Soziale Marktwirtschaft und Joe Kaeser: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Soziale Marktwirtschaft''' ist ein [[Gesellschaftspolitik|gesellschafts-]] und [[Wirtschaftspolitik|wirtschaftspolitisches]] Leitbild mit dem Ziel, „auf der Basis der [[Marktwirtschaft|Wettbewerbswirtschaft]] die freie Initiative mit einem gerade durch die wirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden“.<ref>Alfred Müller-Armack: ''Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik.'' Bern 1976, S. 245.</ref>
[[Datei:Joe Kaeser CEO of Siemens in Moscow 26 march 2014.jpg|mini|hochkant|Joe Kaeser (2014)]]
[[File:Ivanka Trump with Siemens CEO Joe Kaeser Siemens Technik Akademie (34265217735).jpg|mini|Kaeser 2017 mit Ivanka Trump]]
'''Joe Kaeser''' (eigentlich '''Josef Käser''', * [[23. Juni]] [[1957]] in Arnbruck, Niederbayern) ist ein [[Deutschland|deutscher]] [[Manager (Wirtschaft)|Manager]]. Zwischen 2006 und 2013 war er Finanzvorstand der Siemens AG. Seit dem 1. August 2013 ist er [[Wikipedia:Vorstandsvorsitzender|Vorstandsvorsitzender]] dieser AG.


Die Bezeichnung ''Soziale Marktwirtschaft'' geht auf Alfred Müller-Armack zurück, der darin eine irenische Formel sah, deren Sinn darin bestehe, „das Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit dem des sozialen Ausgleichs zu verbinden“.<ref name="WuW">Alfred Müller-Armack: ''Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik.'' Bern 1976, S. 243.</ref> Das Konzept basiert auf Vorstellungen, die mit durchaus unterschiedlicher Akzentuierung schon in den 1930er und 1940er Jahren entwickelt wurden. Aus diesem geschichtlichen Hintergrund ragt der [[Ordoliberalismus]] heraus, insbesondere [[Walter Eucken]],<ref name="Andersen">{{Literatur |Hrsg=Uwe Andersen, Wichard Woyke |Titel=Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland – Grundlagen, Konzeption und Durchsetzung der Sozialen Marktwirtschaft |Auflage=5. |Verlag=Leske+Budrich |Ort=Opladen |Datum=2003 }} Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2003. ({{Webarchiv | url= http://www.bpb.de/wissen/07366806922938336269163160936993,1,0,Soziale_MarktwirtschaftWirtschaftspolitik.html#art1 | archive-is= 20120803 | text= online}})</ref> Franz Böhm, Alexander Rüstow und Wilhelm Röpke.<ref>Otto Schlecht: ''Grundlagen und Perspektiven der sozialen Marktwirtschaft.'' Mohr Siebeck, 1990, ISBN 3-16-145684-X, S. 12.</ref> Gegenüber den ordoliberalen Vorstellungen zeichnet sich die Konzeption durch einen größeren Pragmatismus aus, etwa in der [[Konjunkturpolitik|Konjunktur-]] und [[Sozialpolitik]].<ref name="Andersen" /><ref>''Sie war niemals eine „Reißbrettkonstruktion findiger Ökonomen“, sondern wurde von Beginn an bezogen auf die realen wirtschaftlichen Begebenheiten.'' (Bernhard Löffler: ''Soziale Marktwirtschaft und administrative Praxis''. Steiner, Wiesbaden 2002, S. 85).</ref>
== Leben und Wirken ==
Nach dem Studium der [[Betriebswirtschaftslehre]] an der [[Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg|Fachhochschule Regensburg]] trat Käser 1980 bei Siemens in den Unternehmensbereich ''Bauelemente'' ein, wo er in den folgenden Jahren verschiedene kaufmännische Leitungsfunktionen übernahm – unter anderem auch im Siemens-Bauelementegeschäft in [[Malaysia]] (1987–1988). 1990 wurde ihm die kaufmännische Leitung des Geschäftsgebiets ''Opto Semiconductors'' übertragen. Ab 1994 war Kaeser als ''Executive Vice President and [[Chief Financial Officer]]'' und später als [[Chief Executive Officer|CEO]] der US-Töchter ''Siemens Components'', [[Cupertino]], sowie ''Siemens Microelectronics'', [[San José (Kalifornien)|San José]], tätig. Seit seinen USA-Aufenthalten nennt er sich Joe Kaeser.<ref name="Passauer">''[[Passauer Neue Presse]]'', 5. August 2013, Seite 3 (Interview mit Joe Kaeser).</ref>


''Soziale Marktwirtschaft'' hat sich als Bezeichnung für die Wirtschaftsordnung der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] sowie der Republik [[Österreich]] durchgesetzt.<ref>Hanns Abele: ''Handbuch der österreichischen Wirtschaftspolitik.'' Manz, 1982, ISBN 3-214-07050-9, S. 145.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Julian Dörr, Maximilian Kutzner |Titel=„Außerparlamentarischer Wachhund“? Die Entstehungsgeschichte der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft und deren Aktivitäten zur Vermittlung der Wirtschaftsordnung in Deutschland |Hrsg= |Sammelwerk=Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte |Band=104 |Nummer=4/2017 |Auflage= |Verlag=Franz Steiner Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=2017 |Seiten=487-524 |ISBN= |ISSN=0340-8728}}</ref> Die Soziale Marktwirtschaft wurde im Staatsvertrag von 1990 zwischen der Bundesrepublik und der DDR als gemeinsame Wirtschaftsordnung für die [[Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion]] vereinbart<ref>Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (Staatsvertrag) vom 18. Mai 1990, Kapitel 1, Art. 1 Abs. 3 ([http://www.hdg.de/lemo/html/dokumente/DieDeutscheEinheit_vertragWaehrungsWirtschaftsSozialunion/index.html Vertragstext]).</ref><ref>Otto Schlecht: ''Grundlagen und Perspektiven der sozialen Marktwirtschaft.'' Mohr Siebeck 1990, S. 182 ff.</ref> und wird als „Exportschlager“ propagiert.<ref name="focus.de">[http://www.focus.de/politik/ausland/angela-merkel-soziale-marktwirtschaft-als-exportschlager_aid_366372.html ''Angela Merkel: Soziale Marktwirtschaft als Exportschlager''], Focus, 30. Januar 2009.</ref> Die Europäische Union strebt laut [[Wikipedia:Vertrag von Lissabon|Lissaboner Vertrag]] eine „wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ mit Vollbeschäftigung und sozialem Fortschritt an.<ref>„Grundlegendes Ziel der Union ist es künftig, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern. Diese allgemeinen Ziele werden ergänzt durch eine Reihe besonderer Ziele: […] die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität“ [http://europa.eu/scadplus/constitution/objectives_de.htm#OBJECTIVES EU-Verfassungsvertrag, Art. I-3]</ref> Im internationalen Kontext wird die Wirtschaftsordnung bisweilen auch als Rheinischer Kapitalismus bezeichnet.<ref>Rocco Buttiglione: ''Einige Gedanken über das Rheinische Modell.'' In: Michael Spangenberger (Hrsg.): ''Rheinischer Kapitalismus und seine Quellen in der Katholischen Soziallehre''. Aschendorff, Münster 2011, S. 141.</ref> Der Begriff gilt teilweise als interpretationsbedürftig<ref name="Peters">Hans-Rudolf Peters: ''Wirtschaftspolitik.'' Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2000, ISBN 3-486-25502-9, S. 47.</ref> und wird wegen seiner Vieldeutigkeit zuweilen auch als politisches Schlagwort angesehen.<ref>''Grundtexte zur Sozialen Marktwirtschaft. Band 3, Marktwirtschaft als Aufgabe.'' Gustav-Fischer-Verlag, Stuttgart/New York 1994, ISBN 3-437-40331-1, S. 36.</ref>
Im Jahr 1999 wurde Kaeser in der zentralen Finanzabteilung des Konzerns die Aufgabe zum Aufbau eines neuen, konzernweiten Systems zum Performance Controlling übertragen. In dieser Zeit war er im Vorfeld der [[New York Stock Exchange|Börsennotierung in New York]] unter anderem mitverantwortlich für die Umstellung der weltweiten Rechnungslegung von Siemens auf [[United States Generally Accepted Accounting Principles|US-GAAP]].


== Zu weiteren Themen siehe auch ==
Von April 2001 bis September 2004 war Kaeser Mitglied des Bereichsvorstands ''IC Mobile'' und Chief Financial Officer des Bereichs. Am 1. Mai 2006 trat Joe Kaeser im Amt des Leiters Corporate Finance die Nachfolge von [[Heinz-Joachim Neubürger]] als [[Chief Financial Officer|Finanzvorstand]] des Konzerns an, als dieser im Zuge des [[Siemens#Korruptionsaffäre|Bestechungsskandals]] aus dem Unternehmen ausschied. Auch Kaeser wurde die Mitwisserschaft und Duldung der jahrelangen [[Schmiergeld]]praktiken im Siemens-Konzerns vorgehalten.<ref>[http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,461496,00.html ''Siemens-Affäre: Vorwürfe gegen Finanzvorstand Kaeser.''] In: ''[[Spiegel Online]]'', 23. Januar 2007, abgerufen am 24. Oktober 2018.</ref> Er beteuerte jedoch seine Unschuld und wurde nie juristisch belangt.<ref>Dana Heide: ''[http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/joe-kaeser-loest-loescher-ab-jetzt-kommt-ein-echter-siemensianer/8573320.html Jetzt kommt ein „echter Siemensianer“.]'' In: ''[[Handelsblatt]]'', 31. Juli 2013, abgerufen am 24. Oktober 2018.</ref>
* {{WikipediaDE|Soziale Marktwirtschaft}}
 
Der Aufsichtsrat der Siemens AG wählte ihn am 31. Juli 2013 als Nachfolger von [[Peter Löscher]] zum Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens. Am 1. August 2013 trat er den Posten an.<ref>[http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/siemens-aufsichtsrat-waehlt-joe-kaeser-zum-neuen-vorstandschef-a-914029.html ''Löscher-Nachfolge: Aufsichtsrat wählt Joe Kaeser zum neuen Siemens-Chef.''] In: ''Spiegel Online'', 31. Juli 2013, abgerufen am selben Tag.</ref> 2015 verhandelte der ägyptische Präsident [[Abd al-Fattah as-Sisi]] persönlich mit Kaeser bei einer Wirtschaftskonferenz in [[Scharm asch-Schaich]].<ref>[[Ulrich Rippert]]: [http://www.wsws.org/de/articles/2015/07/25/kaes-j25.html ''Siemenschef Joe Kaeser ruft nach Führung und verherrlicht einen Diktator.''] In: ''[[Internationales Komitee der Vierten Internationale|World Socialist Web Site]]'', 25. Juli 2015, abgerufen am 1. August 2015.</ref> Auf der diesjährigen Hauptversammlung der [[Daimler AG]] will er sich zum Aufsichtsratsmitglied wählen lassen.<ref>[https://www.daimler.com/investoren/events/hauptversammlungen/2019/ daimler.com: Hauptversammlung 2019]</ref>
 
Joe Kaeser ist Mitglied der [[Trilaterale Kommission|Trilateralen Kommission]] in Europa.<ref>[http://trilateral.org/download/files/TC_list_11_15.pdf Mitgliedsverzeichnis der Trilateralen Kommission] (PDF; 284&nbsp;KB), Stand 2015.</ref> Vom 11. bis 14. Juni 2015 nahm er an der 63. [[Bilderberg-Konferenz]] in [[Telfs]]-Buchen in [[Österreich]] teil.
 
== Positionierungen und Kritik ==
Joe Kaeser hat sich in der Vergangenheit wie selten ein deutscher Manager zu Fragen von Moral und Politik positioniert,<ref name="faz">Christoph Schäfer, Georg Meck, Tim Kanning: ''[http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/deutsche-bank-chef-sagt-reise-nach-riad-ab-15846656.html Deutsche-Bank-Chef sagt Reise nach Saudi-Arabien ab.]'' In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'', 19. Oktober 2018, abgerufen am selben Tag.</ref> was ein kontroverses Echo hervorrief. Auch mit seinem Verhalten als Siemens-Chef stieß er bisweilen auf öffentliche Kritik.
 
Im März 2014, kurz nachdem die [[Krimkrise|Krim von Russland annektiert]] worden war, reiste Kaeser nach Moskau und traf dort [[Wladimir Wladimirowitsch Putin|Wladimir Putin]]. [[Norbert Röttgen]] ([[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]), Vorsitzender des [[Auswärtiger Ausschuss|Auswärtigen Ausschusses im Bundestag]], erklärte dazu: „Kaesers Vorgehen zeigt, dass er entweder die geopolitische Bedeutung der Krise nicht verstanden hat oder dass er das Einzelinteresse seines Unternehmens über die Interessen nicht nur Deutschlands, sondern Europas und des gesamten Westens stellt.“<ref>Zitiert nach [[Matthias Naß]]: [http://www.zeit.de/wirtschaft/2018-01/donald-trump-davos-siemens-bayer-5vor8 ''Schleimen ist Chefsache.''] In: ''[[Die Zeit]]'' 1/2018, 31. Januar 2018, abgerufen am 19. Oktober 2018.</ref>
 
In der Debatte um das [[Bedingungsloses Grundeinkommen|bedingungslose Grundeinkommen]] (BGE) plädierte Kaeser für die Einführung eines Grundeinkommens und warnte vor sozialen Spannungen durch die [[Digitale Transformation|Digitalisierung]].<ref>Max Hägler: ''[http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/sz-wirtschaftsgipfel-siemens-chef-plaediert-fuer-ein-grundeinkommen-1.3257958 Siemens-Chef plädiert für ein Grundeinkommen.]'' In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'', 20. November 2016, abgerufen am 24. Oktober 2018.</ref>
 
Kaeser gab im November 2017 den Abbau von 6900 Arbeitsplätzen bei Siemens bekannt, davon etwa die Hälfte in Deutschland. Dies wurde vielfach kritisiert.<ref>[http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2017-11/siemens-stellenabbau-arbeitsplaetze-konzern-berlin-sachsen ''Siemens will weltweit 6.900 Jobs streichen.''] In: ''Die Zeit'', 16. November 2017, abgerufen am 19. Oktober 2018.</ref> Im Mai 2018 wurde bekannt, dass das Werk in Erfurt nicht verkauft wird und die Standorte Görlitz und Leipzig nicht geschlossen werden.<ref>Anne Hähnig: [https://www.zeit.de/2018/23/siemens-werk-goerlitz-schliessung-erhaltung-populismus-proteste/komplettansicht ''Hat hier der Populismus gesiegt?''] In: ''[[Die Zeit|Zeit im Osten]]''  Nr. 23, 30. Mai 2018 (Onlinefassung: 3. Juni 2018, abgerufen am 19. Oktober 2018).</ref>
 
2018 äußerte sich der Siemens-Chef als Befürworter von [[Donald Trump]]s Steuerreform für Unternehmen.<ref>''[http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/joe-kaeser-im-gespraech-siemens-chef-verteidigt-sein-lob-fuer-donald-trump-1.3852479 Siemens-Chef verteidigt sein Lob für Donald Trump.]'' In: ''Süddeutsche Zeitung'', 3. Februar 2018, abgerufen am 24. Oktober 2018.</ref> Nachdem [[Alice Weidel]] ([[Alternative für Deutschland|AfD]]) in einer Bundestagsdebatte von „Messermännern“ und „Kopftuchmädchen“ gesprochen hatte, twitterte Kaeser im Mai 2018: „Lieber ‚[[Kopftuchstreit|Kopftuch]]-Mädel‘ als ‚[[Bund Deutscher Mädel]]‘. Frau Weidel schadet mit ihrem Nationalismus dem Ansehen unseres Landes in der Welt. Da, wo die Haupt-Quelle des deutschen Wohlstands liegt.“ Daraufhin habe es Gewaltandrohungen gegen ihn, seine Familie und sein Umfeld gegeben. Es dürfe jedoch keine Schweigespirale entstehen und man dürfe die öffentliche Diskussion „nicht populistisch-nationalen Äußerungen überlassen“. Kaeser ist überdies der Ansicht, dass „ohne ein Einwanderungsgesetz die Republik die Kontrolle nicht wiedererlangen wird.“<ref>Gerhard Hegmann: [https://www.welt.de/wirtschaft/article179112692/Joe-Kaeser-Siemens-Chef-sieht-sich-im-Kampf-gegen-die-AfD-alleingelassen.html ''Siemens-Chef sieht sich im Kampf gegen die AfD alleingelassen.''] In: ''[[Die Welt]]'', 10. Juli 2018, abgerufen am 19. Oktober 2018.</ref>
 
Als nach dem ungeklärten Verschwinden des Journalisten [[Jamal Khashoggi]] internationale Vertreter aus Wirtschaft und Politik ihre Teilnahme an einer geplanten Investorenkonferenz in [[Riad]] absagten, hielt Kaeser – der dem Beirat der Konferenz angehört – seine Teilnahme bis zum Schluss offen.<ref name="faz" /> Noch eine Woche vor dem Treffen sagte Kaeser in Toronto: „Wenn wir aufhören, mit Ländern zu kommunizieren, in denen Menschen vermisst werden, kann ich auch gleich zu Hause bleiben.“ Er wurde daraufhin unter anderem von Norbert Röttgen und von dem [[Freie Demokratische Partei|FDP]]-Politiker [[Bijan Djir-Sarai]] kritisiert. Auch [[Alexander Graf Lambsdorff]] (FDP) forderte die deutsche Wirtschaft auf, die Investorenkonferenz in Riad so lange nicht zu unterstützen, bis der Fall Khashoggi eindeutig aufgeklärt sei.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/-a-1234090.html ''Fall Khashoggi: FDP-Politiker nennt Verhalten von Siemens-Chef Kaeser „unverantwortlich“.''] In: ''Spiegel Online'', 19. Oktober 2018, abgerufen am selben Tag.</ref> Am Tag vor dem Konferenzbeginn sagte Kaeser seine Teilnahme schließlich doch ab und bezeichnete die mittlerweile eingeräumte Tötung Khashoggis als „barbarisch“. Die offizielle Erklärung Saudi-Arabiens, es habe sich um einen Unfall gehandelt, hält er für „kaum glaubhaft“.<ref>Florian Diekmann, Dinah Deckstein: ''[http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/siemens-chef-kaeser-und-der-fall-khashoggi-absage-im-letzten-moment-a-1234439.html Siemens-Chef Kaeser und der Fall Khashoggi: Absage mit Nebenwirkungen.]'' In: ''Spiegel Online'', 22. Oktober 2018, abgerufen am 23. Oktober 2018.</ref> Hintergrund für sein Zögern soll ein abschlussreifer Milliardenauftrag gewesen sein, dessen Zustandekommen Tausende Arbeitsplätze in der Siemens-Sparte Energietechnik gesichert hätte.<ref>''[http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ist-siemens-in-riad-ein-milliardenauftrag-entgangen-15853158.html Ist Siemens in Riad ein Milliardenauftrag entgangen?]'' In: ''FAZ'', 23. Oktober 2018, abgerufen am 24. Oktober 2018.</ref>
 
In der Debatte um die [[Sea-Watch 3]] Kapitänin [[Carola Rackete]] erklärte sich Kaeser Ende Juni 2019 solidarisch via Twitter mit den [[Seenotrettung|Seenotrettern]].<ref>[https://www.derstandard.at/story/2000105844141/debatte-im-netz-darf-der-siemens-chef-carola-rackete-unterstuetzen ''Seenotrettung. Debatte im Netz: Darf der Siemens-Chef Carola Rackete unterstützen?''], derstandard.at vom 3. Juli 2019</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Soziale Marktwirtschaft}}
* {{WikipediaDE|Joe Kaeser}}
* {{WikipediaDE|Humane Marktwirtschaft}}
* {{WikipediaDE|Ökologische Marktwirtschaft}}
* {{WikipediaDE|Zivilisierte Marktwirtschaft}}


== Literatur ==
== Literatur ==
=== Wirtschaftstheoretisches Modell ===
* ''Zukunft gestalten. Die Siemens-Unternehmer 1847–2018.'' Hrsg. vom Siemens Historical Institute, Hamburg 2018, ISBN 978-3867746021.
; Primärliteratur
* Caspar Busse: ''Unter Strom. Joe Kaeser macht für Siemens Geschäfte und Politik. Und manchmal wie im Fall Alstom beides zusammen. Die Geschichte eines Mannes aus dem Bayerischen Wald, der eine Idee von der Welt hat.'' In: Süddeutsche Zeitung, 29. April 2014, S. 3.
* {{Literatur
  |Hrsg=Günter Brakelmann, Traugott Jähnichen
  |Titel=Die protestantischen Wurzeln der Sozialen Marktwirtschaft. Ein Quellenband
  |Ort=Gütersloh
  |Datum=1994}}
* Ludwig Erhard, Wolfram Langer (Bearb.): ''Wohlstand für alle.'' Anaconda, Köln 2009, ISBN 978-3-86647-344-7. ([http://www.ludwig-erhard-stiftung.de/wp-content/uploads/wohlstand_fuer_alle1.pdf 8. Auflage 1964, PDF])
* {{Literatur
  |Autor=Alfred Müller-Armack
  |Titel=Soziale Marktwirtschaft
  |Sammelwerk=Handwörterbuch der Sozialwissenschaften
  |Band=9
  |Ort=Stuttgart u. a.
  |Datum=1956
  |Seiten=390&nbsp;ff}}
* {{Literatur
  |Autor=Alfred Müller-Armack
  |Titel=Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik. Studien und Konzepte zur Sozialen Marktwirtschaft und zur europäischen Integration
  |Ort=Freiburg i. Br.
  |Datum=1966}}
* Alfred Müller-Armack: ''Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft.'' Verlag Wirtschaft und Finanzen, Düsseldorf 1999, ISBN 3-87881-135-7. (Faks.-Ed. der Erstausg. Hamburg 1947)
* Alfred Müller-Armack: ''Genealogie der sozialen Marktwirtschaft: Frühschriften und weiterführende Konzepte.'' 2., erw. Auflage. Haupt, Bern 1981, ISBN 3-258-03022-7.
* {{Literatur
  |Autor=Alexander Rüstow
  |Titel=Freie Wirtschaft – starker Staat
  |Sammelwerk=Deutschland und die Weltkrise (Schriften des Vereins für Socialpolitik 187)
  |Ort=Dresden
  |Datum=1932}}
* {{Literatur
  |Autor=Alexander Rüstow
  |Hrsg=Patrick Boarman
  |Titel=Wirtschaftsethische Probleme der sozialen Marktwirtschaft
  |Sammelwerk=Der Christ und die Soziale Marktwirtschaft
  |Ort=Stuttgart
  |Datum=1955}}
 
; Sekundärliteratur
* Werner Abelshauser: ''Des Kaisers neue Kleider? Wandlungen der Sozialen Marktwirtschaft''. Roman Herzog Institut, München 2009.
* Gerold Ambrosius: ''Die Durchsetzung der Sozialen Marktwirtschaft in Westdeutschland 1945–1949.'' Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1977, ISBN 3-421-01822-7.
* {{Literatur
  |Autor=Winfried Becker
  |Hrsg=Rainer A. Roth, Walter Seifert
  |Titel=Die Entscheidung für eine neue Wirtschaftsordnung nach 1945. Christliche Werte in der Sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards
  |Sammelwerk=Die zweite deutsche Demokratie. Ursprünge, Probleme, Perspektiven
  |Ort=Köln/ Wien
  |Datum=1980}}
* Dieter Cassel (Hrsg.): ''50 Jahre Soziale Marktwirtschaft. Ordnungstheoretische Grundlagen, Realisierungsprobleme und Zukunftsperspektiven einer wirtschaftspolitischen Konzeption.'' Lucius & Lucius, Stuttgart 1998, ISBN 3-8282-0057-5.
* Alexander Ebner: ''The intellectual foundations of the social market economy: theory, policy, and implications for European integration.'' In: ''Journal of economic studies.'' 33(2006)3, S. 206–223.
* Uwe Fuhrmann: ''Die Entstehung der „Sozialen Marktwirtschaft“ 1948/49. Eine historische Dispositivanalyse.'' UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz und München 2017. ISBN 978-3-86764-665-9.
* Nils Goldschmidt, Michael Wohlgemuth (Hrsg.): ''Die Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft: sozialethische und ordnungsökonomische Grundlagen.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2004, ISBN 3-16-148296-4.
* Dieter Haselbach: ''Autoritärer Liberalismus und soziale Marktwirtschaft: Gesellschaft und Politik im Ordoliberalismus.'' (Habil.) Nomos, Baden-Baden 1991, ISBN 3-7890-2504-6.
* Michael von Hauff (Hrsg.): ''Die Zukunftsfähigkeit der Sozialen Marktwirtschaft.'' Metropolis-Verlag, Marburg 2007, ISBN 978-3-89518-594-6.
* Volker Hentschel: ''Ludwig Erhard, die „soziale Marktwirtschaft“ und das Wirtschaftswunder. Historisches Lehrstück oder Mythos?'' Bouvier Verlag, Bonn 1998, ISBN 978-3-416-02761-8.
* Philipp Herder-Dorneich: ''Ordnungstheorie des Sozialstaates. Beiträge zur Ordnungstheorie und Ordnungspolitik.'' Mohr Siebeck, Tübingen 1983.
* Karl Hohmann, Horst Friedrich Wünsche (Hrsg.): ''Grundtexte zur sozialen Marktwirtschaft: Das Soziale in der sozialen Marktwirtschaft''. Lucius & Lucius, 1988, ISBN 3-437-40208-0.
* Gerhard Kleinhenz: ''Sozialstaatlichkeit in der Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft.'' In: Ders. (Hrsg.): ''Sozialstaat Deutschland''. Lucius & Lucius, 1997, S. 390 ff.
* {{Literatur
  |Autor=Bernhard Löffler
  |Titel=Soziale Marktwirtschaft und administrative Praxis. Das Bundeswirtschaftsministerium unter Ludwig Erhard
  |Ort=Stuttgart
  |Datum=2002}}
* {{Literatur
  |Autor=Josef Mooser
  |Hrsg=Manfred Hettling/Bernd Ulrich
  |Titel=Liberalismus und Gesellschaft nach 1945. Soziale Marktwirtschaft und Neoliberalismus am Beispiel von Wilhelm Röpke
  |Sammelwerk=Bürgertum nach 1945
  |Ort=Hamburg
  |Datum=2005
  |Seiten=134–163}}
* {{Literatur
  |Autor=Anthony J. Nicholls
  |Titel=Freedom with Responsibility. The Social Market Economy in Germany, 1918–1963
  |Ort=Oxford
  |Datum=1994}}
* Knut Wolfgang Nörr, Joachim Starbatty, Reinhold Biskup: ''Soll und haben: 50 Jahre soziale Marktwirtschaft.'' Lucius & Lucius, Stuttgart 1999, ISBN 3-8282-0105-9.
* Jürgen Pätzold: ''Soziale Marktwirtschaft: Konzeption Entwicklung Zukunftsaufgaben.'' 6., überarb. Auflage, Verlag Wiss. und Praxis, Ludwigsburg 1994, ISBN 3-928238-38-8. Online: [http://www.juergen-paetzold.de/einfuerung_mawi/2_MAWI.html ''Soziale Marktwirtschaft''].
* Ralf Ptak: ''Vom Ordoliberalismus zur sozialen Marktwirtschaft: Stationen des Neoliberalismus in Deutschland.'' VS-Verlag für Sozialwiss., Wiesbaden 2005, ISBN 3-8100-4111-4.
* Friedrun Quaas: ''Soziale Marktwirtschaft: Wirklichkeit und Verfremdung eines Konzepts.'' Bern/ Stuttgart 2000, ISBN 3-258-06012-6.
* Siegfried Rauhut: ''Soziale Marktwirtschaft und parlamentarische Demokratie. Eine institutionenökonomische Analyse der politischen Realisierungsbedingungen der Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft.'' Duncker & Humblot, Berlin 2000.
* Otto Schlecht: ''Grundlagen und Perspektiven der Sozialen Marktwirtschaft.'' Mohr, Tübingen 1990, ISBN 3-16-145684-X.
* Gero Thalemann: ''Die Soziale Marktwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland – ein realisiertes Konzept? Analyse von Genesis, theoretischem Gehalt und praktischer Verwirklichung''. disserta Verlag, Hamburg 2011.
* {{Literatur
  |Autor=Christian Watrin
  |Titel=The Principles of the Social Market Economy—Its Origins and Early History
  |Sammelwerk=Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft
  |Band=135
  |Datum=1979
  |Seiten=405–425}}
* {{Literatur
  |Autor=Hans Willgerodt
  |Hrsg=Wolfram Fischer
  |Titel=Wertvorstellungen und theoretische Grundlagen des Konzepts der Sozialen Marktwirtschaft
  |Sammelwerk=Währungsreform und Soziale Marktwirtschaft. Erfahrungen und Perspektiven nach 40 Jahren
  |Ort=Berlin
  |Datum=1989}}
* {{Literatur
  |Autor=Joachim Zweynert
  |Titel=Die Soziale Marktwirtschaft als politische Integrationsformel
  |Datum=2008
  |Seiten=334
  |DOI=10.1007/s10273-008-0800-z}}
 
=== Wirtschaftsgeschichte ===
* {{Literatur
  |Autor=Werner Abelshauser
  |Titel=Deutsche Wirtschaftsgeschichte seit 1945
  |Verlag=C.H. Beck
  |Ort=München
  |Datum=2004
  |ISBN=3-406-51094-9}}
* {{Literatur
  |Autor=Michael von Prollius
  |Titel=Deutsche Wirtschaftsgeschichte nach 1945
  |Verlag=UTB
  |Datum=2006
  |ISBN=3-8252-2785-5}}
*{{Literatur
  |Autor=Mark E. Spicka
  |Titel=Selling the Economic Miracle: Economic Reconstruction and Politics in West Germany, 1949–1957
  |Verlag=Berghahn Books
  |Datum=2007
  |ISBN=978-1-84545-223-0}}
* {{Literatur
  |Autor=Knut Wolfgang Nörr
  |Titel=Die Republik der Wirtschaft: Von der sozial-liberalen Koalition bis zur Wiedervereinigung
|Band=Teil 2
  |Verlag=Mohr Siebeck
  |Ort=Heidelberg
  |Datum=2007
  |ISBN=978-3-16-149499-4}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/soziale-marktwirtschaft.html Definition aus Gablers Wirtschaftslexikon]
{{Commonscat}}
* [http://www.econbiz.de/index.php?id=results&L=0&search=s_all&keepFilters=1&searchForm=1&limit=50&q=%22soziale+marktwirtschaft%22+OR+%22social+market+economy%22&sucheBtn.x=60&sucheBtn.y=4 Laufend aktualisierte Liste mit Literatur und Veranstaltungen zum Thema Soziale Marktwirtschaft aus der Fachdatenbank EconBiz]
*[https://new.siemens.com/global/de/unternehmen/ueber-uns/geschichte/personen/vorstandsvorsitzende-siemens-ag.html Vorstandsvorsitzende Siemens AG]
* Uwe Andersen: {{Webarchiv | url= http://www.bpb.de/wissen/07366806922938336269163160936993,1,0,Soziale_MarktwirtschaftWirtschaftspolitik.html#art1 | archive-is= 20120803 | text=''Soziale Marktwirtschaft/Wirtschaftspolitik.''}}
* Heinz Grossekettler: ''Strategien zur Implementation und Stabilisierung einer Wirtschaftsordnung: das Beispiel der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland.'' In: Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Münster (Hrsg.): ''Strategien zur Implementation und Stabilisierung einer Wirtschaftsordnung.''
* Herbert Hax: {{Webarchiv | url= http://www.kas.de/proj/home/pub/37/1/year-2004/dokument_id-5265/index.html | archive-is= 20130106 | text=''Wirtschaftspolitik als Ordnungspolitik – Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft.''}}
* Michael von Prollius: [http://www.kas.de/upload/dokumente/2008/03/080304_Prollius.pdf ''Der Neoliberalismus der 30er Jahre: Wurzel der Sozialen Marktwirtschaft.''] (PDF; 102&nbsp;kB)
* Richard Reichel: [http://www.gkpn.de/reichel.pdf ''Soziale Marktwirtschaft, Sozialstaat und liberale Wirtschaftsordnung''] (PDF; 43&nbsp;kB)
* Karl Georg Zinn: [http://www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/vwl2/downloads/material/KarlGeorgZinn.pdf ''Soziale Marktwirtschaft. Idee, Entwicklung und Politik der bundesdeutschen Wirtschaftsordnung''] (PDF; 364&nbsp;kB)
* [http://www.franz-oppenheimer.de/eh53a.htm ''Soziale Marktwirtschaft – Die Flucht nach vorn.''] In: ''Der Spiegel.'' Jg. 7, Nr. 37 vom 9. September 1953, S. 11–17.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 28. Dezember 2020, 16:47 Uhr

Joe Kaeser (2014)
Kaeser 2017 mit Ivanka Trump

Joe Kaeser (eigentlich Josef Käser, * 23. Juni 1957 in Arnbruck, Niederbayern) ist ein deutscher Manager. Zwischen 2006 und 2013 war er Finanzvorstand der Siemens AG. Seit dem 1. August 2013 ist er Vorstandsvorsitzender dieser AG.

Leben und Wirken

Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Regensburg trat Käser 1980 bei Siemens in den Unternehmensbereich Bauelemente ein, wo er in den folgenden Jahren verschiedene kaufmännische Leitungsfunktionen übernahm – unter anderem auch im Siemens-Bauelementegeschäft in Malaysia (1987–1988). 1990 wurde ihm die kaufmännische Leitung des Geschäftsgebiets Opto Semiconductors übertragen. Ab 1994 war Kaeser als Executive Vice President and Chief Financial Officer und später als CEO der US-Töchter Siemens Components, Cupertino, sowie Siemens Microelectronics, San José, tätig. Seit seinen USA-Aufenthalten nennt er sich Joe Kaeser.[1]

Im Jahr 1999 wurde Kaeser in der zentralen Finanzabteilung des Konzerns die Aufgabe zum Aufbau eines neuen, konzernweiten Systems zum Performance Controlling übertragen. In dieser Zeit war er im Vorfeld der Börsennotierung in New York unter anderem mitverantwortlich für die Umstellung der weltweiten Rechnungslegung von Siemens auf US-GAAP.

Von April 2001 bis September 2004 war Kaeser Mitglied des Bereichsvorstands IC Mobile und Chief Financial Officer des Bereichs. Am 1. Mai 2006 trat Joe Kaeser im Amt des Leiters Corporate Finance die Nachfolge von Heinz-Joachim Neubürger als Finanzvorstand des Konzerns an, als dieser im Zuge des Bestechungsskandals aus dem Unternehmen ausschied. Auch Kaeser wurde die Mitwisserschaft und Duldung der jahrelangen Schmiergeldpraktiken im Siemens-Konzerns vorgehalten.[2] Er beteuerte jedoch seine Unschuld und wurde nie juristisch belangt.[3]

Der Aufsichtsrat der Siemens AG wählte ihn am 31. Juli 2013 als Nachfolger von Peter Löscher zum Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens. Am 1. August 2013 trat er den Posten an.[4] 2015 verhandelte der ägyptische Präsident Abd al-Fattah as-Sisi persönlich mit Kaeser bei einer Wirtschaftskonferenz in Scharm asch-Schaich.[5] Auf der diesjährigen Hauptversammlung der Daimler AG will er sich zum Aufsichtsratsmitglied wählen lassen.[6]

Joe Kaeser ist Mitglied der Trilateralen Kommission in Europa.[7] Vom 11. bis 14. Juni 2015 nahm er an der 63. Bilderberg-Konferenz in Telfs-Buchen in Österreich teil.

Positionierungen und Kritik

Joe Kaeser hat sich in der Vergangenheit wie selten ein deutscher Manager zu Fragen von Moral und Politik positioniert,[8] was ein kontroverses Echo hervorrief. Auch mit seinem Verhalten als Siemens-Chef stieß er bisweilen auf öffentliche Kritik.

Im März 2014, kurz nachdem die Krim von Russland annektiert worden war, reiste Kaeser nach Moskau und traf dort Wladimir Putin. Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, erklärte dazu: „Kaesers Vorgehen zeigt, dass er entweder die geopolitische Bedeutung der Krise nicht verstanden hat oder dass er das Einzelinteresse seines Unternehmens über die Interessen nicht nur Deutschlands, sondern Europas und des gesamten Westens stellt.“[9]

In der Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) plädierte Kaeser für die Einführung eines Grundeinkommens und warnte vor sozialen Spannungen durch die Digitalisierung.[10]

Kaeser gab im November 2017 den Abbau von 6900 Arbeitsplätzen bei Siemens bekannt, davon etwa die Hälfte in Deutschland. Dies wurde vielfach kritisiert.[11] Im Mai 2018 wurde bekannt, dass das Werk in Erfurt nicht verkauft wird und die Standorte Görlitz und Leipzig nicht geschlossen werden.[12]

2018 äußerte sich der Siemens-Chef als Befürworter von Donald Trumps Steuerreform für Unternehmen.[13] Nachdem Alice Weidel (AfD) in einer Bundestagsdebatte von „Messermännern“ und „Kopftuchmädchen“ gesprochen hatte, twitterte Kaeser im Mai 2018: „Lieber ‚Kopftuch-Mädel‘ als ‚Bund Deutscher Mädel‘. Frau Weidel schadet mit ihrem Nationalismus dem Ansehen unseres Landes in der Welt. Da, wo die Haupt-Quelle des deutschen Wohlstands liegt.“ Daraufhin habe es Gewaltandrohungen gegen ihn, seine Familie und sein Umfeld gegeben. Es dürfe jedoch keine Schweigespirale entstehen und man dürfe die öffentliche Diskussion „nicht populistisch-nationalen Äußerungen überlassen“. Kaeser ist überdies der Ansicht, dass „ohne ein Einwanderungsgesetz die Republik die Kontrolle nicht wiedererlangen wird.“[14]

Als nach dem ungeklärten Verschwinden des Journalisten Jamal Khashoggi internationale Vertreter aus Wirtschaft und Politik ihre Teilnahme an einer geplanten Investorenkonferenz in Riad absagten, hielt Kaeser – der dem Beirat der Konferenz angehört – seine Teilnahme bis zum Schluss offen.[8] Noch eine Woche vor dem Treffen sagte Kaeser in Toronto: „Wenn wir aufhören, mit Ländern zu kommunizieren, in denen Menschen vermisst werden, kann ich auch gleich zu Hause bleiben.“ Er wurde daraufhin unter anderem von Norbert Röttgen und von dem FDP-Politiker Bijan Djir-Sarai kritisiert. Auch Alexander Graf Lambsdorff (FDP) forderte die deutsche Wirtschaft auf, die Investorenkonferenz in Riad so lange nicht zu unterstützen, bis der Fall Khashoggi eindeutig aufgeklärt sei.[15] Am Tag vor dem Konferenzbeginn sagte Kaeser seine Teilnahme schließlich doch ab und bezeichnete die mittlerweile eingeräumte Tötung Khashoggis als „barbarisch“. Die offizielle Erklärung Saudi-Arabiens, es habe sich um einen Unfall gehandelt, hält er für „kaum glaubhaft“.[16] Hintergrund für sein Zögern soll ein abschlussreifer Milliardenauftrag gewesen sein, dessen Zustandekommen Tausende Arbeitsplätze in der Siemens-Sparte Energietechnik gesichert hätte.[17]

In der Debatte um die Sea-Watch 3 Kapitänin Carola Rackete erklärte sich Kaeser Ende Juni 2019 solidarisch via Twitter mit den Seenotrettern.[18]

Siehe auch

Literatur

  • Zukunft gestalten. Die Siemens-Unternehmer 1847–2018. Hrsg. vom Siemens Historical Institute, Hamburg 2018, ISBN 978-3867746021.
  • Caspar Busse: Unter Strom. Joe Kaeser macht für Siemens Geschäfte und Politik. Und manchmal – wie im Fall Alstom – beides zusammen. Die Geschichte eines Mannes aus dem Bayerischen Wald, der eine Idee von der Welt hat. In: Süddeutsche Zeitung, 29. April 2014, S. 3.

Weblinks

Commons: Joe Kaeser - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Passauer Neue Presse, 5. August 2013, Seite 3 (Interview mit Joe Kaeser).
  2. Siemens-Affäre: Vorwürfe gegen Finanzvorstand Kaeser. In: Spiegel Online, 23. Januar 2007, abgerufen am 24. Oktober 2018.
  3. Dana Heide: Jetzt kommt ein „echter Siemensianer“. In: Handelsblatt, 31. Juli 2013, abgerufen am 24. Oktober 2018.
  4. Löscher-Nachfolge: Aufsichtsrat wählt Joe Kaeser zum neuen Siemens-Chef. In: Spiegel Online, 31. Juli 2013, abgerufen am selben Tag.
  5. Ulrich Rippert: Siemenschef Joe Kaeser ruft nach Führung und verherrlicht einen Diktator. In: World Socialist Web Site, 25. Juli 2015, abgerufen am 1. August 2015.
  6. daimler.com: Hauptversammlung 2019
  7. Mitgliedsverzeichnis der Trilateralen Kommission (PDF; 284 KB), Stand 2015.
  8. 8,0 8,1 Christoph Schäfer, Georg Meck, Tim Kanning: Deutsche-Bank-Chef sagt Reise nach Saudi-Arabien ab. In: FAZ, 19. Oktober 2018, abgerufen am selben Tag.
  9. Zitiert nach Matthias Naß: Schleimen ist Chefsache. In: Die Zeit 1/2018, 31. Januar 2018, abgerufen am 19. Oktober 2018.
  10. Max Hägler: Siemens-Chef plädiert für ein Grundeinkommen. In: Süddeutsche Zeitung, 20. November 2016, abgerufen am 24. Oktober 2018.
  11. Siemens will weltweit 6.900 Jobs streichen. In: Die Zeit, 16. November 2017, abgerufen am 19. Oktober 2018.
  12. Anne Hähnig: Hat hier der Populismus gesiegt? In: Zeit im Osten Nr. 23, 30. Mai 2018 (Onlinefassung: 3. Juni 2018, abgerufen am 19. Oktober 2018).
  13. Siemens-Chef verteidigt sein Lob für Donald Trump. In: Süddeutsche Zeitung, 3. Februar 2018, abgerufen am 24. Oktober 2018.
  14. Gerhard Hegmann: Siemens-Chef sieht sich im Kampf gegen die AfD alleingelassen. In: Die Welt, 10. Juli 2018, abgerufen am 19. Oktober 2018.
  15. Fall Khashoggi: FDP-Politiker nennt Verhalten von Siemens-Chef Kaeser „unverantwortlich“. In: Spiegel Online, 19. Oktober 2018, abgerufen am selben Tag.
  16. Florian Diekmann, Dinah Deckstein: Siemens-Chef Kaeser und der Fall Khashoggi: Absage mit Nebenwirkungen. In: Spiegel Online, 22. Oktober 2018, abgerufen am 23. Oktober 2018.
  17. Ist Siemens in Riad ein Milliardenauftrag entgangen? In: FAZ, 23. Oktober 2018, abgerufen am 24. Oktober 2018.
  18. Seenotrettung. Debatte im Netz: Darf der Siemens-Chef Carola Rackete unterstützen?, derstandard.at vom 3. Juli 2019


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Joe Kaeser aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.