Kyrillisches Alphabet

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Kyrillisches Alphabet
Schrifttyp Alphabet
Sprachen
Verwendungszeit Mitte des 10. Jahrhunderts
Abstammung Phönizische Schrift
 → Griechisches Alphabet
  → Glagolitische Schrift
   → Kyrillisches Alphabet
Verwandte Lateinisches Alphabet
Koptische Schrift
Armenisches Alphabet
Glagolitische Schrift
Unicode-Block

U+0400–U+052F
U+2DE0–U+2DFF
U+A640–U+A69F

ISO 15924 Cyrl
Cyrs (altkirchenslawische Variante)
Das Kyrillische Alphabet

Die kyrillische Schrift ist eine Buchstabenschrift, die in zahlreichen, vor allem ost- und südslawischen Sprachen in Europa und Asien verwendet wird. Sie ist nach Kyrill von Saloniki (826–869) benannt, der jedoch nicht Kyrillisch selbst, sondern die ihr vorausgehende glagolitische Schrift entworfen hat. Man nennt die kyrillische Schrift auch Kyrilliza (Кирилица, Кириллица, Ćirilica/Ћирилица) oder Asbuka (азбука; transliteriert Azbuka), nach den ersten beiden Buchstaben des altkyrillischen Alphabets.

Geschichte

Entstehung

Obwohl anerkannt ist, dass Kyrill und Method als Urheber der glagolitischen Schrift gelten können, ist die Urheberschaft des kyrillischen Alphabetes immer noch Gegenstand akademischer Diskussion. Sie trägt zwar den Namen Kyrills, entstand jedoch nach heutiger Auffassung erst um die Mitte des 10. Jahrhunderts in Ostbulgarien am Hofe der bulgarischen Zaren in Preslaw. Eine Urheberschaft von Kyrill und Method, die ein Jahrhundert früher lebten, wäre somit ausgeschlossen.

Die Zuschreibung an Clemens von Ohrid, einen im westlichen Teil des Bulgarischen Reiches tätigen Schüler Kyrills von Saloniki, ist zwar weit verbreitet, jedoch legendenhaft und nicht zu beweisen. Eine entsprechend gedeutete Nachricht in der Legenda Ochridica bedeutet tatsächlich wohl nur, dass er die glagolitische Schrift reformiert hat.

Die meisten Buchstaben wurden aus dem griechischen Alphabet (in seiner byzantinischen Schriftform) übernommen oder von ihm abgeleitet. Für Laute, die im Griechischen nicht vorkamen, wurden Zeichen aus der glagolitischen Schrift (Glagoliza) zugrunde gelegt, die um 862 vom Slawenlehrer Konstantin, der später den Namen Kyrill annahm, entwickelt worden war.

Es gibt keine einzige mittelalterliche Quelle, die das Alphabet als „kyrillisch“ bezeichnet oder aber Kyrill von Saloniki als Schöpfer dieser Schrift erwähnt. Als erwiesen gilt, dass das Alphabet seine erste Verbreitung durch Konstantin von Preslaw fand, Schüler von Kyrills Bruder Method und einer der bedeutendsten Vertreter der sogenannten Literarischen Schule von Preslaw (bulg. Преславска книжовна школа). Er war um 900 Bischof in der bulgarischen Hauptstadt Preslaw. Von seinen altbulgarischen Texten, die kyrillisch gefasst sind, sind heute mehr als 40 Schriften bekannt. Sein bedeutendstes Werk ist das „Belehrende Evangelium“ (um 893–894), dessen Einführung – das „Alphabetische Gebet“ – durch eine russische Abschrift aus dem 12. Jahrhundert bekannt ist. Das Werk von Konstantin von Preslaw gilt als eine der ältesten kyrillischen Schriften.

Älteste Inschriften

Eine der ersten erhaltenen Steininschriften auf Kyrillisch ist die Inschrift auf dem Fragment eines Grabkreuzes aus dem 9. oder 10. Jahrhundert, das einst das Grab von Ana markierte. Ana war die jüngste Tochter des bulgarischen Herrschers Boris I. (852–889) und die Schwester seiner Thronfolger Wladimir Rassate (889–893) und Simeon I. (893–927). Die zweisprachige Inschrift erzählt auf Altbulgarisch in kyrillischer Schreibweise und auf Griechisch, dass „der Diener Gottes Ana verstorben ist. Im Monat Oktober am neunten Tag verstarb der Gottesdiener Ana“.

Eine weitere erhaltene Inschrift aus dieser Zeit auf Kyrillisch ist die Grabinschrift eines hohen Amtsträgers am Hofe des bulgarischen Zaren Simeon I. (893–927) mit dem Namen Mostitsch (bulg. Мостич). Die Grabinschrift wurde 1952 von Prof. Stancho Waklinow (1921–1978) bei archäologischen Feldforschungsarbeiten in der sogenannten Mostitsch-Kirche (auch als Mostitsch-Kloster bekannt) in der Innenstadt des alten Verwaltungszentrums Preslaw gefunden. Die Forscher gehen heute davon aus, dass das steinerne Monument in den 950er-, spätestens in den 960er-Jahren geschaffen wurde.

Diesem Denkmal kommt zentrale Bedeutung auch deshalb zu, weil es das erste erhaltene Monument ist, das die Verwendung des kaiserlichen Titels Zar historisch belegt. Die Grabinschrift wird mit weiteren steinernen Monumenten aus der Zeit zwischen dem 9. und dem 10. Jahrhundert im Archäologischen Museum Weliki Preslaw aufbewahrt.

Anmerkung

Leider ist die Buchstabentafel für das AnthroWiki zu komplex.

Siehe auch

Literatur

  • August Leskien: Handbuch der altbulgarischen (altkirchenslavischen) Sprache. Grammatik – Texte – Glossar. 10. von Johannes Schröpfer mit Verbesserungen und Ergänzungen versehene Auflage. Winter, Heidelberg 1990, ISBN 3-533-00615-8 (Indogermanische Bibliothek. Reihe 1: Lehr- und Handbücher).
  • Hartmut Trunte: Altkirchenslavisch. 5. Auflage. Sagner, München 2003, ISBN 3-87690-480-3 (Словѣньскъи ѩзыкъ. Ein praktisches Lehrbuch des Kirchenslavischen in 30 Lektionen. Zugleich eine Einführung in die slavische Philologie. Bd. 1 = Slavistische Beiträge. 264 = Studienhilfen. Bd. 1).
  • Gerhard Podskalsky: Theologische Literatur des Mittelalters in Bulgarien und Serbien 865–1459. C. H. Beck, 2000, ISBN 3-406-45024-5
  • Florin Curta: Southeastern Europe in the Middle Ages, 500-1250, Cambridge University Press, 2006, ISBN 0-521-81539-8
  • Ivan G. Iliev: Kurze Geschichte des kyrillischen Alphabets. Plovdiv, 2015, [1]
  • Ivan G. Iliev: Short History of the Cyrillic Alphabet [2]
  • Paul Cubberley: “The Slavic Alphabets” and later finalized and spread by disciples Kliment and Naum in Ohrid and Preslav schools of Tsar Boris’ Bulgaria. In: Daniels, Bright (Hrsg.): The World’s Writing Systems. Oxford University Press, 1996, ISBN 0-19-507993-0.
  • Eleonora Gallucci: Ucitel’noe Evangelie di Costantino di Preslav (IX-X sec.). Tradizione testuale, redazioni, fonti greche. In: Europa Orientalis, XX, 2001, S. 49–138 (Belehrendes Evangelium von Konstantin von Preslaw.; PDF; 5,1 MB)
  • Philipp Ammon: Tractatus slavonicus. In: Sjani (Thoughts) Georgian Scientific Journal of Literary Theory and Comparative Literature, N 17, 2016, S. 248–56

Weblinks

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