Sportmedizin und Humangeographie: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Sportmedizin''' umfasst theoretische und praktische Medizin. Sie untersucht den Einfluss von Bewegung, Training und Sport sowie Bewegungsmangel auf den gesunden und kranken Menschen jeder Altersstufe, um die Befunde der [[Krankheitsprävention|Prävention]], [[Therapie]] und [[Medizinische Rehabilitation|Rehabilitation]] den Sporttreibenden dienlich zu machen. Sie kann dabei auf Theorien zurückgreifen, die bis zur Antike zurückreichen.<ref>Arnd Krüger: Geschichte der Bewegungstherapie, in: ''Präventivmedizin''. Heidelberg: Springer Loseblatt Sammlung 1999, 07.06, 1 – 22.</ref>
Die '''Humangeographie''', auch '''Anthropogeographie''' ({{ELSalt|ἄνθρωπος}} ''anthropo-'' „Mensch“) oder '''Kulturgeographie''' ist neben der [[Physische Geographie|physischen Geographie]] der zweite große Teilbereich der Allgemeinen [[Geographie]] und beschäftigt sich mit dem Verhältnis von [[Raumordnung|Raum]] und [[Mensch]] − oder genauer − mit der räumlichen Organisation menschlichen Handelns.


Diese Beschreibung von [[Wildor Hollmann]] (1958) wurde 1977 als offizielle Definition vom [[Weltverband für Sportmedizin]] (FIMS) übernommen und lautet in der englischen Fassung: "Sports medicine embodies theoretical and practical medicine which examines the influence of exercise, training and sports, as well the lack of exercise, on healthy and unhealthy people of all ages to produce results that are conclusive to prevention, therapy and rehabilitation as well as beneficial for the athlete himself"<ref>Hollmann, W.; Tittel, K.: ''Geschichte der deutschen Sportmedizin'', Druckhaus Gera 2008, S. 7</ref>.
Alle Tätigkeiten des Menschen, die den Raum verändern (z.&nbsp;B. Siedeln, Wirtschaften) oder durch räumliche Bedingungen beeinflusst werden (z.&nbsp;B. [[Räumliche Mobilität|Mobilität]]) und sich in direkt oder indirekt zu beobachtenden Strukturen und Prozessen niederschlagen, sind Gegenstand von Teildisziplinen der Humangeographie. Sie erfasst die raumbezogenen Aspekte von Kulturen, Wirtschaft und Gesellschaft in ihrer Vielfalt und ihrem Wandel und untersucht die Beziehungen, Abhängigkeiten und Unterschiede zwischen Regionen und Orten auf dem Hintergrund der Wechselbeziehungen zwischen natürlicher Umwelt, kultureller Gestaltung und individuellem Handeln.


__TOC__
Als Begründer der Humangeographie (Anthropogeographie) gelten [[Alexander von Humboldt]], der die wechselseitigen Beziehungen ([[Kausalität]]) zwischen Mensch und Natur erkannte, sowie [[Friedrich Ratzel]] mit seinem Werk „Anthropogeographie“. Die moderne Humangeographie gewinnt eine neue Bedeutung auf dem Hintergrund einer zunehmend [[Globalisierung|globalisierten]] Wirtschaft und den globalen und regionalen Folgen dieser Entwicklung.


== Charakteristik ==
Typische Fachgebiete sind etwa [[Siedlungsgeographie|Siedlungs]]-, [[Wirtschaftsgeographie|Wirtschafts]]- und [[Sozialgeographie]].
Im Gegensatz zu den meisten medizinischen Fachgebieten ist Sportmedizin nicht diagnose- oder organbezogen, sondern untersucht die Bedeutung der körperlichen Aktivität für Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Zentrales Anliegen ist dabei die Erforschung der Wirkungen körperlicher Aktivität bzw. des Bewegungsmangels auf den Organismus.


Allgemein ausgedrückt: Sportmedizin befasst sich mit den medizinischen Fragen von Bewegung und Sport.
== Bezeichnung ==
Die gleichberechtigten Begriffe Anthropogeographie und Humangeographie werden synonym verwendet. Im Zuge der Internationalisierung wird jedoch zunehmend stärker der Begriff Humangeographie, der beispielsweise im [[angloamerikanisch]]en (''human geography'') und [[Romanische Sprachen|romanischen]] Sprachraum (z.&nbsp;B. ''Geografía humana'', ''Géographie humaine'') etabliert ist.


== Qualifikationen ==
== Klassische Teilgebiete ==
In Deutschland wird „Sportmedizin“ im Rahmen einer fachübergreifenden [[Ärztliche Weiterbildung|ärztlichen Zusatz-Weiterbildung]] vermittelt ([[Zusatzbezeichnung Sportmedizin]]).<ref name=blaekq1>Weiterbildungsordnung der Bayerischen Landesärztekammer [http://www.blaek.de/weiterbildung/wbo_2004/download/WBO/C/sport.pdf pdf]</ref> Vor der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten gab es in der [[DDR]] das Fachgebiet Sportmedizin mit den Qualifikationen ''Staatliche Anerkennung als Sportarzt'' (nach Absolvierung entsprechender Lehrgänge) und ''Facharzt für Sportmedizin'' (mit vierjähriger Weiterbildungszeit und Prüfung), was aber nicht als [[Facharzt|Gebietsweiterbildung]] fortgeführt wurde.<ref>http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20000309_1bvr166297.html.</ref>
* [[Bevölkerungsgeographie]]
* [[Historische Geographie]]
* [[Politische Geographie]]
* [[Siedlungsgeographie]]
** [[Stadtgeographie]]
** Geographie des [[Ländlicher Raum|ländlichen Raumes]]
* [[Sozialgeographie]]
* [[Wirtschaftsgeographie]]
** Geographie des [[Primärer Sektor|primären Sektors]] (z.&nbsp;B. [[Agrargeographie]])
** Geographie des [[Sekundärer Sektor|sekundären Sektors]] (z.&nbsp;B. [[Industriegeographie]])
** Geographie des [[Tertiärer Sektor|tertiären Sektors]] (z.&nbsp;B. [[Handelsgeographie]], [[Tourismusgeographie]])
* [[Verkehrsgeographie]]


Entsprechende Qualifizierungen gab es bereits vorher in der [[Sowjetunion|UdSSR]] (Universität [[Tartu|Tallinn]]) sowie in der [[Tschechoslowakei|ČSSR]] ([[Prag]] und [[Bratislava]]). Ähnliche Regelungen wurden in [[Italien]] und [[Norwegen]] getroffen.
== Weitere Teilgebiete ==
Gegenwärtig führen 18 europäische Länder einen Facharzt für Sportmedizin (''specialisation''), seine Einführung ist in weiteren Ländern vorgesehen. Die Facharztausbildung dauert zwischen 2 und 5 Jahre. Sportmedizinische Kurse oder Fortbildungsmöglichkeiten (''subspecialisation'') werden in nahezu allen europäischen Ländern angeboten.<ref>H. H. Dickhuth: Sportmedizin in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt. 2005: 48: 848-853</ref>
* [[Bildungsgeographie]]
* [[Geographische Entwicklungsforschung]]
* [[Kulturgeographie]] (Neue Kulturgeographie)
* [[Raumforschung]], Raumordnung, Raumplanung
* [[Religionsgeographie]]
* [[Wahrnehmungsgeographie]]
* [[Zeitgeographie]]


== Sportspezifische Krankheitsbilder ==
Uneinigkeit herrscht darüber, ob die Sozialgeographie eine eigenständige Teildisziplin, oder eine [[synthetisch]]-[[integrativ]]e Sichtweise der gesamten Humangeographie darstellt. Das [[Pendant]] der physischen Geographie würde demnach die geographische [[Landschaftsökologie]] darstellen.
Typische Sportlererkrankungen und -verletzungen sind der [[Tennisarm]], der [[Epicondylitis|Tennisellenbogen]], das ''[[Läuferknie|Läufer-, Jumper- bzw. Fußballerknie]]'', der [[Skidaumen]], die [[Boxernase]], das [[Ringerohr]] sowie [[Ermüdungsfraktur]]en.


Der [[Plötzlicher Herztod bei Sportlern|plötzliche Herztod bei Sportausübung]] wird häufig als durch Sportlererkrankung verursacht wahrgenommen. Die sportliche Belastung löst jedoch den Herztod, der aus einer Herzerkrankung bzw. Vorschädigung resultiert, lediglich aus.
== Humangeographische Forschungsparadigmen ==
{{Staatslastig|DE}}
In der Geschichte der Humangeographie lassen sich mehrere [[Paradigma|Paradigmen]] ausmachen, die zum Teil nebeneinander existierten.


Weitere Erkrankungen, deren Bezeichnung häufig aus der [[Englische Sprache|englischen Sprache]] stammen, sind: ''athlete’s foot'', ''athlete’s nodules'', athletische Triade, ''exercise induced anaphylaxis'', "bikini bottom", ''jogger’s kidney'' (''Pseudonephritis athletica''), ''jogger’s nipples'', Läuferanämie, Marsch-Hämoglobinurie, ''mogul skier’s palm'', ''runner’s rump'', ''swimmer’s ear'', ''Tinea corporis'' (''gladiatorum'') und ''turf toe''.
=== Propädeutisches Paradigma ===
Das Paradigma bis ca. 1900 lässt sich als propädeutische Anthropogeographie (Propädeutik = Vorwissenschaft) bezeichnen. Im Zuge der Entdeckung der Welt und europäischer Forschungsreisen ([[Alexander von Humboldt]]) war es die Aufgabe der Geographie, räumliche Erscheinungen und Strukturen zu erfassen und zu kartieren. Im 19. Jahrhundert begann die Etablierung der Geographie als Wissenschaft. Lehrstühle und Geographische Gesellschaften wurden gegründet.


== Literatur ==
=== Natur- oder geodeterministisches Paradigma ===
* H.-H. Dickhuth / F. Mayer/ K. Röcker/ A. Berg (Hrsg.), ''Sportmedizin für Ärzte''. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-7691-0472-1. (Lehrbuch auf der Grundlage des Weiterbildungssystems der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention).
Nach der Etablierung der Geographie als Wissenschaft genügte es natürlich nicht nur Erscheinungen zu erfassen. Zunehmend wurde versucht, Strukturen zu erklären. Anthropogeographische Themen wie Bevölkerungsentwicklung, Siedlungssysteme oder wirtschaftlicher Entwicklungsstand wurden dabei überwiegend als Ergebnis natürlicher Bedingungen begründet. Dieser als Natur- oder Geodeterminismus bezeichnete Ansatz gründete auf dem Wissen aus der [[Physische Geographie|physischen Geographie]] über die Geofaktoren Klima, Wasser, Boden, Relief, geologischer Bau sowie Vegetation, so wurde beispielsweise der niedrige wirtschaftliche Entwicklungsstand tropischer Länder klimatisch begründet. So meinte [[Wladimir Peter Köppen]] 1931, dass die tropischen Völker faul seien, da die Temperaturen zu hoch sind, um den ganzen Tag zu arbeiten. Die geodeterministische Anthropogeographie führte zu dramatischen Auswüchsen, welche die wissenschaftliche Grundlage für die [[Blut-und-Boden-Ideologie]] der Nationalsozialisten bildeten. Trotz zunehmender Kritik nach dem Zweiten Weltkrieg existierte das geodeterministische Paradigma bis 1969.
* H. Deimel / G. Huber / K. Pfeifer / K. Schüle (Hrsg.), ''Neue aktive Wege in Prävention und Rehabilitation''. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-7691-0540-7. (Neue Facetten der Bewegungs- und Sporttherapie).
 
* ''Sport and Exercise Science: Essays in the History of Sports Medicine'' (Sport and Society), hrsg. von Jack W. Berryman und Roberta J. Park, University of Illinois Press, 2000.
=== Raumwissenschaftliches Paradigma ===
* Hollmann, W.; Tittel, K.: ''Geschichte der deutschen Sportmedizin'', Druckhaus Gera 2008, ISBN 978-3-9811758-2-0.
Ab ca. 1945 etablierte sich als Gegenpol zum Geodeterminismus ein neues Paradigma, das sich als raumwissenschaftliche Anthropogeographie bezeichnen lässt. Kernidee dieses Ansatzes war die Erklärung räumlicher Strukturen durch mathematische Gesetze. Als Vorreiter dieses Paradigmas kann [[Walter Christaller]] gelten, der mit seinem [[System der zentralen Orte]] 1933 die Verteilung, Größe und Anzahl verschiedener Siedlungen mittels mathematischer Beziehungen erklärte. Das raumwissenschaftliche Paradigma etablierte sich 1969, als auf dem Deutschen Geographentag in Kiel die Abkehr vom Geodeterminismus gefordert und im Wesentlichen auch erreicht wurde.
* Joseph Keul, Daniel König, Hermann Scharnag: ''Geschichte der Sportmedizin : Freiburg und die Entwicklung in Deutschland'', Heidelberg 1999 : Karl F. Haug Fachbuchverlag, ISBN 3-8304-2027-7.
 
* Angelika Uhlmann: ''"Der Sport ist der praktische Arzt am Krankenlager des deutschen Volkes" Wolfgang Kohlrausch (1888-1980) und die Geschichte der deutschen Sportmedizin'', Frankfurt am Main 2005: Mabuse Verlag, ISBN 3-938304-13-8.
=== Handlungszentriertes Paradigma ===
* Marco Prümmer, Yvonne Schütze: ''Neue Wege der Sportmedizin - Mehr Leistung''. PRINZ-DRUCK Print Media GmbH & Co KG, ISBN 978-3-00-033152-7.
Das neueste Paradigma, das neben der raumwissenschaftlichen Geographie entwickelt wird, ist das der handlungszentrierten Humangeographie. Als bedeutender Theoretiker dieses Paradigmas im deutschsprachigen Raum gilt der Jenaer Professor [[Benno Werlen]]. Nach ihm soll die Humangeographie nicht mehr untersuchen, wie der Raum menschliche Tätigkeiten bestimmt, sondern wie menschliche Handlungen den Raum gestalten. Werlen (2004) bezeichnet dies als „Geographie-Machen“. Wenn Wissenschaftler beispielsweise über die „Geographie Norddeutschlands“ schreiben, dann müssen sie diese Region erst von anderen abgrenzen, also eine Regionalisierung vornehmen. Regionalisierungen werden also von Menschen durchgeführt. Regionen sind damit nicht naturgegeben, sondern gemacht. Aber auch Nicht-Wissenschaftler machen in ihrem Alltag Geographie. Durch den Kauf bestimmter Produkte werden in einer globalisierten Welt Betriebe in anderen Ländern gefördert. Damit bestimmt jeder Mensch in seinem Alltag wirtschaftliche und soziale Strukturen in anderen Regionen. Räumliche Muster sind also nicht geodeterminiert, sondern werden durch menschliches Handeln definiert.
* Wildor Hollmann, Heiko K. Strüder: ''Sportmedizin: Grundlagen für körperliche Aktivität, Training und Präventivmedizin''. Schattauer Verlag, 5. Auflage (2009), ISBN 978-3794525461
 
* Jarmo Ahonen, Tiina Lahtinen, Marita Sandström, Giuliano Pogliani: ''Sportmedizin und Trainingslehre''. Schattauer Verlag, 3. Auflage als Sonderausgabe der 2. Auflage von 2003 (2008), ISBN 978-3-7945-2643-7
Viele anthropogeographische Entdeckungen und Theorien lassen sich einem dieser vier Paradigmen zuordnen, die mit der Fachgeschichte der Geographie korrelieren.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Sportmedizin}}
* {{WikipediaDE|Humangeographie}}
* {{WikipediaDE|Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (Deutscher Sportärztebund)}}
* {{WikipediaDE|Psychogeographie}}
* {{WikipediaDE|Fédération Internationale de Médecine du Sport|Fédération Internationale de Médecine du Sport (FIMS)}}
* {{WikipediaDE|Gesellschaft für Sportmedizin der DDR}}
* {{WikipediaDE|Sportmedizinischer Dienst der DDR}}
* {{WikipediaDE|Sportmedizinisches Institut der Bundeswehr}}
* {{WikipediaDE|Sporttraumatologie}}
* {{WikipediaDE|Sporthygiene}}
* {{WikipediaDE|Sportkardiologie}}


== Weblinks ==
== Literatur ==
{{Portal|Sportwissenschaften}}
* International Encyclopedia of Human Geography, 2009
* Hans Gebhardt, Rüdiger Glaser u. a. (Hrsg.): ''Geographie – Physische- und Humangeographie''. Spectrumverlag Elsevir, München 2007, ISBN 978-3-8274-1543-1.
* Winfried Schenk, Konrad Schliephake (Hrsg.): ''Allgemeine Anthropogeographie.'' Gotha 2005, ISBN 3-623-00853-2.
* Paul Knox, Sally Marston: ''Humangeographie.'' Spektrum Akademischer Verlag, 2001, ISBN 3-8274-1109-2.
* R. J. Johnston, Derek Gregory, Geraldine Pratt (Hrsg.): ''The Dictionary of Human Geography.'' 4. Auflage. Blackwell Publishers, 2000, ISBN 0-631-20561-6.
* Benno Werlen: ''Sozialgeographie. Eine Einführung.'' (= ''UTB.'' 1911). Bern 2008, ISBN 978-3-8252-1911-6.
* Otto Maull: ''Anthropogeographie.'' Leipzig 1932, {{DNB|366593897}}.


* [http://www.dgsp.de/ Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (Deutscher Sportärztebund) e.V. (DGSP)]
; Im Text zitierte Literatur<!-- ? Web 2.0: Text kann sich ändern! -->
* [http://www.zeitschrift-sportmedizin.de/ Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin - online]
* Wladimir Köppen: ''Grundriss der Klimakunde.'' de Gruyter, Berlin 1931.
* Benno Werlen: ''Sozialgeographie. Eine Einführung.'' (= ''UTB.'' 1911). Haupt, Bern 2004.


== Einzelnachweise ==
== Weblinks ==
<references />
*{{DNB-Portal|4133695-1|TEXT=Literatur zur|NAME=Anthropogeographie}}


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{{Normdaten|TYP=s|GND=4133695-1|REMARK=Ansetzungsform GND „Anthropogeographie“.}}


[[Kategorie:Sportmedizin|!]]
[[Kategorie:Geographie]]
[[Kategorie:Humanwissenschaften]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 24. Februar 2018, 01:30 Uhr

Die Humangeographie, auch Anthropogeographie (griech. ἄνθρωπος anthropo- „Mensch“) oder Kulturgeographie ist neben der physischen Geographie der zweite große Teilbereich der Allgemeinen Geographie und beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Raum und Mensch − oder genauer − mit der räumlichen Organisation menschlichen Handelns.

Alle Tätigkeiten des Menschen, die den Raum verändern (z. B. Siedeln, Wirtschaften) oder durch räumliche Bedingungen beeinflusst werden (z. B. Mobilität) und sich in direkt oder indirekt zu beobachtenden Strukturen und Prozessen niederschlagen, sind Gegenstand von Teildisziplinen der Humangeographie. Sie erfasst die raumbezogenen Aspekte von Kulturen, Wirtschaft und Gesellschaft in ihrer Vielfalt und ihrem Wandel und untersucht die Beziehungen, Abhängigkeiten und Unterschiede zwischen Regionen und Orten auf dem Hintergrund der Wechselbeziehungen zwischen natürlicher Umwelt, kultureller Gestaltung und individuellem Handeln.

Als Begründer der Humangeographie (Anthropogeographie) gelten Alexander von Humboldt, der die wechselseitigen Beziehungen (Kausalität) zwischen Mensch und Natur erkannte, sowie Friedrich Ratzel mit seinem Werk „Anthropogeographie“. Die moderne Humangeographie gewinnt eine neue Bedeutung auf dem Hintergrund einer zunehmend globalisierten Wirtschaft und den globalen und regionalen Folgen dieser Entwicklung.

Typische Fachgebiete sind etwa Siedlungs-, Wirtschafts- und Sozialgeographie.

Bezeichnung

Die gleichberechtigten Begriffe Anthropogeographie und Humangeographie werden synonym verwendet. Im Zuge der Internationalisierung wird jedoch zunehmend stärker der Begriff Humangeographie, der beispielsweise im angloamerikanischen (human geography) und romanischen Sprachraum (z. B. Geografía humana, Géographie humaine) etabliert ist.

Klassische Teilgebiete

Weitere Teilgebiete

Uneinigkeit herrscht darüber, ob die Sozialgeographie eine eigenständige Teildisziplin, oder eine synthetisch-integrative Sichtweise der gesamten Humangeographie darstellt. Das Pendant der physischen Geographie würde demnach die geographische Landschaftsökologie darstellen.

Humangeographische Forschungsparadigmen

Vorlage:Staatslastig In der Geschichte der Humangeographie lassen sich mehrere Paradigmen ausmachen, die zum Teil nebeneinander existierten.

Propädeutisches Paradigma

Das Paradigma bis ca. 1900 lässt sich als propädeutische Anthropogeographie (Propädeutik = Vorwissenschaft) bezeichnen. Im Zuge der Entdeckung der Welt und europäischer Forschungsreisen (Alexander von Humboldt) war es die Aufgabe der Geographie, räumliche Erscheinungen und Strukturen zu erfassen und zu kartieren. Im 19. Jahrhundert begann die Etablierung der Geographie als Wissenschaft. Lehrstühle und Geographische Gesellschaften wurden gegründet.

Natur- oder geodeterministisches Paradigma

Nach der Etablierung der Geographie als Wissenschaft genügte es natürlich nicht nur Erscheinungen zu erfassen. Zunehmend wurde versucht, Strukturen zu erklären. Anthropogeographische Themen wie Bevölkerungsentwicklung, Siedlungssysteme oder wirtschaftlicher Entwicklungsstand wurden dabei überwiegend als Ergebnis natürlicher Bedingungen begründet. Dieser als Natur- oder Geodeterminismus bezeichnete Ansatz gründete auf dem Wissen aus der physischen Geographie über die Geofaktoren Klima, Wasser, Boden, Relief, geologischer Bau sowie Vegetation, so wurde beispielsweise der niedrige wirtschaftliche Entwicklungsstand tropischer Länder klimatisch begründet. So meinte Wladimir Peter Köppen 1931, dass die tropischen Völker faul seien, da die Temperaturen zu hoch sind, um den ganzen Tag zu arbeiten. Die geodeterministische Anthropogeographie führte zu dramatischen Auswüchsen, welche die wissenschaftliche Grundlage für die Blut-und-Boden-Ideologie der Nationalsozialisten bildeten. Trotz zunehmender Kritik nach dem Zweiten Weltkrieg existierte das geodeterministische Paradigma bis 1969.

Raumwissenschaftliches Paradigma

Ab ca. 1945 etablierte sich als Gegenpol zum Geodeterminismus ein neues Paradigma, das sich als raumwissenschaftliche Anthropogeographie bezeichnen lässt. Kernidee dieses Ansatzes war die Erklärung räumlicher Strukturen durch mathematische Gesetze. Als Vorreiter dieses Paradigmas kann Walter Christaller gelten, der mit seinem System der zentralen Orte 1933 die Verteilung, Größe und Anzahl verschiedener Siedlungen mittels mathematischer Beziehungen erklärte. Das raumwissenschaftliche Paradigma etablierte sich 1969, als auf dem Deutschen Geographentag in Kiel die Abkehr vom Geodeterminismus gefordert und im Wesentlichen auch erreicht wurde.

Handlungszentriertes Paradigma

Das neueste Paradigma, das neben der raumwissenschaftlichen Geographie entwickelt wird, ist das der handlungszentrierten Humangeographie. Als bedeutender Theoretiker dieses Paradigmas im deutschsprachigen Raum gilt der Jenaer Professor Benno Werlen. Nach ihm soll die Humangeographie nicht mehr untersuchen, wie der Raum menschliche Tätigkeiten bestimmt, sondern wie menschliche Handlungen den Raum gestalten. Werlen (2004) bezeichnet dies als „Geographie-Machen“. Wenn Wissenschaftler beispielsweise über die „Geographie Norddeutschlands“ schreiben, dann müssen sie diese Region erst von anderen abgrenzen, also eine Regionalisierung vornehmen. Regionalisierungen werden also von Menschen durchgeführt. Regionen sind damit nicht naturgegeben, sondern gemacht. Aber auch Nicht-Wissenschaftler machen in ihrem Alltag Geographie. Durch den Kauf bestimmter Produkte werden in einer globalisierten Welt Betriebe in anderen Ländern gefördert. Damit bestimmt jeder Mensch in seinem Alltag wirtschaftliche und soziale Strukturen in anderen Regionen. Räumliche Muster sind also nicht geodeterminiert, sondern werden durch menschliches Handeln definiert.

Viele anthropogeographische Entdeckungen und Theorien lassen sich einem dieser vier Paradigmen zuordnen, die mit der Fachgeschichte der Geographie korrelieren.

Siehe auch

Literatur

  • International Encyclopedia of Human Geography, 2009
  • Hans Gebhardt, Rüdiger Glaser u. a. (Hrsg.): Geographie – Physische- und Humangeographie. Spectrumverlag Elsevir, München 2007, ISBN 978-3-8274-1543-1.
  • Winfried Schenk, Konrad Schliephake (Hrsg.): Allgemeine Anthropogeographie. Gotha 2005, ISBN 3-623-00853-2.
  • Paul Knox, Sally Marston: Humangeographie. Spektrum Akademischer Verlag, 2001, ISBN 3-8274-1109-2.
  • R. J. Johnston, Derek Gregory, Geraldine Pratt (Hrsg.): The Dictionary of Human Geography. 4. Auflage. Blackwell Publishers, 2000, ISBN 0-631-20561-6.
  • Benno Werlen: Sozialgeographie. Eine Einführung. (= UTB. 1911). Bern 2008, ISBN 978-3-8252-1911-6.
  • Otto Maull: Anthropogeographie. Leipzig 1932, DNB 366593897.
Im Text zitierte Literatur
  • Wladimir Köppen: Grundriss der Klimakunde. de Gruyter, Berlin 1931.
  • Benno Werlen: Sozialgeographie. Eine Einführung. (= UTB. 1911). Haupt, Bern 2004.

Weblinks


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