Kinesik

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Die Kinesik (von griech. κίνησις kinesis „Bewegung“; eng. kinesics) ist ein verhältnismäßig junger Zweig der Kommunikationswissenschaft und untersucht speziell das Bewegungsverhalten in einer Kommunikationssituation. Sie gründet sich auf die Erkenntnis, dass unbewusste bzw. weitgehend unbewusste Körperbewegungen, wie sie sich etwa in Blickkontakt, Mimik, Gestik und Körperhaltung ausdrücken, eine grundlegende Bedeutung für die menschliche Kommunikation haben.

„Der menschliche Körper kann pro Sekunde Tausende von Positionsveränderungen (positional shifts) durchführen.[1] Die Kinesik hat nicht in erster Linie mit diesem universalen Bewegungspotenzial zu tun, sondern mit den spezifischen Bewegungsmustern, die sich innerhalb jeder vorhandenen Kultur eingebürgert haben. Die meisten dieser Muster sind gelernt worden und werden unbewusst gebraucht.[2] Der Erwerb der kinesischen Sprache einer bestimmten Kultur begleitet die gesprochene Sprache und geht in mancher Hinsicht dem Erwerb der gesprochenen Sprache voraus. Auf dem Forschungsgebiet der Kinesik nimmt man an, dass es eine fundamentale Wechselbeziehung gibt, welche diesen parallel verlaufenden Vorgängen zugrunde liegt.

Bei der Betrachtung des ganzen Kommunikationsvorgangs haben Forscher auf dem Gebiete der Kinesik das Einbezogensein der motorischen und sensorischen Funktionen des ganzen Körpers beim Übermitteln und Wahrnehmen von bedeutungshaften Äußerungen betont. Ray Birdwhistell, einer der Vorreiter auf diesem Gebiet, schreibt:

«Die ganze Forschungsarbeit auf dem Gebiete der Kinesik beruht auf der Annahme, dass, ohne dass die Beteiligten sich zwangsläufig dessen bewusst wären, die Menschen ständig damit beschäftigt sind, sich auf die Gegenwart und die Tätigkeiten anderer Menschen einzustellen. Als sensible Organismen verwenden sie ihre gesamte sensorische Ausrüstung zu dieser Anpassung … Das heißt, obwohl zu jedem Zeitpunkt eine Person als in Bewegung und als sprechend gesehen werden kann, zeigt die Untersuchung von Kommunikationsszenen, dass alle abstrahierbaren Modalitäten notwendig für das Verstehen von Kommunikationssituationen sind.»[3]“ (Lit.: Lutzker, S. 59)

Literatur

  • Peter Lutzker: Der Sprachsinn. Sprachwahrnehmung als Sinnesvorgang, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2017, ISBN 9783772528576, eBook ASIN B075GYZLSD
  • Ray L. Birdwhistell: Kinesics and Context. Essays on Body Motion Communication, Philadelphia 1970

Einzelnachweise

  1. Birdwhistell, S. 192
  2. Birdwhistell, S. 190
  3. Birdwhistell, S. 48