Romantik

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Caspar David Friedrich: Die Lebensstufen, um 1835

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein dauerte und sich insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik äußerte, aber auch die Gebiete Geschichte, Theologie und Philosophie sowie Naturwissenschaften und Medizin umfasste. In der Literatur der Romantik (ca. 1795–1848) unterscheidet man Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). In der Malerei dauert die Spätromantik bis Ende des 19. Jahrhunderts, in der Musik bis Anfang des 20. Jahrhunderts (Gustav Mahler, Richard Strauss).

Romantik bedeutete im Sinne von Friedrich Schlegel Abwendung von der Antike und von klassischen Vorbildern. Der Begriff ist von lingua romana („romanische Sprache“) abgeleitet und bezog sich auf Schriften, die in der Volkssprache der romanischen Länder verfasst waren. Diese bildeten einen Gegensatz zu den zuvor üblichen, in lingua latina (Latein) geschriebenen Texten. „Romantisch“ (ursprünglich, im 17. und 18. Jahrhundert noch „romanisch“)[1] bedeutete daher zunächst romanhaft.

Das heißt, die mit dem Terminus Romantiker bezeichneten Autoren erschließen sich Themen aus ihrer eigenen Kultur und Geschichte und wenden sich ab von klassischen Formen, was aus der nachträglichen und historischen Perspektive die Vorliebe für eine fragmentarische Schreibweise in der Romantik erklärt. Die Hinwendung zur eigenen Kultur bedeutete zugleich eine stärkere Hinwendung zur Sagen- und Mythenwelt des Mittelalters.

„In der Goethe-Schillerzeit tauchte auf, von Goethe und Schiller selber noch angenommen, als Ideenorientierung der Unterschied zwischen romantischer und klassischer Kunst. Goethe erschien sich gewissermaßen selber ganz als der Bekenner zu einer klassischen Kunst. Er wollte ein richtiger Pfleger der klassischen Kunst werden, indem er sich einleben wollte in dasjenige, was ihm noch die eigentlichen Geheimnisse der großen griechischen Kunst zeigen konnte. Durch seine Reise nach Italien wollte er sich in die Geheimnisse der griechischen Kunst einleben. Seine Italienreise war für ihn etwas wie die Erfüllung einer Sehnsucht. Er hatte gewissermaßen in seiner nordischen Umgebung keine Möglichkeit gefühlt, das Göttlich-Geistige, das auf der einen Seite vor seiner Seele schwebte, das Physisch-Sinnliche, das auf der anderen Seite eben vor seinen Sinnen stand, künstlerisch in Einklang zu bringen. In der Anschauung dessen, was er, ich möchte sagen durch die italienischen Kunstwerke hindurch von der griechischen Kunst zu ahnen vermeinte, suchte er die Harmonisierung desjenigen, was noch nicht harmonisiert war, als er von Weimar nach Italien abfuhr. Es ist in einem tieferen Sinne etwas - ich muß einen paradoxen Ausdruck prägen, aber ich finde keinen anderen, wenn ich eigentlich das bezeichnen will, was Goethe in der Verfolgung seiner italienischen Reise durchmachte -, was den Eindruck des Heroisch-Rührenden macht.

Goethe ist Bekenner einer klassischen Kunstrichtung. In dem Sinne - wollen wir es mit den Worten aussprechen, die etwa seine eigene Idee ganz gut wiedergeben - ist Goethe Bekenner einer klassischen Kunstrichtung, daß sein Blick vor allen Dingen auf das Äußerliche, Sinnlich-Wirkliche gerichtet war. Aber er war ein viel zu tiefer Geist, um nicht zu fühlen: Dieses Sinnlich-Wirkliche entspricht nicht dem, worinnen der Mensch seinem Seelischen nach seine Heimat zu suchen hat. Das muß hinaufgeläutert, hinaufgestaltet werden. - So suchte denn Goethe als Künstler überall in den Formen der Natur, in den Handlungen der Menschen das zusammen, von dem er glaubte, daß es sich, wenn es sich auch unvollkommen im Sinnlich-Physischen darstellt, durch eine entsprechende Behandlung, ohne daß man der sinnlich-physischen Gestaltung untreu werde, hinaufläutern, hinaufgestalten läßt, so daß das Göttlich-Geistige durch die geläuterte sinnliche Form hindurchscheint. Das war Goethes ganzes energisches Streben, nicht leichter Hand das Göttlich-Geistige in seine Worte aufzunehmen, nicht leichter Hand das Göttlich-Geistige in Linien oder dergleichen zum Ausdrucke zu bringen, denn er wäre immer überzeugt gewesen, wenn man von dem Göttlich-Geistigen in dieser romantischen Form spricht, so ist es verhältnismäßig leicht, andeutend, aber nicht erschöpfend, nicht rundend, das Göttlich- Geistige in das Erdenleben herüberzuführen. Goethe wollte nicht sagen: Die Götter leben. Ich mache eine mehr oder weniger symbolische Darstellung im Irdischen zum Beweise davon, wie ich glaube, daß die Götter leben. - Das wollte Goethe nicht. Solch eine Empfindung hatte er nicht. Er hatte vielmehr die Empfindung: Ich schaue die Steine, ich schaue die Pflanzen, ich schaue die Tiere an, ich nehme die Handlungen der Menschen wahr. Sie sind mir wie Gestaltungen, die vom Göttlich-Geistigen abgefallen sind, die vielleicht weit vom Göttlich-Geistigen weggegangen sind; aber, wenn ich auch sehe, wie in der Form, die mir im Irdischen entgegentritt, wenn ich auch sehe, wie in der Farbe, die mir im Irdischen entgegentritt, überall ein Abfall vom Göttlich- Geistigen erscheint, ich muß doch diese Farbe, diese Form so behandeln können, daß ich sie hinaufbringe, so daß sie aus ihrer eigenen Wesenheit heraus das Göttlich-Geistige darstellen können. - Ich brauche, so fühlte Goethe, nicht untreu zu werden der Natur, sondern ich brauche bloß die abgefallene Natur in der künstlerischen Gestaltung zu läutern, so wird sie in ihrer eigenen Wesenheit ein Ausdruck des Göttlich-Geistigen sein. Das fühlte Goethe als Klassizität. Von dem glaubte er, daß es der Hauptimpuls der griechischen Kunst gewesen ist, daß es überhaupt die wahre Kunst ist.

Eine Gestalt wie Schiller konnte nicht mit dieser Ideenorientierung mitgehen, denn sein Blick war idealistisch in die göttlichgeistige Welt hinaufgerichtet. Er behandelte dasjenige, was in der sinnlich-physischen Welt war, nur wie eine Gelegenheit, andeutend das Göttlich-Geistige zum Ausdruck zu bringen. Daher war Schiller der Veranlasser zur romantischen Dichtung, die sich dann an Goethe anschloß. Es ist außerordentlich interessant, wie die entgegengesetzte Art, die, ich möchte sagen daran verzweifelt, daß man das Irdisch-Sinnliche zum Göttlichen hinaufheben kann, die zufrieden ist damit, nur das Irdisch-Physisch-Sinnliche zu benutzen, um damit mehr oder weniger andeutend das Göttlich-Geistige auszudrücken, wie gerade diese romantische Dichtung in Mitteleuropa sich anschloß an den erstrebten Klassizismus Goethes.“ (Lit.:GA 276, S. 64ff)

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Das Künstlerische in seiner Weltmission, GA 276 (2002), ISBN 3-7274-2760-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
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Einzelnachweise

  1. Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Aufl., hrsg. von Walther Mitzka, De Gruyter, Berlin/ New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 606 (romantisch).


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