Kollektives Unbewusstes

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Das Kollektive Unbewusste ist ein von Carl Gustav Jung geprägter Begriff aus dem Konzept seiner Analytischen Psychologie.

Evolution und kollektives Unbewusstes

Jung übernahm zwar aus der Psychoanalyse die Begriffe Bewusstsein und Unbewusstes, differenzierte aber letzteres in ein persönliches Unbewusstes und das kollektive Unbewusste. Dieses postuliert Jung als Lagerstätte des psychischen Erbes der Menschheitsgeschichte, welches sich, ähnlich wie der biologische Körper, durch die Evolution hindurch entwickelt habe und von verschiedenen Erfahrungen geprägt worden sei. Alles, was irgendwann einmal von der individuellen Psyche eines Menschen ausgedrückt wurde, werde zu einem Bestandteil der psychischen Grundkonstitution eines Menschen – und ebenso auf einer kollektiven Ebene zu einem Bestandteil der ganzen Gattung und damit zu einem Bestandteil des kollektiven Unbewussten.[1] Hinsichtlich der von Sigmund Freud beschriebenen Struktur des Über-Ichs räumt Jung ein, dass er „in späteren Arbeiten“ seine Grundansicht revidierte und dass sein Über-Ich das „dem Individuum teils bewußte, teils unbewußte und verdrängte Kollektivbewußtsein“ bezeichne.[2] Das kollektive Unbewusste ist nach Jung überindividuell und kulturunabhängig und wird anhand interkultureller Vergleiche in Mythen, Magie und Märchen (siehe z.B. auch das von Joseph Campbell entdeckte überkulturelle Erzählprinzip der Heldenreise) studiert und entspricht dem Kollektivbewusstsein Émile Durkheims (1858-1917). Nach Durkheim ist es zu seiner Objektivierung in den individuellen Psychen verankert. Das kollektive Bewusstsein existiere nicht eigenständig von der Summe aller individuellen Bewusstseinsformen.[3]

Archetypen

Besonders häufige, immer wiederkehrende psychische Muster formen sich nach Jung zu Grundmotiven bzw. Archetypen, die strukturierend auf die kollektive und individuelle Psyche wirkten. Sie entwickelten eine bedeutende, unwillkürliche Kraft („Numinosum“), der sich keine individuelle Psyche auf Dauer entziehen kann.

Dem Bewusstsein erscheinen die Archetypen als typische, häufig zu beobachtende Verhaltensmotive, die sich objektiv als kulturelle Gegenstände und/oder Rituale manifestieren. Die Motive verschiedener Märchen, Mythen und ihr Auftreten in der Kunst und im Traum über verschiedene Epochen, Sprachen und Kulturen hindurch werden von Jung als Beweis für die Existenz dieser Archetypen herangeführt.[4] Jung hat sich in seiner Auffassung vom kollektiven Unbewussten u.a. auf die Arbeiten von Lucien Lévy-Bruhl (1857-1939) gestützt, siehe auch den Begriff des Kollektivbewusstseins.[5]

Einzelnachweise

  1. Jung, Carl Gustav: Psychologische Typen. In: Gesammelte Werke. Walter-Verlag, Düsseldorf 1995, Paperback, Sonderausgabe, Band 6, ISBN 3-530-40081-5, §§ 161, 281, 762, 842; (vgl. insbes. den in § 281 von Jung näher ausgeführten psycholog. Gegensatz in Carl Spitteler: Prometheus und Epimetheus [1881])
  2. Jung, Carl Gustav: Die Archetypen und das kollektive Unbewußte. Gesammelte Werke. Walter-Verlag, Düsseldorf 1995, Paperback, Sonderausgabe, Band 9/1, ISBN 3-530-40084-X, § 2
  3. Hillmann, Karl-Heinz: Wörterbuch der Soziologie. Kröner-Verlag, Stuttgart 1994, ISBN 3-520-41004-4, Seite 98, 421 f., 423 f., Stw. Bewußtsein, Kollektivbewußtsein und Kollektives Unbewußtes
  4. Jung, Carl Gustav: Das symbolische Leben. Gesammelte Werke. Walter-Verlag, Düsseldorf 1995, Paperback, Sonderausgabe, Band 18/1, ISBN 3-530-40095-5, §§ 80 f., 92 f., 138, 190, 195, 218, 221 f., 231, 250, 262, 271, 299, 324, 353 f., 358, 366, 368, 385, 402, 406 f., 409, 512, 521-559, 563, 578, 589, 595, 830
  5. Lévy-Bruhl, Lucien: Les fonctions mentales dans les sociétés inférieures [1910]. Paris: Les Presses universitaires de France. 9e édition, 1951, 474 pages Fernladbarer Text Stellenangabe: Seite 27


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