Kniegelenk

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Vereinfachter Aufbau des rechten Kniegelenkes (Ansicht von vorn, schematisch)
Röntgenbild eines rechten Kniegelenkes (Ansicht von der medialen Seite)

Das Kniegelenk (lat. Articulatio genus) ist das größte Gelenk der Säugetiere. Der Oberschenkelknochen (Femur), das Schienbein (Tibia) und die Kniescheibe (Patella) bilden dabei die knöchernen Gelenkkörper.

Das Kniegelenk ist ein zusammengesetztes Gelenk. Es besteht aus zwei Einzelgelenken, dem Kniescheibengelenk (Articulatio femoropatellaris), welches sich zwischen Oberschenkelknochen und Kniescheibe befindet, und dem Kniekehlgelenk (Articulatio femorotibialis), das zwischen Oberschenkelknochen und Schienbeinkopf (Caput tibiae) liegt. Anatomisch gesehen handelt es sich bei dem proximalen Gelenk zwischen Schienbein (Tibia) und Wadenbein (Fibula) (Articulatio tibiofibularis) zwar um ein eigenständiges Gelenk, das aber in der Regel über eine Ausbuchtung der Kniegelenkkapsel (Recessus subpopliteus) mit dem Kniegelenk verbunden ist.

An der Hinterseite des Kniegelenkes liegt die Kniekehle (Fossa poplitea), in deren Tiefe wichtige Blutgefäße und Nerven verlaufen. Zudem sind hier die Kniekehllymphknoten (Lymphonodi poplitei) ausgebildet.

Knöcherne Strukturen und Gelenkflächen

Die Gelenkflächen der Gelenkkörper sind mit hyalinem Gelenkknorpel überzogen, der sich unter der Wirkung übertragener Kräfte verformt und damit die Kontaktflächen bereitstellt, auf denen die Flächenpressdrücke das notwendige Kräftegleichgewicht herstellen. Die Gelenkflächen können nur Druckkräfte übertragen. Da in der Regel nur Teile der Gelenkflächen als Kontakt- und Tragflächen fungieren, sind die tatsächlichen Pressdrücke wesentlich höher als die aus den anatomischen Gelenkflächen geschätzten Drücke, sie übersteigen den Blutdruck um ein Vielfaches. Daher sind im Gelenkknorpel auch keine Blutgefäße, denn der Blutdruck könnte keinen Stoffaustausch gegen den Gewebedruck aufrechterhalten. Der zwischen den beiden Knorpeloberflächen liegende Gelenkspalt ist sehr dünn: lediglich einige Moleküllagen Gelenkschmiere passen hier hinein. Die Dimension des Gelenkspalts liegt im Mikrometerbereich und ist im Röntgenbild nicht darstellbar. Was der Orthopäde als „Gelenkspalt“ bezeichnet sind die beiden strahlendurchlässigen Knorpelschichten der Gelenkkörper. Der Gelenkknorpel ist von Kollagenfasern durchzogen, die ihn einerseits auf dem Knochen befestigen und die ihm andererseits eine gewisse Zugfestigkeit verleihen. Am Gelenkspalt schwenken die in eine horizontale Richtung (die so genannte Tangentialfaserschicht) und unterstützen das Gleiten der Gelenkkörper.

Oberschenkelknochen

Gelenkflächen des rechten Oberschenkelknochens (Ansicht von unten, schematisch)

Der Oberschenkelknochen endet kniewärts (distal) mit zwei recht breiten, leicht nach außen gekrümmten (konvexen) Gelenkknorren (Condylus lateralis femoris und Condylus medialis femoris), die von vorne nach hinten verlaufen und zwischen denen auf der Rückseite eine schmale Grube (Fossa intercondylaris) liegt. Die Oberfläche der Gelenkknorren (Condyli ossis femoris) ist spiralförmig angelegt, so dass der Mittelpunkt der Drehbewegung des Gelenkes unter der Bewegung eine spiralförmige Bewegungsbahn beschreibt. Der innere Gelenkknorren ist in waagerechter Richtung (sagittal) ein bis zwei Zentimeter größer als der äußere und steht weiter vom Gelenk entfernt.

Die Knorpelschicht der Oberschenkelknorren ist dünner als die der Kniescheibe, wobei die äußere Gleitfläche von einer dickeren Knorpelschicht überzogen ist als die innere.

Die Oberschenkelknorren divergieren etwas gelenkferner und nach hinten. Der äußere Gelenkknorren ist vorne breiter als hinten, während der innere Gelenkknorren eine gleichmäßige Breite besitzt. In horizontalen Ebenen sind die Gelenkknorren um eine vertikale Achse nur leicht gekrümmt. In der vertikalen Ebene nimmt die Krümmung nach hinten zu, das heißt, der Krümmungsradius wird kleiner. Der innere Gelenkknorren ist noch zusätzlich um eine vertikale Achse gekrümmt (Rotationskrümmung).[1]

Auf der Gelenkfläche des Oberschenkelknochens (Vorderseite) verläuft eine flache, zwischen beiden Gelenkknorren liegende Gleitrinne für die Kniescheibe (Facies patellaris femoris bzw. Trochlea ossis femoris). Diese Gleitrinne unterteilt die Gelenkflächen in zwei Facetten. Die äußere Facette ist etwas größer und läuft gelenknäher und weiter vorne als die kleinere innere. Im Unterschied zu dieser kann sie so vor allem während der Beugung mehr Druck aufnehmen.

Besonderheiten bei vierfüßigen Säugetieren

Die Oberschenkelknochen weisen bei vierfüßigen Säugetieren eine Krümmung nach außen auf, deren Krümmungsradius nach hinten größer wird. Dadurch kommt es bei zu starker Beugung (Hyperflexion) zu einer stärkeren Spannung der Seitenbänder (Kollateralbänder), wodurch die Bewegung gebremst wird (sogenanntes Spiralgelenk). Das Gelenk befindet sich immer in einer Beugestellung. Die maximale Streckung geht zum Beispiel bei Hunden nicht über einen nach hinten offenen Winkel von 150° hinaus.

Besonderheiten bei Vögeln

Der Oberschenkelknochen ist bei Vögeln kurz. Er dient dazu, den Ansatzpunkt des Beines über den Schwerpunkt des Vogels zu verlagern, um so ein möglichst energiesparendes Stehen und Laufen zu ermöglichen. Der Schwerpunkt der meisten Vögel liegt sehr tief, etwa auf der Höhe des Kniegelenkes (Siehe auch Vogelskelett).

Schienbein

Gelenkflächen des rechten Schienbeines (Ansicht von oben, schematisch)

Das obere Ende des Schienbeines läuft ebenfalls in zwei, leicht nach innen gekrümmte Gelenkknorren (Condylus lateralis tibiae und Condylus medialis tibiae) aus. Dazwischen befinden sich ein erhabener Knochenfirst (Eminentia intercondylaris), der sich in zwei kleine Höcker unterteilt (Tuberculum intercondylare mediale und Tuberculum intercondylare laterale) und zwei Einmuldungen (Area intercondylaris anterior – bei Tieren Area intercondylaris cranialis – und Area intercondylaris posterior – bei Tieren Area intercondylaris caudalis). Die gesamte obere Fläche des Schienbeins wird als Schienbeinplateau bezeichnet, die die Gelenkfläche des Schienbeins (Facies articularis superior tibiae) für das Kniegelenk bildet. Da sich der Knochenfirst über das gesamte Schienbeinplateau erstreckt, bleibt die Drehbewegung als mögliche Bewegungsrichtung des Gelenkes erhalten.

Kniescheibe

Gelenkfläche der Kniescheibe mit den Ansatzstellen des Schleimbeutels (Ansicht von hinten, schematisch)

Die Kniescheibe ist dreieckig und an ihrer Vorderfläche etwas nach außen gewölbt. Sie ist als Sesambein in die Ansatzsehne des vierköpfigen Oberschenkelmuskels (Musculus quadriceps femoris) eingelagert, der sie von oben kommend einbettet. Von ihrer unteren Spitze (Apex patellae) entspringen die Fasern des Kniescheibenbandes (Ligamentum patellae). Auf der Hinterseite der Kniescheibe (Facies articularis patellaris) befindet sich ein First, der die Gelenkflächen in zwei Facetten unterteilt. Ihre Knorpelschicht ist etwa sechs Millimeter dick.

Bei gebeugtem Knie liegt die Kniescheibe fest in der Furche kurz oberhalb des Gelenkspaltes zwischen Oberschenkelknochen und Schienbein, bei gestrecktem Bein weiter oberhalb. Deshalb lässt sie sich zwar bei Streckstellung und entspannter Muskulatur ein wenig nach rechts und links verschieben, jedoch nicht in Beugestellung.

Hauptaufgabe der Kniescheibe ist die Verlängerung des Hebelarms und somit des Drehmoments des Quadrizeps, da sie den Abstand seiner Kraftwirkungslinie vom Bewegungszentrum des Kniegelenks erhöht. Zudem dient sie der Führung der Sehne und verringert den Widerstand der Gleitbewegung der Sehne über den Knochen.

Besonderheiten bei Hunden

Neben der Kniescheibe existieren bei Hunden noch drei weitere Sesambeine am Kniegelenk. Die Fabellae befinden sich in der Ursprungssehne der beiden Köpfe des zweiköpfigen Wadenmuskels (Musculus gastrocnemius). Die seitliche Fabella ist größer als die mittige. Beide artikulieren mit dem Oberschenkelknochen. Das dritte Sesambein liegt in der Ursprungssehne des Kniekehlmuskels (Musculus popliteus) in der Kniekehle.

Gelenke

Kniescheibengelenk

Das Kniescheibengelenk (Articulatio femoropatellaris) ist das Gelenk zwischen Oberschenkelknochen und Kniescheibe. Dabei stehen sich die mit hyalinem Knorpel überzogene Gelenkfläche auf der Rückseite der Kniescheibe (Facies articularis patellae) und die auf der Vorderseite des Oberschenkelknochens (Facies patellaris femoris) gegenüber. Die Kniescheibe gleitet bei Beugung und Streckung in der für sie vorgesehenen Rinne etwa fünf bis zehn Millimeter über den Oberschenkelknochen, der Eintritt in die Rinne erfolgt bei ungefähr 30° Beugung. Diese Gelenkform wird auch als Schlittengelenk (Articulatio delabens) bezeichnet.

Kräfte im Kniescheibengelenk

Die Kraft, mit der die Kniescheibe auf den Oberschenkelknochen wirkt, wird als Gelenkreaktionskraft des femoropatellaren Gelenks (patellofemoral joint reaction force, PFJR) bezeichnet. Sie ist der resultierende Kraftvektor aus den Vektoren der Sehne des M. quadriceps femoris sowie des Ligamentum patellae. Die Größe der PFJR ist von dem Winkel, in dem sich das Kniegelenk befindet, und von der Kraft, die vom M. quadriceps femoris ausgeübt wird, abhängig.[2] Mit zunehmender Beugung im Kniegelenk verschieben sich die Kontaktflächen der Gelenke proximal, die gesamte Kontaktfläche vergrößert sich zwischen 20° und 90°. Bei etwa 90° haben die Gelenkflächen ihren größtmöglichen Kontakt.[3] Mit zunehmender Beugung nimmt der Anpressdruck zu und erreicht bei einem Winkel von 70–75° ein Maximum.[4]

Die PFJR kann das Mehrfache des eigenen Körpergewichts überschreiten. Beim Gehen beträgt sie etwa die Hälfte des Körpergewichts (KG) (0,2–0,4 KG;[5] 0,5 KG[2]), beim Treppensteigen 3,3 KG und bei tiefen Kniebeugen 7,6 KG.[2] Beim Laufen können die Gelenkreaktionskräfte zwischen 7 und 11,1 KG betragen,[6] 17,5 KG beim Gewichtheben[7] bis hin zu dem 24-fachen des Körpergewichts bei einem nach unten gerichteten Sprung (downward jump).[8]

Besonderheiten bei vierfüßigen Säugetieren

Kniegelenk eines Hundes

Das Kniescheibenband ist bei Pferden und Rindern dreigeteilt. Man unterscheidet ein zur Mitte hin zeigendes (mediales), ein seitliches (laterales) und ein mittleres (intermediäres) Kniescheibenband (Ligamentum patellae mediale, Ligamentum patellae laterale und Ligamentum patellae intermedium). Nur das mittlere setzt an der Scheinbeinbeule an, die beiden anderen jeweils seitlich davon.

Zur seitlichen Befestigung der Kniescheibe sind zwei Haltebänder (Ligamentum femuropatellare mediale und Ligamentum femuropatellare laterale) zwischen ihren Seitenrändern und dem Oberschenkelknochen ausgebildet. Bei Raubtieren (Hunde, Katzen) sind diese nur sehr unscheinbar.

Bei Pferden weist das Kniescheibengelenk eine weitere Besonderheit auf. Der zur Mitte zeigende Knorren besitzt am gelenknahen Ende eine deutliche Erhöhung, die so genannte „Nase“ (Tuberculum trochleae ossis femoris). Auf diesem Wulst kann die Kniescheibe mit der Schlaufe zwischen innerem und mittleren Kniescheibenband eingehakt werden. Das Knie ist damit passiv in Streckstellung – weitgehend ohne Einsatz von Muskelkraft – fixiert, was ein beinahe ermüdungsfreies Stehen ermöglicht. Dabei wird ein Bein auf diese Art und Weise fixiert, während das andere entspannt auf der Hufspitze ruht („Schildern“). Nach einer Weile wird dann das ausgeruhte Bein fixiert und das zuvor eingerastete Bein komplett entlastet. Durch Zug des M. quadriceps femoris und Seitwärtszug des Musculus biceps femoris wird die Kniescheibe aus dieser Ruhestellung gelöst, womit die vollständige Beweglichkeit des Gelenks wiederhergestellt ist.

Kniekehlgelenk

Das Kniekehlgelenk (Articulatio femorotibialis) ist das eigentliche, für die Beugung des Knies zuständige Gelenk. Es ist eine Mischung aus einem Rad- und einem Scharniergelenk, die man als Drehscharnier-, Drehwinkel- (Trochoginglymus) oder bikondyläres Gelenk bezeichnet (ermöglicht somit die Beugung und Streckung, sowie im 90° gebeugten Knie eine leichte Ein- und Auswärtsdrehung) und befindet sich zwischen den nach außen gekrümmten Oberschenkelknorren und dem Schienbeinplateau. Es muss großen Belastungen standhalten, gleichzeitig aber ausreichende Beweglichkeit ermöglichen.

Gelenkkapsel, -flüssigkeit und -raum

Rechtes Kniegelenk mit Bandapparat, Menisken und Gelenkkapsel (blau) (Ansicht von der äußeren Seite)
Rechtes Kniegelenk mit Bandapparat, Menisken und Gelenkkapsel (blau) (Ansicht von hinten)

Umhüllt wird das Kniegelenk von einer weiten Kniegelenkkapsel (Capsula articularis genu). Diese ist bei voller Streckung stark angespannt und stabilisiert. Mit zunehmender Beugung erschlafft sie.

Äußere Schicht

Die äußere Schicht der Gelenkkapsel (Membrana fibrosa capsulae) ist lediglich auf der Hinterseite des Gelenkes sehr stabil, wo sie am gelenknahen Rand der Oberschenkelknochen ansetzt und zur Grube zwischen den Knochen zieht. Dort inseriert sie in der vorderen Einmuldung des Schienbeinplateaus. Der von den beiden Schichten eingefasste Gelenkraum hat im Horizontalschnitt eine hufeisenförmige Gestalt. Seitlich weist die äußere Schicht eine Pforte auf, die als Durchtrittsstelle für den Kniekehlenmuskel (Musculus popliteus) dient. Gelenkfern setzt die Kapsel an den Rändern der Schienbeinknochen an und ist dort fest mit den Menisken verwachsen. Vorn ist die Gelenkhöhle durch die Kniescheibe und das Kniescheibenband begrenzt, mit dem sie ebenfalls verwachsen ist.

Eine wichtige Aufgabe der äußeren Schicht besteht in der sensiblen Versorgung des Knies. In ihr eingebettete Rezeptoren geben wichtige Informationen über Stellung und Veränderung des Zuges und ermöglichen so eine Kooperation mit den Muskeln der gesamten unteren Extremität.

Innere Schicht

Die innere Schicht der Gelenkkapsel wird als Gelenkinnenhaut (Membrana synovialis capsulae) bezeichnet. Sie liegt der Vorderfläche des Oberschenkelknochens auf, folgt auf der Hinterseite der Knochengrenze und zieht dort über die Grube zwischen den Oberschenkelknorren.

Die Innenhaut bildet die für die Ernährung des Knorpels wichtige Gelenkflüssigkeit (Synovia). Bewegungen des Kniegelenks durchmischen die Gelenkflüssigkeit und verbessern dadurch die Aufnahme von Nährstoffen durch die Knorpelzellen (Chondrozyten). Die richtige Menge und Zusammensetzung der Gelenkflüssigkeit ist außerdem für die Schmierung des Kniegelenkes von entscheidender Bedeutung. Durch sie wird die Reibung der korrespondierenden Knorpelflächen bei der Roll-Gleit-Bewegung minimiert.

Fettkörper

Das Kniegelenk besitzt einen Fettkörper (Corpus adiposum infrapatellaris, auch „Hoffascher Fettkörper“ genannt), der sich vor dem Gelenk zwischen beiden Schichten der Gelenkkapsel befindet. Bei Beugung wird dieser von dem unter Spannung gesetzten Band unter der Kniescheibe zusammengedrückt (komprimiert) und wölbt sich hauptsächlich zur Seite heraus.

Die Fortsetzungen des Fettkörpers entlang den Seiten der Kniescheibe und des Bandes unter der Kniescheibe werden als Fettfalten (Plicae alares →Bild) bezeichnet. Sie lassen sich in zwei Züge unterteilen:

  • Plica synovialis infrapatellaris, das ursprünglich das Gelenk in zwei Kammern teilte
  • Plica alaris, das zu den Seitenrändern der Kniescheibe zieht

Schleimbeutel

Links Umschlagfalten der Kapsel (joint capsule = Gelenkkapsel)

Um Schäden an den über das Gelenk ziehenden Sehnen vorzubeugen, besitzt das Kniegelenk an besonderen Reibungspunkten oberhalb, vor und unterhalb des Kniegelenkes Schleimbeutel (Bursae), von denen einige eine Verbindung zum Gelenkraum besitzen (Bursa oder Recessus suprapatellarisBild und Bursa infrapatellaris). Die Bursa infrapatellaris schiebt sich zwischen Kniescheibenband und Schienbein. Ein Schleimbeutel befindet sich hinten in der Gelenkhöhle unter der Ansatzsehne des halbhäutigen Muskels (Musculus semimembranosus) (Bursa musculi semimembranosi). Zwei weitere liegen unter den Ursprungssehnen des zweiköpfigen Wadenmuskels (Musculus gastrocnemius) (Bursa subtendinea musculi gastrocnemii lateralis und Bursa subtendinea musculi gastrocnemii medialis).

Zwei Schleimbeutel besitzen keine Verbindung zum Gelenkraum und sind somit in sich abgeschlossen. Der eine liegt unter der Haut vor der Kniescheibe (Bursa subcutanea prepatellaris), der andere liegt zwischen dem Kniescheibenband und der äußeren Schicht der Gelenkkapsel (Bursa infrapatellaris profunda).

Aussackungen

Vor der Kniescheibe (suprapatellar) bildet die Gelenkkapsel an der Vorderseite des Oberschenkelknochens eine Aussackung (Bursa oder Recessus suprapatellaris), die sich bei Beugung glättet bzw. entfaltet und so eine Bewegung der Kniescheibe von bis zu sieben Zentimetern ermöglicht. An den Seiten der Kniescheibe befinden sich zusätzlich Umschlagfalten der Kapsel (Recessus parapatellaris). An der hinteren Seite des Gelenkes, unter der Ursprungssehne des Kniekehlenmuskels, befindet sich der Recessus subpopliteus.

Bewegungen

Das Kniegelenk gestattet beim Menschen wegen der es umgebenden Gelenkkapsel und der innerhalb und außerhalb derselben liegenden Bänder nur die Beugung (Flexion) und Streckung (Extension) bis zu etwa 150°. Aufgrund der fehlenden Paarschlüssigkeit der Gelenkkörper existiert kein lokales Bewegungszentrum (wie z. B. im Hüftgelenk), vielmehr kommt es bei Beugung und Streckung zu einer Kombination aus Roll- und Gleitbewegung der Gelenkkörper, das Rollgleitlager genannt wird. Bei maximaler Streckung kommt es darüber hinaus – bei intaktem Bandapparat – zu einer Nebenbewegung, der so genannten Schlussrotation, bei der das Schienbein um einige Grade nach außen dreht.

Das Kniegelenk ist ein sogenanntes Dreh-Scharniergelenk (Trochoginglymus). Es besitzt fünf Freiheitsgrade. Unterschieden werden drei Verschiebungs- und zwei Drehbewegungsfreiheitsgrade. Unter den Verschiebungsfreiheitsgraden werden die Verschiebung nach vorne-hinten (anterio-posterior) und zur-Mitte-seitlich (medio-lateral) sowie Druck (Kompression) und Zug (Traktion) verstanden. Als Drehbewegungsfreiheitsgrade werden die Beugung und Streckung sowie Ein- und Auswärtsdrehung (Rotation) definiert. Die Drehbewegungen sind allerdings nur in gebeugtem Zustand möglich.

  • Beugung bis ca. 120–150°
  • Streckung bis ca. 5–10°
  • Einwärtsdrehung um 10° (bei 90° Beugung)
  • Auswärtsdrehung um 30–40° (bei 90° Beugung)

Beim Haushund steht das Kniegelenk in Ruheposition etwa in einem Winkel von 130° bis 140°. Der gesamte Bewegungsumfang bei Beugung und Streckung beträgt zwischen 90 und 130° und kann bei passiver Bewegung sogar noch überschritten werden. Im normalen Gang bewegt sich das Knie aber nur zwischen 110° in Beuge- und 150° in Streckstellung, der Bewegungsumfang beträgt also nur etwa 40°. Innen- und Außenrotation sind in der Streckstellung nur in sehr geringem Maße (5–10°) möglich, in Beugehaltung ist das Knie etwa 10–20° nach außen und 20–45° nach innen rotierbar.[9]

Siehe auch

Literatur

  • Adolf Faller, Michael Schünke, G. Schünke: Der Körper des Menschen, Einführung in Bau und Funktion. Thieme, Stuttgart 2004, ISBN 3-13-329714-7.
  • Hans Frick, Helmut Leonhard, Dietrich Starck, W. Kühne, R. Putz: Allgemeine Anatomie / Spezielle Anatomie I – Extremitäten, Rumpfwand, Kopf, Hals, Taschenatlas der gesamten Anatomie. Band 1, Thieme, Stuttgart/ New York 1992, ISBN 3-13-356804-3.
  • Werner Platzer: Taschenatlas Anatomie. Band 1: Bewegungsapparat. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-492008-5.
  • Johannes W. Rohen, Elke Lütjen–Drecoll: Funktionelle Anatomie des Menschen – Lehrbuch der makroskopischen Anatomie nach funktionellen Gesichtspunkten. Schattauer, Stuttgart 2006, ISBN 3-7945-2440-3.
  • Christoff Zalpour: Anatomie / Physiologie für die Physiotherapie. Urban & Fischer, München/ Jena 2002, ISBN 3-437-45300-9.
  • Franz-Viktor Salomon: Anatomie für die Tiermedizin. Enke, Stuttgart 2004, ISBN 3-8304-1007-7, S. 110–147.

Weblinks

 Wiktionary: Kniegelenk – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Kniegelenk - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. W. Platzer: Taschenatlas der Anatomie. Band I: Bewegungsapparat. Thieme-Verlag, Stuttgart 2005, S. 206.
  2. 2,0 2,1 2,2 D. T. Reilly, M. Martens: Experimental analysis of the quadriceps muscle force and patellofemoral joint reaction force for various activities. In: Acta Orthopaedica Scandinavia. 43, 1972, S. 126–137.
  3. A. M. J. Bull, A. A. Amis: Biomechanik. In: D. Kohn (Hrsg.): Knie. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-126231-1.
  4. K. R. Kaufman u. a.: Dynamic joint forces during knee isokinetic exercise. In: The American Journal of Sports Medicine. 19, 1991, S. 305–316.
  5. R. D. Komistek u. a.: Mathematical model of the lower extremity joint reaction forces using Kane's method of dynamics. In: Journal of Biomechanics. 31 1998, S. 185–189.
  6. S. H. Scott, D. A. Winter:. Internal forces at chronic running injury sites. In: Medicine & Science in Sports and Exercise. 22, 1990, S. 357–369.
  7. R. F. Zernicke u. a.: Human Patellar Tendon Rupture. In: The Journal of Bone and Joint Surgery. 59, 1977, S. 179–183.
  8. A. J. Smith: Estimates of muscle and joint force at the knee and ankle during jumping activities. In: Journal of Human Movement Studies. 1, 1975, S. 78–86.
  9. Rüdiger Koch, Helmut Waibl: Die Kollateralbänder des Kniegelenks beim Hund: Morphometrie und Funktion. In: Kleintierpraxis. 44, 1999, S. 107–110.


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