Sternenschrift

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Die Sternenschrift oder Sternensprache, die sich äußerlich in den Konstellationen, in den Beziehungen der Planeten zueinander und zu den Zeichen des Tierkreises ausdrückt, spricht, wenn sie mit dem imaginativen Blick betrachtet wird, in mächtigen Inspirationen von den Geheimnissen der seelischen und geistigen Welt.

Hermes Trismegistos, der große Eingeweihte der altägyptischen Zeit hat diese Inspirationen zu Umgestaltung der physischen Welt fruchtbar gemacht. Mathematik und Geometrie sind so in ihren ersten Anfängen entstanden und auch die Schrift, die zunächst noch eine Bilderschrift war, ist der Sternenschrift abgelauscht. In der Buchstabenschrift entsprechen die Konsonanten den Tierkreiszeichen und die Vokale den Planeten.

Auch die Hebräer kannten die Geheimnisse der Sternenschrift. Darum heißt es auch, dass Abrahams Nachkommen geordnet - denn so muss es richtig heißen - sein sollten wie die Sterne am Himmel.

"Ich habe schon darauf aufmerksam gemacht, wie man in den Mysterien die Geheimnisse des Kosmos ausdrückt, indem man eine Sternensprache spricht und die Geheimnisse des Kosmos zum Ausdrucksmittel nimmt für das, was man sagen will. Es gab Zeiten, in denen die Mysterienlehrer das Auszudrückende in solche Worte, in solche Bilder kleideten, die hergenommen waren von der Konstellation der Sterne. Man sah gleichsam in den Wegen der Sterne, in den Lagen der Sterne zueinander die Bilder, durch die man ausdrücken wollte, was der Mensch geistig erlebt, wenn er sich zu dem Göttlich-Geistigen hinauferhebt.

Was hat man nun in der Mysterienweisheit gelesen in dieser Sternenschrift? Man hat darinnen gelesen die Geheimnisse der die Welt durchwebenden und durchlebenden Gottheit. Es waren die Ordnungen der Sterne der augenfällige Ausdruck der Gottheit. Man richtete den Blick in Weltenalle und sagte: Da kündet sich die Gottheit an! Und wie sie sich ankündet, das beschreiben uns die Ordnungen und Harmonien der Sterne. - So lebte sich für ein solches Anschauen der Weltengott aus in der Ordnung der Sterne.

Sollte sich auf eine besondere Art in der Mission des hebräischen Volkes dieser Weltengott ausleben, so mußte er sich in derselben Ordnung ausleben, die im Kosmos in den Sternenbahnen vorgezeichnet ist. Das heißt, es mußte sich durch das Blut der Generationen, in welchem ja das äußere Instrument der Jahve-Offenbarungen enthalten war, eine ähnliche Ordnung ausdrücken, wie sie sich ausdrückt in den Sternenbahnen. Mit anderen Worten: In der Nachkommenschaft des Abraham mußte etwas sein, was in der Generationenfolge, in der Blutsverwandtschaft, ein Spiegelbild dessen war, was Sternenschrift im Kosmos ist. Deshalb bekam Abraham die Verheißung: Deine Nachkommen sollen geordnet sein wie die Sterne am Himmel! - Das ist die richtige Auslegung des Satzes, der gewöhnlich heißt: «Deine Nachkommen sollen zahlreich sein wie die Sterne am Himmel», und womit nur die Vielzahl der Nachkommenschaft angedeutet wird (1 Mos 22,17 LUT). Aber nicht die Vielzahl ist gemeint, sondern gemeint ist, daß in der Nachkommenschaft eine solche Ordnung herrschen solle, wie sie am Himmel in der Sprache der Götter wahrgenommen wurde in der Gruppierung der Sterne. Da sah man hinauf in eine solche Ordnung, wie sie sich darstellt in der Ordnung des Tierkreises. Und in der Stellung der Wandelsterne, der Planeten zum Tierkreis drückten sich jene Konstellationen aus, in denen man die Sprache fand, um die Taten der Götter, wie sie weben durch das Weltall, auszudrücken. Dieses feste Band also, das im Zodiakus und in dem Verhältnis der Planeten zu den zwölf Tierkreiszeichen sich darstellt, mußte sich ausdrücken in der Blutsverwandtschaft in der Nachkommenschaft des Abraham." (Lit.: GA 123, S. 79f)

"Wenn nun der Ägypter in einer besonderen Schrift zum Ausdruck bringen wollte, auf seine Weise hinmalen wollte die Art, wie sich Isis zum Osiris verhält, so drückte er es aus durch das Wandeln von Sonne und Mond am Himmel, und die anderen geistigen Mächte durch die Verhältnisse der andern Sterne. Vor allem kam dabei in Betracht der Tierkreis mit seiner verhältnismäßigen Ruhe und was sich an Planeten bewegt über die Tierkreisbilder hin. In allem, was sich darin enthüllte, sah der alte Ägypter die Art, wie er am besten in einer geistigen Schrift zum Ausdruck bringen konnte, was seine Seele bewegte. Er wußte: Von dem, was auf der Erde ist, kann ich nichts nehmen, um auszudrücken, wozu der Mensch berufen ist, wenn er der Isis- Kraft zum Osiris folgt; das muß, wenn es beschrieben werden soll, aus der Konstellation der Sterne hergeholt werden. - Das führte dazu, daß der große Weise, der in grauer Vorzeit existierend gedacht werden muß, nach Anschauung der Ägypter vor allen Dingen den tiefsten hellseherischen Einblick hatte in dieses eben nur skizzenhaft dargestellte Verhältnis der Menschheit zum Universum, und daß er zum höchsten Ausdruck gebracht hat, was die Konstellation der Sterne war in bezug auf diese geistigen Kräfte und ihr Geschehen und die zwischen ihnen spielenden Tatsachen. In Sternensprache drückte er aus, was geschah. Sollte so zum Beispiel ausgedrückt werden, wie sich Osiris zu Isis verhält, so konnte man es in Form der Legende - exoterisch — dem Volke sagen. Für die, welche dann in die Einweihung geführt wurden, drückte man das genauere Verhältnis aus in dem Verhältnis des von der Sonne ausgehenden, vom Monde zurückgeworfenen und in merkwürdigen Verhältnissen vom Neumonde durch die Viertel zum Vollmonde gehenden Lichtes. Man erblickte darin mit Recht etwas, was ähnlich war dem Verhältnis der Isis-Kraft der menschlichen Seele zu Osiris. Und dann wurde von diesen Verhältnissen am Himmel und ihren Formen hergenommen, was man wirklich als die Urformen der Schrift ansehen kann. Denn so wenig, wie die Menschen dies in der Schrift noch erkennen, so sehr muß man sagen: In den Konsonanten hat man Nachbildungen der Tierkreiszeichen zu erblicken, des verhältnismäßig Ruhenden. Und in dem Verhältnis der Vokale zu den Konsonanten hat man Nachbildungen des Verhältnisses der Planeten und ihrer beweglichen Kräfte zum Tierkreis. Vom Himmel heruntergeholt, muß man sagen, sind die Schriftzeichen.

So empfanden die alten Ägypter gegenüber dem Hermes, dessen Lehrer wiederum waren die Kräfte, die vom Himmel herunter sprachen und das kündeten, was in den Menschenseelen sich auslebt. Ja, mehr noch: Was in den menschlichen Taten, selbst in aller Alltagstätigkeit des Lebens sich auslebt, was in Verrichtungen wie Feldmeßkunst sich auslebt, zu denen notwendig waren mathematische Wissenschaften, Geometrie - die dann Pythagoras von den Ägyptern gelernt hat -, das wurde zurückgeführt von den alten Ägyptern auf die Weisheit des Hermes, der sozusagen in allen irdisch-räumlichen Verhältnissen etwas wie Abbilder der himmlischen Verhältnisse gesehen hat und die himmlischen Verhältnisse in der Sternenschrift dargestellt hat. Die Sternenschrift hat Hermes heruntergetragen in die Mathematik und Geometrie, hat die Ägypter gelehrt, in den Sternen etwas zu finden, was auf der Erde vorgeht. Wir wissen, daß das ganze ägyptische Leben zusammenhing mit den Überschwemmungen des Nils, mit dem, was der Nil aus den Gebirgsgegenden absetzte, die südlich von Ägypten lagen. Wir können aber auch daraus ermessen, wie nötig es war, in einer gewissen Weise vorauszuwissen, wann diese Überschwemmungen des Nils eintreten können, wann die Umgestaltung der natürlichen Verhältnisse im Laufe eines Jahres sich richtig ergeben kann. Ihre Zeitrechnung nahmen die Ägypter auch noch von der Sternenschrift am Himmel. Wenn der Sirius, der Hundsstern, sichtbar wurde in dem Zeichen des Krebses, dann wußten sie: es kommt bald die Sonne in jenes Zeichen, von dem herabgehend ihre Strahlen sozusagen hervorzaubern, was auf dem Erdboden der Nil mit seinen Überschwemmungen bringt. So wußten sie: Sirius ist der Wachsame, er kündigt an, was wir zu erwarten haben. Das war ein Teil ihrer Sternen-Weltenuhr. Um in richtiger Weise das Land zu bebauen und zu beherrschen, was für das äußere Leben nötig war, blickte man dankbar hinauf zum Hundsstern. Und man blickte weher hinauf, wo in altersgrauen Zeiten die Lehre ihnen gegeben worden ist, daß die Bewegung der Sterne der Ausdruck ist der Weltenuhr.

Für solche und ähnliche Verhältnisse haben sich die Ägypter Rat geholt in der Sternenschrift. In Thoth oder Hermes sahen sie denjenigen Geist, der nach den alten Überlieferungen die urältesten Aufzeichnungen der Weltenweisheit gemacht hat, und der nach dem, was er als Inspiration aus der Sternenschrift heraus empfangen hat, die physischen Buchstaben gebildet hat, der den Menschen den Ackerbau gelehrt, die Geometrie, die Feldmeßkunst gegeben hat — kurz, alles das gelehrt hat, was die Menschen zum physischen Leben brauchen. Alles physische Leben aber ist nichts anderes als der Leib eines geistigen Lebens. Das geistige Leben aber hängt zusammen mit dem ganzen Weltall, und aus diesem heraus war Hermes inspiriert." (Lit.: GA 060, S. 366ff)

Auch die keltischen Druiden verstanden die Sternenschrift zu lesenund ähnlich war es auch im Mithras-Kult, wo man sehr gut den Zusammenhang zwischen den kosmischen Verhältnissen und dem menschlichen Organismus durchschaute.

"Der Druidenpriester gab aus dem, was er aus dem Weltenall ablas, an, was man an diesem oder jenem Tage des Jahres so zu machen habe, daß es in einem günstigen Zusammenhange im ganzen Weltenall drinnensteht. Das war ein Kultus, durch den tatsächlich das ganze Leben eine Art Gottesdienst war. Dagegen ist selbst die mystischste Mystik von heute eine Art Abstraktion, denn sie läßt sozusagen die äußere Natur walten, kümmert sich nicht weiter um sie, sondern schaltet und waltet da nach Traditionen, während sie sich innerlich erhebt, sich möglichst in sich abschließt und in sich konzentriert, um eine abstrakte Beziehung zu einem wolkenkuckucksheimmäßigen Göttlich-Geistigen zu bekommen. Das war allerdings anders in jenen alten Zeiten. Da verband man sich im Kultus, der aber eine reale Beziehung zum Weltenall hatte, mit dem, was die Götter in der Welt schufen und immerfort wirkten. Und als Mensch auf der Erde führte man das aus, was man aus solchen Einrichtungen, Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 223 Seite: 134 wie sie die Druiden hatten, als den Willen der Götter in der Sternenschrift ablas. Aber diese Sternenschrift mußte man erst lesen. Es ist etwas ungeheuer Ergreifendes, gerade dort an Ort und Stelle sich so ganz zurückversetzen zu können in das, was einmal in der Blütezeit der Druidenkultur so gewirkt hat, wie ich es jetzt geschildert habe. Und man findet in jenen Gegenden - auch noch in andern Gegenden bis nach Norwegen hinüber - überall solche Überreste der alten druidischen Kultur.

So findet man auch wieder in Mitteleuropa, in den Gegenden Deutschlands bis in die Rheingegend, auch bis nach Westfrankreich hinein überall Überreste, Erinnerungen an den alten Mithraskultus. Auch von ihnen will ich nur das Wesentlichste angeben. Sie finden überall als das äußere Symbolum des Mithraskultus den Stier, auf dem der Mensch reitet, der ein Schwert stößt in den Hals des Stieres. Sie finden einen Skorpion, der den Stier beißt, oder die Schlange unten. Sie finden aber überall, wenn die Bilder vollständig sind, dieses Stierbild mit dem Menschen umgeben von dem Sternenhimmel, namentlich mit den Tierkreiszeichen. Wiederum können wir uns fragen: Was drückt eigentlich dieses Bild aus? - Was dieses Bild ausdrückt, wird eine äußere, antiquierte Geschichte niemals erforschen, weil sie nicht die Beziehungen herstellen kann, durch die man darauf kommen kann, was eigentlich dieser Mensch auf dem Stiere bedeutet. Um darauf zu kommen, muß man erst wissen, was diejenigen, die bei diesem Mithraskult dienten, für eine Schulung durchgemacht haben [...]

Dafür wurde der Mithrasschüler erzogen, in sich selbst den Jahreslauf durch die Herzorganisation wahrzunehmen, durch die Herzwissenschaft, die ihm den Gang der durch die Verdauung metamorphosierten Speise im Organismus überlieferte und der Aufnahme des Verdauten in das Blut. Und in dem, was da wahrgenommen wurde, zeigte sich eigentlich am Menschen, in der Bewegung des inneren Menschen, der ganze Lauf der äußeren Natur.

Ach, was ist denn unsere abstrakte Wissenschaft, wenn wir noch so genau die Pflanzen und die Pflanzenzellen, die Tiere und die tierischen Gewebe beschreiben, was ist denn diese abstrakte Wissenschaft gegenüber dem, was einmal in einer mehr instinktiven Weise dadurch vorhanden war, daß sich der ganze Mensch zum Erkenntnisorgan machen konnte, daß er wie der Mithrasschüler sein Gefühls vermögen als Erkenntnisorgan ausbilden konnte. Der Mensch trägt die tierische Natur in sich, und er trägt sie wahrhaftig in einer intensiveren Weise in sich, als man gewöhnlich meint. Und das, was durch ihre Herzwissenschaft die einstigen Mithrasschüler wahrgenommen haben, ließ sich nicht anders darstellen als durch den Stier. Und die Gewalten, die durch den Stoffwechsel-Gliedmaßenmenschen wirken und nur gezähmt werden durch den oberen Menschen, diese Gewalten werden durch alles dasjenige angegeben, was da als Skorpion, als die Schlange figuriert um den Stier herum. Und der eigentliche Mensch in seiner Krüppelhaftigkeit sitzt oben mit der primitiven Macht, indem er mit dem Michael- Schwerte in den Hals des Stieres hineinstößt. Aber was da zu besiegen ist, wie es sich darstellt im Jahreslaufe, das wußte eben nur der, der in dieser Beziehung geschult war.

Und jetzt gewinnt dieses Symbolum erst an Bedeutung. Man kann es mit dem, was der Mensch heute gewöhnlich weiß, noch so viel anschauen oder malerisch darstellen wollen, es kommt nichts dabei heraus. Es kommt erst etwas dabei heraus, wenn man etwas von der Herzwissenschaft der alten Mithrasschüler weiß. Und dann studierte der Mensch aber wirklich, wenn er durch sein Herz sich selber ansah, den Geist des Jahresganges der Sonne durch den Tierkreis. Daher war ganz richtig - und die Erfahrungen macht man auf diese Weise, daß der Mensch als ein höheres Wesen auf seiner niederen Natur reitet - um den Menschen herum im Kreise angeordnet der Kosmos, denn das Geistige des Kosmos erfuhr man auf diese Weise." (Lit.: GA 223, S. 134ff)

Auch die durchschnittliche Lebensdauer des Menschen kann aus der Sternschrift abgelesen werden. Ihr liegt das kosmische Maß von 72 Jahren zugrunde, wobei 72 * 360 = 25920 etwa die Länge des Platonischen Weltenjahres ist. Wenn der Mensch 72 Jahre auf Erden gelebt hat, ist ein voller Tag des großen Weltenjahres abgelaufen; den beginnt der Kosmos den Menschen wieder zurückzurufen in die geistige Welt. Jeder Mensch hat seinen Stern, den Stern des Menschen. Von ihm steigt er zur Inkarnation herab und zu ihm kehrt er nach dem Tod wieder zurück, nachdem er die Planetensphären durchlaufen hat.

"Jeder Mensch hat seinen Stern, der bestimmend ist für das, was er sich erarbeitet zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, und er kommt aus der Richtung eines bestimmten Sternes her. — So daß wir schon in unser Gemüt die Vorstellung aufnehmen können: Wenn wir das gesamte Menschengeschlecht betrachten, das die Erde bewohnt, so finden wir, wenn wir hier auf der Erde Umschau halten und die Kontinente durchgehen, diese Kontinente bevölkert von den Menschen, die gegenwärtig inkarniert sind. Die anderen Menschen - wo finden wir sie im Weltenall? Wohin haben wir zu schauen im Weltenall, wenn wir den Seelenblick zu ihnen hinwenden wollen, nachdem sie dort eine bestimmte Zeit hindurch zugebracht haben nach dem Durchschreiten der Pforte des Todes? Wir schauen in die richtigen Richtungen, wenn wir hinschauen zum Sternenhimmel. Das sind die Seelen - wenigstens sind das die Richtungen, die uns die Seelen finden lassen -, die sich zwischen dem Tode und einer neuen Geburt befinden. Wir überschauen das ganze Menschengeschlecht, das die Erde bevölkert, wenn wir hinauf- und hinunterschauen.

Nur diejenigen, die eben auf dem Gange dahin oder auf dem Gange daher sind, finden wir in der planetarischen Region. Wir können aber nicht über die Mitternachtsstunde des Daseins sprechen zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, ohne an einen Stern zu denken, den dann gewissermaßen, aber mit Berücksichtigung dessen, was ich über Sternenwesen gesagt habe, der Mensch bewohnt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Wenn man mit einem solchen Wissen an den Kosmos herantritt, meine lieben Freunde: da draußen sind die Sterne, Weltenzeichen, aus denen uns entgegenschimmert und entgegengiänzt das Seelenleben derjenigen, die zwischen dem Tode und einer neuen Geburt sind - dann werden wir aufmerksam darauf, daß wir ja auch die Konstellation der Sterne daraufhin ansehen können, uns fragend: Wie hängt das alles, was wir in den Weltenweiten schauen, mit dem Menschenleben zusammen? - Wir lernen dann anders, gemütvoll hinaufschauen auf den silberglänzenden Mond, auf die blendende Sonne, auf die nächtlicherweile funkelnden Sterne; denn wir fühlen uns mit alledem auch menschlich vereint. Und das ist etwas, was durch Anthroposophie für Menschenseelen errungen werden soll: daß sich diese Menschenseelen mit dem ganzen Kosmos auch menschlich vereint fühlen. Aber dann auch gehen uns erst gewisse Geheimnisse des Weltendaseins auf.

Meine lieben Freunde, die Sonne geht auf und unter, die Sterne gehen auf und unter. Wir können verfolgen, wie die Sonne, sagen wir, untergeht in der Gegend, wo bestimmte Sterngruppen sind. Wir können jenen scheinbaren, wie man heute sagt, Gang, den die Sterne machen bei ihrem Umkreise um die Erde, verfolgen; wir können den Gang der Sonne verfolgen. Wir sagen heute, im Laufe von vierundzwanzig Stunden sei es so, daß die Sonne die Erde umkreist - scheinbar natürlich alles -, daß die Sterne die Erde umkreisen. So sagen wir, aber das ist ja nicht ganz richtig gesprochen. Wenn wir immer wieder und wiederum aufmerksam Sternengang und Sonnengang beobachten, so kommen wir dahinter, daß die Sonne im Verhältnis zu den Sternen nicht immer zur selben Zeit aufgeht, sondern immer ein klein wenig später; jeden Tag ein klein wenig später kommt sie an den Ort, an dem sie am vorhergehenden Tag im Verhältnis zu den Sternen gewesen ist. Und dann summieren sich diese Zeitstrecken, um die die Sonne immer zurückbleibt hinter dem Sternengang, summieren sich, werden eine Stunde, werden zwei Stunden, werden drei Stunden und werden schließlich ein Tag. Und der Zeitpunkt rückt heran, wo wir sagen können: die Sonne ist hinter dem Stern um einen Tag zurückgeblieben. Und nun nehmen wir an, irgend jemand sei meinetwillen am ersten März irgendeines Jahres geboren, habe gelebt bis zum Ablauf des zweiundsiebzigsten Lebensjahres. Er feiert seinen Geburtstag immer am ersten März, weil die Sonne sagt, am ersten März sei dieser Geburtstag. Er kann ihn auch so feiern, denn die Sonne erglänzt durch die zweiundsiebzig Jahre hindurch, wenn sie auch weiterrückt im Verhältnis zu den Sternen, doch immer in der Nachbarschaft jenes Sternes, der geleuchtet hat, als der Mensch auf der Erde angekommen ist.

Wenn der Mensch aber zweiundsiebzig Jahre gelebt hat, dann ist ein voller Tag abgelaufen, und er kommt in seinem Lebensalter an einer Stelle an, wo die Sonne den Stern verlassen hat, in den sie gerade eingetreten ist, als er sein Leben angetreten hat. Und er kommt bei seinem Geburtstag über den ersten März hinaus: der Stern sagt nicht mehr dasselbe, was die Sonne sagt. Die Sterne sagen, es sei der zweite März, die Sonne sagt, es sei der erste März: der Mensch hat einen Weltentag verloren, denn es sind gerade zweiundsiebzig Jahre, daß die Sonne um einen Tag hinter dem Stern zurückbleibt.

Und während dieser Zeit, während sich die Sonne im Bereiche seines Sternes aufhalten kann, kann der Mensch auf der Erde leben. Dann, unter normalen Verhältnissen, wenn die Sonne nicht mehr seinen Stern beruhigt über sein irdisches Dasein, wenn die Sonne nicht mehr zu seinem Stern sagt: der ist unten, und ich gebe dir das, was dir dieser Mensch zu geben hat, von mir aus, während ich nun vorläufig, dich zudeckend, mit ihm dasjenige mache, was du sonst mit ihm machtest zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, wenn die Sonne das nicht mehr zum Stern sagen kann, fordert der Stern den Menschen wiederum zurück.

Und da haben Sie die Vorgänge am Himmel als unmittelbar zusammenhängend mit dem menschlichen Dasein auf der Erde: Wir sehen in den Geheimnissen des Himmels das Lebensalter des Menschen ausgesprochen. Der Mensch kann zweiundsiebzig Jahre leben, weil die Sonne in dieser Zeit um einen Tag zurückbleibt. Dann kann sie also einen Stern, den sie vorher beruhigt hat, indem sie sich vor ihn gestellt hat, nicht mehr beruhigen, so daß der wieder frei geworden ist für die geistig-seelische Arbeit des Menschen im Kosmos." (Lit.: GA 237, S. 46ff)

In besonders eindringlicher Weise spricht das Markus-Evangelium von dem Zusammenhang der Sternenschrift mit dem Erdenleben des Christus:

"Im Markus-Evangelium haben wir die wunderbare Harmonie zwischen dem, was einmal auf unserer Erde geschehen sollte durch die Taten des Christus Jesus und durch das Mysterium von Golgatha und dem großen Kosmos draußen. Und nur wenn wir die Sternenschrift entziffern können, können wir das Markus-Evangelium verstehen. Dazu müssen wir eindringen in die Sprachgeheimnisse des Himmels. Und wenn es im Markus-Evangelium heißt: Die Sonne ist untergegangen, - so will das nicht nur sagen, die Sonne scheint eben nicht mehr, sondern es soll dadurch ausgedrückt werden die Tatsache: Alle die Geistwesen der Sonnenhierarchie haben sich in eine Welt stärkeren Geistes begeben, weil sie durchwirken müssen durch die Erde, durch die physische Substanz hindurch. All das Große, was darin ausgedrückt werden sollte, fühlte man nach, wenn man sagte: Es geschah etwas durch den Christus Jesus, wenn die Sonne untergegangen war oder beim Untergang der Sonne. Eine ganze Welt lag in solchen Worten darin." (Lit.: GA 124, S. 240f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins, GA 60 (1983), ISBN 3-7274-0600-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Das Matthäus-Evangelium, GA 123 (1988), ISBN 3-7274-1230-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums, GA 124 (1995), ISBN 3-7274-1240-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Der Jahreskreislauf als Atmungsvorgang der Erde und die vier großen Festeszeiten, GA 223 (1990), ISBN 3-7274-2231-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge. Dritter Band, GA 237 (1991), ISBN 3-7274-2370-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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