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'''Mut''', auch '''Wagemut''' oder '''Beherztheit''', bedeutet, dass man sich traut und fähig ist, etwas zu [[Wikipedia:Wagnis (Begriff)|wagen]], das heißt, sich beispielsweise in eine gefahrenhaltige, mit Unsicherheiten verbundene Situation zu begeben.<ref>Gerhard Wahrig: ''Deutsches Wörterbuch.'' Gütersloh 1970, Spalte 2500.</ref>
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[[Kategorie:Person (gestorben)]]
Diese kann eine aktivierende Herausforderung darstellen wie der Sprung von einem Fünfmeterturm ins Wasser oder die Bereitschaft zu einer schwierigen beruflichen Prüfung (individueller Hintergrund). Sie kann aber auch in der Verweigerung einer unzumutbaren oder schändlichen Tat bestehen wie einer Ablehnung von Drogenkonsum oder einer Sachbeschädigung unter Gruppenzwang (sozialer Hintergrund einer [[Wikipedia:Mutprobe|Mutprobe]]).<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Vom Sinn des Wagens. Warum Menschen sich gefährlichen Herausforderungen stellen.'' In: DAV (Hrsg.) ''Berg 2006.'' München-Innsbruck-Bozen 2005, S.&nbsp;96–111.</ref>
 
== Etymologie ==
Das Wort „Mut“ stammt aus indogermanisch mo- = sich mühen, starken Willens sein, heftig nach etwas streben > germanisch moda-, mōþa-, mōþaz, mōda-, mōdaz = Sinn, Mut, Zorn > [[althochdeutsch]] muot = Sinn, Seele, Geist, Gemüt, Kraft des Denkens, Empfindens, Wollens.<ref>Gerhard Wahrig: ''Deutsches Wörterbuch.'' Gütersloh 1970, Spalte 2500.</ref>
 
[[Datei:Knight-Death-and-the-Devil.jpg|mini|[[Albrecht Dürer]]: ''Der Reuter'' (''[[Ritter, Tod und Teufel]]''), Kupferstich von 1513: Der Bedrohungen widerstehende Ritter]]
Im Hochmittelalter (12./13. Jahrhundert) wird der Mut in der [[Epische Dichtung|epischen Dichtung]] und im  [[Minnesang]] als [[hôher muot]] in der Bedeutung von ''Hochherzigkeit'' und ''Edelmut'' zur [[Tugend]], die den „edlen Ritter“ kennzeichnet, wie ihn etwa [[Hartmann von Aue]] in seinen Epen ''[[Erec]]'' (ca. 1190–1192) und ''[[Iwein]]'' (ca. 1200) oder [[Wolfram von Eschenbach]] in seinem ''[[Parzival]]'' (1200–1210) als Idealbild des Rittertums dargestellt haben. Nach dem Literaturwissenschaftler [[Benno von Wiese]]<ref>Benno von Wiese (Hrsg.): ''Dichter des Minnesangs.'' In: Ders.: ''Die Deutsche Lyrik.'' Düsseldorf 1956, S.&nbsp;27</ref> verherrlichen auch die Minnedichter den ''hôhen muot'' als ethische Grundlage und typische Charaktereigenschaft des „edlen Ritters ohne Furcht und Tadel“, der sein Leben uneigennützig dem Kampf gegen Unrecht aller Art und dem Schutz von Hilfsbedürftigen widmet.
 
Das Abgleiten des Rittertums in das [[Raubritter]]tum spiegelt sich auch in der Veränderung der Sprachgebung und einem Bedeutungswandel der Begriffe: War die hochmittelalterliche Ethik und der ''hôhe muot''  von der ''[[mâze]]'' (dem Maßhalten) bestimmt, so griffen im 14.&nbsp;Jahrhundert das Maß übersteigende Eitelkeit, Rauflust und Besitzgier um sich. Der ''hôhe muot'' wurde zum ''[[Hochmut]]'', ''Hochgemuotheit'' nahm die Bedeutung ''[[Arroganz]]'' an. Es entstanden in der Neuzeit Sprichwörter wie „Hochmut und Stolz wachsen auf einem Holz“.
 
Die weitere Sprachentwicklung schuf im Neuhochdeutschen ein umfangreiches Wortfeld, das entweder mehr die Stimmungslage eines Menschen in den Blick nehmen und differenziert wiedergeben konnte ([[Großmut]], [[Sanftmut]], Langmut, Hochmut, [[Schwermut]] etc.) oder seine Willenskräfte ansprach ([[Wagnis (Begriff)|Wagemut]], [[Freimut]], [[Wankelmut]], [[Übermut]], [[Kampfesmut]] etc.). In entsprechenden Wortzusammensetzungen konnten die Begriffe in Abhängigkeit von der mittelalterlichen ''mâze'' eine positive, aber auch negative Bedeutung annehmen. Der abgeleitete Begriff [[Gemüt]] (vgl. [[Thymos]]) ermöglichte es auch, eine bestimmte (gesellschaftliche oder partnerschaftliche) Atmosphäre zu beschreiben ([[gemütlich]], [[gemütvoll]]) oder eine Persönlichkeitsausstrahlung wiederzugeben ([[Anmut]]).
 
Der heutige Grundbegriff Mut wird als wertungsfreie formale Tugend der Mitte gesehen, die zwischen den Zerrformen Übermut und Mutlosigkeit angesiedelt ist und eine aktiv gestaltende oder aktiv verweigernde Handlungsrichtung einnehmen und neben dem militärischen auch im zivilen Bereich zum Tragen kommen kann ([[Zivilcourage]]).<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen.'' 2. Auflage, Schneider, Baltmannsweiler 2016, S.&nbsp;40–48.</ref>
 
== Mut als Handlung und Handlungsverweigerung ==
Mut ist eine Charaktereigenschaft, die dazu befähigt, sich gegen Widerstand und Gefahren für eine als richtig und notwendig erkannte Sache einzusetzen. Dabei können zwei gegensätzliche Zielrichtungen verfolgt werden: Mut erfordert die Entschlusskraft, nach sorgfältigem Abwägen etwas Unangenehmes oder Gefahrvolles zu tun oder zu verweigern. Beides kann mit Nachteilen für die eigene Person verbunden sein und Opfer erfordern. Im Falle der ''Entscheidung zu aktivem Handeln'' kämpft der Mutige für die Durchsetzung eines Rechts, für das Meistern einer gefährlichen Situation oder für die Realisierung eines Wertes gegen Widerstände und Bedrohungen. Im Falle der ''Handlungsverweigerung'' besteht der Mut darin, einem als Unrecht (z.&nbsp;B. Aufforderung zum Kaufhausdiebstahl), als wertlos (z.&nbsp;B. destruktive Mutprobe) oder als gesundheitliche Zumutung (z.&nbsp;B. Gruppenzwang zum Rauchen oder Drogenkonsum) erkannten Tun zu widerstehen. Beiden Ausdrucksformen von Mut kommt der gleiche Rang zu. Beide erfordern Wertbewusstsein, eigenständiges Denken, charakterliche Stärke und Durchsetzungsvermögen.<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Vom Sinn des Wagens. Warum Menschen sich gefährlichen Herausforderungen stellen''. In: DAV (Hrsg.): ''Berg 2006''. München-Innsbruck-Bozen 2005, S.&nbsp;96–111.</ref>
 
== Mut und Angst ==
[[Datei:Stromkasten Nerongsallee 11, Mut und Angst (Flensburg 2015).JPG|mini|Angst und Mut vor einer [[Arztpraxis]] (Beschriftung eines Stromkastens in [[Flensburg]])]]
Mut und Angst werden bisweilen in einem Widerspruchsverhältnis gesehen. Der Mutige scheint angstfrei zu sein oder zumindest weniger von Angstgefühlen belastet. Diese Vorstellung entspricht nicht der psychischen Wirklichkeit: Angst und Furcht sind keine mit dem Mut unvereinbare Gemütsverfassungen, sondern im Gegenteil Komponenten im Spannungsgefüge [[Wagnis (Pädagogik)|verantwortbaren Wagemuts]]. Sie kontrastieren miteinander, schließen sich aber nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen einander: <ref>Siegbert A. Warwitz: ''Die Kontrasttugenden Angst und Mut''. In: Ders.: ''Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen''. 2. Aufl.,  Baltmannsweiler 2016, S.&nbsp;27.</ref><ref>Deutscher Alpenverein (DAV)(Hrsg.): ''Risiko – Gefahren oder Chance?'' Tagungsband der Evangelischen Akademie Bad Boll, München 2004.</ref>
 
Nach Warwitz kommt dem Mut die Funktion des Antriebsfaktors, der Angst die Funktion des Bremsfaktors zu. In der wagnishaltigen Situation müssen beide wie bei der vernünftigen Autofahrt zu einem ausgewogenen Zusammenspiel finden. Um die Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, kann Mut auch in der Überwindung unbegründeter oder überhöhter Ängste bestehen. Andererseits hat Angst die Aufgabe, vor einem nicht verantwortbaren Tun zu warnen. Der Mutige beweist Handlungsfähigkeit zwischen den Extremen „[[Tollkühnheit]]“ und „[[Angst]]lähmung“.<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Mutig sein''. Basisartikel. In: ''Sache-Wort-Zahl'' 107(2010), S.&nbsp;4–10.</ref>
 
== Mut und Tapferkeit ==
[[Datei:Raevsky saltanovka.jpg|mini|Nikolay Samokish: ''Der ''Mut'' des Generals [[Nikolai Nikolajewitsch Rajewski|Rajewski]] in der Schlacht'' (Gemälde 1912)]]
Während „Mut“ (lat.: audacia) durch das Charaktermerkmal Wagnisbereitschaft bestimmt wird, kennzeichnet sich die [[Kardinaltugend]] „[[Tapferkeit]]“ (lat.: fortitudo) nach [[Josef Pieper]] als Durchhaltevermögen, als Standhaftigkeit in schwierigen Situationen.<ref>Josef Pieper: ''Vom Sinn der Tapferkeit''. Hegner, Leipzig 1934, 6. Auflage 1954.</ref> Mut stellt nach Warwitz eine „Initiativkraft“, Tapferkeit eine „Dulderkraft“ dar. Beide etablieren sich nicht in einer (Wunsch-)Vorstellung von sich selbst oder anderen, sondern müssen sich in einer realen Situation im konkreten Einsatz gegen Widerstände oder Gefahren beweisen:<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Widerstände weichen dem Willen''. In: Ders.:  ''Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen.'' 2. Aufl., Baltmannsweiler 2016, S.&nbsp;42–44.</ref> ''Mut'' (= Wagemut) beweist der [[Extremsportler]], [[Grenzgänger (Psychologie)|Grenzgänger]], [[Kampf|Kämpfer]], [[Soldat]], wenn er bereit ist, sich in eine gefährliche Situation hineinzubegeben. ''Tapferkeit'' beweist er, wenn er bereit ist, die Situation trotz Fehlschlägen, Verletzung, Niederlagen mit Leidensbereitschaft und Siegeswillen bis zum erhofften Erfolg auch durchzustehen. ''Mut und Tapferkeit'' (griechisch: ἀνδρεία andreia, lateinisch: virtus) sind schon bei Platon und Aristoteles nicht als Synonyme, sondern als ein voneinander unterscheidbares Begriffspaar zu verstehen, wie es auch in der differenzierteren deutschen Sprachgebung heute noch verwendet wird.
 
== Mut als Emanzipation ==
In seinen ''[[Epistel]]n'' verwendet der römische Dichter [[Horaz]] die Redewendung  ''[[sapere aude]]'' (wörtlich übersetzt: „Wage es, weise zu sein!“).<ref>[[Horaz]]: ''Epistulae.'' 1,2.40.</ref>
 
Der deutsche Philosoph [[Immanuel Kant]] greift sie 1784 auf und übersetzt sie in der Formulierung  „Habe den Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“, um den Leitgedanken der [[Aufklärung]] allgemeinverständlich zu erläutern: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“. Kant sieht die Ursachen für diese selbst verschuldete Unmündigkeit in „Feigheit und Faulheit“ sowie in einem „Mangel an Entschlusskraft und Mut, sich aus der Bevormundung durch andere zu befreien“. Es ist nach Kant zudem für viele Menschen bequemer, andere für sich denken und handeln zu lassen und sich damit auch der Verantwortung für ein eventuelles Scheitern zu entziehen.<ref>Immanuel Kant: ''Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?''</ref>
 
== Mut als Zivilcourage ==
Im Gegensatz zum militärischen Mut in Kriegssituationen kennzeichnet die sogenannte [[Zivilcourage]] eine Persönlichkeit, die bereit ist, sich in ihrem alltäglichen bürgerlichen Umfeld für die Durchsetzung von Gerechtigkeit und sozialen Normen einzusetzen, auch wenn dies unangenehm oder sogar für die eigene Unversehrtheit problematisch sein könnte.<ref>Ulrich Kühne (Hrsg.): ''Mutige Menschen. Frauen und Männer mit Zivilcourage''. Elisabeth Sandmann Verlag, München 2006.</ref>
 
Es handelt sich um ein sozialethisches Verhalten aufgrund von Wertüberzeugungen, das am eindrucksvollsten sichtbar wird, wenn die Integrität einer anderen Person, die Menschenwürde oder Menschenrechte bedroht werden und ein entsprechender Eingriff durch einen mutigen Mitmenschen  notwendig wird.<ref>Gerd Meyer: ''Lebendige Demokratie. Zivilcourage und Mut im Alltag. Forschungsergebnisse und Praxisperspektiven''. 2. Auflage. Baden-Baden 2007.</ref>
 
== Mut als Lernziel ==
Die Eigenschaft Mut und ihre Umsetzung in mutiges Verhalten sind individuell unterschiedlich angelegt und nicht für alle Lebensfelder und Situationen gleichermaßen abrufbar. Beide aber sind erlernbar und als Merkmal einer ausgereiften Persönlichkeit wie für ein selbstbestimmtes Leben erforderlich. Vor allem dynamische Kinder und Jugendliche tendieren von sich aus dazu, ihr diesbezüglich bereits vorhandenes Potenzial in [[Mutprobe]]n zu testen.<ref>Maria Limbourg: ''Mutproben im Kindes- und Jugendalter''. In: ''Sache-Wort-Zahl'' 107(2010), S.&nbsp;35–42.</ref><ref>Siegbert A. Warwitz: ''Brauchen Kinder Risiken und Wagnisse?'' In: ''Grundschule'' 11(2002), S.&nbsp;54–55.</ref>
 
Sinnvolle Mutproben sind nach den Erkenntnissen der [[Entwicklungspsychologie]] keine kindischen Spielereien und unnützen Gefährdungen. Sie tragen vielmehr wesentlich zur Formung der Persönlichkeit, zur stringenten Verfolgung eigener Lebensziele auch gegen Widerstände und zu einem selbstbewussten Auftreten in Bedrohungslagen und Konfliktsituationen in Öffentlichkeit und Beruf bei.<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Wachsen im Wagnis. Vom Beitrag zur eigenen Entwicklung.'' In: ''Sache-Wort-Zahl'' 93 (2008), S.&nbsp;25–37.</ref><ref>Gerd Meyer, Ulrich Dovermann, Siegfried Frech, Günther Gugel (Hrsg.): ''Zivilcourage lernen. Analysen – Modelle – Arbeitshilfen.'' 2. Auflage. Bundeszentrale für politische Bildung/Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, 2007.</ref>
 
== Heutige Bedeutung und Umfeld ==
Mut in einer Situation zu zeigen, muss sich nicht zwingend auf etwas tatsächlich [[Gefahr|Gefährliches]] beziehen. Wer vor Situationen [[Angst]] hat, die [[Objektivität|objektiv]] nicht gefährlich sind (etwa aufgrund einer [[Phobische Störung|Phobie]]), verhält sich insofern mutig, als er sich ihnen trotz seiner Phobie stellt. Vor einer gefährlichen Situation ''keine'' Angst zu haben, wird ebenfalls gelegentlich als Mut bezeichnet, obwohl dies auch ein Zeichen von [[Erfahrung]] (Sicherheit, die Situation bewältigen zu können) oder auch von [[Naivität]] (das Gefahrenpotenzial wird gar nicht erkannt) sein kann.
 
Ähnliches wie „Mut“ umschreiben die Wörter ''[[Kühnheit]]'', ''[[Bravour]]'' (besonders für [[soldat]]ischen Mut) und [[Zivilcourage]] sowie [[Umgangssprache|umgangssprachlich]] ''Traute'' ([[berlinerisch]]) und ''Schneid'' ([[bairisch-österreichisch]]). ''[[Tapferkeit]]'' betont im Unterschied zum Mut eher die [[Persönlichkeit|Charakterstärke]], unter widrigen Umständen auszuharren.<br /> Verschiedene (Zerr-)Formen von Mut sind negativ konnotiert (''Übermut'', ''Hochmut'', ''[[Leichtsinn]]''). Dies gilt vor allem, wenn der Mut einer [[Würde|unwürdigen]] Sache dient bzw. sich in destruktivem Verhalten äußert.
 
Gegenbegriffe zum Mut sind ''Zaghaftigkeit'' oder – [[moral]]isch noch abwertender – ''[[Feigheit]]'',  [[Innerer Schweinehund]] ([[vulgo]]). Wird aber der Mut verurteilt (''[[Dreistheit]]'', ''[[Kühnheit|Tollkühnheit]]'', ''[[Mutwille]]n''), so wird sein Gegenteil gern als ''[[Besonnenheit]]'' gelobt. (''Kein'' Gegenbegriff ist [[Unmut]], was „Ungehaltenheit“ bedeutet.) <!--Der Mut ist einigenorts eine Berufs[[tugend]], nicht etwa nur bei [[Soldat]]en – zu denken ist an [[Polizei|Streifenpolizisten]], [[Feuerwehr]]leute, [[Sprengberechtigter|Sprengberechtigte]], [[Küstenfischer]], [[Akrobat]]en, [[Journalist]]en in [[Diktatur]]en, [[Politiker]]. Man merkt es erst an der Ver[[achtung]], wenn er dort fehlt. Zuschreibungen und Aberkennungen von Mut unterliegen bisweilen auch [[Vorurteil]]en (vgl. [[Männlichkeit]]/[[Weiblichkeit]]).-->
Diente ursprünglich Mut dem Erreichen eines Zieles (etwa dem [[Survival|Überleben]] oder einem [[Sozialer Status|höheren Ansehen]]), so ist in einer relativ [[bedrohung]]sfreien [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]] das Eingehen eines [[Risiko]]s und das bloße Zurschaustellen von Mut oft ein Akt der [[Identitätsfindung]], der Abgrenzung vom Normalbürger oder der Erhöhung des [[Sex-Appeal]]s.
 
Nach Ansicht des Schweizer Fachpsychologen für Psychotherapie Andreas Dick besteht Mut aus folgenden Komponenten:<ref>Andreas Dick: ''Mut – Über sich hinauswachsen.'' Hans Huber Verlag, Bern 2010, ISBN 978-3-456-84835-8.</ref>
# eine Gefahr, ein Risiko oder eine Widerwärtigkeit auf sich nehmen bzw. eine Sicherheit oder Annehmlichkeit opfern, was möglicherweise den Tod, körperliche Verletzung, soziale Ächtung oder emotionale Entbehrungen zur Folge haben kann;
# eine mit Klugheit und Besonnenheit gewonnene Erkenntnis darüber, was in einem bestimmten Moment richtig und was falsch ist;
# Hoffnung und Zuversicht auf einen glücklichen, sinnvollen Ausgang;
# ein freier Willensentschluss;
# ein Motiv, das auf der Liebe beruht.
Als Grundformen des Mutes lassen sich dabei unterscheiden:
* physischer Mut, dessen Gefahr in einer möglichen Schädigung von Leib und Leben besteht;
* moralischer oder sozialer Mut, dessen Gefahr in einer möglichen sozialen Ausgrenzung besteht;
* psychologischer oder existenzieller Mut, dessen Gefahr in einer möglichen Destabilisierung der Persönlichkeit besteht.
 
== Ermutigung ==
Unter '''Ermutigung''' ist ''Mut machen'' durch andere zu verstehen (durch Zureden, [[Gestik|Gesten]], [[Mimik]]), aber auch ''Mut durch eigenes Verhalten bekommen'', wenn man den Erfolg erkennt, nachdem man etwas gewagt hat. Letzteres wäre eine Selbstbestätigung (Selbstverstärkung; siehe [[Lernen]]).
 
=== Formen ===
Ermutigungen werden in vielfältiger Form erteilt. Bei den Gesten ist die verbreitetste das sogenannte ''Schulterklopfen''. Bei Sportlern sind Zurufe oder Applaus Möglichkeiten, die Energien freizusetzen, um den Wettkampf zu bestehen. Bei [[Verzweiflung|verzweifelnden]] Menschen, die den Mut verloren haben, ein Unglück zu schultern, ist eine Ermutigung in Form von Zu- oder Ansprache angebracht, jedoch kein Allheilmittel. Hier ist die [[Telefonseelsorge]] einzuordnen.
 
In der [[Pädagogik]] ist die Ermutigung eine bedeutende Maßnahme, um Kinder aufzufordern, bestimmte Erfahrungen zu machen, damit weitere [[Lernprozess]]e in Gang gesetzt werden und um die [[Lernmotivation]] zu stärken (siehe dazu R. & A. Tausch: ''Erziehungspsychologie''). Ermutigung ist eine grundlegende, die gesamte Persönlichkeit betreffende Maßnahme.
 
=== Historische und aktuelle Beispiele ===
Eine der bekanntesten Ermutigungsreden von Soldaten vor einer Schlacht stammt aus der Feder von [[William Shakespeare]] in seinem Stück ''[[Heinrich V. (England)|Henry V]]'', die als [[St. Crispins-Tag-Rede]]  vor der [[Schlacht von Azincourt]] (25.&nbsp;Oktober 1415) bekannt ist. Aber auch andere Ermutigungsreden vor einem Kampf sind legendär, wie z.&nbsp;B. die Ansprache Napoleons vor der [[Schlacht bei den Pyramiden]] 1798.
 
Die Aufforderung ''sapere aude'' wird in der ''Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?'' von Kant zum Wahlspruch der Epoche: „Habe den Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Aufklärung im Sinne Immanuel Kants ist Ermutigung zu selbstständigem Denken in Überwindung von [[Faulheit]] und [[Feigheit]].
 
Bekannt ist auch das Lied ''[[Ermutigung (Biermann)|Ermutigung]]'' von [[Wolf Biermann]], das 1974 erstmals veröffentlicht wurde und in dem er, nachdem er in die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] nach seiner Ausweisung nicht mehr einreisen durfte, Verse dichtete, die seinen Freunden dort Mut machen sollten. Die Verse wurden auch teilweise von der westdeutschen Antiatomkraftbewegung dazu benutzt, die Moral der Anhänger zu stärken.
 
== Sprichwörter ==
Karl Friedrich Wilhelm Wander hat in seinem fünfbändigen Werk ''Deutsches Sprichwörter-Lexikon'' (Wanders Deutsches Sprichwörter-Lexikon) unter dem Stichwort ''Muth'' (und weiteren damit zusammengesetzten Wörtern) knapp zweihundert deutsche Sprichwörter gesammelt.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Mut (Tugend)}}
* {{WikipediaDE|Feigheit}}
* {{WikipediaDE|Mutprobe}}
* {{WikipediaDE|Tapferkeit}}
* {{WikipediaDE|Übermut}}
* {{WikipediaDE|Wagniserziehung}}
* {{WikipediaDE|Wagnis (Pädagogik)}}
 
== Literatur ==
* Deutscher Alpenverein (DAV)(Hrsg.): ''Risiko – Gefahren oder Chance ?'' Tagungsband der Evangelischen Akademie Bad Boll, München 2004.
* Ulrich Kühne (Hrsg.): ''Mutige Menschen. Frauen und Männer mit Zivilcourage''.  Elisabeth Sandmann Verlag, München 2006, ISBN 3-938045-13-2.
* Gerd Meyer: Mut und Zivilcourage. Grundlagen und gesellschaftliche Praxis. Verlag Barbara Budrich. Opladen Berlin-Toronto 2014, ISBN 978-3-8474-0172-8; 978-3-8474-0423-1 (eBook)
* Maria Limbourg: ''Mutproben im Kindes- und Jugendalter''. In: ''Sache-Wort-Zahl'' 107(2010), S.&nbsp;35–42.
* Gerd Meyer: ''Lebendige Demokratie. Zivilcourage und Mut im Alltag. Forschungsergebnisse und Praxisperspektiven''. 2. Auflage, Nomos, Baden-Baden 2007, ISBN 3-8329-0444-1.
* Gerd Meyer, Ulrich Dovermann, Siegfried Frech, Günther Gugel (Hrsg.): ''Zivilcourage lernen. Analysen – Modelle – Arbeitshilfen.'' 2. Auflage, Bundeszentrale für politische Bildung/Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, 2007, ISBN 3-89331-537-3.
* Reinhard Tausch, Anne-Marie Tausch: Erziehungspsychologie, Verlag Hogrefe, Göttingen, Toronto, Zürich (mehrere Auflagen)
* Siegbert A. Warwitz: ''Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen''. 2., erw. Aufl., Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2016, ISBN 978-3-8340-1620-1.
* Siegbert A. Warwitz: ''Brauchen Kinder Risiken und Wagnisse?'' In: ''Grundschule'' 11(2002), S.&nbsp;54–55. {{ISSN|0533-3431}}
* Siegbert A. Warwitz: ''Wachsen im Wagnis. Vom Beitrag zur eigenen Entwicklung.'' In: ''Sache-Wort-Zahl'' 93 (2008), S.&nbsp;25–37. {{ISSN|0949-6785}}
* Siegbert A. Warwitz: ''Vom Sinn des Wagens. Warum Menschen sich gefährlichen Herausforderungen stellen''. In: DAV (Hrsg.): ''Berg 2006'', München-Innsbruck-Bozen 2005, ISBN 3-937530-10-X, S.&nbsp;96–111.
* Siegbert A. Warwitz: ''Mutig sein'', Basisartikel. In: ''Sache-Wort-Zahl'' 107(2010), S.&nbsp;4–10.
 
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{Wikiquote}}
* Gunhild Simon: {{Webarchiv | url=http://www.magazin.institut1.de/669_Etymologie_etymologische_Anmerkungen.html | wayback=20080327081306 | text=''Mut und Gemüt''.}} In: ''Magazin Deutsch, Etymologie'', 3. September 2007
* 1784: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung – frei zugänglich bei [http://www.digbib.org/Immanuel_Kant_1724/Was_ist_Aufklaerung DigBib.Org], [[s:Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung|Wikisource]]
* ''[http://www.stern.de/tv/stern-tv-psychoexperiment--mut---warum-es-so-schwer-ist--mutig-zu-sein-6906480.html Warum es so schwer ist, mutig zu sein''] -Psycho-Experimente/Mut  sternTV/RTL-Sendung mit Wagnisforscher Siegbert A. Warwitz, 27. Juli 2016 (abgerufen am 28. Juli 2016)
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=s|GND=4127334-5}}
 
[[Kategorie:Tugend]]
 
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 13. Juli 2018, 17:08 Uhr