Anthroposophische Medizin

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Als anthroposophische Medizin wird eine um bestimmte Aspekte erweiterte Schulmedizin bezeichnet. In der Anthroposophie wird die herkömmliche Schulmedizin als eingeschränkt und materiell-technisch, gleichzeitig aber auch als fundierte naturwissenschaftliche Grundlage begriffen, die jedoch um bestimmte geisteswissenschaftliche Erkenntnisse zu ergänzen ist. Die anthroposophische Heilkunde versteht sich darum auch nicht als Alternativmedizin, sondern als anthroposophisch erweiterte (Schul-)Medizin und ist daher der Komplementärmedizin zuzuordnen.

Die theoretisch-methodischen Grundlagen entwickelte Rudolf Steiner 1920–1924 in zahlreichen Vorträgen für Ärzte und Medizinstudenten (Bände 312319 der Gesamtausgabe) sowie in dem 1925 mit der Ärztin Ita Wegman (1876–1943) herausgegebenen Buch Grundlegendes zu einer Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen. Die anthroposophisch erweiterte Medizin stützt sich zur Erforschung der physischen, lebendigen, seelischen und der geistigen Phänomene sowohl auf die Prinzipien der Naturwissenschaft als auch auf die anthroposophische Geisteswissenschaft, wie sie von Rudolf Steiner begründet worden ist. Auf diese Weise ergibt sich eine Erweiterung der ärztlichen Kunst, die das Verhältnis von Leib, Seele und Geist des Menschen in seiner Beziehung zu den Substanzen und Kräften in der Natur und im Kosmos – jeweils in seiner individuellen Schicksalssituation – diagnostisch verstehen und therapeutisch handhaben möchte. In der Schweiz können Träger eines Facharzttitels nach einer mindestens zweijährigen Zusatzausbildung den von der Schweizerischen Ärztegesellschaft FMH vergebenen Fähigkeitsausweis „Arzt/ Ärztin für anthroposophisch erweiterte Medizin“ erlangen.[1]

Anthroposophisch-medizinische Lehre

Wichtig für die menschliche Gesundheit ist gemäß der anthroposophisch-medizinischen Lehre die Berücksichtigung der vielfältigen Zusammenhänge zwischen dem einzelnen Menschen, seinem Wesen und seiner Umwelt. Die Behandlung einer Krankheit setzt dabei eine möglichst ganzheitliche Betrachtung ihrer Ursachen voraus. Die Wahl einer bestimmten Therapie wird in dieser Medizinrichtung also nicht nur durch die reine Diagnose bestimmt, sondern auch durch Krankheitsverlauf, bisherigen Lebenslauf, soziales Umfeld und die Persönlichkeit des Erkrankten. Auch Fragen nach Sinn und Wesen des Krankseins oder des Sterbens sowie nach dem Ziel des Heilens werden ganzheitlich zu klären versucht. Zur Gesundung sollen schließlich Leib, Geist und Seele wieder in ein harmonisches Zusammenspiel kommen.

Von zentraler Bedeutung für die Abgrenzung der Anthroposophischen Medizin von der Schulmedizin sind die zusätzliche Ausrichtung an seelisch-geistigen Bedürfnissen des Menschen sowie die Wahl anderer, zum Teil eigener Therapieformen.

Besonderheiten

  • potenzierte Heilmittel (ähnlich wie in der Homöopathie)
  • sogenannte "Präparate" aus pflanzlichen Stoffen, tierischen Substanzen und Mineralien
  • biologisch-dynamische Ernährung
  • Mistel-Therapie bei Krebs
  • Heileurythmie als Bewegungstherapie
  • weitere Therapieformen wie plastisch-therapeutisches Gestalten, Maltherapie, Musiktherapie und Sprachgestaltung
  • verschiedene Wärmebehandlungen

Rechtlicher Status

Anthroposophische Medizin ist eine anerkannte Besondere Therapieform im Sinne des Sozialgesetzbuches. Seit 1978 bekennt sich der deutsche Gesetzgeber im Arzneimittelgesetz zum Wissenschaftspluralismus der Medizin. Darunter werden derzeit die Schulmedizin einerseits und andererseits drei Besondere Therapierichtungen verstanden:

Ausgeübt wird die anthroposophische Medizin von zahlreichen niedergelassenen Ärzten in Praxen und Therapeutika, aber auch von Heilpraktikern, in einigen Instituten und wenigen Kliniken.

Wichtige klinische Einrichtungen

In Deutschland gibt es drei nach der anthroposophisch erweiterten Medizin arbeitende Akutkrankenhäuser der Regelversorgung laut Bettenbedarfsplan sowie verschiedene anthroposophisch orientierte Krankenhausunterabteilungen, Fachkliniken und Sanatorien (Link anthro-med).

In der Schweiz gibt es drei anthroposophische Krankenhäuser:

  • die Ita Wegman-Klinik in Arlesheim, seit 1921
  • die Lukasklinik für Tumorerkrankungen in Arlesheim, seit 1963
  • das Paracelsus-Spital in Richterswil, seit 1994

Forschungseinrichtungen

Forschung erfolgt an mehreren, teils den Kliniken (Berlin, Herdecke) angegliederten, teils selbständigen (IFAEMM) Instituten, aber auch in individuellen Arbeiten Einzelner. Im universitären Rahmen gibt es derzeit Forschungen an den komplementärmedizinischen Einrichtungen der Universitätskliniken Freiburg, Witten-Herdecke und Bern.

Ausbildung

Die Ausbildung erfolgt in Deutschland an verschiedenen Seminaren, den anthroposophischen Kliniken und an der Universität Witten-Herdecke im Rahmen eines Begleitstudiums. Auskünfte über Programme, Termine und Orte erteilt die Gesellschaft anthroposophischer Ärzte in Deutschland.

Anmerkungen

  1. Schweizerisches Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung: Arzt/Ärztin für anthroposophisch erweiterte Medizin (PDF; 59 kB) 28. September 2006, abgerufen am 13. August 2012.

Literatur

Werke Rudolf Steiners

  • Steiner, Rudolf: Geisteswissenschaft und Medizin. (1920). Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 7. Auflage 1999, 400 S.
  • Steiner, Rudolf: Geisteswissenschaftliche Gesichtspunkte zur Therapie (1921), Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 5. Auflage 2001, 190 S.
  • Steiner, Rudolf: Physiologisch-Therapeutisches auf Grundlage der Geisteswissenschaft (1920-24), Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 3. Auflage 1989, 350 S.
  • Steiner, Rudolf: Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin (1923-1924), Dornach: Rudolf Steiner Verlag, 3.Auflage 1994, 256 S.
  • Steiner, Rudolf: Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen. (1925). Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 1991, 144 S.

Werke anderer Autoren

  • Fintelmann, Volker: Intuitive Medizin, Hippokrates Verlag, 4., überarb. Aufl., Stuttgart 2000
  • Husemann, Friedrich - Wolff, Otto: Das Bild des Menschen als Grundlage der Heilkunst, 3 Bde, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1991.

Periodika

  • Der Merkurstab, Berlin und Dornach, offizielles Organ der medizinischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum, Dornach/Schweiz, und der Gesellschaft anthroposophischer Ärzte in Deutschland, erscheint zweimonatlich.

Weblinks

Forschung


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