Himmelfahrt Mohammeds

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Mohammeds Aufstieg in den Himmel (Persische Miniaturmalerei aus dem 16. Jahrhundert)
Darstellung eines Buraq aus dem 17. Jahrhundert

Die Himmelfahrt Mohammeds ist eine Traumvision des Propheten Mohammed, von der im Koran und im Hadith in zwei unterschiedlichen Versionen berichtet wird.

In einer dritten Variante werden die beiden Versionen Isra und Mi'raj (arab. الإسراء والمعراج, DMG al-’Isrā’ wal-Mi‘rāj) zu einem Gesamtbild vereinigt.

Die in der islamischen Literatur detailreich ausgemalte Reise führt Mohammed in Begleitung des Erzengels Gabriel durch die Hölle und das Paradies und durch die sieben himmlischen Sphären bis hin zu Gott.

al-Isrāʾ

In Sure 17 (arab. الإسراء, DMG al-isrāʾ ‚die nächtliche Reise‘) wird die Nachtreise des Propheten Mohammed zu einer „entfernten Moschee“ (al-masdschid al-aqṣā) geschildert (Koran 17,1), die nach der Überlieferung auf dem Tempelberg in Jerusalem gelegen haben soll.

„Gepriesen sei Der, Der bei Nacht Seinen Diener von der heiligen Moschee zu der fernen Moschee, deren Umgebung Wir gesegnet haben, hinführte, auf daß Wir ihm einige Unserer Zeichen zeigten. Wahrlich, Er ist der Allhörende, der Allsehende. (1)“

– (Koran 17,1)

Nach schiitischer Auffassung lag die „entfernte Moschee“ allerdings weder in Jerusalem noch an einem anderen irdischen Ort, sondern im Himmel. Mohammed sei von einem Ort nahe der Heiligen Kaaba in Mekka zu seiner Reise aufgebrochen, getragen von seinem wundersamen geflügelten pferdeähnlichen Reittier al-Burāq. In Jerusalem habe Mohammed die drei Propheten Abraham, Moses und Jesus getroffen und gemeinsam mit ihnen gebetet.

„Dann wurde Mohammed vom Tempel zu Mekka nach dem Tempel von Jerusalem getragen, der Islam hatte sich schon unter den Kureischiten und andern Kabileu Mekka's verbreitet [...] Diese Reise war eine Versuchung und ein Erproben, ein Befehl des erhabenen und mächtigen Gottes, eine Belehrung für Verständige, Leitung, Gnade und Befestigung für die Gläubigen. Gottes Befehl war bestimmt, Mohammed musste nach seinem Willen wandern, damit er ihm von seinen Wundern zeige, so viel er wollte, und einen Blick anf seine Macht und Herrschaft werfe, kraft welcher er thut was ihm gefällt. Abd Allah I. Masud erzählt, wie mir berichtet worden ist, Folgendes: Man führte Mohammed den Borak vor, es ist das Thier, das schon andere Propheten vor ihm getragen hatte, und das seine Hufen so weit aus einander setzt, als das Aug reicht, sein Freund (Gabriel) hob ihn hinauf und begleitete ihn, und er sah die Wunder zwischen Himmel und Erde, bis er nach Jerusalem kam. Hier fand er Abraham, Moses und Christus und andere Propheten, die sich um seinetwillen hier einfanden, und er betete mit ihnen. Man brachte ihm dann drei Gefässe, in dem einen war Milch, im andern Wein und im dritten Wasser. Mohammed hörte, als ihm diese Gefässe vorgestellt worden, eine Stimme, die ihm zurief: wenn er das Wassergefäss nimmt wird er und sein Volk ertränkt, greift er nach dem Wein, so wird er und sein Volk in Irrthum verfallen, zieht er aber die Milch vor, so wird er und sein Volk geleitet. Ich nahm daher, so erzählt Mohammed selbst, das Milchgefäss und trank daraus, und Gabriel sagte mir: Du wirst geleitet, und Dein Volk mit Dir, o Mohammed! [..]

Einer aus der Familie Abu Bekr's hat mir erzählt, Aischa habe gesagt: Mohammed's Körper wurde nicht vermisst , sondern Gott liess seinen Geist reisen.“

Mohammed Ibn Ishak: Das Leben Mohammeds, S. 196-198[1]

Den phantasieartigen Charakter dieser "Reise" verdeutlicht Rudolf Frieling, indem er schreibt: "Beim Tempel in Jerusalem angekommen (der allerdings schon lange nicht mehr physisch dort stand), steigt Mohammed ab und begegnet am Tempel-Eingang Abraham, Moses und Jesus. Er betet mit ihnen. Darauf wird eine Licht-Leiter vom Himmel herabgelassen, die auf dem Grundstein des Tempels zum Aufruhen kommt. Der Prophet steigt mit Blitzes-Geschwindigkeit auf dieser Leiter empor und betritt alsbald den untersten <<ersten>> Himmel, der ganz aus Silber besteht (...)."[2]

al-Miʿrādsch

Nach der anderen Version (al-Miʿrādsch / al-Miʿrāj / المعراج / al-miʿrāǧ /„Leiter, Treppe“, von عرج / ʿaraǧa /„in die Höhe steigen, hinaufsteigen“) soll Mohammed geleitet von dem Erzengel Gabriel über eine Leiter in den siebenten Himmel hinaufgestiegen sein. Die Vision des Propheten wird im (Koran 53,1-18) und (Koran 81,1-29) angedeutet.

„Beim Stern, wenn er heruntersaust! (1) Euer Gefährte ist weder verwirrt, noch befindet er sich im Unrecht, (2) noch spricht er aus Begierde. (3) Vielmehr ist es eine Offenbarung, die (ihm) eingegeben wird. (4) Gelehrt hat ihn einer, der über starke Macht verfügt, (5) dessen Macht sich auf alles erstreckt; darum stand er aufrecht da, (6) als er am obersten Horizont war. (7) Hierauf näherte er sich; kam dann nach unten, (8) bis er eine Entfernung von zwei Bogenlängen erreicht hatte oder noch näher. (9) Und er offenbarte Seinem Diener, was er offenbarte. (10) (Und) dessen Herz hielt es nicht für gelogen, was er sah. (11) Wollt ihr da mit ihm über das streiten, was er sah? (12) Und er sah ihn bei einer anderen Begegnung (13) beim Lotusbaum am äußersten Ende, (14) an dem das Paradies der Geborgenheit liegt. (15) Dabei überflutete den Lotusbaum, was (ihn) überflutete. (16) Da wankte der Blick nicht, noch schweifte er ab. (17) Wahrlich, er hatte eines der größten Zeichen seines Herrn gesehen. (18)“

„Wenn die Sonne eingerollt ist, (1) und wenn die Sterne trübe sind, (2) und wenn die Berge fortbewegt werden, (3) und wenn die trächtigen Kamelstuten vernachlässigt werden, (4) und wenn wildes Getier versammelt wird, (5) und wenn die Meere zu einem Flammenmeer werden, (6) und wenn die Seelen (mit ihren Leibern) gepaart werden, (7) und wenn das lebendig begrabene Mädchen gefragt wird: (8) "Für welch ein Verbrechen wurdest du getötet?" (9) "Und wenn Schriften weithin aufgerollt werden, (10) und wenn der Himmel weggezogen wird, (11) und wenn die Dschahim angefacht wird, (12) und wenn das Paradies nahegerückt wird; (13) dann wird jede Seele wissen, was sie mitgebracht hat. (14) Doch nein! Ich schwöre bei den rückläufigen Sternen, (15) den voraneilenden und den sich verbergenden, (16) und bei der Nacht, wenn sie vergeht, (17) und Ich schwöre beim Morgen, wenn er zu atmen beginnt, (18) daß dies in Wahrheit ein Wort eines edlen Boten ist, (19) der mit Macht begabt ist bei dem Herrn des Throns und in Ansehen steht, (20) dem gehorcht wird und der getreu ist; (21) und euer Gefährte ist nicht ein Besessener. (22) Wahrlich, er sah ihn am klaren Horizont. (23) Und er ist weder geizig hinsichtlich des Verborgenen, (24) noch ist dies das Wort Satans, des Verfluchten. (25) Wohin also wollt ihr gehen? (26) Dies ist ja nur eine Ermahnung für alle Welten. (27) Für denjenigen unter euch, der aufrichtig sein will. (28) Und ihr werdet nicht wollen, es sei denn, daß Allah will, der Herr der Welten. (29)“

Bezug zu Dantes «Göttlicher Komödie»

Das Ende des 19. Jahrhunderts von dem britische Orientalisten Reynold Alleyne Nicholson entdeckte „Sendschreiben der Vergebung“ (Risālat al-ġufrān) des syrischen Dichters Abū l-ʿAlāʾ al-Maʿarrī († 1057), das im ersten eschatologischen Teil eine vergleichbare Jenseitsreise beschreibt, zeigt sehr auffallende Ähnlichkeiten mit dem von Dante Alighieri in seiner «Göttlichen Komödie» gezeichneten Weltbild. Auch die von dem islamischen Mystiker Ibn al-Arabi beschriebene Himmelsreise zeigt große Übereinstimmungen. 1264 wurde das anonyme arabische Werk Kitāb al-miʿrāǧ, das auch die Jenseitsreise beschreibt, unter dem Titel „Liber scalae Machometi“ von Bonaventura de Siena ins Lateinische übersetzt, was einige Dante-Forscher vermuten ließ, dass Dante dieses Werk gekannt haben könnte.

Kritik

Tatsächlich war Mohammed nie in seinem Leben wirklich, also auch physisch am Tempelberg anwesend. Insofern ist der Anspruch der Muslime auf Jerusalem historisch gesehen mehr als zweifelhaft.

Siehe auch

Literatur

  • Al-Ma'arri, Gregor Schoeler (Übers.): Paradies und Hölle. Die Jenseitsreise aus dem „Sendschreiben über die Vergebung“, Verlag C.H. Beck 2002, ISBN 978-3406484469
  • Muhyiddin Ibn Arabi, Franz Langmayr (Übers.), Wolfgang Herrmann (Übers.): Reise zum Herrn der Macht: Meine Reise verlief nur in mir selbst, Chalice Verlag 2008, ISBN 978-3905272734
  • Milena Rampoldi: Vergleich zwischen der Anschauung des Paradieses in Abu l-'Ala al-Ma'arri und Dante Alighieri, epubli GmbH 2014, ISBN 978-3844281422

Einzelnachweise

  1. Gustav Weil (Übersetzer): Das Leben Mohammeds nach Muhammed Ibn Ishâk bearbeitet von Abd el-Malik Ibn Hischâm. Stuttgart 1864 , S. 196-198
  2. Rudolf Frieling: Christentum und Islam. Der Geisteskampf um das Menschenbild, Fischer TB Vlg., Frankfurt a.M. 1981, S. 39