Paul Asmus und Kategorie:Organogenese: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Paul Asmus''' (* [[14. September]] [[1842]] in [[w:Pillkallen|Pillkallen]], [[w:Ostpreußen|Ostpreußen]] in der heutigen [[w:Oblast Kaliningrad|Oblast Kaliningrad]]; † [[5. Juni]] [[1877]]) war ein deutscher [[Philosoph]] und [[Theologe]].
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[[Kategorie:Entwicklungsbiologie]]
== Leben und Werk ==
[[Kategorie:Organogenese|!]]
 
[[Kategorie:Embryologie]]
Paul Asmus wurde am 14. September 1842 in Pillkallen im damaligen Ostpreußen geboren. Sein Vater war Stadtphysikus. Nach dessen frühem Tod im Jahre 1846 zog seine christlich gläubige, aufrichtig fromme  Mutter Emma Asmus, geb. von Zitzewitz, mit den 5 Kindern in ihre alte Heimat in [[w:Pommern|Pommern]]. Asmus besuchte die Gymnasien von Neustettin (heute [[w:Szczecinek|Szczecinek]]) und Stolp (heute [[w:Słupsk|Słupsk]]) und die Nikolaischule in [[w:Leipzig|Leipzig]]. Mit dem verehrten Direktor Kock in Stolp blieb Asmus noch über die Schulzeit hinaus in Verbindung.
 
Von 1862 - 1865 studierte Asmus in Leipzig, Erlangen, Berlin und Halle [[Theologie]] und [[Philosophie]]. Daneben war er auch als Hauslehrer tätig. Ab 1869 arbeitete an der Realschule des Waisenhauses der Franckeschen Stiftungen in Halle.
 
Seinen in früher Kindheit gefassten Wunsch, [[w:Pastor|Pastor]] zu werden, gab Asmus auf und widmete sich einer streng wissenschaftlichen Laufbahn. 1871 promovierte und habilitierte er sich an der [[w:Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg|Universität Halle]] mit den Arbeiten «''De dei immutabilitate''» und «''De relatione, quae est inter principia agendi moralia et religiosa''». Als Privatdozent hielt er anschließend Vorlesungen über [[Logik]], [[Psychologie]], [[Religionsphilosophie]] und [[Geschichte der Philosophie]].
 
1873 erschien sein bemerkenswertes, auch von [[Rudolf Steiner]] sehr geschätztes Büchlein über «''Das Ich und das Ding an sich''».
 
{{Zitat|Die Identität des Subjects undd Objects - abstract ausgedrückt
des Denkens undd Seins - hat bekanntlich die gröbsten Missdeutungen
erfahren. Der Grund davon liegt fast immer darin, dass man dahinter
die Identität eines ''bestimmten'' Subjects und ''bestimmten'' Objects
verstanden hat. Aber eine Identität des Subjects und Objects überhaupt
wird von jedem vorausgesetzt, der die Möglichkeit des Erkenntnis
zugibt. Glauben wir die wirklichen Dinge zu erkennen , glauben wir,
dass wir die Wahrheit des Objects, sein Ansich begreifend zu erfassen
vermögen , so haben wir eben damit eine Identität des wirklichen
Seins und unserer· St1bjectivität angenommen. Wie leicht verständlich
unser Rückschluss von dem Erkennen der Dinge an sich
zur· Identität des Subjects und Objects erscheinen mag, so sind doch
weitaus die Meisten geneigt, ihn für einen Trugschluss zu halten.
Das Ding, sofern es in unserer Vorstellung existire, soll dann doch
nur in sofern identisch mit dem seienden Dinge sein, als eine Idealtität stattfindet zwischen uns und unserem Spiegelbilde.|Paul Asmus|''Das Ich und das Ding an sich''}}
 
Ausgehend von einer grundlegenden Darstellung der «Identität des Denkens und Seins» und den prinzipiellen Möglichkeiten der [[Erkenntnis]], skizziert Asmus darin die Grundzüge der Philosophien von [[Immanuel Kant]], [[w:Gottlob Ernst Schulze|Aenesidemus]], [[w:Jacob Sigismund Beck|Jacob Sigismund Beck]], [[w:Friedrich Heinrich Jacobi|Friedrich Heinrich Jacobi]], [[Johann Gottlieb Fichte]], [[Novalis]], [[w:Friedrich Schlegel|Friedrich Schlegel]], [[Friedrich Schleiermacher]], [[Friedrich Wilhelm Joseph Schelling]], [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel]], [[Johann Friedrich Herbart]] und [[Arthur Schopenhauer]] und zeichnete damit zugleich durch das ihm eigene [[Lebendiges Denken|lebendige Denken]] ein dynamische Bild der modernen [[Bewusstsein]]sentwicklung.
 
{{GZ|Persönlichkeiten, welche durch Sich-Versenken in die Hegelsche
Ideenart eine Sicherheit suchten für das Verhältnis
einer Vorstellung über das selbstbewußte Ich zu dem allgemeinen
Weltbilde, gibt es in der zweiten Hälfte des
neunzehnten Jahrhunderts nur wenige. Einer der Besten
ist der zu früh verstorbene ''Paul Asmus'' (1842—1876), der
1873 eine Schrift veröffentlichte «Das Ich und das Ding
an sich». Er zeigt, wie in der Art, in der Hegel das Denken
und die Ideenwelt ansah, ein Verhältnis des Menschen
zum Wesen der Dinge zu gewinnen ist. Er setzt in scharfsinniger
Weise auseinander, daß im Denken des Menschen
nicht etwas Wirklichkeitsfremdes, sondern etwas Lebensvolles,
Urwirkliches gegeben ist, in das man sich nur zu
versenken braucht, um zum Wesen des Daseins zu kommen.
Er stellte in lichtvoller Weise den Gang dar, den die
Weltanschauungsentwickelung genommen hat, um von
Kant, der das «[[Ding an sich]]» als etwas dem Menschen
Fremdes, Unzugängliches angesehen hatte, zu Hegel zu
kommen, welcher meinte, daß der Gedanke nicht nur sich
selbst als ideelle Wesenheit, sondern auch das «Ding an
sich» umspanne. Solche Stimmen fanden aber kaum Gehör.|18|472}}
 
1875 veröffentliche Asmus den ersten Band seines breit angelegten Werkes über die «''Die indogermanische Religion in den Hauptpunkten ihrer Entwickelung''», in dem er die indogermanische Urreligion charakterisierte. 1877 folgte der zweite Band über «''''Das Absolute und die Vergeistigung der einzelnen indogermanischen Religionen''».
 
{{Zitat|Also: die Besonderheit der Iche geht hervor aus dem be
sondern Verhältniss, in dem sie zu ihrer Negation stehen, die All
gemeinheit des Ich, die Ichheit, ist das Ich mit der Negation in
Einheit gedacht... Das Wichtigste ist nun: Wie haben wir uns das Ver
hältniss des einzelnen Ich zum allgemeinen Ich zu denken? Das
einzelne Ich ist ein aufgehobenes Moment wegen der es begleiten
den Negation. Darin ruht, wie bemerkt, seine Gleichheit mit den
Objecten, die auch in unsrer Subjectivität aufgehoben sind. Ist
nun das Verhältniss des einzelnen Ich zum allgemeinen dasselbe,
wie das der einzelnen Vorstellung zum einzelnen Subjecte? Wäre
es so, so gäbe es keine Verbindung zwischen dem einzelnen Ich
und dem allgemeinen, und dieses schwebte als die kahle absolute
Negation über dem subjectiven und objectiven Universum. Aber
der Unterschied leuchtet ein. Die einzelnen Objecte werden als
Vorstellungen einfach aufgehoben durch das Ich, heben sich nicht
selbst auf; das einzelne Ich aber hat seine Negation in sich, hebt
sich selbst auf und in dieser Selbstaufhebung ist es eben das all
gemeine Ich. Und wiederum: das allgemeine Ich hat keine vom
einzelnen Ich getrennte an sich seiende Realität, sondern ist eben
nur die Einheit des einzelnen Ich und seiner Negation, und zwar
eben die durch den Begriff jenes Ich selbst gesetzte Einheit, es
existirt also nur in dieser Selbstaufhebung des einzelnen Ich. —
Machen wir uns die Sache deutlich : wollte unser einzelnes Ich in
seiner absoluten Einzelheit verharren und sich in nichts Anderes
versenken, so wäre es allerdings absolut getrennt vom allgemeinen
Ich; dann fehlte auch die in der allgemeinen Ichheit beruhende
Gemeinschaft mit den andern besondern Ichen. So lassen wir auch
einen Menschen, der sich nur auf sein allereigenstes Gefühl beruft,
ohne den allgemein vernünftigeu Gründen Gehör zu geben, ruhig
stehen; es fehlt eben die Basis der Gemeinschaft. Aber das Ich
kann sich nicht in dieser absoluten Vereinzelung behaupten, es ist
ihm unmöglich gemacht durch seinen Begriff, der es mit seiner
Negation verbindet. So sind wir jederzeit in etwas Anderes ver
senkt, wir vermögen uns beim besten Willen nicht in unsrer Ein
zelheit zu erhalten und auch, wenn wir nur über uns selbst reflectiren,
haben wir. unser Ich uns als ein anderes, einen Gegenstand
gegenüberstellen müssen. So beruhen auch die Aussagen jenes nur
aus seiner Einzelheit schöpfenden Menschen factisch nur auf Selbst
täuschung. Er bleibt ebenso wenig in seiner Einzelheit eingeschlos
sen wie ein Anderer; nur ist sein Bewusstsein noch nicht gebildet
genug, die Allgemeinheit seines Ich, damit seine Vernünftigkeit
zu begreifen. Die Thätigkeit nun, uns in ein anderes zu versenken,
nennen wir „denken“; im Denken hat das Ich seinen Begriff er
füllt, es hat sich als einzelnes selbst aufgegeben; deshalb befinden
wir uns denkend in einer für Alle gleichen Sphäre, denn das Prineip
der Besonderung, das da in dem Verhältniss unsres Ich zu dem
ihm Anderen liegt, ist verschwunden in der Thätigkeit der Selbst
aufhebung des einzelnen Ich, es ist da nur die Allen gemeinsame
Ichheit . oder Vernünftigkeit. — So haben wir also das Verhält
niss des einzelnen zum allgemeinen Ich dahin bestimmt, dass jenes
in seiner ursprünglichsten Thätigkeit, dem Denken, eins sei mit
diesem ; so muss dieses , da es ausser den einzelnen Ichen nicht
existirt, sondern nur als deren Thätigkeit, eben als dieses ursprüng
liche Denken bestimmt werden und damit verliert unser Princip
den letzten Schein der blossen Subjectivität, der ihm bisher noch
durch den Namen des (wenn gleich absoluten) Ich anhaftete.|Paul Asmus|''Die indogermanische Religion in den Hauptpunkten ihrer Entwickelung'', Band 1, S. 28f}}
 
Für das Wintersemester 1877/78 war Asmus bereits ein Privatdozentenstipendium zugesagt, doch am 5.Juni 1877 starb er völlig unerwartet während eines Ferienaufenthaltes in seiner Heimat Pilkallen.
 
[[Rudolf Steiner]] schreibt weiters über das Werk von Asmus, mit dessen Schwester ''Martha Asmus'' er in freundschaftlicher Beziehung stand {{GZ||28|384f|408}}:
 
{{GZ|Weniges ist über Kant geschrieben worden, das an Wert
dem gleich kommt, was Paul Asmus über ihn in seiner
Schrift «Das Ich und das Ding an sich» ausgeführt hat. Er
wird Kant vollkommen gerecht; aber er zeigt zugleich, wie
unmöglich es ist, bei ihm stehenzubleiben, und wie der
große Anstoß, den der Königsberger Philosoph dem deutschen
Denken gegeben hat, notwendig zu den Auffassungen
Fichtes, Schellings, Hegels, Schopenhauers und anderer hat
führen müssen. Kant hatte gezeigt, und diese Tat ist eine der
geistesgeschichtlich bedeutsamsten im modernen Denken,
daß die gewöhnlichen wissenschaftlichen Denkmethoden
niemals zu einer Erkenntnis des «Dinges an sich» führen,
sondern immer nur dazu, die Welt der dem Menschen gegebenen
''Erscheinungen'' erkennend zu beherrschen. Auf das
«Ding an sich» aber hat Kant in einer ganz eigentümlichen
Weise hingedeutet. Er nahm an, daß in dem kategorischen
Imperativ, der in dem Pflichtgebot zu dem Menschen spricht,
ein Ruf ertönt aus der Welt des «Dinges an sich». Aber dieser
Ruf liefere keine Erkenntnis des Höchsten, sondern nur
einen ''Glauben'' an dasselbe, der dem Menschen die Richtung
gibt nach dem moralischen Leben. Will der Mensch sich für
ein moralisches Wesen halten und sich in der Richtung der
Moralität immer weiter und weiter entwickeln, so muß er an
die Wirklichkeit dessen glauben, was ihm den kategorischen
Imperativ zusendet. Erkennen kann er aber nicht, was ihn so
moralisch trägt.
 
Nun hat Fichte versucht, diesen im Innern des Menschen
ertönenden Ruf zu untersuchen, und er kam so zu seiner
«Ich-Philosophie». Im «Ich» geht, nach Fichte, dem Menschen
eine höhere Welt auf, die ebenso wirklich, ja viel wirklicher
ist, als die äußere Erscheinungswelt. Denn diese äußere
Erscheinungswelt erhält erst Sinn und Bedeutung, wenn das
menschliche Ich sein eigenes Licht auf dieselbe leuchten
läßt. Diesen Hervorgang von Fichtes Denken aus dem Kantschen
stellt Paul Asmus in scharfsinniger Weise dar. Und
ebenso, wie dann Hegel und Schelling aus dem «Ich» heraus,
aus dem Menschengeiste die Antworten suchen auf die großen
Rätselfragen des Daseins, die keine äußere Sinnesanschauung
lösen kann.
 
Und von hier aus fand dann Paul Asmus den Zugang zum
Verständnis der Religionen, dieser mannigfaltigen Versuche
der Menschheit, aus der Tiefe des Menscheninnern heraus
die wirkenden Geistkräfte des Universums zu erfassen. Es
wird vielen nicht leicht, Paul Asmus' bedeutsamen Auseinandersetzungen
über «die indogermanischen Religionen» zu
folgen, da er sich in einer Gipfelhöhe des menschlichen Denkens
bewegt. Wer aber durch Selbstschulung seines Denkens
das Buch zu lesen lernt, der wird eine Aufklärung der reinsten
Art über die Formen menschlichen Wahrheitsstrebens
empfangen. Unser Philosoph sieht überall durch den Bildergehalt
der Religionen auf die geistigen Gedankenkerne hindurch
und zeigt den Zusammenhang und die Verwandtschaft
dieser Kerne. Sein Buch ist daher eine Auslegung ''eines''
großen ''Urgedankens'' der indogermanischen Völker. Niemand
wird es studieren, ohne davon den tiefsten Eindruck zu empfangen,
und sich darüber klar werden, was Entwickelung des
religiösen Lebens ist. Damit aber gehört Paul Asmus unter
diejenigen, die im Sinne der Theosophie die Wesenheit der
Religionen und Philosophien der Menschheit verfolgen.|34|489ff}}
 
{{GGZ|Denker wie
Asmus, die sich heraus entwickelt haben aus dem Strom, den
der deutsche philosophische Idealismus von der ersten Hälfte
des neunzehnten Jahrhunderts aus geschenkt hat: solche Denker
verstanden ''in Gedanken zu leben''. Im deutschen Geistesleben
hat sich da ''geschichtlich'' das abgespielt, was der ''theosophische Mystiker'' als eine ganz bestimmte innere Lebenstatsache
kennt. Das kamisch-manasische Vorstellen, in dem der
Mensch des alltäglichen Lebens befangen ist, und in dem insbesondere der europäische Kulturmensch lebt: dieses Vorstellen
wirft die kamischen Hüllen von sich und wird zum
rein ''manasischen'' Denken.
 
Wer auf dem Felde jener Erkenntnis über eine gewisse
Stufe hinausgelangen will, muß in sich selbst dieses Erlebnis
kennenlernen, zur Tatsache werden lassen. Wer dazu nicht
gelangen kann, bleibt entweder in den Fesseln einer ''trüben Mystik'' hängen, die ihn nur befähigt, die Tatsachen des Astralplanes
verständnislos zu schauen; oder aber er muß sich mit
einem bloßen ''Glauben'' an die theosophischen ''Dogmen'' begnügen.
Deshalb betrachte ich es als eine Aufgabe dieser Zeitschrift,
diese Proben eines ätherreinen Denkens vorzuführen.
Solches Denken allein kann innere, selbstsichere Festigkeit
und Forschergewißheit geben, die den Theosophen zwischen
der Skylla einer nebelhaften Schwärmerei, und der Charybdis
eines blinden Dogmenglaubens hindurchleiten in die hellen
Lichthallen der Weisheit. Wer nicht bloß ''durchdenkt'', was in
reinen Gedanken gegeben ist, sondern es bis zum unmittelbaren
Erleben bringt, der wird sich selbst von der Wahrheit
des Gesagten überzeugen. Aber vorläufig können es nur
wenige Menschen unserer Kultur zu dem bringen, was man
«Leben in Gedanken» nennt. Und die meisten können sich
bei solchem Worte: «Leben in Gedanken» gar nicht einmal
das Richtige «denken». Die theosophische Bewegung, welche
uns wieder das Leben im Spirituellen bringen soll, wird
auch die Aufgabe haben, die aus dem Spirituellen geborenen
Gedanken des deutschen Idealismus zu verstehen. Und Paul
Asmus, dessen physische Hülle die Erde so früh sich angeeignet
hat, mag mit seinen herrlichen Gedankenkeimen wohl
auch einen Einschlag geben zum ''Karma'' der theosophischen
Bewegung in Deutschland.|34|491f}}
 
{{GGZ|Daß Paul Asmus in der Ätherhöhe des reinen Denkens die
Geheimnisse des Daseins suchte, macht den Grundcharakter
seines Forschens aus. Was den Dingen als ihr Wesen zugrunde
liegt, das enthüllt sich in dem denkenden Menschen.
Diese Grundanschauung des deutschen philosophischen Idealismus
ist auch diejenige Paul Asmus'. Die ''[[Gedanke]]n'', die
sich der Mensch über den Sternenhimmel macht: sie sind
auch zugleich die Ordnung, die innere Gesetzmäßigkeit
selbst, die diesem Sternenhimmel zugrunde liegt. Wenn ich
denke, spreche nicht nur ''[[ich]]'', sondern die Dinge sprechen in
mir ihre Wesenheit, das, was sie eigentlich sind, aus. Die sinnlichen
Dinge sind gewissermaßen nur Gleichnisse ihres ideellen
Wesens; und der menschliche Gedanke ''ergreift'' dieses ihr
Wesen. In seiner Schrift «Das Ich und das Ding an sich» sagt
Paul Asmus: «Stellen wir uns ein Stück Zucker vor; es ist
rund, süß, undurchdringlich usw., dies sind lauter Eigenschaften,
die wir begreifen; nur eins dabei schwebt uns als
ein schlechthin anderes vor, das wir nicht begreifen, das so
verschieden von uns ist, daß wir nicht hineindringen können,
ohne uns selbst zu verlieren; von dessen bloßer Oberfläche
der Gedanke scheu zurückprallt. Dies eine ist der uns unbekannte
Träger aller jener Eigenschaften; das Ansich, welches
das innerste Selbst dieses Gegenstandes ausmacht. So sagt
Hegel richtig, daß der ganze Inhalt unserer Vorstellung sich
nur als Accidens zu jenem dunklen Subjekte verhalte, und
wir, ohne in seine Tiefen zu dringen, nur Bestimmungen an
dieses Ansich heften - die schließlich, weil wir es selbst nicht
kennen, auch keinen wahrhaft objektiven Wert haben, subjektiv
sind. Das begreifende Denken hingegen hat kein solch
unerkennbares Subjekt, an dem seine Bestimmungen nur Accidenzen
wären, sondern ''das gegenständliche Subjekt fällt innerhalb des Begriffes''. Begreife ich etwas, so ist es in seiner ganzen
Fülle meinem Begriffe präsent; im innersten Heiligtum seines
Wesens bin ich zu Hause, nicht deshalb, weil es kein eigenes
Ansich hätte, sondern weil es mich durch die über uns beiden
schwebende Notwendigkeit des Begriffes, der in mir subjektiv,
in ihm objektiv erscheint, zwingt, seinen Begriff ''nach''zudenken.
Durch dies ''Nach''denken offenbart sich uns, wie
Hegel sagt - ebenso wie dies unsere subjektive Tätigkeit ist-,
zugleich die wahre Natur des Gegenstandes. -»
 
Wer in solch einem Satze sein Bekenntnis ausspricht, der
hat sich und sein Denken in ein wahres Verhältnis zur Welt
und Wirklichkeit gesetzt. Durch ''[[Beobachtung|Beobachten]]'' lernen wir den
''Umkreis'' der Welt kennen; durch das ''[[Denken]]'' dringen wir in
ihren ''Mittelpunkt''. Die Versenkung in das eigene Innere löst
uns die Rätsel des Daseins. Der in mir aufleuchtende Gedanke
geht nicht nur mich an, sondern die Dinge, über die er
mich aufklärt. Und meine Seele ist nur der Schauplatz, auf
dem die Dinge sich über sich selbst aussprechen.
 
Um das zu begreifen, muß der Mensch allerdings es dahin
bringen, in dem Denken ein Lebenselement zu haben, etwas,
das für ihn ebenso Wirklichkeit, Tatsache ist, wie für den
unentwickelten Menschen die Dinge eine Wirklichkeit sind,
an denen er sich stößt, die er mit Händen greifen kann. Wer
in seinen Vorstellungen nicht anderes erfassen kann, als schemenhafte
Nachbilder dessen, was ihm die Sinne sagen, der
versteht nicht, was Denken ist. Denn, um zur Wesenheit der
Dinge vorzudringen, muß sich das Denken mit einem Inhalte
erfüllen, den kein äußerer Sinn geben kann, der aus dem
Geiste selbst fließt. Das Denken muß produktiv, intuitiv sein.
Wenn es dann nicht willkürlich in phantastischen Gebilden
lebt, sondern in der hellen Klarheit des inneren Anschauens,
dann lebt und webt in ihm das Weltgesetz selbst. Man könnte
von einem solchen Denken ganz gut sagen: die Welt denkt
sich in den Gedanken des Menschen. Notwendig ist aber dazu,
daß der Mensch in sich die ewigen Gesetze erlebt, die sich
das Denken selbst gibt. Was die Menschen gewöhnlich «Denken» nennen, ist ja nur ein wirres Vorstellen.|34|493f}}
 
== Schriften ==
 
* ''De relatione, quae est inter principia agendi moralia et religiosa'', Inaugural-Dissertation, 1871 (lateinisch) [https://archive.org/details/derelationequaee00asmu archive.org]
* ''Das Ich und das Ding an sich. Geschichte ihrer begrifflichen Entwickelung in der neuesten Philosophie'', Verlag C. E. M. Pfeffer, Halle 1873 {{MDZ|11163813-5}}
** neu herausgegeben und eingeleitet von [[Thomas Brunner]], [https://www.edition-immanente.de/alle-buecher/das-ich-und-das-ding-an-sich.html edition immanente], Berlin 2014, ISBN 978-3-942754-30-9
* ''Die indogermanische Religion in den Hauptpunkten ihrer Entwickelung. Ein Beitrag zur Religionsphilosophie'', Erster Band:: ''Indogermanische Naturreligion'', Verlag C. E. M. Pfeffer, Halle 1875 {{Google Buch|BuchID=kB1mAAAAcAAJ}}
* ''Die indogermanische Religion in den Hauptpunkten ihrer Entwickelung. Ein Beitrag zur Religionsphilosophie'', Zweiter Band: ''Das Absolute und die Vergeistigung der einzelnen indogermanischen Religionen'', Verlag C. E. M. Pfeffer, Halle 1877 {{Google Buch|BuchID=HePMpWOiwYYC}}
* ''Die Willkür'', nachgelassenes Manuskript
 
== Literatur ==
 
* Rudolf Steiner: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X {{Schriften|018}}
* Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang'', [[GA 28]] (2000), ISBN 3-7274-0280-6 {{Schriften|028}}
* Rudolf Steiner: ''Lucifer – Gnosis'', [[GA 34]] (1987), ISBN 3-7274-0340-3 {{Vorträge|034}}
* Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Heft 79/80: ''Rudolf Steiner und der Giordano Bruno-Bund. Materialien zu seinem Lebensgang, Berlin    1900 bis 1905'' {{BE|079/080}}
 
{{GA}}
 
[[Kategorie:Philosoph (19. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Theologe]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Mann]]

Aktuelle Version vom 29. Mai 2019, 10:29 Uhr