Galle und Anmutung: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Galle''' ({{ELSalt|χολή}} ''cholé''; [[Latein|lat.]] ''bilis'') ist eine von der [[Leber]] abgesonderte, gelbliche bis grünliche [[Körper]]flüssigkeit, die in der '''Gallenblase''' ([[lat.]] ''Vesica fellea'' bzw. ''biliaris'', von [[Latein|lat.]] ''vesica'' ‚Blase‘ und ''fellis'' bzw. ''bilis'' ‚Galle‘), einem [[Wikipedia:Hohlorgann|Hohlorgann]] der [[Wirbeltiere]] und des [[Mensch]]en, gesammelt und bei Bedarf in den [[Wikipedia:Zwölffingerdarm|Zwölffingerdarm]] abgegeben wird. Die Gallenflüssigkeit enthält etwa 82% [[Wasser]] 12% [[Wikipedia:Gallensäuren|Gallensäuren]] in Form ihrer [[Salz]]e, die der [[Verdauung]] der [[Fette]] dienen, ca. 4% [[Wikipedia:Lecithine|Lecithine]] und andere [[Wikipedia:Phospholipide|Phospholipide]], 0,7 % nicht [[Wikipedia:Ester|verestertes]] [[Wikipedia:Cholesterin|Cholesterin]] und verschiedene [[Wikipedia:Gallenfarbstoffe|Gallenfarbstoffe]], vor allem [[Wikipedia:Bilirubin|Bilirubin]] (rot) und dessen Vorstufe [[Wikipedia:Biliverdin|Biliverdin]] (grün), die Abbauprodukte des roten [[Blut]]farbstoffs [[Wikipedia:Hämoglobin|Hämoglobin]] sind.  
Die '''Anmutung''' ist ein feiner, aber sehr charakteristischer [[Gefühl]]seindruck, der spontan durch eine [[Wahrnehmung]] ausgelöst werden kann, wobei die durch verschiedene [[Sinne]] vermittelten [[Gemüt]]sempfindungen häufig miteinender korrespondieren.  


Nach der [[Humoralpathologie]] steht die '''Gelbe Galle''' ({{ELSalt|χολή}}) im Zusammenhang mit dem [[Choleriker|cholerischen Temperament]]. Stark eingedickt erscheint die Gallenflüssigkeit dunkelbräunlich. Diese '''Schwarze Galle''' wurde schon von [[Hippokrates von Kos]] als organische Ursache für die [[Melancholie]] ({{ELSalt|μελαγχολία}} ''melancholia'', von {{polytonisch|μέλας}} ''melas'' „schwarz“ und {{polytonisch|χολή}} ''cholé'' „Galle“) bzw. für das [[Melancholiker|melancholischem Temperament]] angesehen.
Grundlegende Versuche dazu hat schon 1929 der [[Psychologe]] [[Wolfgang Köhler]], einer der Begründer der [[Gestaltpsychologie]], durchgeführt, der Versuchspersonen bat, einer einfachen rundlichen und einer eckig-spitzen [[Form]] je nach Anmutung die Worte ''Maluma'' oder ''Takete'' zuzuordnen. 90% der Probanden ordneten daraufhin der runden Form ''Maluma'' und der spitzen Form ''Takete'' zu. Das zeigt deutlich, dass es sich hierbei nicht um einen bloß [[subjektiv]]en Eindruck handelt, sondern dass diesem eine [[objektiv]]e [[Qualität]] zugrundeliegt. Die Korrespondenz beruht hier auf den den Formen entsprechenden [[Formbildekräfte]]n der [[Konsonant]]en in den zuzuordnenden Worten. Dass auch [[Vokal]]e typische Anmutungen hervorrufen zeigte ebenfalls 1929 Edward Sapir. Hohe, vorne gesprochene Vokale wie das „[[I]]“ werden eher mit kleinen, hingegen tiefe, dunkle Vokale wie das „[[U]]“ mit großen Objekten assoziiert. Neuere Untersuchungen von Fabian Bross (2018) zeigen, dass auch die Länge der gesprochenen Vokale eine Rolle spielen. Kurze Vokale verbindet man eher mit kurzen, lange Vokale mit langen Gegenständen. Systematisch werden solche Zusammenhänge in der von [[Rudolf Steiner]] entwickelten [[Sprachgestaltung]] und [[Eurythmie]] verwendet.


== Die Gallentätigkeit ==
Im [[Wirtschaftsleben]] versucht man bei der Produktgestaltung eine möglichst positive Anmutung durch ein entsprechendes [[Design]] zu erreichen. Bei grafischen Benutzerschnittstellen von [[Computerprogramm]]en und im [[w:Webdesign|Webdesign]] kommt einem klaren und ansprechenden „[[w:Look and Feel|Look and Feel]]“ eine hohe Bedeutung zu.


Aus [[geisteswissenschaft]]licher Sicht wird die Gallentätigkeit dem [[Mars]] und dem zugehörigen [[Planetenmetall]] [[Eisen]] zugeordnet. Die Galle ist ein rein [[physisch]]-[[ätherisch]]es [[Organ]] ohne Beteiligung des [[Astralleib]]s.
Naturformen, insbesondere von [[Pflanzen]] und ihren [[Blüte]]n, erregen bei aufmerksamer Betrachtung sehr leicht eine Anmutung, die mit den [[äther]]ischen und [[astral]]ischen Kräften zusammenhängt, die sie gestalten. Auch ganze Landschaften haben oft eine unverwechselbare Anmutung.


<div style="margin-left:20px">
{{LZ|Auch Pflanzen «sprechen» nicht nur zu den Sinnen und dem Verstand. Sie berühren das menschliche Gemüt. Ein Maiglöckchen «wirkt» innig, der blaue Eisenhut streng. Wir sprechen von der kraftvollen Eiche, der lieblichen Birke und dem bescheidenen Veilchen. Das alles sind Anmutungserlebnisse im Bereich der ästhetischen Naturerfahrung. Ihnen haftet sicher Subjektives an. Aber eines ist unabweisbar: die Dimension des Rätselhaften. Wo der Mensch Rätsel erlebt, weiß er, daß in den Dingen etwas enthalten ist, was in dem bisher Erkannten, möglicherweise aber auch in den verfügbaren Erkenntnismethoden nicht aufgeht.
"Von den physischen
Organen haben nicht alle auch astrale Teile, so ist zum Beispiel die
Galle nur physisch und ätherisch, das Astrale fehlt." {{Lit|{{G|093a|56}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
Wenn es gelingt, das, was man in solchen Anmutungserlebnissen als Rätsel empfindet, mit dem erkennenden Bewußtsein zu durchdringen, dann wird die Kluft zwischen rationaler Klarheit und den unbestimmten Dimensionen des ästhetischen Erlebens überwunden; denn die Klarheit des Erkennens wird in das Gebiet des bisher nur Erlebten ausgeweitet. Wie aber kann man das, was man als Anmutung beim Betrachten von Pflanzen erlebt, bewußt erfassen? Man muß jenen Bereich, der beim ästhetischen Anschauen im eigenen Innern auflebt, genau kennenlernen. Das sind innere Seelenzustände, vor allem Gefühle. Man wird auch die Pflanzen in ihren Formen und Farben eingehend betrachten. Dann kann sich zeigen, inwieweit sich im Menschen bisher verschlossene Bereiche der Pflanzenwelt aussprechen.
"Ja, das Blut wird heruntergetrieben in die Ernährungsorgane
ebenso wie in alle anderen Organe. Es macht in den Ernährungsorganen
einen Prozeß durch, durch den es erst das vollständige Werkzeug
des menschlichen Ich in der physischen Welt sein kann. Wir wissen,
daß das Blut als Werkzeug des menschlichen Ich den Übergang
durchmachen muß von dem sogenannten roten in blaues Blut. Das
Ich wirkt mit seinem Werkzeuge, dem Blut, bis herunter zu den
Anfängen der Verdauungs- und Ernährungsprozesse. Da haben wir
es nun auch wieder mit einem Widerstand zu tun. Wie geschieht das?
Das geschieht, indem das Blut durch das Pfortadersystem in die
Leber eintritt und dort aus sozusagen verändertem Blut die Galle
bereitet wird und die Galle sich wiederum unmittelbar dem Nahrungsstrom
entgegenstellt. Hier in der Galle haben wir eine wunderbare
Verbindung der beiden Enden der inneren menschlichen
Organisation. Auf der einen Seite stellt der vom Verdauungskanal
aufgenommene Nahrungsstrom das äußerste Materielle dar, was in
unseren physischen Organismus hineingelangt, auf der anderen Seite
steht das Ich, das Edelste, was der Mensch innerhalb der Erdenwelt
haben kann, mit seinem Werkzeug, dem Blut. Das Ich stellt eine unmittelbare
Verbindung her mit dem äußersten Materiellen, indem
es am Ende des Blutprozesses auf dem Umwege über die Leber die
Galle bereitet, und in der Galle stemmt sich - in dem umgewandelten,
veränderten Blut - dem Nahrungsstrom entgegen das Ich.


Da sehen wir das Ich hinunterwirken bis in das gröbste Materielle
Man betritt ein neues Gebiet des Forschens, indem man das Objektivitätspostulat der modernen Naturwissenschaft, die Forderung, die Natur objektiv, d.h. unter Ausschluß des Menschen zu untersuchen, aufgibt. Wir wollen nicht erörtern, inwieweit dieses Postulat schon immer eine Fiktion war, sondern darauf hinweisen, daß eine methodische Erweiterung des Naturerkennens nur möglich ist, wenn man die von diesem Postulat bestimmten Grenzen überschreitet. Man muß allerdings, um nicht ins Ungewisse und Unüberprüfbare zu kommen, mit großer Sorgfalt vorwärtsschreiten und sich von jedem Schritt Rechenschaft geben.|Kranich, S 10}}
und dann wieder hochorganisierte Stoffe wie die Galle aus sich
heraussetzen. Und wer diese intimen Vorgänge zwischen Blut, Galle
und Ernährungsprozeß verstehen will, der kann gerade in diesen
Tatsachen etwas finden, was ihm viele Geheimnisse des menschlichen
Organismus klarer erscheinen läßt; und er kann, wenn er diese Prozesse
weiterverfolgt, zum Beispiel auch abnorme Prozesse, wie sie
sich aus einer Rückstauung der Galle, einer Rückergießung der Galle
ins Blut bei der sogenannten Gelbsucht ergeben, richtiger beurteilen
und behandeln. Doch das würde heute zu weit führen, wenn wir
solche Dinge auch noch ausführten.


So sehen wir, wie in der Tat die sieben Organe sich bis in das
Wenn man sich von den [[Wahrnehmung]]en mit Zurückhaltung des ''eigenen'' [[Denken]]s [[Seele|seelisch]] wirklich ''berühren'' lässt, öffnet sich allmählich der Blick für die in der Außenwelt [[Bildekräfte|formend]] tätigen [[Ätherkräfte]].
Wirken des Ätherleibes hinuntererstrecken und die Einwirkungen
des Ich von oben in sich aufgenommen haben. Wir haben also in der
Galle etwas, das sich unter dem Einfluß des Ich dem Nahrungsstrom
direkt entgegenstellt. Will die Galle auf den Nahrungsstrom wirken,
der im Verdauungsprozeß schon ein Lebendiges geworden ist, so
muß sie ihm auch als eine lebendige Substanz entgegentreten können.
Das geschieht dadurch, daß sie eben aus einem Organ heraus gebildet
wird, welches zu den sieben Gliedern des inneren Weltsystems
gehört, die das innere des Menschen beleben, so daß damit die Galle
als inneres Leben dem von außen kommenden begegnet." {{Lit|{{G|128|160f}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
{{LZ|Sollen die Ätherkräfte in der Außenwelt, der menschlichen
"Die Leber schickt überall die Galle hinein, und die Galle breitet
Umgebung, wahrgenommen werden, sind folgende Schritte sehr
sich im ganzen Körper aus. Und wenn sich die Galle zum Beispiel in die
erfolgreich:
Federn der Vögel oder in die Flügel der Kolibri hinein ausbreitet, da wird
sie zu den schönen Farben. Daher glitzern die Kolibris in der heißen Zone,
weil ihre Galle sehr schnell abgesondert wird und sehr schnell in die Federn
geht." {{Lit|{{G|351|61f}}}}
</div>


<gallery class="center" widths="400" heights="200" caption="Die hauptsächlichen Gallenfarbsoffe">
Der Ausgangspunkt liegt vorzugsweise in der Sinneswelt. Dabei
Bilirubin.svg|Strukturformel von Bilirubin
kann es sich um ein Lebewesen handeln, ein Stück Gestein,
Biliverdin3.svg|Strukturformel von Biliverdin
einen Bach oder eine atmosphärische Erscheinung. Das, was daran
</gallery>
von Interesse ist, wird genau betrachtet, in den Blickgenommen.
Die Betrachtung kann weitläufig sein - eine Landschaft,
eine Vogelgezwitscher-Kulisse -, sie kann aber auch sehr fokussiert,
konzentriert sein - der Stiel oder die Rippe eines Blattes,
eine bestimmte Welle innerhalb eines Bachlaufes. Wichtig ist,
dass man sich in die gewählte Erscheinung intensiv vertieft, so
weit, bis man von ihr in einer Weise berührt wird, die über das
rein Sinnfällige - also nur Optik oder nur Akustik -, über das
rein Faktische hinausgeht. Am besten ist dieser Übergang zu beschreiben
durch die Formulierung: Der Betrachter wird durch
die - oder, besser, von der - Erscheinung ''berührt''.|Schmidt, S. 58}}


== Galle und cholerisches Temperament ==
[[Rudolf Steiner]] gibt dazu folgende Beispiele:


<div style="margin-left:20px">
{{GZ|Schauen wir dagegen die Blüte an. Wir können eigentlich nicht anders,
"... im normalen Menschen ist es
wenn wir ihr gegenüberstehen mit dem Auge des Geistes, als sie
notwendig, daß er die Gallenabsonderung hat, weil sich der Gallsaft
zu empfinden wie unsere eigene Seele, wenn diese die zartesten Wünsche
vermischen muß mit den Stoffen, die sich seinem Organismus durch
hegt. Sehen Sie sich nur einmal so eine richtige Frühlingsblüte an; sie
die Ernährung einverleiben. Von dem, was ganz in der Ordnung ist im
ist ja im Grunde genommen ein Wunschhauch; sie ist die Verkörperung
normalen Organismus, von dem tut der Zornmütige zuviel, er sondert
einer Sehnsucht. Und es gießt sich eigentlich, wenn wir dazu zarten
zuviel Galle ab. Und wenn er in diesem Zustande verbleibt, wird er
Seelensinn genug haben, über die Blütenwelt, die uns umgibt, etwas
zuletzt die Gelbsucht bekommen, wie Sie wissen." {{Lit|{{G|303|107}}}}
Wunderbares aus.
</div>


<div style="margin-left:20px">
Wir sehen im Frühling das Veilchen oder meinetwillen den Märzbecher
"Wenn Sie keine Galle hätten, wären Sie
oder das Maiglöcklein oder manches gelbblühende Pflänzchen,
fürchterliche Phlegmatiker; die Hände, die Arme, den Kopf ließen Sie
und wir werden ergriffen davon, so wie wenn uns alle diese frühlingsblühenden
hängen, und es wäre Ihnen zuwider, wenn Sie jemand ein Wort als Antwort
Pflanzen sagen wollten: Ach, Mensch, wie rein und unschuldig
geben sollten und so weiter. Also Sie wären ganz latschete, phlegmatische
kannst du eigentlich deine Wünsche nach dem Geistigen hin richten.
Leute, wenn Sie keine Galle hätten. Galle muß der Mensch haben; die
- Die geistige Wunschnatur, ich möchte sagen, die in Frömmigkeit
Galle muß aus der Leber kommen. Und wenn die Leber verhältnismäßig
getauchte Wunschnatur sprießt und sproßt aus jeder Frühlingsblüte.
klein ist, so wird eben der Mensch phlegmatisch; wenn die Leber verhältnismäßig
Wenn dann die späteren Blüten kommen — nehmen wir gleich das
groß ist, so hat der Mensch viel Feuer in sich, denn die Galle
Extrem, nehmen wir die Herbstzeitlose -, ja, kann man denn mit Seelensinn
macht Feuer. Und sehen Sie, es kann auch in einem Menschen zuviel
die Herbstzeitlose anschauen, ohne ein leises Schamgefühl zu
Galle sein, er kann zuviel Galle erzeugen; dann hat er eigentlich die Lust,
haben? Mahnt sie uns denn nicht daran, daß unsere Wünsche unrein
wenn man nur ein bißchen was zu ihm sagt, einem ein paar herunterzuhauen.
werden können, daß unsere Wünsche durchzogen werden können von
Namentlich bei den jähzornigen Leuten fließt aus der Leber fleißig
den mannigfaltigsten Unlauterkeiten? Man möchte sagen, die Herbstzeitlosen
Galle heraus; da fließt viel Galle in den Nahrungssaft und in das Blut über." {{Lit|{{G|351|54}}}}
sprechen von allen Seiten so zu uns, als wenn sie uns fortwährend
</div>
zuraunen wollten: Schaue auf deine Wunschwelt hin, o Mensch,
wie leicht du ein Sünder werden kannst.


== Galle und Nerven-Sinnessystem ==
Und so ist eigentlich die Pflanzenwelt der äußere Naturspiegel des
menschlichen Gewissens. Man kann sich nichts Poetischeres denken, als
diese im Inneren wie aus einem Punkt herauskommende Gewissensstimme
verteilt zu denken auf die mannigfaltigsten Pflanzenblütenformen,
die uns die Jahreszeiten hindurch so zur Seele reden, in der mannigfaltigsten Weise zur Seele reden. Die Pflanzenwelt ist der ausgebreitete
Spiegel des Gewissens, wenn wir nur die Pflanzenwelt in der richtigen
Weise anzusehen wissen.|230|185f|183}}


[[Datei:Cichorium_Intybus.jpg|mini|[[Wikipedia:Gemeine Wegwarte|Gemeine Wegwarte]] (''Cichorium intybus'')]]
Obwohl [[Pflanze]]n keinen eigenen Astralleib haben, so stehen sie doch in inniger Beziehung zur [[Astralwelt]]:


<div style="margin-left:20px">
<div style="margin-left:20px;">
"Nun sagte ich schon, in unserem Leibe, in jedem Organsystem,
"Wenn der Hellseher eine Pflanze betrachtet, wie sie mit der Wurzel im Boden wurzelt, Blätter und Blüten ansetzt, hat er zunächst vor sich die Pflanze, bestehend aus dem physischen Leibe und dem Ätherleib. Das Tier hat noch den Astralleib. Nun können Sie einmal die Frage aufwerfen: Haben die Pflanzen gar nichts von einem Astralleibe? Es wäre falsch, würde man das behaupten; er ist nur nicht drinnen, wie er in dem Tiere drinnen ist. Wenn das hellseherische Bewußtsein die Pflanze beschaut, so sieht es namentlich oben, wo die Blüten sind oder entstehen, die ganze Pflanze eingetaucht in eine astrale Wolke, eine helle Wolke, die die Pflanze namentlich an diesen Teilen umgibt und einhüllt, wo sie blüht und Früchte trägt. Also die Astralität senkt sich gleichsam auf die Pflanze nieder und hüllt einen Teil der Pflanze ein. Der Astralleib der Pflanze ist eingebettet in diese Astralität. Und das Eigentümliche davon ist, daß, wenn Sie sich die ganze Pflanzendecke der Erde denken, so werden Sie finden, daß die Astralleiber der Pflanzen einer an den anderen grenzen und sie ein Ganzes bilden, von dem die Erde eingehüllt ist wie von physischer Luft, von der Pflanzenastralität. Wenn die Pflanzen nur einen Ätherleib hätten, würden sie so wachsen, daß sie nur Blätter, keine Blüten ansetzen würden, denn das Prinzip des Ätherleibes ist Wiederholung. Wenn eine Wiederholung abgeschlossen und ein Abschluß gebildet werden soll, muß ein Astralleib dazukommen.
leben [[Dreigliederung des menschlichen Organismus|drei Systeme]], aber es präponderiert immer eines, jedes ist wiederum
für den ganzen Menschen tätig; betrachten wir zum Beispiel
am menschlichen Organismus die Gallenfunktion im Zusammenhang
mit allen anderen Verdauungsorganen, so finden wir vor allen Dingen,
daß es neben allem übrigen Wirken der Galle außerordentlich wichtig
ist, daß die Galle funktioniert, richtig funktioniert gerade für die Gesundheit
des [[Nerven-Sinnessystem]]s. Denn wir können dann, wenn
wir Verdauungsstörungen auf Störungen der Gallenfunktion zurückführen,
immer auch auftreten sehen außerordentlich große Störungen
irgendwie in den Organen des Nerven-Sinnessystems.


Wenn wir den Gallenabsonderungsprozeß verfolgen, so wird er
So können Sie am Menschenleibe selbst betrachten, wie das Ätherische und das Astrale zusammenwirken. Denken Sie sich die aufeinanderfolgenden Ringe des Rückgrats. Da gliedert sich Ring an Ring. Solange dies geschieht, wirkt hauptsächlich das ätherische Prinzip im Organismus. Oben, wo die knöcherne Schädelkapsel eintritt, dort überwiegt das Astrale, nämlich dort hat das Astrale das Übergewicht. Also das Prinzip der Wiederholung ist das Prinzip des Ätherischen, und das Prinzip des Abschlusses ist dasjenige des Astralen. Die Pflanze würde oben nicht abgeschlossen sein in der Blüte, wenn sich nicht in das Ätherische das Astrale der Pflanzennatur senken würde.
eigentlich erst interessant, wenn wir ihn im ganzen Zusammenhang
mit der menschlichen Konstitution als denjenigen Prozeß betrachten
können, der, vom Verdauungssystem ausgehend, das Nerven-Sinnessystem
versorgt.


Dieser Prozeß ist auf der einen Seite in den Gallenfunktionen des
Wenn Sie eine Pflanze verfolgen, wie sie den Sommer hindurch wächst und dann im Herbste Früchte trägt und dann anfängt zu welken, also wenn die Blüte anfängt zu ersterben, dann zieht sich das Astrale wieder aus der Pflanze zurück nach oben. Das ist ganz besonders schön zu beoachten. Während das physische Bewußtsein des Menschen im Frühling seine Freude haben kann an dem Erblühen der Pflanzen, wie sich Flur um Flur mit herrlichen Blüten bedeckt, gibt es für das hellseherische Bewußtsein noch eine andere Freude. Wenn gegen den Herbst zu die Pflanzen, die einjährig sind, absterben, dann leuchtet es und huscht hinauf wie huschende Gestalten, die sich als astrale Wesenheiten herausbegeben aus den Pflanzen, die sie den Sommer hindurch versorgt haben. Hier ist wieder eine Tatsache, die uns in dem poetischen Bilde entgegentritt, das nicht verstanden werden kann, wenn nicht hierin das hellseherische Bewußtsein verfolgt werden kann. Da sind wir schon in einem intimen Felde des astralen Bewußtseins. Aber bei Völkern der Vorzeit, wo solche intime Hellseher vorhanden waren, da war auch schon dieses Sehen im Herbst vorhanden. Sie finden bei dem hellseherischen Volke Indiens in der Kunst das wunderbare Phänomen dargestellt, daß ein Schmetterling oder ein Vogel hinausfliegt aus einem Blütenkelch. Wiederum ein solches Beispiel, wie in der Kunst etwas aufsteigt, wo durchaus das hellseherische Bewußtsein zugrunde liegt aus jenen fernen Zeiten her, wo entweder das hellseherische Bewußtsein in den Künstlern gewirkt hat oder als eine Tradition beachtet wurde." {{lit|{{G|108|22ff}}}}
Menschen vorhanden, ganz abgesehen von den Substanzen, die dabei
spielen. Auf der anderen Seite wirkt er außer dem Menschen in fast
getreuer Imitation von der Wurzel von [[Wikipedia:Gemeine Wegwarte|Cichorium intybus]] gegen den
Stengel und gegen die Blüte hinauf, in der Radix von Cichorium intybus.
Wenn wir da sehen, wie verarbeitet werden gerade die Kieselsäure
und die alkalischen Salze, so finden wir darinnen eine genaue Imitation
desjenigen, was im menschlichen Organismus der Gallenabsonderungsprozeß
in seiner Wirkung gerade auf das Nerven-Sinnessystem
ist." {{Lit|{{G|316|46f}}}}
</div>
</div>


== Die Unwahrhaftigkeit der Lehrer und Erzieher wirkt auf die Gallentätigkeit des Kindes ==
Der menschliche Astralleib ist sogar in gewisser Weise ein Kompendium der Formen des Pflanzenreiches, so wie der [[Ätherleib]] die zusammengedrängten Formen des [[Tierreich]]s in sich enthält.


<div style="margin-left:20px">
:"... wenn wir unseren astralischen Leib betrachten, wenn wir ihn so absondern könnten, wie ich das jetzt angegeben habe für das Absondern des ätherischen Leibes, da würde er zerfallen, denn auch er ist nur durch die Elastizität des physischen und Ätherleibes zusammengehalten; da würde er zerfallen und würde etwas darstellen, was so ähnlich wäre, wie das gesamte Pflanzenreich. Wirklich, in uns steckt dadurch, daß wir einen astralischen Leib haben, alles, was in den Formen des Pflanzenreiches in Mannigfaltigkeit draußen in der Welt sich ausbreitet. Wenn Sie die ganze Pflanzenwelt studieren in der Art und Weise, wie sich Form neben Form stellt, so haben Sie ein äußeres Bild, ein auseinandergefächertes Bild desjenigen, was zusammengezogen ist im menschlichen astralischen Leibe. Auch das gehört zum verlorengegangenen Worte. In der Urweisheit war Bewußtsein von diesen Dingen vorhanden. Daher hat man sich gesagt: Also ist im Menschen etwas, was seine tief-innerste Verwandtschaft mit der Baum-, mit der Pflanzennatur zum Ausdrucke bringt. Lesen Sie die germanische Mythologie; Mythologien sind ja nur ein später Ausdruck der Ur-Weisheiten der Menschen. Da sehen Sie, wie das erste Menschengeschlecht gewonnen wird aus Esche und Ulme, und Sie haben darinnen steckend etwas von einem Bewußtsein dieser Verwandtschaft des Menschen mit der Pflanzennatur, die ja ihre Grundlage darinnen hat, daß der Mensch selber während der Sonnenzeit auf der Stufe des Pflanzenreiches, während der Mondenzeit auf der Stufe des Tierreiches gestanden hat." {{lit|{{G|167|169}}}}
"Ebenso wirkt ungeheuer stark für das kindliche Alter noch über
den Zahnwechsel hinaus die innere Unwahrhaftigkeit des Lehrenden
und Erziehenden. Die innere Unwahrhaftigkeit kann auch darin bestehen,
daß man zum Beispiel ein unehrlicher Frömmling ist oder
daß man sittliche Gebote aufstellt für das Kind, bei denen es einem
gar nicht einfällt, sich selber hinterher darnach zu benehmen. Da
webt und lebt in unseren Worten und in dem, was wir vor dem Kinde
entwickeln, eine Unwahrheit. Von dem Erwachsenen können wir sagen:
Er merkt das nicht. Das Kind aber nimmt das mit den Gesten
auf. Und diese innerliche Unehrlichkeit und Unwahrhaftigkeit, die
wirkt auf dem Umwege über das Nerven-Sinnessystem ungemein
stark auf die Organisierung des Verdauungsapparates des Kindes,
namentlich auf die Entwickelung der Galle. Und diese Gallenentwickelung
ist dann für das ganze Leben von einer ungeheueren Bedeutung." {{Lit|{{G|306|156}}}}
</div>


== Literatur ==
== Literatur ==


#Rudolf Steiner: ''Grundelemente der Esoterik'', [[GA 93a]] (1987), ISBN 3-7274-0935-5 {{Vorträge|093a}}
* Edward Sapir: ''A study in phonetic symbolism''. In: ''Journal of Experimental Psychology''. 12, 1929, S. 2251–1239 [https://pure.mpg.de/rest/items/item_2381142/component/file_2381141/content pdf]
#Rudolf Steiner: ''Eine okkulte Physiologie'', [[GA 128]] (1991), ISBN 3-7274-1281-X {{Vorträge|128}}
* Fabian Bross: ''Cognitive associations between vowel length and object size''. In: M. Belz, C. Mooshammer, S. Fuchs, S. Jannedy, O. Rasskazova, M. Zygis (Hrsg.): ''Proceedings of the Conference on Phonetics & Phonology in German-Speaking Countries''. Humboldt-Universität, Berlin 2018, S. 17–20 [https://www.researchgate.net/publication/323749384_Cognitive_associations_between_vowel_length_and_object_size_A_new_feature_contributing_to_a_boubakiki_effect online].
#Rudolf Steiner: ''Die gesunde Entwickelung des Menschenwesens. Eine Einführung in die anthroposophische Pädagogik und Didaktik.'', [[GA 303]] (1978), ISBN 3-7274-3031-1 {{Vorträge|303}}
* [[Ernst-Michael Kranich]]: ''Pflanzen als Bilder der Seelenwelt'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1996, ISBN 978-3772511738
#Rudolf Steiner: ''Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen.'', [[GA 306]] (1989), ISBN 3-7274-3060-5 {{Vorträge|306}}
* Jürgen Strube: ''Die Beobachtung des Denkens: Rudolf Steiners 'Philosophie der Freiheit' als Weg zur Bildekräfte-Erkenntnis'', 3. Auflage, Verlag für Anthroposophie 2017, ISBN 978-3037690239
#Rudolf Steiner: ''Mensch und Welt. Das Wirken des Geistes in der Natur. Über das Wesen der Bienen'', [[GA 351]] (1999), ISBN 3-7274-3510-0 {{Vorträge|351}}
* Dorian Schmidt: ''Lebenskräfte ─ Bildekräfte: Methodische Grundlagen zur Erforschung des Lebendigen.'', 2. Auflage, Verlag Freies Geistesleben 2011, ISBN 978-3772514814
* Dirk Kruse: ''Seelisches Beobachten - in der Natur, Menschenbildverlag, Groß Heins 1, 27308 Kirchlinteln 2008
* Markus Buchmann: ''Wahrnehmen und Erkennen im Ätherischen: Methodische Grundlagen der Bildekräfteforschung'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2014, ISBN 978-3723514634
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Beantwortung von Welt- und Lebensfragen durch Anthroposophie'', [[GA 108]] (1986), ISBN 3-7274-1081-7 {{Vorträge|108}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste'', [[GA 167]] (1962), ISBN 3-7274-1670-X {{Vorträge|167}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Der Mensch als Zusammenklang des schaffenden, bildenden und gestaltenden Weltenwortes'', [[GA 230]] (1993), ISBN 3-7274-2300-5 {{Vorträge|230}}


{{GA}}
{{GA}}


[[Kategorie:Mensch]] [[Kategorie:Medizin]] [[Kategorie:Biologie]] [[Kategorie:Organismus]] [[Kategorie:Organ]] [[Kategorie:Körperflüssigkeit]]
== Weblinks ==
 
* {{Gabler|Anmutung}}
* {{Spektrum|Anmutung}}
* [http://www.architekturpsychologie-dresden.de/ddarbeiten/pgrichter_takete_maluma.pdf ''Takete und Maluma – Eine Untersuchung zur Herkunft von (ikonischen) Vorstellungen in frühen Phasen des Produktentwurfes.'']
 
[[Kategorie:Seelenleben]] [[Kategorie:Astrale Welt*]] [[Kategorie:Äther]] [[Kategorie:Ätherische Welt*]]

Version vom 17. April 2020, 00:32 Uhr

Maluma und Takete
Maiglöckchen (Convallaria majalis)
Bunter Eisenhut (Aconitum variegatum)
Mazedonische Eiche (Quercus trojana)
Birke (Betula pendula)
Hain-Veilchen (Viola riviniana)

Die Anmutung ist ein feiner, aber sehr charakteristischer Gefühlseindruck, der spontan durch eine Wahrnehmung ausgelöst werden kann, wobei die durch verschiedene Sinne vermittelten Gemütsempfindungen häufig miteinender korrespondieren.

Grundlegende Versuche dazu hat schon 1929 der Psychologe Wolfgang Köhler, einer der Begründer der Gestaltpsychologie, durchgeführt, der Versuchspersonen bat, einer einfachen rundlichen und einer eckig-spitzen Form je nach Anmutung die Worte Maluma oder Takete zuzuordnen. 90% der Probanden ordneten daraufhin der runden Form Maluma und der spitzen Form Takete zu. Das zeigt deutlich, dass es sich hierbei nicht um einen bloß subjektiven Eindruck handelt, sondern dass diesem eine objektive Qualität zugrundeliegt. Die Korrespondenz beruht hier auf den den Formen entsprechenden Formbildekräften der Konsonanten in den zuzuordnenden Worten. Dass auch Vokale typische Anmutungen hervorrufen zeigte ebenfalls 1929 Edward Sapir. Hohe, vorne gesprochene Vokale wie das „I“ werden eher mit kleinen, hingegen tiefe, dunkle Vokale wie das „U“ mit großen Objekten assoziiert. Neuere Untersuchungen von Fabian Bross (2018) zeigen, dass auch die Länge der gesprochenen Vokale eine Rolle spielen. Kurze Vokale verbindet man eher mit kurzen, lange Vokale mit langen Gegenständen. Systematisch werden solche Zusammenhänge in der von Rudolf Steiner entwickelten Sprachgestaltung und Eurythmie verwendet.

Im Wirtschaftsleben versucht man bei der Produktgestaltung eine möglichst positive Anmutung durch ein entsprechendes Design zu erreichen. Bei grafischen Benutzerschnittstellen von Computerprogrammen und im Webdesign kommt einem klaren und ansprechenden „Look and Feel“ eine hohe Bedeutung zu.

Naturformen, insbesondere von Pflanzen und ihren Blüten, erregen bei aufmerksamer Betrachtung sehr leicht eine Anmutung, die mit den ätherischen und astralischen Kräften zusammenhängt, die sie gestalten. Auch ganze Landschaften haben oft eine unverwechselbare Anmutung.

„Auch Pflanzen «sprechen» nicht nur zu den Sinnen und dem Verstand. Sie berühren das menschliche Gemüt. Ein Maiglöckchen «wirkt» innig, der blaue Eisenhut streng. Wir sprechen von der kraftvollen Eiche, der lieblichen Birke und dem bescheidenen Veilchen. Das alles sind Anmutungserlebnisse im Bereich der ästhetischen Naturerfahrung. Ihnen haftet sicher Subjektives an. Aber eines ist unabweisbar: die Dimension des Rätselhaften. Wo der Mensch Rätsel erlebt, weiß er, daß in den Dingen etwas enthalten ist, was in dem bisher Erkannten, möglicherweise aber auch in den verfügbaren Erkenntnismethoden nicht aufgeht.

Wenn es gelingt, das, was man in solchen Anmutungserlebnissen als Rätsel empfindet, mit dem erkennenden Bewußtsein zu durchdringen, dann wird die Kluft zwischen rationaler Klarheit und den unbestimmten Dimensionen des ästhetischen Erlebens überwunden; denn die Klarheit des Erkennens wird in das Gebiet des bisher nur Erlebten ausgeweitet. Wie aber kann man das, was man als Anmutung beim Betrachten von Pflanzen erlebt, bewußt erfassen? Man muß jenen Bereich, der beim ästhetischen Anschauen im eigenen Innern auflebt, genau kennenlernen. Das sind innere Seelenzustände, vor allem Gefühle. Man wird auch die Pflanzen in ihren Formen und Farben eingehend betrachten. Dann kann sich zeigen, inwieweit sich im Menschen bisher verschlossene Bereiche der Pflanzenwelt aussprechen.

Man betritt ein neues Gebiet des Forschens, indem man das Objektivitätspostulat der modernen Naturwissenschaft, die Forderung, die Natur objektiv, d.h. unter Ausschluß des Menschen zu untersuchen, aufgibt. Wir wollen nicht erörtern, inwieweit dieses Postulat schon immer eine Fiktion war, sondern darauf hinweisen, daß eine methodische Erweiterung des Naturerkennens nur möglich ist, wenn man die von diesem Postulat bestimmten Grenzen überschreitet. Man muß allerdings, um nicht ins Ungewisse und Unüberprüfbare zu kommen, mit großer Sorgfalt vorwärtsschreiten und sich von jedem Schritt Rechenschaft geben.“ (Lit.: Kranich, S 10)

Wenn man sich von den Wahrnehmungen mit Zurückhaltung des eigenen Denkens seelisch wirklich berühren lässt, öffnet sich allmählich der Blick für die in der Außenwelt formend tätigen Ätherkräfte.

„Sollen die Ätherkräfte in der Außenwelt, der menschlichen Umgebung, wahrgenommen werden, sind folgende Schritte sehr erfolgreich:

Der Ausgangspunkt liegt vorzugsweise in der Sinneswelt. Dabei kann es sich um ein Lebewesen handeln, ein Stück Gestein, einen Bach oder eine atmosphärische Erscheinung. Das, was daran von Interesse ist, wird genau betrachtet, in den Blickgenommen. Die Betrachtung kann weitläufig sein - eine Landschaft, eine Vogelgezwitscher-Kulisse -, sie kann aber auch sehr fokussiert, konzentriert sein - der Stiel oder die Rippe eines Blattes, eine bestimmte Welle innerhalb eines Bachlaufes. Wichtig ist, dass man sich in die gewählte Erscheinung intensiv vertieft, so weit, bis man von ihr in einer Weise berührt wird, die über das rein Sinnfällige - also nur Optik oder nur Akustik -, über das rein Faktische hinausgeht. Am besten ist dieser Übergang zu beschreiben durch die Formulierung: Der Betrachter wird durch die - oder, besser, von der - Erscheinung berührt.“ (Lit.: Schmidt, S. 58)

Rudolf Steiner gibt dazu folgende Beispiele:

„Schauen wir dagegen die Blüte an. Wir können eigentlich nicht anders, wenn wir ihr gegenüberstehen mit dem Auge des Geistes, als sie zu empfinden wie unsere eigene Seele, wenn diese die zartesten Wünsche hegt. Sehen Sie sich nur einmal so eine richtige Frühlingsblüte an; sie ist ja im Grunde genommen ein Wunschhauch; sie ist die Verkörperung einer Sehnsucht. Und es gießt sich eigentlich, wenn wir dazu zarten Seelensinn genug haben, über die Blütenwelt, die uns umgibt, etwas Wunderbares aus.

Wir sehen im Frühling das Veilchen oder meinetwillen den Märzbecher oder das Maiglöcklein oder manches gelbblühende Pflänzchen, und wir werden ergriffen davon, so wie wenn uns alle diese frühlingsblühenden Pflanzen sagen wollten: Ach, Mensch, wie rein und unschuldig kannst du eigentlich deine Wünsche nach dem Geistigen hin richten. - Die geistige Wunschnatur, ich möchte sagen, die in Frömmigkeit getauchte Wunschnatur sprießt und sproßt aus jeder Frühlingsblüte. Wenn dann die späteren Blüten kommen — nehmen wir gleich das Extrem, nehmen wir die Herbstzeitlose -, ja, kann man denn mit Seelensinn die Herbstzeitlose anschauen, ohne ein leises Schamgefühl zu haben? Mahnt sie uns denn nicht daran, daß unsere Wünsche unrein werden können, daß unsere Wünsche durchzogen werden können von den mannigfaltigsten Unlauterkeiten? Man möchte sagen, die Herbstzeitlosen sprechen von allen Seiten so zu uns, als wenn sie uns fortwährend zuraunen wollten: Schaue auf deine Wunschwelt hin, o Mensch, wie leicht du ein Sünder werden kannst.

Und so ist eigentlich die Pflanzenwelt der äußere Naturspiegel des menschlichen Gewissens. Man kann sich nichts Poetischeres denken, als diese im Inneren wie aus einem Punkt herauskommende Gewissensstimme verteilt zu denken auf die mannigfaltigsten Pflanzenblütenformen, die uns die Jahreszeiten hindurch so zur Seele reden, in der mannigfaltigsten Weise zur Seele reden. Die Pflanzenwelt ist der ausgebreitete Spiegel des Gewissens, wenn wir nur die Pflanzenwelt in der richtigen Weise anzusehen wissen.“ (Lit.:GA 230, S. 185f)

Obwohl Pflanzen keinen eigenen Astralleib haben, so stehen sie doch in inniger Beziehung zur Astralwelt:

"Wenn der Hellseher eine Pflanze betrachtet, wie sie mit der Wurzel im Boden wurzelt, Blätter und Blüten ansetzt, hat er zunächst vor sich die Pflanze, bestehend aus dem physischen Leibe und dem Ätherleib. Das Tier hat noch den Astralleib. Nun können Sie einmal die Frage aufwerfen: Haben die Pflanzen gar nichts von einem Astralleibe? Es wäre falsch, würde man das behaupten; er ist nur nicht drinnen, wie er in dem Tiere drinnen ist. Wenn das hellseherische Bewußtsein die Pflanze beschaut, so sieht es namentlich oben, wo die Blüten sind oder entstehen, die ganze Pflanze eingetaucht in eine astrale Wolke, eine helle Wolke, die die Pflanze namentlich an diesen Teilen umgibt und einhüllt, wo sie blüht und Früchte trägt. Also die Astralität senkt sich gleichsam auf die Pflanze nieder und hüllt einen Teil der Pflanze ein. Der Astralleib der Pflanze ist eingebettet in diese Astralität. Und das Eigentümliche davon ist, daß, wenn Sie sich die ganze Pflanzendecke der Erde denken, so werden Sie finden, daß die Astralleiber der Pflanzen einer an den anderen grenzen und sie ein Ganzes bilden, von dem die Erde eingehüllt ist wie von physischer Luft, von der Pflanzenastralität. Wenn die Pflanzen nur einen Ätherleib hätten, würden sie so wachsen, daß sie nur Blätter, keine Blüten ansetzen würden, denn das Prinzip des Ätherleibes ist Wiederholung. Wenn eine Wiederholung abgeschlossen und ein Abschluß gebildet werden soll, muß ein Astralleib dazukommen.

So können Sie am Menschenleibe selbst betrachten, wie das Ätherische und das Astrale zusammenwirken. Denken Sie sich die aufeinanderfolgenden Ringe des Rückgrats. Da gliedert sich Ring an Ring. Solange dies geschieht, wirkt hauptsächlich das ätherische Prinzip im Organismus. Oben, wo die knöcherne Schädelkapsel eintritt, dort überwiegt das Astrale, nämlich dort hat das Astrale das Übergewicht. Also das Prinzip der Wiederholung ist das Prinzip des Ätherischen, und das Prinzip des Abschlusses ist dasjenige des Astralen. Die Pflanze würde oben nicht abgeschlossen sein in der Blüte, wenn sich nicht in das Ätherische das Astrale der Pflanzennatur senken würde.

Wenn Sie eine Pflanze verfolgen, wie sie den Sommer hindurch wächst und dann im Herbste Früchte trägt und dann anfängt zu welken, also wenn die Blüte anfängt zu ersterben, dann zieht sich das Astrale wieder aus der Pflanze zurück nach oben. Das ist ganz besonders schön zu beoachten. Während das physische Bewußtsein des Menschen im Frühling seine Freude haben kann an dem Erblühen der Pflanzen, wie sich Flur um Flur mit herrlichen Blüten bedeckt, gibt es für das hellseherische Bewußtsein noch eine andere Freude. Wenn gegen den Herbst zu die Pflanzen, die einjährig sind, absterben, dann leuchtet es und huscht hinauf wie huschende Gestalten, die sich als astrale Wesenheiten herausbegeben aus den Pflanzen, die sie den Sommer hindurch versorgt haben. Hier ist wieder eine Tatsache, die uns in dem poetischen Bilde entgegentritt, das nicht verstanden werden kann, wenn nicht hierin das hellseherische Bewußtsein verfolgt werden kann. Da sind wir schon in einem intimen Felde des astralen Bewußtseins. Aber bei Völkern der Vorzeit, wo solche intime Hellseher vorhanden waren, da war auch schon dieses Sehen im Herbst vorhanden. Sie finden bei dem hellseherischen Volke Indiens in der Kunst das wunderbare Phänomen dargestellt, daß ein Schmetterling oder ein Vogel hinausfliegt aus einem Blütenkelch. Wiederum ein solches Beispiel, wie in der Kunst etwas aufsteigt, wo durchaus das hellseherische Bewußtsein zugrunde liegt aus jenen fernen Zeiten her, wo entweder das hellseherische Bewußtsein in den Künstlern gewirkt hat oder als eine Tradition beachtet wurde." (Lit.: GA 108, S. 22ff)

Der menschliche Astralleib ist sogar in gewisser Weise ein Kompendium der Formen des Pflanzenreiches, so wie der Ätherleib die zusammengedrängten Formen des Tierreichs in sich enthält.

"... wenn wir unseren astralischen Leib betrachten, wenn wir ihn so absondern könnten, wie ich das jetzt angegeben habe für das Absondern des ätherischen Leibes, da würde er zerfallen, denn auch er ist nur durch die Elastizität des physischen und Ätherleibes zusammengehalten; da würde er zerfallen und würde etwas darstellen, was so ähnlich wäre, wie das gesamte Pflanzenreich. Wirklich, in uns steckt dadurch, daß wir einen astralischen Leib haben, alles, was in den Formen des Pflanzenreiches in Mannigfaltigkeit draußen in der Welt sich ausbreitet. Wenn Sie die ganze Pflanzenwelt studieren in der Art und Weise, wie sich Form neben Form stellt, so haben Sie ein äußeres Bild, ein auseinandergefächertes Bild desjenigen, was zusammengezogen ist im menschlichen astralischen Leibe. Auch das gehört zum verlorengegangenen Worte. In der Urweisheit war Bewußtsein von diesen Dingen vorhanden. Daher hat man sich gesagt: Also ist im Menschen etwas, was seine tief-innerste Verwandtschaft mit der Baum-, mit der Pflanzennatur zum Ausdrucke bringt. Lesen Sie die germanische Mythologie; Mythologien sind ja nur ein später Ausdruck der Ur-Weisheiten der Menschen. Da sehen Sie, wie das erste Menschengeschlecht gewonnen wird aus Esche und Ulme, und Sie haben darinnen steckend etwas von einem Bewußtsein dieser Verwandtschaft des Menschen mit der Pflanzennatur, die ja ihre Grundlage darinnen hat, daß der Mensch selber während der Sonnenzeit auf der Stufe des Pflanzenreiches, während der Mondenzeit auf der Stufe des Tierreiches gestanden hat." (Lit.: GA 167, S. 169)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

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