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[[Datei:The Future of Art - Marina Abramović.jpg|thumb|[[Marina Abramović]] während der Performance "The Artist Is Present" im Museum of Modern Art]]
'''Aktionskunst''' ist ein Oberbegriff für eine Reihe von Strömungen der [[Kunst]] des 20. Jahrhunderts, die die klassischen Formen der bildenden Kunst ([[Plastik (Kunst)|Plastik]], [[Malerei]]) überschritten und um andere mediale und performative Ausdrucksformen erweiterten. Damit stellten sie sich in einen Widerspruch zu dem oft als zu konventionell und eng empfundenen Begriff von Kunst und [[Kunstbetrieb]]. In [[Wien]] fand die Aktionskunst in den 1960er Jahren ihren Ausdruck in dem [[Wiener Aktionismus]].
== Beschreibung ==
== Beschreibung ==
Die Aktionskunst ist ein Vorläufer der künstlerischen [[Performance (Kunst)|Performance]] und lässt sich von ihr nicht immer eindeutig unterscheiden.
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In der Aktionskunst kommen sowohl klassische Arbeitsweisen der bildenden Kunst zum Einsatz wie [[Malerei]] und [[Bildhauerei]], als auch neuere Medien wie [[Fotografie]], [[Film]], [[Videotechnik|Video]]. Mit der Aktionskunst vollzieht eine Wende zu mehr und mehr [[Prozesskunst|prozesshaften Formen]] künstlerischer Praxis. Als ein Teil der Aktionskunst gilt die [[Fluxus]]-Bewegung (lat. flux/fluere = fließend, vergänglich) der 1960er Jahre, die sich als fließender Übergang zwischen Kunst und Leben verstand.
 
In der Aktionskunst ist nicht selten der Künstler selber Bestandteil des Werkes und sein Körper künstlerisches Medium (z. B. [[Wolfgang Flatz]]). Während für ein klassisches Kunstverständnis die Trennung von Subjekt und Objekt Voraussetzung ist, indem der Künstler ein von ihm ablösbares Artefakt schafft, geht es in der Aktionskunst um Handlungen, in die die Künstler unmittelbar involviert sind. Durch extreme wie z.B. selbstverletzende Handlungen werden beim Zuschauer unmittelbar affektive und emotionale Reaktionen ausgelöst (z. B. [[Marina Abramović]], [[Zhang Huan]], [[Lilly McElroy]]).
 
== Entwicklung ==
[[Datei:Deutschlandsuche99.jpg|thumb|[[Christoph Schlingensief]] am 17. September 1999 im Rahmen seiner ''Deutschlandsuche 99'' an der Volksbühne in Berlin]]
In den 1960er Jahren entwickelte sich die Aktionskunst als eine Schnittmenge von Kunst und [[Politik]], in der das [[Happening]] sowohl ein [[Kunstwerk]] als auch politische Manifestation sein konnte (wie die ''Austreibung der Dämonen aus dem Pentagon'' 1967, angeführt von [[Allen Ginsberg]]). Bekannte Vertreter der Aktionskunst sind [[Joseph Beuys]], [[Nam June Paik]], [[Asger Jorn]]  und [[Wolf Vostell]], die den Begriff der [[Gestaltung]] nicht auf Bilder begrenzten, sondern als umfassenden Eingriff in die soziale Wirklichkeit der Welt ansahen. Beispiele dafür sind die kreativen Performances der [[Yippie]]s, [[Sponti]]s oder die Aktionen der [[Kommunikationsguerilla]], wie etwa die „Überfälle“ der Gruppe ''[[Die Überflüssigen (Gruppe)|Die Überflüssigen]]'' 2005.
 
Als [[Friedensreich Hundertwasser]] 1959 Gastdozent an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg war, zog er zusammen mit [[Herbert Schuldt]], [[Bazon Brock]] und anderen eine zehn Kilometer lange ''Endlose Linie'', die sich über Wände und Türen eines Hochschulraumes erstreckte, was damals einen Skandal auslöste. Als Aktionskünstler erregte Schuldt 1960 Aufsehen mit der von ihm initiierten ''Internationalen Ausstellung von Nichts'', die in einer verfallenen Villa im Hamburger Stadtteil Lokstedt stattfand und bei der lediglich leere Bilderrahmen, unbemalte Leinwände, leer laufende Filmspulen und Lehmklumpen zu sehen waren – einschließlich der [[Body Art]] von [[Natias Neutert]], der in pantomimisch erstarrter Sitzhaltung eine gefühlte Stunde lang scheinbar von einem nicht vorhandenen Stuhl Besitz ergriff, indem er über falsches Besitzdenken und die Differenz von Haben und Sein philosophierte.<ref>Vgl. Nürtinger Zeitung:''Eine lebende Collage zu Gast.'' 9. Oktober 1987.</ref>
 
Oft findet Aktionskunst im öffentlichen Raum statt und provoziert dabei bewusst mediale oder polizeiliche Reaktionen wie zum Beispiel 1968 bei der [[Multimedia|Mixed Media Show]] im Kunsthaus Hamburg, bei der dem Publikum unter anderem Mund-zu-Mund-Beatmung, Entblößen, Haschisch versprochen worden war, so dass die Polizei die Veranstaltung wegen Überfüllung und Einsturzgefahr des Gebäudes schließen musste. Mit dem Prinzip der Provokation spielt auch ''[[Ein sehr kurzes Stück für Bankdirektoren]]'' von [[Till Nikolaus von Heiseler]] und [[Michaela Caspar]]. Hier zeigt sich denn auch die strukturelle Verwandtschaft zum [[Unsichtbares Theater|Unsichtbaren Theater]] von [[Augusto Boal]].
In Frankfurt agierte der Schriftsteller [[Hans Imhoff]] seit 1967 als Aktionskünstler, der die von der westdeutschen Studentenbewegung benutzten Medien wie Flugblätter und Manifeste für seine künstlerischen Ziele umfunktionierte.
 
In jüngerer Zeit stand [[Christoph Schlingensief]] in der Tradition der Aktionskunst mit stark polarisierenden Auftritten wie z.&nbsp;B. als Wahlkämpfer einer eigens gegründeten Partei [[Chance 2000]] im Bundestagswahlkampf 1998, als Hohepriester der [[Church of Fear]] (2005), mit den Aktionen ''Tötet Helmut Kohl'' (2000) und ''Tötet Möllemann'' (2002) oder der Aktion ''Bitte liebt Österreich'', eine Persiflage auf das Fernsehformat [[Big Brother (Fernsehshow)|Big Brother]]. Bei der Aktion ''Bitte liebt Österreich'' stand ein Container vor der Wiener Staatsoper, in dem angeblich Asylbewerber saßen, über deren Ausweisung via Internet abgestimmt werden sollte (2000).
In seiner Aktion „abgefertigt“ am Brandenburger Tor in Berlin (2007) greift [[Kurt Fleckenstein]] ebenfalls das Thema Asyl auf: 100 Jugendliche sitzen mit verbundenen Händen in so genannten Migrantentaschen und symbolisieren in symmetrischer Anordnung die Hilflosigkeit von Asylbewerbern bei der „Abfertigung“ für die Abschiebung. Zuletzt erregte das [[Zentrum für politische Schönheit]] Aufmerksamkeit mit Aktionen wie einem Schuhberg (2010) für die Opfer von Srebrenica oder der ''25.000 Euro Belohnung''-Aktion (2012) für Hinweise, die die Eigentümer des Panzerkonzerns [[Krauss-Maffei Wegmann]] in Haft bringen sollten.<ref>[http://www.zeit.de/2012/23/WOS-Panzer Identifiziert und attackiert (DIE ZEIT)]</ref> Zum 25. Jahrestag des Mauerfalls rief das Künstlerkollektiv zum "Ersten Europäischen Mauerfall" auf und brachte die Installation [[Weiße Kreuze]] über die EU-Außengrenzen zu "aktuellen Mauertoten".<ref>[http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/mauerkreuze-geklaut-zentrum-fuer-politische-schoenheit-mahnt-a-1000699.html Knackt die Festung Europa (Spiegel Online)]</ref><ref>[http://www.tagesspiegel.de/kultur/mauerkreuze-an-die-aussengrenzen-europas-grenzen-muessen-fallen/10953650.html Grenzen müssen fallen (Der Tagesspiegel)]</ref><ref>[https://www.theguardian.com/world/2014/nov/03/berlin-wall-memorial-border-protest Art group removes Berlin Wall memorial in border protest (Guardian)]</ref> Im Sommer 2015 beerdigte das Zentrum für Politische Schönheit zwei Menschen, die zuvor im Mittelmeer ertrunken waren.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/fluechtlinge-protest-beerdigung-in-berlin-kommentar-a-1039642.html|titel=S.P.O.N. - Der Kritiker: Die zurechtgestutzte Katastrophe - SPIEGEL ONLINE - Kultur|autor=SPIEGEL ONLINE, Hamburg Germany|werk=SPIEGEL ONLINE|zugriff=2016-12-28}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Melissa Eddy|Titel=Migrant’s Funeral in Berlin Highlights Europe’s Refugee Crisis|Sammelwerk=The New York Times|Datum=2015-06-16|ISSN=0362-4331|Online=http://www.nytimes.com/2015/06/17/world/europe/migrants-funeral-in-berlin-highlights-europes-refugee-crisis.html|Abruf=2016-12-28}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Peter Laudenbach|Titel=Umstrittene Kunstaktion: Tote Flüchtlinge, mitten in Berlin|Sammelwerk=sueddeutsche.de|ISSN=0174-4917|Online=http://www.sueddeutsche.de/kultur/umstrittene-kunstaktion-tote-fluechtlinge-mitten-in-berlin-1.2521823|Abruf=2016-12-28}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Ines Kappert|Titel=Aktivisten beerdigen Flüchtlinge in Berlin: Die echte Inszenierung|Sammelwerk=die tageszeitung|Online=http://www.taz.de/Aktivisten-beerdigen-Fluechtlinge-in-Berlin/!5204106/|Abruf=2016-12-28}}</ref> 2016 errichtete das Künstlerkollektiv eine römische Arena mitten in Berlin und suchte nach Flüchtlingen, die bereit waren, sich im Widerstand gegen das Beförderungsverbot für Flüchtlinge von Tigern fressen zu lassen.<ref>{{Literatur|Autor=Arno Widmann|Titel=Zentrum für politische Schönheit: Warum fliegen Flüchtlinge nicht mit dem Flugzeug?|Sammelwerk=Berliner Zeitung|Online=http://www.berliner-zeitung.de/kultur/zentrum-fuer-politische-schoenheit-warum-fliegen-fluechtlinge-nicht-mit-dem-flugzeug--24241680|Abruf=2016-12-28}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Ines Kappert|Titel=Zentrum für politische Schönheit: Leider keine Übertreibung|Sammelwerk=die tageszeitung|Online=http://www.taz.de/!5315966/|Abruf=2016-12-28}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Jens Bisky|Titel=Aktionskunst: Sie sind nicht  mehr da|Sammelwerk=sueddeutsche.de|ISSN=0174-4917|Online=http://www.sueddeutsche.de/kultur/aktionskunst-sie-sind-nicht-mehr-da-1.3055710|Abruf=2016-12-28}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Arno Widmann|Titel=Gorki Theater: Der Mordparagraf 63, die Tiger und die Flüchtlinge|Sammelwerk=Berliner Zeitung|Online=http://www.berliner-zeitung.de/kultur/gorki-theater-der-mordparagraf-63--die-tiger-und-die-fluechtlinge-24310588|Abruf=2016-12-28}}</ref> Das [[Peng Collective]] infiltrierte eine Veranstaltung des Ölkonzerns [[Royal_Dutch_Shell|Shell]] in Berlin und inszenierte dort eine Ölfontäne auf der Bühne (2013)<ref>[http://www.huffingtonpost.com/2013/12/14/shell-berlin-science-slam-video_n_4440676.html Shell's Berlin 'Science Slam' Event Reportedly Disrupted By Anti-Drilling Activists (Huffington Post)]</ref><ref>[http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/science-slam-aktivisten-protestieren-auf-shell-veranstaltung-a-938746.html Protest beim "Science Slam": Schmutzfontäne gegen Shell (Spiegel Online)]</ref> oder stellte als vermeintliche [[Google]]-Mitarbeiter neue Überwachungsprodukte vor dem netzpolitischen Fachpublikum der [[Re:publica]] vor (2014).<ref>[http://www.golem.de/news/open-source-hoax-grossestheater-um-google-1405-106328.html Großes Theater um Google (Golem.de)]</ref><ref>[http://www.zeit.de/digital/internet/2014-05/republica-google-nest Großes Theater um Google (Zeit.de)]</ref><ref>[http://www.fastcocreate.com/3030418/how-activists-fooled-the-internet-with-these-convincing-new-google-nest-products How Activists Fooled The Internet With These Convincing New Google Nest Products (Fast Company)]</ref><ref>[http://techcrunch.com/2014/05/07/google-nest-parody-protest-site-holds-a-funhouse-mirror-up-to-the-search-giant/ Google Nest Parody Protest Site Holds A Funhouse Mirror Up To The Search Giant (TechCrunch)]</ref><ref>[http://www.forbes.com/sites/ellenhuet/2014/05/07/google-nest-spoof-by-german-activists-promises-eerie-data-driven-future/ Google Nest Spoof By German Activists Promises Eerie, Data-Driven Future (Forbes)]</ref>
 
== Verwandtschaft ==
Die Aktionskunst überschneidet sich konzeptionell mit der [[Prozesskunst]], der [[Body-Art]] und der [[Performance (Kunst)|Performance]] und weist auch Verwandtschaften zum [[Experimentelles Theater|experimentellen Theater]] auf.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Aktionskunst}}
* {{WikipediaDE|Aktionskunst}}
* {{WikipediaDE|Performance (Kunst)}}
* {{WikipediaDE|Environment}}
* {{WikipediaDE|Intervention (Bildende Kunst)}}
* {{WikipediaDE|Installation (Kunst)}}
* {{WikipediaDE|Inszenierung}}
* {{WikipediaDE|Fluxus}}
* {{WikipediaDE|Happening}}
 
== Literatur ==
* Thomas Dreher: ''Performance Art nach 1945. Aktionstheater und Intermedia''. Fink, München 2001, ISBN 3-7705-3452-2.
* Erika Fischer-Lichte: ''Ästhetik des Performativen''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-12373-4. (englische Ausgabe: The Transformative Power of Performance: A New Aesthetics. Routledge Chapman & Hall, London/New York 2008. ISBN 978-0-415-45856-6)
* Julia Jochem: ''Performance 2.0 – Zur Mediengeschichte der Flashmobs.'' Vwh - Hülsbusch, Boizenburg 2011, ISBN 978-3-940317-98-8 (Zugleich Diplomarbeit an der Universität Siegen 2010, ''Zum Phänomen Flashmob als performativer Prozess''). <ref>[http://www.rkm-journal.de/archives/9139 Rezension] von Michael Roslon, 5. Juni 2012</ref>
* Denis Leifeld: ''Performances zur Sprache bringen. Zur Aufführungsanalyse von Performern in Theater und Kunst.'' transkript, Bielefeld 2015, ISBN 978-3-8376-2805-0.
* ''Beuys Brock Vostell. Aktion Demonstration Partizipation 1949-1983''. ZKM - Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Hatje Cantz, Karlsruhe, 2014, ISBN 978-3-7757-3864-4.<ref>[http://www.hatjecantz.de/beuys-brock-vostell-6226-0.html Beuys Brock Vostell]</ref>
 
== Weblinks ==
* [http://dreher.netzliteratur.net/1_Aktions-u.Konzeptkunst.html Thomas Dreher: „Aktions- und Konzeptkunst“]
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=s|GND=4141744-6}}
 
[[Kategorie:Bildende Kunst nach Gattung]]
[[Kategorie:Aktionskunst|!]]
[[Kategorie:Performance]]
[[Kategorie:Theater]]
[[Kategorie:Kunst]]
 
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 11. August 2022, 12:02 Uhr

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