit, und man trifft mit ihnen zusammen, sobald man die höheren, den leiblichen Sinnen verschlossenen Weltgebiete betritt. [157] Abergläubisch sind nicht diejenigen, welche in solchen Beschreibungen die Bilder geistiger Wirklichkeiten sehen, sondern diejenigen, welche an das sinnliche Dasein der Bilder glauben, aber auch diejenigen, welche den Geist ablehnen, weil sie das sinnliche Bild ablehnen zu müssen vermeinen. - Auch solche Wesen sind zu verzeichnen, die nicht bis in die Seelenwelt herabsteigen, sondern deren Hülle nur aus Gebilden des Geisterlandes gewoben ist. Der Mensch nimmt sie wahr, wird ihr Genosse, wenn er das geistige Auge und das geistige Ohr sich für sie eröffnet. - Durch eine solche Eröffnung wird dem Menschen vieles verständlich, was er ohne dieselbe nur verständnislos anstarren kann. Es wird hell um ihn herum; er sieht die Ursachen zu dem, was sich in der Sinnenwelt als Wirkungen abspielt. Er erfaßt dasjenige, was er ohne geistiges Auge entweder ganz ableugnet oder demgegenüber er sich mit dem Ausspruch begnügen muß: «Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumen läßt.» Feiner - geistig - empfindende Menschen werden unruhig, wenn sie eine andere Welt als die sinnliche uni sich herum ahnen, dumpf gewahr werden und innerhalb ihrer tappen müssen wie der Blinde zwischen sichtbaren Gegenständen. Nur die klare Erkenntnis von diesen höheren Gebieten des Daseins, das verständnisvolle Eindringen in dasjenige, was in ihnen vorgeht, kann den Menschen wirklich festigen und ihn seiner wahren Bestimmung zuführen. Durch die Einsicht in das, was den Sinnen verborgen ist, erweitert der Mensch sein Wesen in der Art, daß er sein Leben vor dieser Erweiterung wie ein «Träumen über die Welt» empfindet. [158]