Kleine Eiszeit

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Das Gemälde IJsvermaak („Eisvergnügen“) von Hendrick Avercamp zeigt Menschen auf einem zugefrorenen Kanal in den Niederlanden im kalten Winter 1608. Heute dagegen sind die Kanäle im Winter meist eisfrei. Künstlerische Darstellungen solcher Szenen sind nur aus der Zeit zwischen 1565 und 1640 bekannt.

Als Kleine Eiszeit wird eine Periode relativ kühlen Klimas bezeichnet, die von Anfang des 15. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein währte. Sie war regional und zeitlich unterschiedlich stark ausgeprägt. Nur während eines Kernzeitraums, vom Ende des 16. Jahrhunderts bis in das letzte Drittel des 17. Jahrhunderts, lässt sich global eine kühlere Phase ausmachen. Ihr ging die als mittelalterliche Warmzeit bekannte Periode voran.

Als Ursachen für die Kleine Eiszeit wurden verstärkter Vulkanismus, eine geringere Aktivität der Sonne und eine Wiederbewaldung landwirtschaftlicher Flächen nach einem Bevölkerungsrückgang durch Krankheiten erwogen. Auch die Abkühlung durch veränderten Meeresströmungen hat vermutlich eine Rolle gespielt. Das Ende der Kleinen Eiszeit wurde durch eine Reihe bedeutender Vulkanausbrüche markiert.

Auswirkungen

Temperatur-Anomalie Winter 1708/1709

Während der Kleinen Eiszeit traten häufig sehr kalte, lang andauernde Winter und niederschlagsreiche, kühle Sommer auf. Mitte des 17. Jahrhunderts und auch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts drangen in den Alpen zweimal die Gletscher vor und zerstörten Gehöfte und Dörfer. Das Gletscherwachstum während der Kleinen Eiszeit war das stärkste seit der langandauernden Vereisung der letzten Eiszeit.

Die Kanäle und Grachten in den Niederlanden, in Belgien und in Nordfrankreich waren häufig lange zugefroren. So froren Kanäle der Stadt Haarlem laut 1633 beginnenden Aufzeichnungen im Mittel an 28 Tagen zu.[1][2]

In Frankreich führte der Temperaturrückgang zu Hungerwintern – langanhaltenden Tieftemperaturen, die die Aussaat fast unmöglich machten und die Ernten weitgehend ruinierten: 1659/60, 1694/95 und 1708/09.[3] Höhepunkt war die Kälteperiode von 1692 bis 1698, die oft ebenfalls als „Kleine Eiszeit“ bezeichnet wurde.

In London fand auf der zugefrorenen Themse mehrmals ein „Frostjahrmarkt“ statt – möglich wurde dies auch durch damals andere Strömungsverhältnisse des Flusses. Auch im Mittelalter fror die Themse mehrfach zu.[4]

Im Winter 1780 konnte der Hafen von New York auf dem Eis sicher überquert werden. Auf den Großen Seen in Nordamerika blieb das Eis manchmal bis zum Juni.

Als letzte Markierung der Kleinen Eiszeit wird etwa die Große Hungersnot in Irland 1845–1852 gesehen. Ab etwa 1850 wurde es weltweit wärmer; dies gilt als Ende der Kleinen Eiszeit. Seitdem sind die globalen bodennahen Durchschnittstemperaturen um etwa 1 K gestiegen und damit (bezogen auf einen Zeitraum von 50 Jahren) wahrscheinlich wärmer als mindestens seit 1300 Jahren.[5] Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist nahezu weltweit ein deutlicher Rückgang der Gletscher zu beobachten (siehe Gletscherschwund seit 1850).

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Commons: Kleine Eiszeit - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1.  J. De Vries: Histoire du climat et économie : des faits nouveaux, une interprétation différente. In: Annales. Économies, Sociétés, Civilisations. Nr. 32, 1977, S. 198–227 (persee.fr).
  2.  H. M. van den Dool, H. J. Krijnen, C. J. E. Schuurmans: Average Winter Temperatures at De Bilt (The Netherlands): 1634–1977. In: Climatic Change. 1, Nr. 4, 1978, S. 320, doi:10.1007/BF00135153.
  3. Walter Lenke: Untersuchung der ältesten Temperaturmessungen mit Hilfe des strengen Winters 1708–1709. In: Berichte des Deutschen Wetterdienstes. Nr. 92, 1964.
  4. So gibt es für die mittelalterliche Warmzeit in England Berichte über ein Zufrieren der Themse in den Jahren 998, 1061, 1063 und 1092, obwohl dieser Zeitraum schlechter historisch erschlossen ist als die Kleine Eiszeit, s.  J. B. Rigg: Influence of Local Conditions on the Freezing of the River Thames. In: Weather. 1964, doi:10.1002/j.1477-8696.1964.tb02732.x.
  5.  Executive Summary. In: Vierter Sachstandsbericht (IPCC AR 4). 2007, 6 (ipcc.ch).
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