Eleaten und Xenophanes: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Magna_Graecia_ancient_colonies_and_dialects-en.svg|miniatur|Elea und andere antike griechische Städte in Süditalien in der heutigen ''Region Kampanien'' (Campania)]]
'''Xenophanes von Kolophon''' ({{ELSalt|Ξενοφάνης}} ''Xenophánēs''; * um [[Wikipedia:570 v. Chr.|570 v. Chr.]] in [[Wikipedia:Kolophon|Kolophon]]; † um [[Wikipedia:470 v. Chr.|470 v. Chr.]]) war ein [[Wikipedia:Philosophie der Antike|antiker griechischer Philosoph]] und Dichter. Er wird zu den [[Wikipedia:Vorsokratiker|Vorsokratiker]]n gezählt.


Die '''Eleaten''', benannt nach der südwestitalienischen Küstenstadt [[Wikipedia:Elea|Elea]], zählen zu den [[Wikipedia:Vorsokratikern|Vorsokratikern]] und bildeten die älteste [[Philosophie|philosophische Schule]] der [[Griechisch-Lateinische Kultur|griechischen]] [[Antike]]. Ihr Hauptvertreter war [[Parmenides]], der die Welt in einem ewig unveränderlichen [[Sein]] begründet sah, der gegenüber die [[Sinneswelt]] nur eine bloße vergängliche [[Erscheinung]] sei. Weitere wichtige Vertreter der Schule von Elea waren [[Zenon von Elea]] und [[Melissos|Melissos von Samos]]. [[Xenophanes]], der ursprünglich als Begründer der Schule und als Lehrer des Parmenides galt, wird nach heutigem Wissensstand nicht mehr zu den Eleaten gerechnet.
== Leben ==
Geboren im kleinasiatischen Kolophon, führte Xenophanes ein unstetes Wanderleben: Mit 25 wurde er aus seiner Heimatstadt vertrieben<ref>[[Wikipedia:Diogenes Laertios|Diogenes Laertios]] IX 19.</ref> und wanderte 67 Jahre durch die griechischen Lande, eventuell sogar nach Ägypten. Er übersiedelte nach [[Eleaten|Elea]] in Süditalien und war wohl als [[Wikipedia:Rhapsode|Rhapsode]], das heißt als Rezitator der alten [[Wikipedia:Epos|Epen]] (vor allem [[Wikipedia:Homer|Homer]]s) und vermutlich auch eigener Werke tätig (die allerdings verloren gegangen sind). Auch seine philosophischen Werke verfasste er stets in lyrisch gebundener Form: [[Wikipedia:Elegie|Elegie]]n und [[Wikipedia:Silloi|Silloi]].<ref>[[Wikipedia:Wolfgang Schadewaldt|Wolfgang Schadewaldt]]: ''Die Anfänge der Philosophie bei den Griechen''.</ref>


{{GZ|Auf die genannten Denker folgen für die geschichtliche
== Bedeutung, Lehre, Wirkung ==
Darstellung: ''Xenophanes'' von Kolophon (geb. im 6. Jahrhundert
Als Vertreter einer Zeit des Wandels, der ''Morgenröte des klassischen Hellas'', hebt Xenophanes ganz im Sinne [[Hegel]]s das Erbe der vorklassischen Welt auf; er ist der erste, der dies auf eine greifbar systematische Art tut, der „Sturmvogel der griechischen Aufklärung“, der Ideen der [[Wikipedia:Religionskritik|Religionskritik]] und des [[Rationalismus]] der [[Aufklärung]] vorwegnimmt. Nicht zufällig ist Xenophanes, wie [[Wikipedia:Werner Jaeger|Werner Jaeger]] sagt, „der erste griechische Denker, der als Persönlichkeit fassbar ist“.
v. Chr.); mit ihm seelisch verwandt, wenn auch
jünger: ''Parmenides'' (geb. um 540 v. Chr.; als Lehrer in
Athen lebend); ''Zenon'' von Elea (dessen Blütezeit um 500
v. Chr. liegt); ''Melissos'' von Samos (der um 450 v. Chr.
lebte).


In diesen Denkern lebt das gedankliche Element bereits
Xenophanes’ Lehre war schon [[Platon]] und [[Aristoteles]] recht unklar. Bereits [[Heraklit]] hatte über ihn gesagt, dass das Kennenlernen vieler Dinge ihn nicht Verstehen gelehrt habe, und Aristoteles hielt ihn für etwas schlicht.<ref>Aristoteles, ''[[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]'' 986b26.</ref> Aus der Antike haben wir sonst kaum Zeugnisse; auch zu seiner Philosophie gibt es nur wenige einzelne Bemerkungen. In der modernen Debatte änderte sich das deutlich, wenn diese auch komplex und kontrovers geführt wurde und teilweise auch noch wird. Die Faszination des Fragmentarischen steigert die Möglichkeit zu kreativer Interpretation mit all ihren Gefahren.  
in solchem Grade, daß sie eine Weltanschauung ''fordern''
und einer solchen allein Wahrheit zuerkennen, in welcher
das Gedankenleben voll befriedigt wird. Wie muß der
Urgrund der Welt beschaffen sein, damit er innerhalb des
Denkens voll aufgenommen werden kann? - so fragen sie. -
''Xenophanes'' findet, daß die Volksgötter vor dem Denken
nicht bestehen können; also lehnt er sie ab. Sein Gott muß
''gedacht'' werden können. Was die Sinne wahrnehmen, ist
veränderlich, ist mit Eigenschaften behaftet, welche dem
Gedanken nicht entsprechen, der das Bleibende suchen
muß. Daher ist Gott die im Gedanken zu erfassende, unwandelbare,
ewige Einheit aller Dinge. - ''Parmenides'' sieht
in der äußeren Natur, welche die Sinne betrachten, das
Unwahre, Täuschende; in der Einheit, dem Unvergänglichen,
das der Gedanke ergreift, allein das Wahre. ''Zenon''
sucht mit dem Gedanken-Erleben in der Art sich auseinanderzusetzen,
daß er auf die Widersprüche hinweist,
welche sich einer Weltbetrachtung ergeben, die in dem
Wandel der Dinge, in dem Werden, in dem Vielen, welches
die äußere Welt zeigt, eine Wahrheit sieht. Von den
Widersprüchen, auf die er verweist, sei nur einer angeführt.
Es könne, meint er, der schnellste Läufer (Achilles)
die Schildkröte nicht erreichen; denn so langsam sie auch
krieche, wenn Achilles den Ort erreicht habe, den sie noch
eben inne hatte, so sei sie ja doch schon etwas weiter. Durch
solche Widersprüche deutet Zenon an, wie ein Vorstellen,
das sich an die Außenwelt halte, nicht mit sich zurecht
komme; er deutet auf die Schwierigkeit hin, welcher der
Gedanke begegnet, wenn er es versucht, die Wahrheit zu
finden. Man wird die Bedeutung dieser Weltanschauung,
die man die ''eleatische'' nennt (Parmenides und Zenon sind
aus Elea), erkennen, wenn man den Blick darauf lenkt,
daß ihre Träger mit der Ausbildung des Gedanken-Erlebens
so weit fortgeschritten sind, daß sie dieses Erleben zu
einer besonderen Kunst, zur sogenannten Dialektik gestaltet
haben. In dieser «Gedanken-Kunst» lernt sich die
Seele in ihrer Selbständigkeit und inneren Geschlossenheit
erfühlen. Damit wird die Realität der Seele als das empfunden,
was sie durch ihr eigenes Wesen ist, und als was
sie sich dadurch fühlt, daß sie nicht mehr, wie in der Vorzeit,
das allgemeine Welt-Erleben mitlebt, sondern in sich
ein Leben - das Gedanken-Erleben - entfaltet, das in ihr
wurzelt, und durch das sie sich eingepflanzt fühlen kann
in einen rein geistigen Weltengrund. Zunächst kommt
diese Empfindung noch nicht in einem deutlich ausgesprochenen
Gedanken zum Ausdruck; man kann sie aber als
Empfindung lebendig in diesem Zeitalter fühlen an der
Schätzung, welche ihr zuteil wird. Nach einem «Gespräche»
Platos wurde von Parmenides dem jungen Sokrates gesagt:
er solle von Zenon die Gedankenkunst lernen, sonst müßte
ihm die Wahrheit ferne bleiben. Man empfand diese «Gedankenkunst» als eine Notwenäigkeit für die Menschenseele,
die an die geistigen Urgründe des Daseins herantreten
will.


Wer in dem Fortschritt der menschlichen Entwickelung
Xenophanes schrieb analytisch und [[Wikipedia:Satire|satirisch]] unter anderem über die Vielzahl und Menschenähnlichkeit der [[Wikipedia:Griechische Mythologie|griechischen Götter]]. Er leistete somit Kritik an der Göttervorstellung des [[Wikipedia:Homer|Homer]] und [[Wikipedia:Hesiod|Hesiod]] und wurde daher auch von [[Wikipedia:Albert Regenfelder|Albert Regenfelder]] als „Anti-Homer im Gewand des homerischen Sängers“ bezeichnet. Ihm zufolge schufen nicht die Götter die Menschen, sondern die Menschen die Götter („Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus“), ein [[Wikipedia:Religionssoziologie|religionssoziologischer]] Ansatz ([[Anthropomorphismus]]). In seinem philosophischen Hauptwerk (''Über die Natur'') vertritt er einen [[Monotheismus]], dessen [[Gott]] ewig, einheitlich, unbeweglich und von vollkommener Gestalt ist, wobei das [[Wikipedia:Pantheon|Pantheon]] der (ursprünglich und vorhomerisch durchaus lokalen) Gottheiten erhalten bleibt.  
zur Stufe der Gedanken-Erlebnisse nicht sieht, wie mit
dem Anfang dieses Lebens wirkliche Erlebnisse - die Bild-Erlebnisse - aufhörten, die vorher vorhanden waren, der
wird die besondere Eigenart der Denkerpersönlichkeiten
vom sechsten und den folgenden vorchristlichen Jahrhunderten
in Griechenland in anderem Lichte sehen als in
dem, in welchem sie in diesen Ausführungen dargestellt
werden müssen. Der Gedanke zog etwas wie eine Mauer
um die Menschenseele. Früher war sie, ihrem Empfinden
nach, in den Naturerscheinungen drinnen; und was sie mit
diesen Naturerscheinungen zusammen so erlebte, wie sie
die Tätigkeit des eigenen Leibes erlebte, das stellte sich
vor sie in Bild-Erscheinungen hin, welche in ihrer Lebendigkeit
da waren; jetzt war das ganze Bildergemälde durch
die Kraft des Gedankens ausgelöscht. Wo sich vorher die
inhaltvollen Bilder breiteten, da spannte sich jetzt der Gedanke
durch die Außenwelt. Und die Seele konnte sich in
dem, was außen in Raum und Zeit sich breitet, nur fühlen,
indem sie sich mit dem Gedanken verband.|18|57ff}}


==Literatur==
Von [[Wikipedia:Karl Popper|Karl Popper]]<ref>Karl Popper, L. Bennett: ''In Search of a Better World. Lectures and Essays from Thirty Years'', [http://books.google.com/books?id=L33XSZE77OkC&pg=PA192 S. 192], 1996; Karl Popper, A. Friemuth Petersen, J. Mejer: ''The World of [[Parmenides]]. Essays on the [[Wikipedia:Vorsokratiker|Presocratic]] [[Aufklärung|Enlightenment]]'', [http://books.google.com/books?id=V76PlyggwQkC&pg=PA46&dq=B34 S. 46ff.], 1998.</ref> wird Xenophanes als Vorläufer des [[Kritischer Rationalismus|kritischen Rationalismus]] angesehen (siehe [[Erkenntnistheorie]]). Das menschliche Wissen besteht ihm zufolge aus Vermutung ([[Meinung]]), die [[Wahrheit]] sei nicht als solche [[Erkenntnis|erkennbar]]. Gleichzeitig sei es möglich, sich der Wahrheit allmählich anzunähern: „Nicht von Anfang an haben die Götter den Sterblichen alles Verborgene gezeigt, sondern allmählich finden sie suchend das Bessere.“


* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X; '''Tb 610/11''', ISBN 978-3-7274-6105-7 {{Schriften|018}}
Diese Auffassung führt dann bei [[Parmenides]] von Elea zur strikten Unterscheidung zwischen der wahren, durch die Sinne nicht wahrnehmbaren Welt und der Welt der Erscheinungen (Weg der Meinung). Xenophanes’ Rationalismus führte ihn zu einer gleichsam [[Agnostizismus|agnostischen]] Position in Bezug auf die Götter. Zwar stellte er deren Existenz nicht in Frage, urteilte aber, dass der Mensch niemals etwas Gesichertes über die Götter wissen könne.


{{GA}}
Bis in die 1950er-Jahre hinein wurde – auf Grund falscher [[Wikipedia:Doxographie|doxographischer]] Überlieferung schon seit der Antike, unter anderem des [[Aristoteles]] – häufig angenommen, Xenophanes sei ein [[Eleaten|eleatischer]] Philosoph gewesen, da er auch in [[Wikipedia:Elea|Elea]] (römisch: ''Velia'') an der großgriechischen Küste [[Wikipedia:Lukanien|Lukanien]]s (Unteritalien) gewirkt hat. Mit den Eleaten ist er aber nach heutiger übereinstimmender Ansicht nicht direkt verbunden, auch nicht mit Parmenides (oder gar [[Zenon von Elea]]) – wie [[Friedrich Nietzsche]] bereits erkannt hatte: Anwesenheit am selben Ort genügt als Beleg nicht.


[[Kategorie:Vorsokratiker]] [[Kategorie:Eleaten|!]]
Xenophanes hat aus [[Wikipedia:Fossilien|Fossilien]]funden auf einem Berg geschlossen, dass das Wasser einst die ganze Erde bedeckt haben müsse (siehe [[Neptunismus]]). Er meinte, alles sei aus Wasser und Erde entstanden (Ur-Schlamm) und vergehe schließlich wieder zu Wasser. Die Erde werde vom Wasser weggeschwemmt und entstehe danach wieder neu. Das Meer sei zudem der Ursprung der Wolken; Sonne und Gestirne entstünden wiederum aus diesen Wolken. Der [[Regenbogen]] sei eine besonders geartete Wolke.
 
== Quellensammlungen ==
 
* [[Wikipedia:Hermann Diels|Hermann Diels]], [[Wikipedia:Walther Kranz|Walther Kranz]] (Hrsg.): ''[[Wikipedia:Die Fragmente der Vorsokratiker|Die Fragmente der Vorsokratiker]].'' 6. Auflage, Nachdruck Georg Olms Verlag, 2004, ISBN 3-615-12201-1 (Digitalisat: 1. Auflage, Berlin 1903, S. 38-58 [http://www.archive.org/details/diefragmenteder00krangoog metadata] [http://ia350627.us.archive.org/2/items/diefragmenteder00krangoog/diefragmenteder00krangoog.pdf PDF]; DK 21)
* Laura Gemelli Marciano (Hrsg.): ''Die Vorsokratiker''. Band 1, Artemis & Winkler, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-7608-1735-4, S. 222–283 (griechische Quellentexte mit deutscher Übersetzung, Erläuterungen sowie Einführung zu Leben und Werk)
* [[Wikipedia:Bruno Gentili (Philologe)|Bruno Gentili]], Carlo Prato (Hrsg.): ''Poetarum Elegiacorum Testimonia et Fragmenta.'' Bd 1. Teubner, Leipzig 1988, ISBN 3-322-00457-0 (bester griechischer Text)
* [[Wikipedia:Ernst Heitsch|Ernst Heitsch]] (Hrsg.): ''Xenophanes: Die Fragmente''. München 1983 (zweisprachige Ausgabe mit ausführlichem Kommentar)
* James E. Lesher (Hrsg.): ''Xenophanes of Colophon: Fragments.'' University of Toronto Press, Toronto 1992, ISBN 0-8020-5990-2 (zweisprachige Ausgabe mit ausführlichem Kommentar)
 
== Literatur ==
* Wolfgang Drechsler, Rainer Kattel: ''Mensch und Gott bei Xenophanes.'' In: Markus Witte (Hrsg.): ''Gott und Mensch im Dialog. Festschrift für Otto Kaiser zum 80. Geburtstag.'' De Gruyter, Berlin 2004, S. 111–129, ISBN 3-11-018354-4
* [[Wikipedia:Hermann Fränkel|Hermann Fränkel]]: ''Xenophanesstudien.'' In: ''[[Wikipedia:Hermes (Zeitschrift)|Hermes]]'' 60, 1925, S. 174–192 {{ISSN|0018-0777}}
* [[Wikipedia:Ernst Heitsch|Ernst Heitsch]]: ''Xenophanes und die Anfänge kritischen Denkens.'' Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz 1994.  ISBN 3-515-06592-X
* [[Wikipedia:Karl Jaspers|Karl Jaspers]]: ''The Great Philosophers.'' Bd 3. Harcourt, New York u.&nbsp;a. 1966, 1993, ISBN 0-15-607500-8
* Rainer Kattel: ''The Political Philosophy of Xenophanes of Colophon.'' In: ''Trames'' 1, 1997, S. 125–142 {{ISSN|1406-0922}}
* Otto Kaiser: ''Der eine Gott und die Götter der Welt.'' In: ''Zwischen Athen und Jerusalem. Studien zur griechischen und biblischen Theologie, ihrer Eigenart und ihrem Verhältnis.'' De Gruyter, Berlin – New York 2003, 135-152. ISBN 3-11-017577-0.
* {{BBKL|x/xenophanes|autor=Adolf Lumpe|artikel=Xenophanes von Kolophon|band=14|spalten=273–278}}
* Christian Schäfer: ''Xenophanes von Kolophon.'' Teubner, Stuttgart 1986, 1996, ISBN 3-519-07626-8
* [[Wikipedia:Thomas Schirren|Thomas Schirren]], [[Wikipedia:Georg Rechenauer|Georg Rechenauer]]: ''Zum Leben der einzelnen Philosophen. 5. Xenophanes'' und Thomas Schirren: ''Xenophanes''. In: [[Wikipedia:Hellmut Flashar|Hellmut Flashar]] u. a. (Hrsg.): ''Frühgriechische Philosophie'' (= ''[[Wikipedia:Grundriss der Geschichte der Philosophie|Grundriss der Geschichte der Philosophie]]. Die Philosophie der Antike'', Band 1), Halbband 1, Schwabe, Basel 2013, ISBN 978-3-7965-2598-8, S. 190–192 (Biographie) und 339–374 (Werk, Lehre, Rezeption)
* Hartmut Westermann: ''Religiöse und doppelte Poesie. Götterkritik und Gottesbegriff bei Xenophanes und im Kulturentstehungsmythos des Sisyphos (DK 88, B 25)''. In: Guido Löhrer, Christian Strub, Hartmut Westermann (Hrsg.), ''Philosophische Anthropologie und Lebenskunst – Rainer Marten in der Diskussion''. Fink, München 2005, S. 81-98, ISBN 3-7705-4059-X
* [[Wikipedia:Konrat Ziegler|Konrat Ziegler]]: ''Xenophanes von Kolophon, ein Revolutionär des Geistes.'' In: ''[[Wikipedia:Gymnasium (Zeitschrift)|Gymnasium]]''  72, 1965, S. 289–302 {{ISSN|0342-5231}}
 
== Weblinks ==
{{Wikisource|Xenophanes|Xenophanes}}
{{Commonscat|Xenophanes}}
* {{DNB-Portal|118635794}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/xenophanes/|Xenophanes|James Lesher}}
* {{IEP|http://www.iep.utm.edu/xenoph/|Xenophanes|Michael Patzia}}
* [http://ablemedia.com/ctcweb/showcase/deyoung1.html U. De Young, "The Homeric Gods and Xenophanes' Opposing Theory of the Divine", 2000]
* [http://www.gottwein.de/Grie/vorsokr/VSXenoph01.php Gottwein, Vorsokratische Philosophie]
* {{Zeno-Autor|Philosophie/M/Xenophanes+aus+Kolophon/Fragmente}}
* [[Wikipedia:Karl Vorländer|Karl Vorländer]]: ''Geschichte der Philosophie.'' - 5. Aufl. - Kiepenheuer, Berlin 1919 (Online bei Zeno.org [http://www.zeno.org/Philosophie/M/Vorl%C3%A4nder,+Karl/Geschichte+der+Philosophie/Die+Philosophie+des+Altertums/Erste+Periode.+Vorsokratische+Philosophie/Kapitel+II.+Anf%C3%A4nge+der+Reflexion+%C3%BCber+das+Denken+vom+Kosmos.+Sein+und+Werden+%28die+Eleaten+und+Heraklit%29/%C2%A7+4.+Xenophanes])
* [http://history.hanover.edu/texts/presoc/Xenophan.html Fragmente] (gr. nach Bergk-Hiller, engl. nach Arthur Fairbanks: The First Philosophers of Greece, London: K. Paul, Trench, Trubner 1898), 65-85.
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=p|GND=118635794|LCCN=n/82/105600|VIAF=100175475}}
 
[[Kategorie:Philosoph]]
[[Kategorie:Grieche (Antike)]]
[[Kategorie:Vorsokratiker]]
[[Kategorie:Naturphilosoph]]
[[Kategorie:Dichter]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Geboren im 6. Jahrhundert v. Chr.]]
[[Kategorie:Gestorben im 5. Jahrhundert v. Chr.]]
[[Kategorie:Mann]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 13. September 2017, 22:00 Uhr

Xenophanes von Kolophon (griech. Ξενοφάνης Xenophánēs; * um 570 v. Chr. in Kolophon; † um 470 v. Chr.) war ein antiker griechischer Philosoph und Dichter. Er wird zu den Vorsokratikern gezählt.

Leben

Geboren im kleinasiatischen Kolophon, führte Xenophanes ein unstetes Wanderleben: Mit 25 wurde er aus seiner Heimatstadt vertrieben[1] und wanderte 67 Jahre durch die griechischen Lande, eventuell sogar nach Ägypten. Er übersiedelte nach Elea in Süditalien und war wohl als Rhapsode, das heißt als Rezitator der alten Epen (vor allem Homers) und vermutlich auch eigener Werke tätig (die allerdings verloren gegangen sind). Auch seine philosophischen Werke verfasste er stets in lyrisch gebundener Form: Elegien und Silloi.[2]

Bedeutung, Lehre, Wirkung

Als Vertreter einer Zeit des Wandels, der Morgenröte des klassischen Hellas, hebt Xenophanes ganz im Sinne Hegels das Erbe der vorklassischen Welt auf; er ist der erste, der dies auf eine greifbar systematische Art tut, der „Sturmvogel der griechischen Aufklärung“, der Ideen der Religionskritik und des Rationalismus der Aufklärung vorwegnimmt. Nicht zufällig ist Xenophanes, wie Werner Jaeger sagt, „der erste griechische Denker, der als Persönlichkeit fassbar ist“.

Xenophanes’ Lehre war schon Platon und Aristoteles recht unklar. Bereits Heraklit hatte über ihn gesagt, dass das Kennenlernen vieler Dinge ihn nicht Verstehen gelehrt habe, und Aristoteles hielt ihn für etwas schlicht.[3] Aus der Antike haben wir sonst kaum Zeugnisse; auch zu seiner Philosophie gibt es nur wenige einzelne Bemerkungen. In der modernen Debatte änderte sich das deutlich, wenn diese auch komplex und kontrovers geführt wurde und teilweise auch noch wird. Die Faszination des Fragmentarischen steigert die Möglichkeit zu kreativer Interpretation mit all ihren Gefahren.

Xenophanes schrieb analytisch und satirisch unter anderem über die Vielzahl und Menschenähnlichkeit der griechischen Götter. Er leistete somit Kritik an der Göttervorstellung des Homer und Hesiod und wurde daher auch von Albert Regenfelder als „Anti-Homer im Gewand des homerischen Sängers“ bezeichnet. Ihm zufolge schufen nicht die Götter die Menschen, sondern die Menschen die Götter („Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus“), ein religionssoziologischer Ansatz (Anthropomorphismus). In seinem philosophischen Hauptwerk (Über die Natur) vertritt er einen Monotheismus, dessen Gott ewig, einheitlich, unbeweglich und von vollkommener Gestalt ist, wobei das Pantheon der (ursprünglich und vorhomerisch durchaus lokalen) Gottheiten erhalten bleibt.

Von Karl Popper[4] wird Xenophanes als Vorläufer des kritischen Rationalismus angesehen (siehe Erkenntnistheorie). Das menschliche Wissen besteht ihm zufolge aus Vermutung (Meinung), die Wahrheit sei nicht als solche erkennbar. Gleichzeitig sei es möglich, sich der Wahrheit allmählich anzunähern: „Nicht von Anfang an haben die Götter den Sterblichen alles Verborgene gezeigt, sondern allmählich finden sie suchend das Bessere.“

Diese Auffassung führt dann bei Parmenides von Elea zur strikten Unterscheidung zwischen der wahren, durch die Sinne nicht wahrnehmbaren Welt und der Welt der Erscheinungen (Weg der Meinung). Xenophanes’ Rationalismus führte ihn zu einer gleichsam agnostischen Position in Bezug auf die Götter. Zwar stellte er deren Existenz nicht in Frage, urteilte aber, dass der Mensch niemals etwas Gesichertes über die Götter wissen könne.

Bis in die 1950er-Jahre hinein wurde – auf Grund falscher doxographischer Überlieferung schon seit der Antike, unter anderem des Aristoteles – häufig angenommen, Xenophanes sei ein eleatischer Philosoph gewesen, da er auch in Elea (römisch: Velia) an der großgriechischen Küste Lukaniens (Unteritalien) gewirkt hat. Mit den Eleaten ist er aber nach heutiger übereinstimmender Ansicht nicht direkt verbunden, auch nicht mit Parmenides (oder gar Zenon von Elea) – wie Friedrich Nietzsche bereits erkannt hatte: Anwesenheit am selben Ort genügt als Beleg nicht.

Xenophanes hat aus Fossilienfunden auf einem Berg geschlossen, dass das Wasser einst die ganze Erde bedeckt haben müsse (siehe Neptunismus). Er meinte, alles sei aus Wasser und Erde entstanden (Ur-Schlamm) und vergehe schließlich wieder zu Wasser. Die Erde werde vom Wasser weggeschwemmt und entstehe danach wieder neu. Das Meer sei zudem der Ursprung der Wolken; Sonne und Gestirne entstünden wiederum aus diesen Wolken. Der Regenbogen sei eine besonders geartete Wolke.

Quellensammlungen

  • Hermann Diels, Walther Kranz (Hrsg.): Die Fragmente der Vorsokratiker. 6. Auflage, Nachdruck Georg Olms Verlag, 2004, ISBN 3-615-12201-1 (Digitalisat: 1. Auflage, Berlin 1903, S. 38-58 metadata PDF; DK 21)
  • Laura Gemelli Marciano (Hrsg.): Die Vorsokratiker. Band 1, Artemis & Winkler, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-7608-1735-4, S. 222–283 (griechische Quellentexte mit deutscher Übersetzung, Erläuterungen sowie Einführung zu Leben und Werk)
  • Bruno Gentili, Carlo Prato (Hrsg.): Poetarum Elegiacorum Testimonia et Fragmenta. Bd 1. Teubner, Leipzig 1988, ISBN 3-322-00457-0 (bester griechischer Text)
  • Ernst Heitsch (Hrsg.): Xenophanes: Die Fragmente. München 1983 (zweisprachige Ausgabe mit ausführlichem Kommentar)
  • James E. Lesher (Hrsg.): Xenophanes of Colophon: Fragments. University of Toronto Press, Toronto 1992, ISBN 0-8020-5990-2 (zweisprachige Ausgabe mit ausführlichem Kommentar)

Literatur

  • Wolfgang Drechsler, Rainer Kattel: Mensch und Gott bei Xenophanes. In: Markus Witte (Hrsg.): Gott und Mensch im Dialog. Festschrift für Otto Kaiser zum 80. Geburtstag. De Gruyter, Berlin 2004, S. 111–129, ISBN 3-11-018354-4
  • Hermann Fränkel: Xenophanesstudien. In: Hermes 60, 1925, S. 174–192 ISSN 0018-0777
  • Ernst Heitsch: Xenophanes und die Anfänge kritischen Denkens. Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz 1994. ISBN 3-515-06592-X
  • Karl Jaspers: The Great Philosophers. Bd 3. Harcourt, New York u. a. 1966, 1993, ISBN 0-15-607500-8
  • Rainer Kattel: The Political Philosophy of Xenophanes of Colophon. In: Trames 1, 1997, S. 125–142 ISSN 1406-0922
  • Otto Kaiser: Der eine Gott und die Götter der Welt. In: Zwischen Athen und Jerusalem. Studien zur griechischen und biblischen Theologie, ihrer Eigenart und ihrem Verhältnis. De Gruyter, Berlin – New York 2003, 135-152. ISBN 3-11-017577-0.
  • Adolf Lumpe: Xenophanes von Kolophon In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 14, Bautz, Herzberg 1998, ISBN 3-88309-073-5, Sp. 273–278.
  • Christian Schäfer: Xenophanes von Kolophon. Teubner, Stuttgart 1986, 1996, ISBN 3-519-07626-8
  • Thomas Schirren, Georg Rechenauer: Zum Leben der einzelnen Philosophen. 5. Xenophanes und Thomas Schirren: Xenophanes. In: Hellmut Flashar u. a. (Hrsg.): Frühgriechische Philosophie (= Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 1), Halbband 1, Schwabe, Basel 2013, ISBN 978-3-7965-2598-8, S. 190–192 (Biographie) und 339–374 (Werk, Lehre, Rezeption)
  • Hartmut Westermann: Religiöse und doppelte Poesie. Götterkritik und Gottesbegriff bei Xenophanes und im Kulturentstehungsmythos des Sisyphos (DK 88, B 25). In: Guido Löhrer, Christian Strub, Hartmut Westermann (Hrsg.), Philosophische Anthropologie und Lebenskunst – Rainer Marten in der Diskussion. Fink, München 2005, S. 81-98, ISBN 3-7705-4059-X
  • Konrat Ziegler: Xenophanes von Kolophon, ein Revolutionär des Geistes. In: Gymnasium 72, 1965, S. 289–302 ISSN 0342-5231

Weblinks

 Wikisource: Xenophanes – Quellen und Volltexte
Commons: Xenophanes - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
  • Karl Vorländer: Geschichte der Philosophie. - 5. Aufl. - Kiepenheuer, Berlin 1919 (Online bei Zeno.org [1])
  • Fragmente (gr. nach Bergk-Hiller, engl. nach Arthur Fairbanks: The First Philosophers of Greece, London: K. Paul, Trench, Trubner 1898), 65-85.

Einzelnachweise

  1. Diogenes Laertios IX 19.
  2. Wolfgang Schadewaldt: Die Anfänge der Philosophie bei den Griechen.
  3. Aristoteles, Metaphysik 986b26.
  4. Karl Popper, L. Bennett: In Search of a Better World. Lectures and Essays from Thirty Years, S. 192, 1996; Karl Popper, A. Friemuth Petersen, J. Mejer: The World of Parmenides. Essays on the Presocratic Enlightenment, S. 46ff., 1998.


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