-ismus und Étienne Bonnot de Condillac: Unterschied zwischen den Seiten

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Das [[Suffix]] '''-ismus''' (manchmal auch in der Form ''-smus'') ist ein Mittel zur [[Wortbildung]] durch Ableitung ([[Derivation (Linguistik)|Derivation]]). Das entstandene Wort bezeichnet ein [[Abstraktion|Abstraktum]], oft ein [[Religion|Glaubenssystem]], eine Lehre, eine [[Ideologie]] oder eine geistige Strömung in [[Geschichte]], [[Wissenschaft]] oder [[Kunst]]. Es kann sowohl an [[Substantiv|Substantive]] (Alkohol-, Putsch-) angefügt werden als auch an [[Adjektiv|Adjektive]] (sozial-, extrem-), wodurch dann gleichzeitig neue Adjektive auf die Endung '''-istisch''' entstehen.
'''Étienne Bonnot de Condillac''' (* [[Wikipedia:30. September|30. September]] [[Wikipedia:1714|1714]] in [[Wikipedia:Grenoble|Grenoble]]; † [[Wikipedia:3. August|3. August]] [[Wikipedia:1780|1780]] in [[Wikipedia:Lailly-en-Val|Lailly-en-Val]] bei [[Wikipedia:Beaugency|Beaugency]]) war ein [[Frankreich|französischer]] [[Philosoph]], [[Logik]]er und [[Geistlicher]] (''Abbé de Mureau''). Condillac war ein typischer Vertreter der [[Aufklärung]] und entwickelte ausgehend von [[John Locke]] (1632-1704) eine [[Erkenntnistheorie]] des [[Sensualismus]].  


Da '''Ismen''' ([[Plural]] von ''Ismus'') häufig ein Kollektiv von Anhängern einer theoretischen Bewegung bzw. [[Ideologie]] bezeichnen (z. B. [[Sozialismus|Sozialisten]], [[Liberalismus|Liberalisten]], [[Putsch|Putschisten]]), wird diese Form von Adjektiven häufig auch abwertend oder aufwertend als Zeichen der Gruppenzugehörigkeit verwendet, um sich mental von etwas zu distanzieren (wie z. B. ''imperialistisch'' statt ''imperial'') oder sich mit etwas zu identifizieren. Außerdem wird das Suffix verwendet, um jemanden zu charakterisieren oder zu klassifizieren ([[Egoismus]], [[Narzissmus]]).
{{GZ|Andere haben die Gedanken Lockes zu anderen Ergebnissen
geführt. Ein Beispiel dafür ist ''Condillac'' (1715 bis
1780). Er meint, wie Locke, alle Welterkenntnis müsse,
ja könne nur auf der Beobachtung der Sinne und dem Denken
beruhen. Doch schritt er bis zu der äußersten Konsequenz
weiter: das Denken habe für sich keine selbständige
Wirklichkeit; es sei weiter nichts als eine verfeinerte, umgewandelte
äußere Sinneswahrnehmung. Somit dürfen in
ein Weltbild, das der Wahrheit entsprechen soll, nur Sinnesempfindungen
aufgenommen werden. Seine Erläuterung
in dieser Richtung ist vielsagend: Man nehme den
seelisch noch ganz unaufgeweckten Menschenleib und
denke sich einen Sinn nach dem anderen erwachend. Was
hat man nun an diesem empfindenden Leibe mehr, als vorher
an dem nicht empfindenden? Einen Leib, auf den die
Umwelt Eindrücke gemacht hat. Diese Eindrücke der Umwelt
haben ganz und gar das bewirkt, was ein «Ich» zu
sein vermeint. - Diese Weltanschauung kommt zu keiner
Möglichkeit, das «Ich», die selbstbewußte «Seele», irgendwo
zu erfassen, und sie kommt zu keinem Weltbilde, in
dem dieses «Ich» vorkommen könnte. Es ist die Weltanschauung,
welche dadurch mit der selbstbewußten Seele
fertig zu werden sucht, daß sie sie ''hinwegbeweist''.|18|120}}


Im Gegensatz zu vielen anderen Suffixen sind die Suffixe „-ismus“ und „-ist“ in der [[Deutsche Sprache|deutschen Sprache]] der Gegenwart noch produktiv. Neue Wörter entstehen nach Bedarf.
== Werke (Auswahl) ==


== ''-ismus'' und ''-istik'' als Suffix ==
* ''Essai sur l’origine des connaissances humaines'' (1746)
* ''Traité des systèmes'' (1749)
* ''Traité des sensations'' (1754)
** Deutsch: ''Abhandlung über die Empfindungen. (Traité des sensations.)'' Hrsg. v. Lothar Kreimendahl. Meiner, Hamburg 1983. ISBN 978-3-7873-0564-3
* ''Traité des animaux'' (1755)
* ''Cours d’études'' (1775)
* ''Le Commerce et le gouvernement considérés relativement l’un à l’autre'' (1776)
* ''La Logique ou l’art de penser'' (1780)
* ''La Langue des calculs'' (1798) posthum.


Die beiden aus dem [[Griechische Sprache|Griechischen]] stammenden [[Endung]]en ''-isma'' (aus der Endung der Verben auf ''-izein'' gebildet: „auf eine bestimmte Art handeln, vorgehen“, [[Latinisierung|latinisiert]], ursprünglich ''-ισμός, ismós'', [[substantiv]]isch) und [[-istik]] (''-ιστική'', [[adjektiv]]isch) werden oft gleichwertig gebraucht. Doch weisen die Wörter, die auf „-ismus“ enden, mehr auf eine Tendenz, Richtung oder (oft extreme) Geisteshaltung hin, während sich die Wörter auf „-istik“ mehr auf die Erscheinung, die Äußerungsform oder ein erlernbares Fach beziehen.
== Siehe auch ==


== Bedeutungen ==
* {{WikipediaDE|Étienne Bonnot de Condillac}}


Bei vielen Begriffen mit der Nachsilbe ''-ismus'' handelt es sich um Begriffe für gesellschaftliche Verhältnisse, Meinungen, Lehren, [[Schule (Wissenschaft)|Schulen]] und Ideen (Beispiele: [[Kapitalismus]], [[Liberalismus]], [[Sozialismus]], [[Militarismus]], [[Anarchismus]], [[Dualismus]]).
== Literatur ==


Eine große Anzahl dieser Begriffe leiten sich zunächst von [[Wissenschaft|wissenschaftlichen]] [[Theorie]]n und [[Hypothese]]n ab, die zwar unter den entsprechenden Fachwissenschaftlern nicht allgemein anerkannt sein müssen, die sich aber der wissenschaftlichen [[Methodik]] bedienen, sich einer wissenschaftlichen [[Diskussion]] aussetzen, und dadurch wandlungs- und ausbaufähig entsprechend dem Zuwachs an [[Erkenntnis]] und den technischen Möglichkeiten sind. Diese Meinungen können aber auch das Ergebnis einer unkritischen Entwicklung einer Idee sein, die ungenau oder gar nicht überprüft oder [[irrational]] begründet wird.
#Rudolf Steiner: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X {{Schriften|018}}


=== ''Ismen'' als neutrale Begriffe ===
{{GA}}


Eine neutrale Bedeutung kommt Begriffen wie [[Organismus]] oder [[Mechanismus]] zu, die zur Klassifizierung und Zuordnung verwendet werden. Der [[Atavismus]] ist ein Fachbegriff, der ein biologisches [[Phänomen]] definiert. Deshalb gibt es hierzu auch keinen Begriff für einen „Vertreter“ des Atavismus (also einen „Atavisten“), sondern nur das Adjektiv „atavistisch“.
== Weblinks ==
{{Wikisource|lang=fr}}


''Siehe auch: [[Anglizismus]], [[Syllogismus]], [[Katabolismus]], [[Anabolismus]], [[Metabolismus]]''
[[Kategorie:Philosoph]] [[Kategorie:Sensualismus]] [[Kategorie:Logik]] [[Kategorie:Aufklärung]]
 
=== ''Ismen'' als Geisteshaltung und Lebenseinstellung===
 
Ebenfalls ohne [[Dogma|dogmatischen]] Einschlag, wenn auch mit der Bedeutung der grundlegenden, verallgemeinernden Einstellung verknüpft, sind [[Pessimismus]], [[Idealismus (Philosophie)|Idealismus]], [[Radikalismus]], [[Zynismus]] (hier auch: [[Zyniker]] und zynisch statt „Zynist“ und „zynistisch“). Daraus folgen gewöhnlich keine diskriminierenden Praktiken in Form von Äußerungen, Verhalten, Taten, Regelungen usw.
Andere Geisteshaltungen, die manchmal unbewusst sind, jedoch allgemein gehalten werden, führen zu Diskriminierungen gegen gesellschaftlich schwache Bevölkerungsgruppen [[Rassismus]], [[Alltagsrassismus]], [[Sexismus]], [[Speziesismus]], [[Antisemitismus]], [[Homophobismus]], [[Monolingualismus]], [[Ethnozentrismus]], [[Audismus]], [[Ableismus]]. Solche Diskriminierungen bilden einen festen semantischen Bestandteil dieser Ismen. Manche davon haben ihre entsprechenden Anti-Ismen, worin bestimmte Maßnahmen zur Verringerung der diskriminierenden Praktiken und Einstellungen zusammengefasst werden: [[Antirassismus]], [[Antisexismus]], [[Antihomophobismus]].
Eine meist negativ bewertete extreme, intolerante Geisteshaltung verbirgt sich hinter Begriffen wie [[Fundamentalismus]], [[Fanatismus]] und [[Extremismus]]. Diese sind eindeutig negativ belegt, ohne dass hiermit bereits ein bestimmter Gegenstandsbereich festgelegt wird. Erst durch Zusätze erhalten sie eine inhaltliche Bedeutung, z. B. christlicher, hinduistischer oder islamischer Fundamentalismus.
 
=== ''Ismen'' mit herabsetzender Bedeutung ===
 
Aus der grundsätzlichen Ablehnung von Ideologie, Dogma, Unbeweglichkeit und Starrsinnigkeit, die mit vielen ''„Ismen“'' assoziiert worden sind, ergeben sich auch zumindest in der heutigen Wortbedeutung herabsetzende Begriffe: [[Dilettantismus]] („dilettieren“ hatte früher eine durchaus positive Bedeutung im Sinne von “Kunst oder Wissenschaft betreiben, ohne dafür an einer Universität ausgebildet zu sein”, ''dilettantisch'' bedeutet also ursprünglich „durch Selbststudium gelehrt, erfahren, bewandert, fähig“). Grundsätzlich ist für jeden Wissenschaftler, der eine offene und freie Diskussion seiner Ideen bevorzugt, eine Herabsetzung, als Anhänger eines ''–ismus'' zu gelten, ein ''X-ist'', oder ''x-istisch'' zu sein.
 
=== ''Ismen'' als [[Dogma]]ta ===
 
Die hiervon abgeleiteten ''Ismen'' sind im Gegensatz zu einer wissenschaftlichen Theorie starr und nicht wandlungsfähig, sie verharren auf dem einmal angenommenen Erkenntnisstand. Die Meinungen werden auch auf Lebensbereiche ausgedehnt, die mit der ursprünglichen Wissenschaft nichts mehr zu tun haben. In bestimmten Fällen kommt es zu einem missionarischen Eifer der Vertreter dieser Meinungen, die allen Menschen die eigene Geisteshaltung darlegen und zum Teil auch aufzwingen wollen und in manchen Fällen zur Durchsetzung dieses Zieles auch vor [[Repressalie]]n und Gewalt nicht zurückschrecken. ([[Faschismus]], [[Islamismus]])
 
Insofern stellen diese ''Ismen'' einen falschen Gebrauch der zu Grunde liegenden wissenschaftlichen Theorien und Hypothesen dar.
 
=== ''Ismen'' als Gegensätze ===
 
Viele ''Ismen'' stellen Paare von den entgegengesetzten [[Doktrin]]en dar, die miteinander ständig debattieren. Die Beispiele sind  Gegensatz-Paare [[Theismus]] – [[Atheismus]], [[Kreationismus]] - [[Evolutionstheorie|Evolutionismus]], [[Idealismus]] - [[Realismus (Philosophie)|Realismus]], [[Individualismus]] - [[Kollektivismus]], [[Kapitalismus]] - [[Sozialismus]]
 
=== ''Ismen'' zur Kennzeichnung von Umbrüchen in Kultur und Gesellschaft===
Eine andere Gruppe von Begriffen mit der Endsilbe ''–ismus'' bezeichnet (zumindest in ihrer Entstehungszeit) provokante Ideengebäude, die als verkrustetet und unbeweglich empfundene Strukturen aufbrechen und Neues ermöglichen sollten. Im Bereich der Kunst lösten  die ''Ismen'' (''[[Die Kunstismen]]'') die großen, umfassenden Stilepochen seit dem frühen 19. Jahrhundert ab: [[Kubismus]], [[Dadaismus]], [[Expressionismus]], [[Surrealismus]], [[Symbolismus (Bildende Kunst)|Symbolismus]]. Im gesellschaftlichen Bereich bezeichnen [[Protestantismus]], [[Marxismus]], [[Leninismus]], [[Sozialismus]] und [[Kommunismus]] erhebliche Umbrüche. 
 
 
{{SORTIERUNG:Ismus}}
[[Kategorie:Suffix (Sprache)]][Kategorie:Grundbegriffe]][[Kategorie:Philosophie]]
{{wikipedia}}

Version vom 3. Februar 2018, 08:46 Uhr

Étienne Bonnot de Condillac (* 30. September 1714 in Grenoble; † 3. August 1780 in Lailly-en-Val bei Beaugency) war ein französischer Philosoph, Logiker und Geistlicher (Abbé de Mureau). Condillac war ein typischer Vertreter der Aufklärung und entwickelte ausgehend von John Locke (1632-1704) eine Erkenntnistheorie des Sensualismus.

„Andere haben die Gedanken Lockes zu anderen Ergebnissen geführt. Ein Beispiel dafür ist Condillac (1715 bis 1780). Er meint, wie Locke, alle Welterkenntnis müsse, ja könne nur auf der Beobachtung der Sinne und dem Denken beruhen. Doch schritt er bis zu der äußersten Konsequenz weiter: das Denken habe für sich keine selbständige Wirklichkeit; es sei weiter nichts als eine verfeinerte, umgewandelte äußere Sinneswahrnehmung. Somit dürfen in ein Weltbild, das der Wahrheit entsprechen soll, nur Sinnesempfindungen aufgenommen werden. Seine Erläuterung in dieser Richtung ist vielsagend: Man nehme den seelisch noch ganz unaufgeweckten Menschenleib und denke sich einen Sinn nach dem anderen erwachend. Was hat man nun an diesem empfindenden Leibe mehr, als vorher an dem nicht empfindenden? Einen Leib, auf den die Umwelt Eindrücke gemacht hat. Diese Eindrücke der Umwelt haben ganz und gar das bewirkt, was ein «Ich» zu sein vermeint. - Diese Weltanschauung kommt zu keiner Möglichkeit, das «Ich», die selbstbewußte «Seele», irgendwo zu erfassen, und sie kommt zu keinem Weltbilde, in dem dieses «Ich» vorkommen könnte. Es ist die Weltanschauung, welche dadurch mit der selbstbewußten Seele fertig zu werden sucht, daß sie sie hinwegbeweist.“ (Lit.:GA 18, S. 120)

Werke (Auswahl)

  • Essai sur l’origine des connaissances humaines (1746)
  • Traité des systèmes (1749)
  • Traité des sensations (1754)
    • Deutsch: Abhandlung über die Empfindungen. (Traité des sensations.) Hrsg. v. Lothar Kreimendahl. Meiner, Hamburg 1983. ISBN 978-3-7873-0564-3
  • Traité des animaux (1755)
  • Cours d’études (1775)
  • Le Commerce et le gouvernement considérés relativement l’un à l’autre (1776)
  • La Logique ou l’art de penser (1780)
  • La Langue des calculs (1798) posthum.

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt, GA 18 (1985), ISBN 3-7274-0180-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

 Wikisource: Étienne Bonnot de Condillac – Quellen und Volltexte (français)