Kernbrennstoff

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Ende eines Brennstabes und (ungebrauchte) Uranoxid-Pellets

Kernbrennstoff ist das Material, in dem die Spaltreaktion eines Kernreaktors stattfindet. Es gibt verschiedene Kernbrennstoffe für die verschiedenen Reaktortypen. Jeder Kernbrennstoff enthält mindestens ein spaltbares Nuklid, meist 235U; auch das einzelne spaltbare Nuklid wird manchmal als Kernbrennstoff bezeichnet.[1] Uran wird in den meisten Reaktoren nicht als Natururan, sondern in angereicherter Form verwendet. Im Betrieb entstehen durch Neutroneneinfang im Kernbrennstoff weitere spaltbare Nuklide, beispielsweise Plutoniumisotope. Transuranabfall könnte zukünftig als Kernbrennstoff verwendet werden, allerdings nur in besonderen Typen von Reaktoren (siehe Transmutation), die heute (2016) noch Forschungsgegenstand sind.

Kernbrennstoffe können nach ihrer chemischen Beschaffenheit oder ihrer technischen Anwendungsform unterschieden werden. Die Veränderung der Zusammensetzung und weiterer Eigenschaften über die Gebrauchsdauer wird als Abbrand bezeichnet.

Von den Kernbrennstoffen zu unterscheiden sind Brutstoffe, aus denen im Reaktorbetrieb neuer Brennstoff erbrütet wird. Die Brutstoffe werden manchmal auch als schwache Kernbrennstoffe bezeichnet.[1]

Chemische Unterteilung

Oxidische Kernbrennstoffe

Mit Stand 2016 sind die große Mehrheit der verwendeten Kernbrennstoffe oxidisch, also UO2 bzw. PuO2. Sie werden primär in Leichtwasserreaktoren, aber auch in anderen Systemen eingesetzt. Vorteile sind die thermische und chemische Stabilität bis in relativ hohe Temperaturbereiche. Zu den Nachteilen gehören die geringe thermische Leitfähigkeit.[2]

Metallischer Kernbrennstoff

Metallisches Uran wurde in den inzwischen ausgedienten Magnox-Reaktoren und den frühen schnellen Brütern EBR-1, EBR-2 und dem ersten Reaktor überhaupt eingesetzt.[3] Die einfache Herstellung, die große Wärmeleitfähigkeit sowie die hohe Dichte waren dafür ausschlaggebend. Aufgrund der Reaktionsfreudigkeit mit Wasser, spontanen Dichteänderungen bei gewissen Temperaturen sowie dem Anschwellen während des Betriebs findet metallischer Kernbrennstoff keine Verwendung mehr. Ausnahmen wie Forschungs- und Schulungsreaktoren sind aber weiterhin zu finden (z. B. CROCUS an der EPFL Lausanne[4]).

Andere feste Kernbrennstoffe

Im Zuge der Weiterentwicklung von Reaktorsystemen (vierte Generation) gibt es Konzepte zu carbidischen und nitridischen Kernbrennstoffen. Dabei stehen die Vorteile keramischer Stoffe im Vordergrund. Zum Teil wurden diese bereits in den 1950er- und 1960er-Jahren erprobt, aber zugunsten der Oxide nicht weiter verfolgt. Die Vorteile liegen bei der höheren Dichte, vergleichbar hoher Schmelztemperatur und grob zehnfach höherer Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zum Oxid.

Flüssige Kernbrennstoffe

Eine weitere Entwicklung sind die Salzschmelzen, in denen der Brennstoff aufgelöst wird. Ein Beispiel ist FLiNaK. Durch die flüssige Phase ergeben sich ganz andere technologische Möglichkeiten und Herausforderungen an das Reaktordesign. Vorteile sind u. a. eine mögliche kontinuierliche Reinigung von Spaltprodukten, dem hohen möglichen Temperaturbereich und dem Wegfall der Brennelementherstellung. Ein großer Nachteil ist die Korrosivität der Salze. Zusammen mit wässrigen Uranlösungen wurden auch diese Konzepte bereits früher untersucht, dann aber nicht weiter verfolgt. Auch sie erleben im Rahmen der vierten Generation neue Aufmerksamkeit.

Technologische Unterteilung fester Kernbrennstoffe

Brennstäbe

Brennstäbe sind mit Abstand die am weitesten verbreitete Form von Kernbrennstoff. Typischerweise umschließt ein mehrere Meter langes, gasdichtes Hüllrohr einen Stapel von keramischen Brennstoff-Presslingen (Pellets). Keramischer Brennstoff kann aber auch in Form einer Granulat-Schüttung (siehe Pac-Kügelchen) verwendet werden. Das Hüllrohr besteht bei Leichtwasser- und Schwerwasserreaktoren aus Zirkalloy, bei Brutreaktoren aus Edelstahl.

Die Brennstäbe werden nicht einzeln verwendet, sondern bei allen Reaktortypen zu Bündeln (Brennelementen) zusammengefasst.

Brennelemente für Hochtemperaturreaktoren

Hochtemperaturreaktoren verwenden Kernbrennstoff, der – etwa in Form kleiner UO2-Körner[5] – in Graphit eingebettet ist. Diese Brennelemente sind bei manchen Konstruktionen tennisballgroße Kugeln, bei anderen senkrechte Säulen von prismatischem Querschnitt.[5]

Brennelemente für Forschungsreaktoren

In manchen Forschungs- und Ausbildungsreaktoren wurden und werden besondere Kernbrennstoffe benutzt: im Siemens-Unterrichtsreaktor Platten aus Polyethylen, die Uranoxid (U3O8)-Pulver enthielten; im TRIGA-Reaktor eine Verbindung von Uran, Zirkonium und Wasserstoff; im Münchner Forschungsreaktor FRM II speziell geformte Platten aus Uransilicid-Aluminium-Dispersionsbrennstoff.

Varia

Der Umgang mit Kernbrennstoffen ist gesetzlich z. B. durch das deutsche Atomgesetz geregelt (siehe auch Kernmaterialüberwachung).

Brennstoff wird als 'abgebrannt' bezeichnet, wenn er nicht mehr maßgeblich zur Wärmeproduktion im Reaktor beitragen kann. Das betrifft insbesondere alle Brennstoffe oder Brennelemente, die aus diesem Grund im Reaktor ersetzt wurden.

Siehe auch

Literatur

  • Universität München: Vorlesungsmanuskript Abschnitt Kernbrennstoffe. Nach der Vorlesung Grundlagen der Energieversorgung. Resch Verlag 1990

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 z. B. in R. Zahoransky (Hrsg.): Energietechnik. 7. Auflage, Springer 2015, ISBN 978-3-658-07453-1, Seite 103
  2. Oak Ridge National Laboratory: Thermophysical Properties of MOX and UO2 Fuels including the Effects of Irradiation. Oak Ridge National Laboratory, September 2000, abgerufen am 19. April 2016.
  3. S.E. Jensen, E. Nonbol: Description of the Magnox Type of Gas Cooled Reactor (MAGNOX). Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA), November 1998, S. 12, abgerufen am 21. April 2016.
  4. Website von CROCUS: [1]
  5. 5,0 5,1 Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA): High Temperature Gas Cooled Reactor Fuels and Materials. März 2010, S. 5, abgerufen am 21. April 2016.


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