Prädikat (Grammatik)

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Das Prädikat (von lateinisch praedicatum, Partizip zu praedicare „ausrufen, rühmen“), in der traditionellen Grammatik auch Satzaussage, ist der Kernbestandteil in einem Satz, von dem andere Satzglieder abhängen.[1] In Grenzfällen kann ein Satz auch allein aus einem Prädikat bestehen (z. B. in Imperativen: „Lass los!“). Freistehende Ausdrücke ohne Prädikat sind keine Sätze, sondern z. B. Überschriften, Gliederungspunkte, Ausrufe usw.: „Der Hund von Baskerville“ (z. B. als Buchtitel), „Böser Hund!“ (als Ausruf).

Meistens dient ein Verb als Prädikat des Satzes, dies ist jedoch nicht in allen Sprachen zwingend. Der Unterschied zwischen den Begriffen Verb und Prädikat liegt also darin, dass Verb eine Wortart bezeichnet, und Prädikat eine grammatische Funktion, die Verben im Satz haben können.

Der Begriff Prädikat kommt je nach Tradition in zwei unterschiedlichen Bedeutungen vor:

In der deutschen Grammatik bezeichnet man als Prädikat eine Einheit, die aus dem Hauptverb ggf. zusammen mit weiteren Verben im Infinitiv oder anderen Prädikatsergänzungen besteht. Hieraus ergibt sich also eine Einteilung des Satzes, die man am besten in Nebensätzen sieht, weil dort alle Prädikatsbestandteile am Satzende beieinander stehen:

... ... Adverbial Subjekt Objekt Prädikat
...weil heute niemand den Hund spazieren geführt hat

Im deutschen Hauptsatz können hingegen die Bestandteile des Prädikats getrennt auftreten, sie zählen dennoch weiterhin als eine Einheit. Zum Beispiel (Prädikatsteile kursiv): „Es hat heute niemand den Hund spazieren geführt.

• In anderen Traditionen, so teilweise in der englischen Grammatik und der formalen Linguistik, herrscht ein Begriff vor, bei dem Prädikat das Verb zusammen mit allen Ergänzungen außer dem Subjekt bezeichnet (also in vielen Fällen eine Verbalphrase). Dies entspricht auch dem Prädikatsbegriff in der aristotelischen Logik: Prädikat ist hier alles, was über das Subjekt ausgesagt wird. Aus dieser zweiten Definition ergibt sich also eine Unterteilung:

Subjekt Prädikat
Prädikatsverb[2] Objekt Adverbial
Otto walked the dog today


Das Prädikat im Deutschen

Das Prädikat kann im Deutschen aus einem Wort (einteiliges Prädikat) oder aus mehreren Wörtern bestehen (mehrteiliges Prädikat). Mehrteilige Prädikate können ausschließlich aus Verben oder auch aus Verben und anderen Wortarten bestehen. Der Teil des Prädikats, der nicht aus Verben besteht, heißt Prädikativum.

Einteilige Prädikate

Bei einteiligen Prädikaten liegt nur ein Verb vor, das ein Inhaltswort ist (Vollverb); dieses bestimmt auch, welche Satzglieder mindestens noch benötigt werden. Beispielsweise erfordert das Verb schlafen nur ein Subjekt, während das Verb geben je nach Kontext ein Subjekt und mindestens ein, meist aber zwei Objekte erfordert. Eine Besonderheit des Deutschen ist, dass auch Modalverben (wie müssen, dürfen) manchmal als einziges Verb benutzt werden können, wie unten im vierten Beispiel:

  • Du schläfst.
  • Die Band gab ein Konzert.
  • Er gab ihr einen Tipp.
  • Ich muss nachher noch in die Stadt.

Im deutschen Aussagesatz steht ein solches einzelnes Verb als Prädikat dann an zweiter Stelle im Satz (in der Position der sogenannten linken Satzklammer).

Mehrteilige Prädikate (ohne Prädikativ)

Mehrteilige Prädikate, die nur aus Verben bestehen, enthalten neben dem Vollverb noch Hilfsverben oder Modalverben, selten auch ein weiteres Vollverb. Solche mehrteiligen Prädikate erscheinen im deutschen Aussagesatz (als Hauptsatz) auf zwei Positionen verteilt: Das finite Verb besetzt wiederum die zweite Position, dies ist aber nun ein Hilfs- bzw. Modalverb; die übrigen Verben des zusammengesetzten Prädikats stehen getrennt davon in Endposition in einer infiniten Form. Beispiele:

  • Ich habe es gefunden.
zusammengesetztes Prädikat mit Vollverb und Perfekt-Hilfsverb habe
  • Man wird sehen.
Vollverb mit Futur-Hilfsverb wird
  • Wir dürfen heute zum Glück ausschlafen.
... mit Modalverb dürfen
  • Es wird wohl nicht genehmigt worden sein.
Modalverb wird, Perfekt-Hilfsverb sein, Passiv-Hilfsverb werden (in der Perfekt-Form worden) und Partizipform des Vollverbs genehmigen (als infinite Verbform in der Passivkonstruktion)
  • Der Hund kam keuchend angerannt.
zusammengesetztes Prädikat aus zwei Vollverben (die Partizipform keuchend fungiert hier hingegen als Adverbial)

Mehrteilige Prädikate mit nichtverbalen Elementen

Bei mehrteiligen Prädikaten mit Prädikativ verbindet sich ein sogenanntes Kopula­verb mit Ergänzungen anderer Wortart. Satzbeispiele sind:

  • Wikipedia ist super.
  • Alles wird ab jetzt anders.
  • Julia ist immer noch Studentin.

Daneben gibt es auch weitere Typen von mehrteiligen Prädikaten, die auf einem Vollverb beruhen, nämlich Prädikate mit resultativen Adjektiven oder Funktionsverbgefüge mit Substantiven oder anderen Wortarten (siehe die verlinkten Artikel für Einzelheiten).

Deutsch und Englisch im Vergleich

Die Existenz von zwei verschiedenen Definitionen von Prädikat ist kein Zufall, sondern der Prädikatsbegriff der deutschen Grammatik beinhaltet die These, dass die Verben des Deutschen sich tatsächlich zu einem sogenannten komplexen Prädikat (auch: einer kohärenten Konstruktion) zusammenfinden (können). Die Syntax der Verben und Hilfsverben im Englischen ist jedoch anders strukturiert, hier verbindet sich jedes Verb bzw. Hilfsverb zunächst nur mit seiner direkt nachfolgenden Ergänzung. Dies kann durch Klammerung wie folgt verdeutlicht werden:[3]

Deutsch: (dass) du den Hund [spazierenführen musst].
Englisch:       You [must [walk the dog ] ]

In der Schulgrammatik ist es dennoch teilweise auch üblich, von allen Verben des englischen Satzes zusammengefasst als „dem Prädikat“ zu sprechen.

In dem obigen englischen Beispiel ist nun eine Zweiteilung des Satzes zu sehen zwischen dem Subjekt you und dem Rest. Diese „aristotelische“ Bedeutung von Prädikat als „Satz minus Subjekt“ ist wiederum in der Grammatik des Deutschen nicht verwendbar, weil häufig das Subjekt nicht einer Verbalphrase gegenübergestellt werden kann. Stattdessen kann sich das Subjekt im Deutschen tief im Inneren der Verbalphrase befinden:

...wenn gestern   Kunden ein falscher Betrag genannt worden ist.
       (Adverbial)(Dativ) (Nominativ)        (Verb)

Eine Verbalphrase kann nur als Prädikat bezeichnet werden, wenn das Subjekt außerhalb davon steht, weil nur in diesem Fall eine solche Einheit über das Subjekt „prädiziert“ wird.

Prädikate ohne Verb

In manchen Sprachen können reguläre Sätze gebildet werden, ohne dass ein Verb darin erscheint. Ein Beispiel hierfür ist das Russische. Anders als im Deutschen muss dort im Präsens kein Kopulaverb wie das deutsche sein erscheinen, sondern Adjektive oder Substantive können alleine in prädikativer Funktion stehen. Das Adjektiv hat im Russischen eine spezielle Form für den prädikativen Gebrauch. Beispiele:

Он инженер.
On inžener     „Er (ist) Ingenieur.“ 
Инженер болен.
Inžener bolen  „Der Ingenieur (ist) krank.“

Vergleiche aber:

больной инженер
bol'noj inžener  „der kranke Ingenieur“

Siehe auch

Literatur

  • Duden. Die Grammatik. 8. Auflage. Dudenverlag, Mannheim 2009
  • Dietrich Homberger: Das Prädikat im Deutschen: Linguistische Terminologie in Sprachwissenschaft und Sprachdidaktik. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 2013, ISBN 3-3229-2479-3

Weblinks

 Wiktionary: Prädikat – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wiktionary: Satzaussage – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Dudengrammatik, 8. Aufl. 2009. S. 844.
  2. nach Lehmann, "Grammatisches Metapädeutikum", Stand 19.9.2015
  3. Hierzu ausführlich: Hubert Haider: The Syntax of German. Cambridge University Press 2010. Kapitel 7.


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