Bronte (NHC) und Nervus oculomotorius: Unterschied zwischen den Seiten

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Der unter dem Titel '''Bronte''' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|griech.]] „Donner“) oder '''Vollkommener Verstand''' bekannte Text ist Teil der [[Nag-Hammadi-Schriften]], einer 1945 in Ägypten gefundenen Sammlung vorwiegend [[Gnosis|gnostischer]] Texte. Dort erscheint er als zweite Schrift des Kodex VI (NHC VI,2).
[[Datei:Eye nerves diagram.svg|mini|Schema des Nervus oculomotorius, autonomer Anteil gelb]]
[[Datei:Augennerven.jpg|mini|Nerven der Augengegend]]
[[Datei:Gray775.png|mini|Plan des Augenbewegungsnervs]]
Der paarige '''Nervus oculomotorius''' (''Augenbewegungsnerv''), auch ''dritter'' [[Hirnnerv]], N. '''III''' genannt, innerviert jederseits vier der sechs ''äußeren'' [[Augenmuskeln]] und zwei ''innere'' Augenmuskeln sowie den ''Lidheber''.  


== Inhalt und Einordnung ==
== Verlauf und Funktion ==
Der Nervus oculomotorius entspringt im vorderen Anteil des [[Mittelhirn]]s und verlässt dieses in der ''Fossa interpeduncularis''. Seine [[Hirnnervenkern]]e sind der ''[[Nucleus nervi oculomotorii|Ncl. nervi oculomotorii]]'' (somatomotorisch) und der ''Ncl. accessorius nervi oculomotorii ([[Edinger-Westphal-Kern]])'' ([[Parasympathikus|parasympathisch]]) sowie der Kern von Perlia für die Akkommodation. Er zieht nach ventral bis zur Sella turcica ([[Türkensattel]]), wo er die [[Dura mater|Dura]] durchbricht und in den [[Sinus cavernosus]] eintritt. In dessen Dach und später an dessen Seitenwand zieht er Richtung [[Fissura orbitalis superior]]. Nach seinem Durchtritt durch die Fissura orbitalis superior in die [[Orbita|Augenhöhle]] verläuft er im [[Anulus tendineus communis]] und spaltet sich danach in einen ''Ramus superior'' und einen ''Ramus inferior'' auf.<ref>{{Literatur |Autor=[[Martin Trepel]] |Titel=Neuroanatomie - Struktur und Funktion |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage=4 |Verlag=Elsevier |Ort=München |Datum=2008 |ISBN=9783437412981 |Seiten=61 f.}}</ref>


Der hymnische Text enthält die Selbstoffenbarung eines weiblichen göttlichen Wesens, dass sich in Gegensätzen und Rätselworten beschreibt:
Die motorischen Fasern innervieren neben dem [[Musculus levator palpebrae superioris]] (Lidhebung) den [[Augenmuskel#Musculus rectus medialis|Musculus rectus medialis]] (gerader, innerer Augenmuskel), den [[Augenmuskel#Musculus rectus superior|Musculus rectus superior]] (gerader, oberer Augenmuskel), den [[Augenmuskel#Musculus rectus inferior|Musculus rectus inferior]] (gerader, unterer Augenmuskel) und den [[Augenmuskel#Musculus obliquus inferior|Musculus obliquus inferior]] (schräger, unterer Augenmuskel).
:''Denn ich bin die Erste und die Letzte.
:''Ich bin die Geehrte und die Verachtete.
:''Ich bin die Hure und die Hehre.
:''Ich bin das Weib und die Jungfrau.
:''Ich bin die Mutter und die Tochter.<ref>Seite 13. Übersetzung nach ''Nag Hammadi deutsch.'' Bd. 2. S. 459</ref>
Eine Einordnung des Textes erscheint schwierig. Es wurde hingewiesen auf die Ähnlichkeit mancher Formulierungen mit den [[Wikipedia:Aretalogie (Religion)|Aretalogien]] der [[Isis (Ägyptische Mythologie)|Isis]], beispielsweise der in [[Wikipedia:Kyme (Aeolis)|Kyme]] gefundenen Inschrift.<ref>Lüdemann, Janßen: ''Bibel der Häretiker'' 1997. S. 326f.</ref> Anders als Isis ist die Sprecherin aber keine Allgottheit, sondern bezeichnet sich gleich anfangs als Ausgesandte einer nicht näher benannten Macht. Andere Stellen erinnern an die Beschreibung des Zustands der gefallenen Sophia in gnostischen Texten:
:''… wenn ich unter die Verdammten und in die niedrigsten Orte geworfen bin, seht nicht auf mich und verspottet mich nicht!<ref>Seite 15. NHD Bd. 2. S. 460</ref>
und
:''Ich bin die Sophia der Griechen und die Gnosis der Barbaren.<ref>Seite 16. NHD Bd. 2. S. 461</ref>
Der Text erscheint als eine kunstvolle Zusammenführung mehrerer Gestalten und Elemente. Ob und inwiefern er als gnostisch bezeichnet werden, ist daher strittig.


Die Sprache des überlieferten Textes ist [[Wikipedia:Sahidisch|Sahidisch]], ein Dialekt des [[Wikipedia:Koptische Sprache|Koptischen]]. Ob der Text in dieser Sprache abgefasst ist, oder − wie viele andere Texte der Nag Hammadi-Bibliothek − aus dem Griechischen übersetzt wurde, ist unklar. Die hohe literarische Qualität lässt einen koptischen Originaltext als möglich erscheinen.<ref>NHD Bd. 2. S. 456f.</ref>
Die parasympathischen Fasern des N. oculomotorius ziehen zum [[Ganglion ciliare]], wo sie auf ihr zweites [[Neuron]] umgeschaltet werden. Die Nervenfasern des zweiten Neurons innervieren den [[Musculus sphincter pupillae]], der für die Verengung ([[Miosis]]) der [[Pupille]] verantwortlich ist, und den [[Musculus ciliaris]], der die [[Akkommodation (Auge)|Akkommodation]] reguliert.


Die titelgebende Stelle („Ich bin der [vollkommene] Verstand und die Ruhe des [Donners].) erscheint auf Seite 18. Die Lesart der Stelle ist unklar.
Der unpaarige Ncl. perlia n. oculomotorii innerviert speziell den M. ciliaris, welcher für die Akkommodation des Auges zuständig ist.<ref>[[Jochen Fanghänel|J. Fanghänel]] (Hrsg.): ''[[Anton Johannes Waldeyer|Waldeyer]] Anatomie des Menschen.'' 18. Auflage. de Gruyter, Berlin u. a. 2009, ISBN 978-3-11-019353-4, S. 463, bez. Ncl. Perlia.</ref>


== Literatur ==
== Ausfallerscheinungen ==
{{Hauptartikel|Okulomotoriusparese}}
Bei Schädigung des Nervus oculomotorius oder seiner Kerngebiete kommt es zu einer Lähmung, der sogenannten [[Okulomotoriusparese]]. Sie löst Augenmuskelgleichgewichtsstörungen ([[Schielen]]) und Bewegungseinschränkungen des betroffenen Auges aus, was mit entsprechender Doppelbildwahrnehmung ([[Diplopie]]) einhergeht. Zudem kann es zu einem Herabhängen des Oberlides ([[Ptosis]]), erweiterter [[Pupille]] ([[Mydriasis]]) und Verschwommensehen in der Nähe ([[Akkommodation (Auge)|Akkommodationsstörung]]) kommen.
In Abhängigkeit von der Lokalisation der Störung kennt man verschiedene Erkrankungen, die häufig durch [[Aneurysma|Aneurysmen]] oder andere raumfordernde Prozesse ausgelöst werden. Hierzu zählen u. a. das [[Sinus-cavernosus-Syndrom]] und das [[Clivuskanten-Syndrom]]. Auch im Bereich des [[Circulus arteriosus cerebri]] (''Circulus Wilissi'') kommt es zu Schädigungen des Nervus oculomotorius.


=== Textausgabe ===
== Einzelnachweise ==
* George W. McRae: ''The Thunder. Perfect Mind.'' In: Douglas M. Parrott (Hrsg.): ''Nag Hammadi Codices V,2–5 and VI with [[Wikipedia:Codex Berolinensis Gnosticus 8502|Papyrus Berolinensis 8502]], 1 and 4. NHS XI.'' Brill, Leiden 1979. S. 231-255
<references />
* Paul-Hubert Poirier (Hrsg.): ''Le Tonnerre, Intellect parfait (NH VI,2).'' BCNH 22. Presses de l'Université Laval (Québec) 1995, ISBN 2-7637-7419-9


=== Übersetzung ===
== Siehe auch ==
* [[Nervus trochlearis]]
* [[Nervus abducens]]


* Uwe-Karsten Plisch: ''Die Brontê − Vollkommener Verstand (NHC VI,2).'' In: Hans-Martin Schenke u.a. (Hrsg.): ''Nag Hammadi deutsch.'' de Gruyter, Berlin/New York 2001/2003. Bd. 2. S. 455-466.  
== Literatur ==
* Gerd Lüdemann, Martina Janßen: ''Die Bibel der Häretiker.'' Radius, Stuttgart 1997. S. 325-335
* Martin Trepel: ''Neuroanatomie. Struktur und Funktion.'' 3., neu bearbeitete Auflage. Urban & Fischer, München u.&nbsp;a. 2004, ISBN 3-437-41297-3.
* Franz-Viktor Salomon: ''Nervensystem, Systema nervosum''. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): ''Anatomie für die Tiermedizin.'' Enke, Stuttgart 2005, ISBN 3-8304-1007-7, S. 464–577.


=== Sekundärliteratur ===
{{Navigationsleiste Hirnnerven}}


* Hans-Gerhard Bethge: ''„Nebront“. Die zweite Schrift aus Nag-Hammadi-Codex VI.'' In: Theologische Literaturzeitung 98. S. 97-104
[[Kategorie:Hirnnerv]]
* Bentley Layton: ''The Riddle of the Thunder (NHC VI,2): The Function of the Paradox in a Gnostic Text from Nag Hammadi.'' In: Charles W. Hedrick, Robert Hodgson Jr. (Hrsg.): ''Nag Hammadi, Gnosticism and Early Christianity.'' Hendrickson, Peabody, Mass. 1986, ISBN 0-913573-16-7. S. 37-54
[[Kategorie:Anatomie des Auges]]
== Weblinks ==
* [http://web.archive.org/web/20080108193051/wwwuser.gwdg.de/~rzellwe/nhs/node283.html#SECTION000480000000000000000 Deutsche Übersetzung von Gerd Lüdemann und Martina Janßen]
* [http://www.gnosis.org/naghamm/thunder.html Englische Übersetzung von George W. MacRae]  
 
== Einzelnachweise ==
<references/>


[[Kategorie:Nag-Hammadi-Schriften]]
{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Gnosis]]

Version vom 31. Dezember 2020, 18:14 Uhr

Schema des Nervus oculomotorius, autonomer Anteil gelb
Nerven der Augengegend
Plan des Augenbewegungsnervs

Der paarige Nervus oculomotorius (Augenbewegungsnerv), auch dritter Hirnnerv, N. III genannt, innerviert jederseits vier der sechs äußeren Augenmuskeln und zwei innere Augenmuskeln sowie den Lidheber.

Verlauf und Funktion

Der Nervus oculomotorius entspringt im vorderen Anteil des Mittelhirns und verlässt dieses in der Fossa interpeduncularis. Seine Hirnnervenkerne sind der Ncl. nervi oculomotorii (somatomotorisch) und der Ncl. accessorius nervi oculomotorii (Edinger-Westphal-Kern) (parasympathisch) sowie der Kern von Perlia für die Akkommodation. Er zieht nach ventral bis zur Sella turcica (Türkensattel), wo er die Dura durchbricht und in den Sinus cavernosus eintritt. In dessen Dach und später an dessen Seitenwand zieht er Richtung Fissura orbitalis superior. Nach seinem Durchtritt durch die Fissura orbitalis superior in die Augenhöhle verläuft er im Anulus tendineus communis und spaltet sich danach in einen Ramus superior und einen Ramus inferior auf.[1]

Die motorischen Fasern innervieren neben dem Musculus levator palpebrae superioris (Lidhebung) den Musculus rectus medialis (gerader, innerer Augenmuskel), den Musculus rectus superior (gerader, oberer Augenmuskel), den Musculus rectus inferior (gerader, unterer Augenmuskel) und den Musculus obliquus inferior (schräger, unterer Augenmuskel).

Die parasympathischen Fasern des N. oculomotorius ziehen zum Ganglion ciliare, wo sie auf ihr zweites Neuron umgeschaltet werden. Die Nervenfasern des zweiten Neurons innervieren den Musculus sphincter pupillae, der für die Verengung (Miosis) der Pupille verantwortlich ist, und den Musculus ciliaris, der die Akkommodation reguliert.

Der unpaarige Ncl. perlia n. oculomotorii innerviert speziell den M. ciliaris, welcher für die Akkommodation des Auges zuständig ist.[2]

Ausfallerscheinungen

Bei Schädigung des Nervus oculomotorius oder seiner Kerngebiete kommt es zu einer Lähmung, der sogenannten Okulomotoriusparese. Sie löst Augenmuskelgleichgewichtsstörungen (Schielen) und Bewegungseinschränkungen des betroffenen Auges aus, was mit entsprechender Doppelbildwahrnehmung (Diplopie) einhergeht. Zudem kann es zu einem Herabhängen des Oberlides (Ptosis), erweiterter Pupille (Mydriasis) und Verschwommensehen in der Nähe (Akkommodationsstörung) kommen. In Abhängigkeit von der Lokalisation der Störung kennt man verschiedene Erkrankungen, die häufig durch Aneurysmen oder andere raumfordernde Prozesse ausgelöst werden. Hierzu zählen u. a. das Sinus-cavernosus-Syndrom und das Clivuskanten-Syndrom. Auch im Bereich des Circulus arteriosus cerebri (Circulus Wilissi) kommt es zu Schädigungen des Nervus oculomotorius.

Einzelnachweise

  1.  Martin Trepel: Neuroanatomie - Struktur und Funktion. 4 Auflage. Elsevier, München 2008, ISBN 9783437412981, S. 61 f..
  2. J. Fanghänel (Hrsg.): Waldeyer Anatomie des Menschen. 18. Auflage. de Gruyter, Berlin u. a. 2009, ISBN 978-3-11-019353-4, S. 463, bez. Ncl. Perlia.

Siehe auch

Literatur

  • Martin Trepel: Neuroanatomie. Struktur und Funktion. 3., neu bearbeitete Auflage. Urban & Fischer, München u. a. 2004, ISBN 3-437-41297-3.
  • Franz-Viktor Salomon: Nervensystem, Systema nervosum. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke, Stuttgart 2005, ISBN 3-8304-1007-7, S. 464–577.


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