Abendland und Variante: Unterschied zwischen den Seiten

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Das '''Abenland''' oder noch spezifischer das '''christliches Abendland''', auch [[Okzident]] genannt, ist ein im deutschen Sprachraum geprägter Begriff, der vornehmlich die [[Politik|politischen]], [[Religion|religiösen]] und allgemein [[kultur]]ellen Unterschiede zu dem ihm gegenübergestellten [[Morgenland]], dem [[Orient]], hervorzuheben soll, die allerdings im [[historisch]]en Verlauf sehr unterschiedlich bewertet wurden und werden.
#WEITERLEITUNG [[Varietät]]
 
Ursprünglich umfasste das Abendland nur die ehemaligen, im Zuge der [[Wikipedia:Völkerwanderung|Völkerwanderung]] untergegangenen [[latein]]ischsprachigen Westprovinzen des [[Wikipedia:Römisches Reich|Römischen Reiches]], die weitgehend identisch mit den [[Wikipedia:Diözese|Diözesen]] der aufstrebenden [[Römer|römischen]] [[Wikipedia:Westkirche|Westkirche]] waren. Mit der voranschreitenden [[Wikipedia:Christianisierung|Christianisierung]] der [[Wikipedia:Germanen|Germanischen Völker]] dehnte sich der Begriff des Abendlandes auf den ganzen westlichen Teil [[Europa]]s aus und umfasste namentlich das heutige [[Wikipedia:Deutschland|Deutschland]], [[England]], [[Wikipedia:Frankreich|Frankreich]], [[Wikipedia:Italien|Italien]] und die [[Wikipedia:Iberische Halbinsel|Iberische Halbinsel]].
 
Nach dem [[Wikipedia:Zweiter Weltkrieg|Zweiter Weltkrieg]], zur Zeit des [[Wikipedia:Kalter Krieg|Kalten Kriegs]], wurde der Begriff des Abenlandes weiter ausgedehnt und weitgehend synonym als '''westliche Welt''' oder kurz als der '''Westen''' verstanden, der auch die [[Nordamerika|nordamerikanischen]] [[Staat]]en mit einbezieht, und dem [[Wikipedia:Kommunismus|kommunistischen]] [[Wikipedia:Ostblock|Ostblock]] entgegengestellt wurde. Mit dem [[Wikipedia:Mauerfall|Mauerfall]] in [[Wikipedia:Berlin|Berlin]] [[Wikipedia:1989|1989]] und dem Zusammenbruch des Ostblocks wurde schließlich ganz Europa, also auch die ehemaligen Oststaaten, die heute großteils der [[Wikipedia:Europäische Union|Europäischen Union]] angehören, zum Teil der westlichen Welt bzw. des Abendlandes gerechnet.
 
Nicht zu vergessen ist dabei, dass die eigentlichen Wurzeln der '''abendländischen Kultur''' - inklusive des [[Christentum]]s - im [[Alter Orient|Alten Orient]] liegen. Das ''Licht der Kultur'' kam in der [[Nachatlantische Zeit|nachatlantischen Zeit]] aus dem Osten ([[lat.]] ''ex oriente lux'').
 
{{GZ|Wer, mit wirklichem Sinn für das Reale ausgestattet, den geschichtlichen
Lauf der Menschheit verfolgt, der wird sehen, daß er
die eigentlichen Quellen der etwas weiter zurückliegenden, nicht
an der Oberfläche befindlichen geistigen Impulse im Menschenleben
drüben im Orient suchen muß - allerdings nicht im heutigen
Orient, denn der heutige Orient ist in dieser Beziehung in der Dekadenz.
Was Quelle dieses ganz besonderen Geistesleben ist, wie
ich es hier in jenem Vortrag geschildert habe, den ich über den geschichtlichen
Entwicklungsgang der Menschheit gehalten habe, das
lebte vor Jahrtausenden im Orient. Da lebte eine Menschheit, die
nichts verstand von dem, was wir «beweisendes» oder «logisches
Denken» nennen - eine Menschheit, die aus denselben Quellen,
welche auch die hier gemeinte Geisteswissenschaft, aber in anderer
Art, in abendländischer Art, dem Menschen eröffnet, einst wissen
konnte, daß in des Menschen Seele etwas leben kann, was ihm den
Geist, der die Welt durchdringt, offenbart. Aber nicht beweisende,
nicht logisierende Geist-Erkenntnis lebt im Orient drüben. Wir
können uns heute, wenn wir uns nicht selber antiquieren wollen,
nicht mehr mit diesem orientalischen Geistesleben durchdringen,
aber in unserer gewöhnlichen Geistesbildung lebt noch immer etwas
davon. Es ist eine gerade Linie von jenem Geist, der aufleuchtete
in den Veden, in der Vedanta-Philosophie, im alten indischen
Yoga-System, der selbst in der chaldäischen Lehre und im alten
China lebte, es ist eine gerade Linie, die sich in vielen Strömungen
durch viele Kanäle nach dem Abendlande bewegte. Und in dem,
was wir im gewöhnlichen Leben an eigentlich Geistigem heute
denken, haben wir noch immer Spuren jenes orientalischen Geisteslebens
vor uns. Selbst als sich in die Menschheitsentwicklung
das Mysterium von Golgatha hineinstellte, als es notwendig war,
den Christus Jesus zu begreifen, da war es orientalische Weisheit,
welche dieses nur durch übersinnliche Erkenntnis zu erfassende
Ereignis zu begreifen suchte; es war orientalische Weisheit, die
dann überging in die Lehre des Christentums und mit dem Christentum
sich dann über das ganze Abendland verbreitete. In dieser
orientalischen Weisheit lebt etwas, was der heutige Mensch nicht
mehr in der rechten Weise empfinden und fühlen kann, wozu er
eine Stütze braucht. Was in dem Orientalen als ursprüngliches Seelenleben
vorhanden war, das mußte im Westen - seit Jahrhunderten
schon - verankert werden in dogmatisch sich zusammenhaltenden
Religionsgemeinschaften; weil der innere Quell des Geisteslebens
nicht mehr in derselben Weise fließt, deshalb brauchte der Mensch
solche Religionsgemeinschaften. Das ist das, was zunächst wie ein
erster Ast in unser öffentliches Leben hineinragt - ein Ast, der
noch immer den Orient als den «Lebenssaft» in sich hat. Und würde
man unbefangen auf unser Geistesleben hinblicken, so würde
man in dem, was der heutige Mensch denkt, fühlt und empfindet
und was selbst in den Wissenschaften, bis in die Physik hinein, was
vor allem aber in den religiösen Bekenntnissen lebt, noch Wirkungen
desjenigen entdecken, was aus dem Orient stammt.|335|261f}}
 
Entscheidend für die Etablierung einer eigenständigen abendländischen Kultur, war die schon sehr frühe Bildung eines neuen linearen [[Zeit]]begriffs, der sich von dem zyklischen orientalischen Zeitverständnis, wie man es zuletzt noch in der [[Gnosis]] findet, radikal unterschied und durch den man erstmals den Gedanken der [[Entwicklung]] fassen konnte. Was [[Darwin]] später einseitig und missverständlich in seiner [[Evolution]]slehre formulierte, liegt schon als Keim den allerersten Anfängen des abendländisch-christlichen [[Denken]]s zugrunde.
 
{{GZ|Aber wenn
man an diese Gnosis herantritt, immer ist eins darin: es spielt darin
wenig der Zeitbegriff, Man kann durch Raumesschemen das Gnostische
ausdrücken. Der Zeitbegriff spielt keine besondere Rolle, wenigstens
durchdringt man ihn nicht verständnisvoll. Und insoferne ist doch nun
ein Fortschritt von der Gnosis zu [[Clemens von Alexandrien]]. Wenn auch
die ganze umfassende Fülle der Geistesweisheit verlorengegangen ist,
war dennoch ein Fortschritt zu Clemens von Alexandrien, indem er den
Zeitbegriff in die Entwickeiung des Christus hineinbrachte und sagte:
Der Christus gab sich früher, konnte sich früher kundgeben durch
Engel, dann als Sohn, indem er selber fortgeschritten war. Entwickeiung
kam hinein, das ist das Bedeutsame. Man kann es nicht oft genug
betonen, daß dazu die abendländische Kulturentwickelung da war, den
Zeitbegriff dann in die Weltanschauung in der richtigen Weise hineinzubringen,
den Entwickelungsgedanken in der richtigen Weise zu verstehen.
Das ist so wichtig, das ist von durchgreifender Wichtigkeit, hinzuschauen
auf die Entwickeiung und zu sehen, wie der Christus sich
ursprünglich nur durch die Engel kundgeben konnte, und dann, nachdem
er durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist, als Sohn erscheint.
Durch die Engel ist er der Botschafter von etwas, was außerhalb
der Welt ist und die Welt allerdings durchdringt, was aber, wenn
es erkannt werden soll, von außerhalb der Welt her erkannt werden
muß: Bote. Später, als er als Sohn erscheint, durchdringt er alles. Wie
der Sohn eines Blutes ist, eins mit dem Vater ist innerhalb der physischen
Welt, so ist der Geist-Sohn eines Wesens vorzustellen mit dem
Vater in der geistigen Welt. Sohn sein ist etwas anderes, als bloß Engel
sein. Wenn also diese Wesenheit sich als Sohn offenbart, ist es ein Fortschritt
gegenüber der früheren Offenbarung, wo er sich nur als Engel,
als Bote, offenbaren konnte.|165|66f}}
 
Mit diesem neuen abendländischen Zeitverständnis konnte auch erst der Begriff der historischen Entwicklung, d.h. der [[Geschichte]] im eigentlichen Sinn, geformt werden. Damit ist später insbesondere auch eine völlige Neuformulierung des [[Reinkarnation]]sgedankens verbunden, die sich etwa schon in [[Lessing]]s «[[Erziehung des Menschengeschlechts]]» andeutet, und von [[Rudolf Steiner]] weitergeführt wurde. Die [[Menschheitsentwicklung]] als Ganzes erschein dann als eine Ergebnis der wiederholten Erdenleben der [[Mensch]]en, die durch ihre individuelle Entwicklung in den aufeinanderfolgenden [Inkarnation]]en die Gesamtentwicklung vorantreiben. Das Erdenleben des [[Christus]] mit dem [[Mysterium von Golgatha]] bildet dabei nach Rudolf Steiner den einzigartigen und unverrückbaren Schwerpunkt dieser Entwicklung.
 
{{GZ|Es werden sich mehrere von
Ihnen erinnern, daß von mir und anderen öfter hingewiesen worden
ist auf die Christus-Wesenheit als auf eine kosmische Wesenheit, überragend
durch ihre Eigenheit die anderen Religionsstifter. Es wurde gesagt,
daß es nicht weiter wunderbar ist, daß diese Eigenart der Christus-Wesenheit vorzugsweise im Abendland erkannt werden kann,
denn dem Abendland ist der historische Geist eigen. Und so braucht
auch das Abendland, damit die Erde überhaupt sich so entwickeln
kann, daß Menschen durch verschiedene Inkarnationen gehen können,
einen Schwerpunkt für diese Entwickelung. Und man muß sich eigentlich
nur wundern, daß sich irgendwo Abendländer finden, die diesen
Schwerpunkt nicht zugeben wollen. Dieser Schwerpunkt ist eben der
Christus-Impuls. Und derjenige, der von Wiederverkörperungen des
Christus sprechen würde, würde genau denselben Fehler machen wie
einer, der da glauben würde, eine Waage sollte in mehreren Punkten
festgehalten werden. Für die Christus-Wesenheit machen Sie in solchem
Falle dasselbe, als wenn Sie eine Waage an zwei oder drei Punkten
sich bewegen lassen wollen. Die Sache ist also von diesem Gesichtspunkte
aus unendlich einfach.
 
Aber es gibt ja noch einen anderen, einen moralischen Grund, der
in bezug auf das Verhältnis des Menschen zu dem Christus, der als Impuls
der Erdenentwickelung anzusehen ist, geltend gemacht werden
muß. Dieser andere Gesichtspunkt ist der: Der Christus trat in einem
bestimmten Momente in diese Entwickelung hinein. Die Menschen, die
gegenwärtig leben, waren auch schon vor dem Christus inkarniert,
werden jetzt wiederum inkarniert, lebten also nicht nur während derjenigen
Zeit der Erdenentwickelung, wo der Christus noch nicht da
war, sondern sie leben auch jetzt, wo der Christus dagewesen ist. Und
der materialistische Einwand, der oftmals gemacht wird, daß, wenn
der Christus so wichtig wäre, eben sein einmaliges Kommen auf Erden
eine Ungerechtigkeit bedeuten würde, dieser materialistische Einwand
fällt weg. Oftmals wird man gefragt: Ja, wie konnte denn die Ungerechtigkeit
geschehen, daß alle Menschen, die vor dem Christus gelebt
haben, die Wohltat des Christus nicht gehabt haben sollen, während
diejenigen, die nach dem Christus leben, diese Wohltat haben sollen? -
Das sind aber doch dieselben Menschen!|137|199f}}
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Abendland}}
 
== Literatur ==
 
#Rudolf Steiner: ''Der Mensch im Lichte von Okkultismus, Theosophie und Philosophie'', [[GA 137]] (1993), ISBN 3-7274-1371-9 {{Vorträge|137}}
#Rudolf Steiner: ''Die geistige Vereinigung der Menschheit durch den Christus-Impuls'', [[GA 165]] (1981), ISBN 3-7274-1650-5 {{Vorträge|165}}
#Rudolf Steiner: ''Die Krisis der Gegenwart und der Weg zu gesundem Denken'', [[GA 335]] (2005), ISBN 3-7274-3350-7 {{Vorträge|335}}
 
{{GA}}
 
[[Kategorie:Menschheitsentwicklung]]
[[Kategorie:Kultur]]
[[Kategorie:Kulturepochen]]
[[Kategorie:Kulturgeschichte]]
[[Kategorie:Religion]]
[[Kategorie:Geschichte]]
[[Kategorie:Geographie]]
[[Kategorie:Okzident]]
[[Kategorie:Abendland]]

Aktuelle Version vom 8. Mai 2019, 10:40 Uhr

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