Mumie und Grüftebuch: Unterschied zwischen den Seiten

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{{Infobox Hieroglyphen
[[Datei:Osireion-Südraum Süd- und Westwände.jpg|miniatur|upright=1.5|Das „Grüftebuch“ im Südraum des [[Wikipedia:Osireion|Osireion]]s]]
|NAME = <hiero>O34:D36-V28- A53</hiero>
'''Grüftebuch''' (auch „'''Spruch von den 12 Grüften'''“) ist die Bezeichnung des [[Wikipedia:Altes Ägypten|altägyptischen]] [[Ägyptisches Totenbuch|Totenbuch]]spruches&nbsp;168 ([[Wikipedia:British Museum|BM]]&nbsp;10010). Es teilt die [[Duat]] in zwölf&nbsp;[[Wikipedia:Gruft|Grüfte]] und weist enge Verbindungen zu den Königsgräbern auf. Die zugehörige [[Wikipedia:Vignette|Vignette]]<ref>Totenbuchspruch 168a.</ref> zeigt die bereits in den [[Wikipedia:Pyramidentexte|Pyramidentexte]]n belegten drei Phasen des [[Sonnengott]]es [[Wikipedia:Re (Ägyptische Mythologie)|Re]]. Der ''Spruch von den 12&nbsp;Grüften'' ist vom Textcharakter als eigenständiges Jenseitsbuch anzusehen.
|NAME-TRANSKRIPTION = sach <br /> ''{{Unicode|sˁḥ}}'' <br /> ''Binde (um den ganzen Körper) / Mumie'' <br /> mit [[Wikipedia:Determinativ|Determinativ]] für ''Mumie''
|BILD1 = GD-EG-Alex-MuséeNat068.JPG
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|BILD1-BESCHREIBUNG = [[Wikipedia:Sarkophag|Sarkophag]] und Mumie, Nationalmuseum von Alexandria
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'''Mumien''' (von [[Wikipedia:Persische Sprache|pers.]] ''mumia'' = "[[Wikipedia:Bitumen|Bitumen]], [[Wikipedia:Erdpech|Erdpech]]"<ref name=H192>[[Wikipedia:Wolfgang Helck|Wolfgang Helck]], [[Wikipedia:Eberhard Otto (Ägyptologe)|Eberhard Otto]]: ''Kleines Lexikon der Ägyptologie''. Harrassowitz, Wiesbaden 1999, ISBN 3-447-04027-0, S.&nbsp;192.</ref>) sind Überreste [[tier]]ischer oder [[mensch]]licher [[Körper]], also [[Leiche]]n, die durch besondere [[Wikipedia:Chemie|chemisch]]-[[Wikipedia:Physik|physikalische]] Bedingungen vor der [[Verwesung]] bewahrt und dadurch in ihrer grundlegenden [[Form]] erhalten wurden. Die '''Mumifikation''' kann durch natürliche Prozesse oder durch künstliche '''Mumifizierung''' bewirkt werden. Die [[Wikipedia:Mumifizierung im Alten Ägypten|Mumifizierung im Alten Ägypten]] wurde besonders kunstvoll und sorgfältig betrieben. Durch diese Mumifizierung wurde eine stärkere Bindung des [[Mensch]]en an das [[physisch]]e [[Dasein]] in späteren [[Inkarnation]]en erreicht.
[[Wikipedia:Alexandra von Lieven|Alexandra von Lieven]] geht ebenfalls davon aus, dass der Totenbuchspruch auf Vorlagen des [[Wikipedia:Altes Reich|Alten Reichs]] beruht, da die ersten „7&nbsp;Grüfte“ durchgängig fehlen. Bereits in der ältesten Bezeugung aus der Regierungszeit des [[Wikipedia:Amenophis II.|Amenophis II.]] sind die „7&nbsp;Grüfte“ als Text nicht vorhanden. Der entdeckte [[Wikipedia:Papyrus|Papyrus]] des Totenbuchspruches&nbsp;168 befand sich in einer hölzernen Königsfigur, die in einer der vier Seitenkammern als Grabbeigabe diente. Einzig im [[Wikipedia:Osireion|Osireion]] wurde der Versuch unternommen, die Grüfte schematisch zu rekonstruieren.  


== Folgen der Mumifizierung für spätere Inkarnationen ==
Die Jenseitsgöttin [[Wikipedia:Ammit|Ammit]] ist im Grüftebuch [[Wikipedia:Ikonografie|ikonografisch]] als stehende Göttin unter einem [[Wikipedia:Baldachin|Baldachin]] zu sehen. Sie hält dabei eine [[Schlangen|Schlange]] als Zepter, das gleichzeitig als Vorderstange des Baldachins fungiert.


=== Liebe zur physischen Welt ===
== Literatur ==
 
* Martina Minas-Nerpel: ''Der Gott Chepri: Untersuchungen zu Schriftzeugnissen und ikonographischen Quellen vom Alten Reich bis in griechisch-römische Zeit''. Peeters, Leuven 2006, ISBN 9-0429-1824-1, S.&nbsp;140–141.
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* [[Wikipedia:Christian Leitz|Christian Leitz]] u.a.: ''[[Wikipedia:Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen|LGG]], Bd. 2''. Peeters, Leuven 2002, ISBN 9-0429-1147-6, S.&nbsp;115.
"Wir erinnern uns, wie der Ägypter seine Toten behandelte, wir
* Christine Seeber: ''Totengericht'' In: ''Untersuchungen zur Darstellung des Totengerichts im Alten Ägypten''. Deutscher Kunstverlag, München 1976, ISBN 3-4220-0828-4, S.&nbsp;163–186.
erinnern uns an die Mumien, wie der Ägypter etwas darauf gab,
* [[Wikipedia:Alexandra von Lieven|Alexandra von Lieven]]: ''Grundriss des Laufes der Sterne – Das sogenannte Nutbuch''. The Carsten Niebuhr Institute of Ancient Eastern Studies (u.&nbsp;a.), Kopenhagen 2007, ISBN 978-87-635-0406-5, S.&nbsp;209.
daß die äußere physische Form lange konserviert werde, und wir
wissen, daß der Ägypter seine Gräber anfüllte mit solchen Mumien,
in denen er die äußere Form erhalten hatte, und daß er dem Verstorbenen
in das Grab mitgab gewisse Gerätschaften, Besitztümer,
als Erinnerungen an das verflossene physische Leben, Gerätschaften,
die den Bedürfnissen des physischen Lebens entsprachen. So sollte
das, was der Mensch im Physischen gehabt hat, erhalten bleiben.
So verband der Ägypter seine Toten mit dem physischen Plan. Dieser
Brauch bildete sich immer mehr heraus. Gerade das zeichnete die
alte ägyptische Kultur aus.
 
So etwas ist aber nicht ohne Folgen für die Seele. Denken wir
daran, daß unsere Seelen in ägyptischen Körpern waren. Das ist
durchaus richtig, daß unsere Seelen in diesen zu Mumien gewordenen
Leibern verkörpert waren. Wir wissen aus den Darstellungen,
die früher gegeben worden sind, daß dann, wenn der Mensch von
seinem physischen Leib und seinem Ätherleib nach dem Tode befreit
ist, daß er dann ein anderes Bewußtsein hat, daß er dann keineswegs
in einem bewußtlosen Zustande in der astralischen Welt lebt.
Er kann hinunterschauen aus der geistigen Welt, wenn er auch heute
nicht hinaufschauen kann, er kann aber dann hinunterschauen auf
die physische Erde. Da ist es nicht gleichgültig, ob der Leib als
Mumie konserviert ist, oder ob dieser Leib verbrannt ist oder verwest.
Es entsteht dadurch eine bestimmte Art von Zusammenhang.
Wir werden den geheimnisvollen Zusammenhang sehen. Dadurch,
daß im alten Ägypten eine lange Zeit die Leiber konserviert geblieben
sind, haben die Seelen in der Zwischenzeit nach dem Tode etwas
ganz Bestimmtes erlebt. Sie wußten, wenn sie herabschauten: das ist
mein Leib. Sie waren an ihn gebunden, an diesen physischen Leib,
sie hatten vor sich die Form ihres Leibes; wichtig wurde den Seelen
dieser Leib, denn die Seele ist eindrucksfähig nach dem Tode. Der
Eindruck, den der mumifizierte Leib gemacht hat, prägte sich tief
ein, und die Seele wurde nach diesem Eindruck geformt.
 
Nun ging diese Seele durch Verkörperungen in der griechisch-lateinischen
Kultur hindurch, und sie lebt heute in unserer Zeit in
uns. Es ist nicht wirkungslos, daß diese Seelen nach dem Tode ihren
mumifizierten Leib gesehen haben, daß sie dadurch immer wieder
hingelenkt wurden auf diesen Leib; gar nicht unwesentlich ist das.
Sie haben ihn in ihre Sympathie aufgenommen, und die Frucht dieses
Hinunterblickens tritt heute auf, im fünften Zeitraum in der
Neigung, die heute die Seelen haben, großen Wert auf das äußere
physische Leben zu legen. Alles das, was wir heute das Hängen an
der Materie nennen, das kommt davon, daß die Seelen anschauen
konnten damals aus der geistigen Welt ihre eigene Verkörperung.
Dadurch hat der Mensch die physische Welt lieben gelernt, dadurch
wird heute so oft gesagt, daß nur wichtig ist dieser physische
Leib zwischen Geburt und Tod." {{Lit|{{G|106|19f}}}}
</div>
 
=== Materialismus ===
 
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"Denken Sie sich Ihre Seele zurückversetzt in den alten ägyptischen
Leib. Denken Sie Ihre Seele nach dem Tode zurückgeleitet durch den
Gang der Pyramide in höhere Sphären, aber Ihren Leib als Mumie
festgehalten. Das hatte eine okkulte Folge. Die Seele mußte immer
herunterschauen, wenn da unten der Mumienleib lag. Da wurden die
Gedanken verfestigt, verknöchert, verhärtet, da wurden die Gedanken
hereingebannt in die physische Welt. Weil aus den Regionen des Geistes
die alte ägyptische Seele nach dem Tode herunterschauen mußte
auf ihren konservierten physischen Leib, deshalb ist der Gedanke in
ihr eingewurzelt, daß dieser physische Leib eine höhere Realität ist, als
er es in Wirklichkeit ist. Denken Sie sich hinein in Ihre Seele von damals;
Sie schauten hinunter auf die Mumie. Der Gedanke an die physische
Form hat sich verhärtet, er hat sich herübergetragen durch die
Inkarnationen hindurch: heute erscheint dieser Gedanke so, daß die
Menschen sich nicht losreißen können von der physischen Körperform.
Der Materialismus als Gedanke ist vielfach eine aufgehende Frucht der
Einbalsamierung der Leichname." {{Lit|{{G|105|31f}}}}
</div>
 
=== Entwicklung des Persönlichkeitsgefühls ===
 
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"Was war denn aber geschehen, daß der Mensch so viel auf seine
Persönlichkeit gibt, wodurch fühlt er sich gar so sehr als Einzelpersönlichkeit,
und wodurch ist denn das vorbereitet worden, daß
der Mensch sich heute gegenüber der geistigen Welt so stark fühlt
in seinem Dasein, das eingeschlossen ist zwischen Geburt und Tod?
Präpariert worden ist das Wichtigste dazu in der dritten Kulturepoche,
wo man über den Tod hinaus in der Mumie die Form des
einen physischen Körpers erhalten wollte, in einem einbalsamierten
Körper die Form durchaus nicht zerrinnen lassen wollte. Da prägt
sich das Festhalten an der Einzelpersönlichkeit so ein, daß es heute
bei der Wiederverkörperung wieder herauskommt als das Persönlichkeitsgefühl.
 
Daß dieses Persönlichkeitsgefühl heute so stark ist,
ist eine Folge davon, daß man die Körper in der ägyptischen Zeit
mumifiziert hat. So hängt alles in der menschlichen Entwickelung
zusammen. Die Ägypter balsamierten die Körper der Verstorbenen
ein, damit die Menschen in der fünften Epoche ein möglichst großes
Persönlichkeitsbewußtsein haben sollten. Es gibt tiefe Mysterien
innerhalb der Menschheitsentwickelung!" {{Lit|{{G|103|149f}}}}
</div>
 
== Mumien und ägyptische Naturkunde ==
 
<div style="margin-left:20px">
"Die
Ägypter hielten darauf, in ihren Einatmungsrhythmus dasjenige hereinzubekommen,
was ihnen dadurch werden konnte, daß sie eben sich
den Behausungen gewisser geistiger Wesenheiten gegenüberstellten,
denen sie in den Mumien Gestalt zu geben in der Lage waren. Wir müssen
uns einmal ein möglichst sprechendes Bild machen von dem, was in
der Blütezeit der ägyptischen Einweihungskultur die Mumie bedeutete.
 
Die Mumie war der Mensch in seiner Form, in seiner Gestaltung,
nachdem das Geistig-Seelische von dieser Gestaltung, von dieser
Form weggenommen war. Während der Mensch lebt, ist das, was in
seinem ätherischen Organismus, in seinem astralischen Organismus,
in seiner Ich-Wesenheit tätig ist, wirksam in der Form. Die Form
wird durchleuchtet von dem, was aus dem Blute und der übrigen
Organisation heraus die Form als die Menschenfarbe durchdringt.
An der Mumie hatte man die bloße Form, die nur durch den Menschen
auf der Erde da sein kann, die nicht entstehen könnte, wenn der
Mensch nicht auf der Erde wäre. Ohne daß unmittelbar das Seelische
und Geistige dabei war, brauchte der ägyptische Eingeweihte diese
Form, um etwas haben zu können, was er, wenn er nicht zur Mumienkultur
geschritten wäre, nicht hätte haben können.
 
Wir müssen versuchen, uns von diesen Zeiten, die in ganz andern
Seelenverfassungen als den heutigen lebten, ein Bild zu machen, das
allerdings unserem heutigen Weltbilde sehr unähnlich ist. Wir müssen
uns klar darüber sein, daß alles, was bis zur ägyptischen Zeit der
Mensch innerlich an Ideen, an Gedanken hatte, was er innerlich im
Seelischen erlebte, ihm unmittelbar aus der geistigen Welt gegeben
war, daß er also in Offenbarungen der geistigen Welt lebte, auch wenn
er sich seinen Gedanken hingab. In der Zeit der urindischen und der
urpersischen Kultur hatte der Mensch eben nur solche, ihm vom
Geistigen aus geofTenbarte Gedanken. An der äußeren Welt, an Pflanzen,
Tieren, Mineralien machte sich der Mensch keine Gedanken. Er
hatte sein Seelenleben voll ausgefüllt mit den aus dem Geistigen
heraus kommenden Gedanken; die klärten ihn hinlänglich über die
Welt auf. Er lebte mit den Pflanzen, mit den Tieren, er gab ihnen auch
Namen. Aber auch diese Namen empfand er so, daß sie ihm von den
Göttern geoffenbart waren. Wenn in der urindischen, in der urpersischen
Kultur ein Mensch einer Blume einen Namen gab, so hatte das
für ihn die Bedeutung, daß ihm eine göttliche Stimme gesagt hatte,
so daß er es deutlich vernahm: so solle er zu der Blume sagen. Wenn
er einem Tiere den Namen gab, dann hatte er das Bewußtsein, in
seinem Innern zu hören: so solle er zu dem Tiere sagen. Alle Namen
für das, was er bezeichnete, kamen den Angehörigen der urindischen,
der urpersischen Zivilisation von innen heraus.
 
In der ägyptischen Zivilisation wurde es anders. Da kamen die
inneren Erlebnisse immer mehr in die Dämmerung, Der Mensch
konnte nicht mehr so deutlich überschauen, was sich ihm da aus der
geistigen Welt offenbarte. Daher fühlte er immer mehr die Notwendigkeit,
mit der äußeren Natur, mit dem Tier-, Pflanzen- und
Mineralreich zu leben; aber das konnte er auch noch nicht, denn die
Zeit war noch nicht gekommen. Diese Zeit kam eigentlich erst nach
dem Mysterium von Golgatha. Der Mensch war nicht so weit, daß
er mit der Außenwelt hätte leben können. Dadurch war er genötigt,
den Menschen zu mumifizieren. Denn aus dem, was jetzt in dem nicht
mehr beseelten Menschen wohnte, aus dem gerade konnte er Aufschlüsse
gewinnen über die ihn umgebende Natur, über Pflanzen,
Tiere, Mineralien. Die ersten Kenntnisse über Pflanzen, Tiere, Mineralien
sind dem Menschen dadurch geworden, daß jene Geistwesen
aus den Mumien zu ihnen sprachen, denen er auf der Erde durch die
Mumien Wohnsitze verschafft hatte. Man möchte sagen, in der Zeit,
als aus den übersinnlichen Welten die Götter immer mehr aufhörten
für die Menschen zu reden, nahm der Mensch seine Zuflucht zu den
Helfern, die nun auf der Erde dadurch leben konnten, daß der Mensch
die Menschenform konservierte durch die Mumien. Der Vorgang war
eigentlich ein ziemlich komplizierter. Für die Eingeweihten wäre es
wohl möglich gewesen, unmittelbar durch jene mondgeistigen Wesenheiten,
die in den Mumien wohnten, Aufschlüsse darüber zu bekommen,
was im Menschenleben vor sich gehen sollte, Direktionslinien
zum Lenken und Leiten und Erziehen der Menschen zu erhalten.
Aber nicht ohne weiteres wäre es auch für die Eingeweihten
möglich gewesen - denn dazu waren zunächst keine Fähigkeiten in
den menschlichen Seelen vorhanden -, durch die die Mumien bewohnenden
Wesen Aufschlüsse über die Natur zu bekommen, über
das Pflanzen-, Tier- und Mineralreich. Und dennoch, gerade darin
waren die Ägypter groß. Sie haben zum Beispiel schon eine wunderbare
Medizin gerade mit Hilfe der Mumienkultur begründet.
 
Natürlich, wenn ein heutiger gescheiter Mensch diese Dinge auslegt,
so sagt er: Die Ägypter haben die Mumien konserviert, dabei
haben sie die verschiedenen Organe kennengelernt, die sie konserviert
haben, und dadurch eine Anatomie begründet, nicht bloß eine Medizin.
- Aber das ist bloß eine Scheinansicht, das ist keine wahre
Ansicht. Die Wahrheit ist, daß in der damaligen Zeit durch solche
logische Erwägungen, durch solche reine Beobachtungsforschungen
den Ägyptern gar nicht gedient gewesen wäre; denn in dieser Weise
verkehrten sie überhaupt nicht mit der Außenwelt. Ihr Verkehr mit
der Außenwelt war ein viel feinerer. Aber eines ist dadurch bewirkt
worden, daß in einer so sorgfältigen Weise die Mumienform erhalten
wurde: die Seelen der Menschen, die gestorben waren, sind eine Zeitlang
an ihre Mumie gefesselt worden.
 
Das ist das Bedenkliche der ägyptischen Kultur, was uns immer darauf
hinweisen muß, daß diese ägyptische Kultur eigentlich doch eine
absteigende war, eine Dekadenzkultur, von der man nicht als von
einer Blütekultur innerhalb der Gesamtmenschheit sprechen darf,
denn sie griff auch in die übersinnlichen Schicksale der Menschen ein.
Sie fesselte in einer gewissen Weise die Menschenseelen nach dem
Tode an ihre konservierte Form, an die Mumie. Und während man
durch die die Mumie bewohnenden geistigen Wesenheiten über Direktionslinien
für die Menschheit Aufschluß gewann, konnte man über
die Natur, über das Tier-, Pflanzen- und Mineralreich, solche Aufschlüsse
nicht unmittelbar gewinnen, wohl aber mittelbar dadurch,
daß diese mondgeistigen Wesenheiten den Menschenseelen, die sich
noch bei den Mumien aufhielten, wiederum die Naturgeheimnisse
mitteilten. Und von diesen noch bei den Mumien verweilenden
Menschenseelen bekamen dann wiederum die Initiierten Ägyptens
Aufschlüsse über das Tier-, Pflanzen- und Mineralreich. So war also
innerhalb der ägyptischen Kultur eine merkwürdige Stimmung da.
Die ägyptischen Eingeweihten sagten sich: Unsere Menschenleiber
sind bis zum Tode nicht geeignet, Aufschlüsse über die Natur zu bekommen.
Eine Naturwissenschaft können wir nicht erringen, dazu
sind unsere Leiber noch nicht geeignet, das wird erst später, nach dem
Mysterium von Golgatha möglich sein. Aber wir müssen doch einen
Aufschluß gewinnen. So wie unsere jetzigen Leiber sind, so werden
die Menschen erst nach dem Tode geeignet sein, etwas über die Natur
zu wissen. Sie leben hier zwar in der Natur, aber sie können ihren
Leib noch nicht gebrauchen, um sich Begriffe über die Natur zu
machen. Erst nach dem Tode gehen ihnen diese Begriffe über die
Natur auf. Daher halten wir die Toten eine Weile fest, daß sie uns
Aufschlüsse über die Natur geben. - Es trat also im Grunde genommen
etwas recht Bedenkliches in die geschichtliche Entwickelung der
Menschheit gerade durch die ägyptische Kultur ein. Die chaldäische
hielt sich in dieser Zeit fern und ist, man möchte sagen, eine reinere
Kultur." {{Lit|{{G|216|71ff}}}}
</div>
 
<div style="margin-left:20px">
"Und so führten die Eingeweihten dieses ägyptischen
Zeitalters ihren Schülern die Mumie vor, lehrten sie auch, den menschlichen
Organismus zu mumifizieren, und lehrten sie durch diese Anschauung
das, was früher auf eine innerliche Weise durch das Verfolgen
des Atmungsprozesses gelernt worden war.
 
Aber ich habe Ihnen auch gesagt, wenn diese ägyptischen Schüler
der Eingeweihten auch nicht mehr die geistigen Vorgänge innerlich
verfolgen konnten - denn auf die kam es an - , die sich als Taten des
Gehirnes am menschlichen Organismus enthüllen, so kamen den alten
ägyptischen Eingeweihten, wenn sie mit ihren Schülern sprachen,
die geistigen Wesenheiten zu Hilfe, die mit dem Monde, mit der
Mondensphäre zusammenhängen. Und diese geistigen Wesenheiten,
die eben sonst obdachlos herumgeirrt wären auf Erden, die fanden ihr
Obdach, ihr Haus, ihre Wohnung in den Mumien. Die waren es dann,
welche man noch beobachten konnte, deren Sprache man sogar noch
verstand in diesem Zeitalter der ägyptischen Entwickelung und von
denen man die erste Naturwissenschaft lernte, indem man das, was der
Jogaschüler noch auf innere Weise durch den kultivierten Atmungsprozeß
wahrgenommen hat, so lehrte, daß man sagte: Sieh dir das
menschliche Haupt an! Es ist eigentüch in einem fortwährenden Vergehen.
- Das menschliche Haupt ist im Grunde genommen in einem
fortwährenden Sterben, und in jeder Nacht muß sich der menschliche
Organismus bemühen, gegen dieses Sterben des menschlichen Kopfes
zu arbeiten. Aber was er während dieses Sterbens zwischen Geburt
und Tod ausführt, das ist ein Neubeleben der übrigen Körperorgane,
so daß diese, indem sie ihre Kräfte - natürlich nicht ihre Materie,
sondern ihre Kräfte - durch die Zwischenzeit zwischen dem Tode und
einer neuen Geburt in die Zukunft hineinschicken, Haupt werden,
Kopf werden in der nächsten Erdenorganisation. Aber - so sagte der
Eingeweihte zu seinen Schülern - ihr müßt verstehen, was in den
Formen der Organe liegt. - Deshalb suchte man so sorgfältig die
Mumie zu bewahren, damit einem an den Formen der Organe der
Mumie die eben angeführten Mondengeister erzählen konnten, welches
die Geheimnisse dieser Organe sind, wie sie im Zusammenhange
stehen mit dem menschlichen Haupte, wie sie in sich die Keimkräfte
tragen, um selbst im nächsten Erdenleben Haupt zu werden. Diesen
Unterricht gab der ägyptische Eingeweihte seinen Schülern an der
Mumie.
 
So hatte man in einem bestimmten Zeitalter auf äußerliche Weise zu
lehren, was in den Blütezeiten der Jogaphilosophie und der Jogareligion
auf eine innerliche Weise gelehrt worden war. Das war der
ungeheure große Übergang, der stattfand von der urindischen und
urpersischen Kultur zur ägyptischen Kultur hinüber, daß das, was
früher auf innerliche Weise gelehrt worden war, nun auf äußerliche
Weise gelehrt wurde. Und so etwa schloß mit einer, ich möchte sagen,
grandiosen Pointe der ägyptische Eingeweihte diesen Unterricht, indem
er sagte: Und nun versetzt euch ganz in das, was ihr in der
Plastik der Mumie vor euch habt. Ihr habt in der Plastik der Mumie
ganz undeutlich vor euch, was im Leben des Menschen auf der Erde
in fortwährendem Vergehen ist: das Innere des menschlichen Hauptes.
Ihr habt aber mit einer großen Deutlichkeit vor euch, was im übrigen
Organismus in der Form ist. Nicht die Lebensprozesse, nicht die
Empfindungsprozesse, das alles könnt ihr nicht studieren an der
Mumie, aber ihr könnt studieren, was die plastische Form von Herz,
von Leber, von Niere, von Magen, von alledem ist, was der menschliche
Leib in seinem Inneren trägt. Und jetzt stellt euch vor: wenn ihr
während des Lebens den Atem zurückgezogen habt in eurem Kopfe
und ihn wiederum zurückstrahlt in den Organismus, so liegt in diesem
Atem die plastizierende Kraft, Mumie zu werden.
Der Atemstoß, der vom Kopfe nach dem Körper geht, will sich zur
Mumie formen (siehe Zeichnung S. 92). Und nur dadurch, daß der Körper
entgegenwirkt und wiederum die Ausatmung bewirkt, wird diese
Mumie zurückverwandelt. Was man da vom menschlichen Haupte
gegen den übrigen menschlichen Organismus zu sich bilden sieht,
indem der Atem vorstößt, diese schnell wie eine Mumie sich bildende
Gestalt, die sich aber sogleich wiederum auflöst, indem der Atem
ausgeatmet wird (weiß), das bleibt nur zurück in einem fast fortwährend,
namentlich während des Wachens, bleibenden Schein des
ätherischen Leibes (rot). Wenn man den ätherischen Leib betrachtet, bekommt man das Gefühl: vom Kopf aus will er sich fortwährend
zur Mumie formen und wiederum auflösen in eine Art von Ähnlichkeit
mit dem menschlichen physischen Organismus (blau). Das ist die
innere bewegliche Plastik, diese Tendenz des menschlichen ätherischen
Leibes, die Mumiengestalt anzunehmen und wiederum zurückzukehren,
so daß er wieder ähnlich wird dem menschlichen physischen
Organismus.
 
Diese Eigentümlichkeit des Menschen wurde zuerst gelehrt, wie
ich sagte, als die grandiose Pointe von all den einzelnen vielgestaltigen
Lehren, die der ägyptische Eingeweihte mit Hilfe übersinnlicher,
elementarischer Wesenheiten, die man als Mondengeister ansprechen
kann, seinen Schülern gab." {{Lit|{{G|216|90ff}}}}
</div>
 
== Anmerkungen ==


== Einzelnachweise ==
<references/>
<references/>


== Literatur ==
{{Navigationsleiste Unterweltsbücher}}
 
#Rudolf Steiner: ''Das Johannes-Evangelium'', [[GA 103]] (1995), ISBN 3-7274-1030-2 {{Vorträge|103}}
#Rudolf Steiner: ''Welt, Erde und Mensch '', [[GA 105]] (1983), ISBN 3-7274-1050-7 {{Vorträge|105}}
#Rudolf Steiner: ''Ägyptische Mythen und Mysterien'', [[GA 106]] (1992), ISBN 3-7274-1060-4 {{Vorträge|106}}
#Rudolf Steiner: ''Die Grundimpulse des weltgeschichtlichen Werdens der Menschheit'', [[GA 216]] (1988), ISBN 3-7274-2160-6 {{Vorträge|216}}
 
{{GA}}
 
== Weblinks ==


* [http://home.datacomm.ch/ezzat_boulos/mumien/ Die Kunst der Mumifizierung im Alten Ägypten]
{{SORTIERUNG:Gruftebuch}}
[[Kategorie:Ägypten]] [[Kategorie:Ägyptische Mythologie]]


[[Kategorie:Ägypten]]
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 22. Juni 2011, 07:15 Uhr

Das „Grüftebuch“ im Südraum des Osireions

Grüftebuch (auch „Spruch von den 12 Grüften“) ist die Bezeichnung des altägyptischen Totenbuchspruches 168 (BM 10010). Es teilt die Duat in zwölf Grüfte und weist enge Verbindungen zu den Königsgräbern auf. Die zugehörige Vignette[1] zeigt die bereits in den Pyramidentexten belegten drei Phasen des Sonnengottes Re. Der Spruch von den 12 Grüften ist vom Textcharakter als eigenständiges Jenseitsbuch anzusehen.

Alexandra von Lieven geht ebenfalls davon aus, dass der Totenbuchspruch auf Vorlagen des Alten Reichs beruht, da die ersten „7 Grüfte“ durchgängig fehlen. Bereits in der ältesten Bezeugung aus der Regierungszeit des Amenophis II. sind die „7 Grüfte“ als Text nicht vorhanden. Der entdeckte Papyrus des Totenbuchspruches 168 befand sich in einer hölzernen Königsfigur, die in einer der vier Seitenkammern als Grabbeigabe diente. Einzig im Osireion wurde der Versuch unternommen, die Grüfte schematisch zu rekonstruieren.

Die Jenseitsgöttin Ammit ist im Grüftebuch ikonografisch als stehende Göttin unter einem Baldachin zu sehen. Sie hält dabei eine Schlange als Zepter, das gleichzeitig als Vorderstange des Baldachins fungiert.

Literatur

  • Martina Minas-Nerpel: Der Gott Chepri: Untersuchungen zu Schriftzeugnissen und ikonographischen Quellen vom Alten Reich bis in griechisch-römische Zeit. Peeters, Leuven 2006, ISBN 9-0429-1824-1, S. 140–141.
  • Christian Leitz u.a.: LGG, Bd. 2. Peeters, Leuven 2002, ISBN 9-0429-1147-6, S. 115.
  • Christine Seeber: Totengericht In: Untersuchungen zur Darstellung des Totengerichts im Alten Ägypten. Deutscher Kunstverlag, München 1976, ISBN 3-4220-0828-4, S. 163–186.
  • Alexandra von Lieven: Grundriss des Laufes der Sterne – Das sogenannte Nutbuch. The Carsten Niebuhr Institute of Ancient Eastern Studies (u. a.), Kopenhagen 2007, ISBN 978-87-635-0406-5, S. 209.

Einzelnachweise

  1. Totenbuchspruch 168a.


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