Soziale Interaktion und Tarifvertrag: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Soziale Interaktion''' bezeichnet das wechselseitig aufeinander bezogene [[Soziales Handeln|Handeln]] (oder Beeinflussen) von [[Akteur]]en (oder Gruppen), also das Geschehen zwischen Personen, die aufeinander reagieren, miteinander umgehen, einander beeinflussen und steuern.<ref>[[Wilhelm Karl Arnold|Wilhelm Arnold]], [[Hans Jürgen Eysenck]], [[Richard Meili]]: Lexikon der Psychologie, Bd. 2, Herder Verlag, Freiburg 1971, S. 216</ref> In der Informationswissenschaft ist Interaktion der Dialog von Handlungspartnern.<ref>Der Brockhaus Psychologie, Mannheim, Leipzig 2009, S. 274</ref> Interaktion wird in der psychologischen Statistik auch im Zusammenhang mit varianzanalytischen Untersuchungen verwendet.<ref>Wilhelm Arnold, [[Hans Jürgen Eysenck]], [[Richard Meili]]: Lexikon der Psychologie, Bd. 2, Herder Verlag, Freiburg 1971, S. 216</ref> Wenn die Wirkungen mehrerer Variablen gleichzeitig untersucht werden, ist die Interaktion ein Maß dafür, wie sehr der Effekt einer unabhängigen Variablen auf die abhängige Variable von den Bedingungen einer oder mehrerer anderer Variablen abhängt.  
Der '''Tarifvertrag''' in Deutschland ist ein [[Vertrag]] zwischen den [[Tarifvertragspartei]]en im Rahmen der grundgesetzlich garantierten [[Tarifautonomie]]. Ein vergleichbares Rechtsinstitut ist in Österreich nach dem [[Arbeitsverfassungsgesetz]] der [[Kollektivvertrag]], im [[Arbeitsrecht (Schweiz)|schweizerischen Arbeitsrecht]] der [[Gesamtarbeitsvertrag]].


== Sozialpsychologischer Interaktionsbegriff ==
Als ein Äquivalent in angelsächsischen Ländern kann das als ''Collective Agreement'' bezeichnete Abkommen zwischen den Arbeitsmarktparteien angesehen werden, das allerdings in einer vollkommen anderen Rechtstradition gründet.
In der Sozialpsychologie<ref>''Meyers Lexikon der Psychologie.'' Mannheim, Wien, Zürich, 1986, S. 172</ref> spricht man von Interaktion bei der über Kommunikation vermittelten gegenseitigen Beeinflussung des Verhaltens oder der Einstellungen von Individuen oder Gruppen. Bei der Interaktion einer Schulklasse z. B. beeinflussen sich Lehrer und Schüler gegenseitig, wobei sie sich an ihren jeweiligen Erwartungen (Rollenvorstellungen, Situationsdefinitionen) orientieren. Interaktion kann deswegen nur als Verhalten definiert werden, das im Rahmen von situativen Handlungskonzepten beschrieben wird. Die Interaktionsanalyse nach [[Robert Freed Bales|R. F. Bales]] versucht, das Handlungsgefüge von interagierenden Partnern zu beschreiben und strukturell offen zu legen. Bales hat dafür zwölf Kategorien vorgesehen (z. B. stimmt zu, zeigt Solidarität, macht Vorschläge, fragt nach Meinungen usw.) Mit Hilfe solcher Interaktionsstrukturen können etwa Gruppen charakterisiert (und von anderen unterschieden) werden. <ref>Die Interktionsanalyse von N.A. Flanders findet sich beschrieben in: Peter Kick, Hanns Ott: ''Wörterbuch für Erziehung und Unterricht'', Auer Verlag, Donauwörth 1997; S. 333 ff</ref>


Das [[Milgram-Experiment]] zeigt den dramatischen Einfluss auf das Verhalten von [[Versuchsperson]]en durch die Interaktion angeblicher [[Autorität]]spersonen.<ref>Stanley Milgram: Das Milgram-Experiment. Zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität. Rowohlt, Reinbek 1982, ISBN 3-499-17479-0 </ref>
Nach deutschem Recht, dem [[Tarifvertragsgesetz]], enthält der Tarifvertrag Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von [[Arbeitsverhältnis]]sen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen (normativer Teil) regeln und die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien (schuldrechtlicher Teil) festlegen. Zu den Tarifvertragsparteien zählen einzelne [[Arbeitgeber]] oder [[Arbeitgeberverband|Arbeitgeberverbände]] einerseits und [[Gewerkschaft]]en (für die [[Arbeitnehmer]]) andererseits.


== Begriffsverwendung in der Soziologie ==
== Tarifvertragliche Bindung ==
Der eigentliche [[Terminus]], der später im amerikanischen als „interaction“ übersetzt wurde, stammt von [[Georg Simmel]] und lautete „Wechselwirkung“. Soziale Interaktion ist die aktive Wechselwirkung von wenigstens zwei [[Akteur]]en oder sozialen Institutionen wie etwa Organisationen, z.&nbsp;B. zum Zwecke der Abstimmung des [[Sozialverhalten|Verhaltens]] der Beteiligten bzw. des konkreten [[Handeln]]s der [[Kooperation]]s&shy;partner. Voraussetzung für die Anschlussfähigkeit einer Interaktion ist die wechselseitige kommunikative Bezugnahme der an der Interaktion Beteiligten. Diese Bezugnahme kann Handlungsgründe, Handlungsziele sowie Erwartungen des Gegenübers umfassen. Da solche Interpretation immer auch wechselseitig ist, ist soziale Interaktion zugleich auch [[Kommunikation]].
In [[Westdeutschland]] arbeiteten 2015 rund 51 Prozent der Beschäftigten in einem Betrieb, der einem Branchentarifvertrag unterlag, in [[Neue Länder|Ostdeutschland]] rund 37 Prozent. Firmentarifverträge galten für 8 Prozent der westdeutschen und 12 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten.<ref>Peter Ellguth / Susanne Kohaut: ''Tarifbindung und betriebliche Interessenvertretung: Ergebnisse aus dem IAB-Betriebspanel 2015.'' In: ''WSI-Mitteilungen'' 69. Jg./2016, Heft 4, S. 284.</ref> Seit 1998 ist ein Abwärtstrend in der tarifvertraglichen Bindung der Beschäftigten sowohl in West- wie in Ostdeutschland zu verzeichnen.<ref>Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut in der Hans-Böckler-Stiftung/WSI-Tarifarchiv 2016: ''Statistisches Taschenbuch Tarifpolitik 2016'', Graphik 1.6.</ref>


Die Soziologie unterscheidet drei Ebenen des sozialen Lebens:
== Bedeutung des Tarifrechtes ==
*Interaktion,  
Eine entscheidende Bedeutung des Tarifvertrags besteht darin, dass er die rechtliche Unausgewogenheit, die bei einem [[Arbeitsvertrag|Einzelarbeitsvertrag]] zwischen den Vertragsschließenden auf dem [[Arbeitsmarkt]] besteht, zugunsten des zu schützenden schwächeren Vertragspartners, des Arbeitnehmers, ausgleicht. Im Tarifrecht selbst gibt es diesen besonderen Schutz zum Vorteil nur eines von zwei Vertragspartnern dagegen nicht mehr. In Deutschland genießen beide Tarifvertragsparteien – die [[Gewerkschaft]]en und die Arbeitgeberverbände – als [[Koalition]]en ihrer Mitglieder den gleichen Schutz und die gleichen Rechte nach {{Art.|9|gg|juris}} des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland]]. Ihre Rechte bezüglich des Einsatzes von [[Arbeitskampf]]mitteln sind komplementär: „Dem Streik entspricht die Aussperrung, gleichgültig, ob die von einem Arbeitgeberverband beschlossen und von den einzelnen Arbeitgebern durchgeführt wird oder ob ein oder mehrere Arbeitgeber sie durchführen.“<ref>BAG: Grundsatzbeschluss vom 28. Januar 1955; zitiert nach Thomas Blanke et al.: ''Kollektives Arbeitsrecht'', Band 2. Rowohlt, Reinbek 1975, S.&nbsp;237.</ref> 1980 hat das Bundesarbeitsgericht in einer Begründung des Grundsatzurteil ausgeführt: "Tarifverhandlungen ohne das Recht zum Streik wären im allgemeinen nicht mehr als 'kollektives Betteln'."<ref>Bundesarbeitsgericht Urt. v. 10.06.1980 - 1 AZR 168/79</ref>
*[[Organisationssoziologie|Organisation]] und
*[[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]].  
Organisationen und Gesellschaften bestehen aus (strukturierten) unzähligen sozialen Interaktionen der beteiligten Menschen. In einigen soziologischen Theorien gilt die '''Interaktion''' als die Grundeinheit alles [[Sozial]]en.<ref>siehe auch 3.2 ''Entwicklungspsychologie'' in diesem Artikel</ref>


Mit sozialer Interaktion haben sich verschiedene Theorien und Soziologen auseinandergesetzt. Sie weisen jeweils spezifische Aspekte aus.
Mit der [[Tarifautonomie]] und dem entsprechenden Tarifrecht gewährt der Staat den Tarifparteien einen Autonomiespielraum, die Regeln ihrer Zusammenarbeit autonom auszugestalten. Sie können dies schneller und flexibler regeln, als dies bei stärkerer Beteiligung des Staates möglich wäre.


=== Georg Simmel ===
== Grundlagen des Tarifrechtes ==
Zu den frühen interaktionistischen Ansätzen können die Arbeiten [[Georg Simmel]]s gerechnet werden (z.&nbsp;B. ''[[Die Großstädte und das Geistesleben]]'' von 1903, oder ''[[Der Streit]]'' von 1908). Methodologisch basieren sie weder auf der Analyse der individuellen Handlungen noch der sozialen Großstrukturen oder Institutionen, sondern auf der der Wechselwirkungsformen und Eigendynamiken zwischen diesen Ebenen vor dem Hintergrund einer zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft.
Der gesetzliche Rahmen ist in Deutschland im [[Tarifvertragsgesetz]], kurz TVG, vom 9. April 1949 festgelegt.


=== Max Weber ===
Ein Tarifvertrag gilt für ein [[Arbeitsverhältnis]] ''unmittelbar'' (also ohne dass seine Geltung noch vertraglich vereinbart werden müsste) und ''zwingend'' (mit der Folge, dass vertragliche Abweichungen zum Nachteil des Arbeitnehmers unwirksam sind), wenn beide Arbeitsvertragsparteien [[Tarifbindung|tarifgebunden]] sind. Hingegen sind Abweichungen zugunsten des Arbeitnehmers ([[Günstigkeitsprinzip]]) erlaubt. Damit der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, müssen daneben der Betrieb in den fachlichen und örtlichen, der Arbeitnehmer in den persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen.
Nach [[Max Weber]] ist soziales Handeln seinem von den Handelnden gemeinten Sinn nach immer auf das Verhalten Anderer bezogen. Von sozialer Interaktion kann man insofern sprechen, als Handeln in einer [[Soziale Beziehung|sozialen Beziehung]] erfolgt, d.&nbsp;h. ein fortlaufendes aufeinander eingestelltes und dadurch orientiertes „Sich-Verhalten“ mehrerer ist.<ref name="Abels2004_S201">Heinz Abels: Einführung in die Soziologie. Bd. 2: Die Individuen in ihrer Gesellschaft. Wiesbaden 2004, S. 201 ff.</ref> Die soziale Interaktion wird durch den individuellen Sozialisationsprozess sowie die individuell unterschiedliche selektive Wahrnehmung bestimmt.


=== Symbolischer Interaktionismus ===
Die Tarifbindung folgt aus der Mitgliedschaft in einer der Tarifvertragsparteien (Arbeitgeberverband oder [[Gewerkschaft]]).
Interaktion ist im [[Symbolischer Interaktionismus|symbolischen Interaktionismus]] ein permanenter Prozess des Handelns, Beobachtens und Entwerfens weiterer Handlungen, in dem ego und alter wechselseitig die vermuteten [[Rollenerwartung]]en des anderen übernehmen oder ablehnen, darauf reagieren und weiteres Handeln antizipieren. Wechselseitige Interpretationen definieren die Situation, bestimmen, worum es geht oder nicht gehen soll, und leiten das Handeln an. Nicht vorgegebene Normen ermöglichen die Interaktion, sondern die gemeinsame Festlegung, welchen Sinn die Interaktion hat. Voraussetzung für das Gelingen von Interaktion ist die Fähigkeit zur [[Empathie|Perspektivenübernahme]]. Diese Auffassung von Interaktion vertritt gegen das normative Paradigma das interpretative Paradigma.<ref name="Abels2004">Abels, H. (2004). Einführung in die Soziologie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.</ref>
Tarifgebunden ist auch der Arbeitgeber, der einen Tarifvertrag direkt mit der Gewerkschaft schließt. Ausnahmsweise kann ein Arbeitgeber trotz Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband nicht tarifgebunden sein, wenn die Satzung des Verbandes eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (so genannte [[OT-Mitgliedschaft]]) vorsieht und der Arbeitgeber diese Form der Mitgliedschaft innehat.


=== George Herbert Mead ===
Unabhängig davon kann jederzeit einzelvertraglich durch eine so genannte Bezugnahmeklausel die Geltung eines Tarifvertrags oder einer bestimmten Tarifregelung vereinbart werden. Man unterscheidet zwischen dynamischen Klauseln (Inbezugnahme des jeweiligen Tarifvertrages, auch als Jeweiligkeitsklausel bezeichnet) und statischen Klauseln (Inbezugnahme des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Tarifvertrages). Was gewollt ist, ist im Zweifel durch das Arbeitsgericht im Wege der Auslegung zu klären.
[[George Herbert Mead]] versteht unter einer sozialen Handlung nicht die Handlung eines Einzelnen. Die soziale Handlung ist auf ein soziales Objekt gerichtet. So ist z.&nbsp;B. das soziale Objekt des Fußballteams, Tore zu schießen bzw. das Spiel zu gewinnen. Das kooperative Zusammenspiel des Teams ist die soziale Handlung. Sie besteht aus sozialen Interaktionen zwischen den Spielpartnern, die dadurch koordiniert sind, erstens ein gemeinsames soziales Objekt zu haben und zweitens durch die Fähigkeit der Interaktionsteilnehmer, die Rolle, welche die anderen für die Erreichung des Zieles spielen, zu [[Antizipation (Psychologie)|antizipieren]] und entsprechend zu agieren und zu reagieren.


=== Talcott Parsons ===
Ein Sonderfall ist die [[Allgemeinverbindlicherklärung]] eines Tarifvertrags. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag ist auf alle Arbeitsverhältnisse im Geltungsbereich des Tarifvertrags anzuwenden unabhängig von dem Willen der Arbeitsvertragsparteien.
<!--Nach  muss ein Individuum, das in eine soziale Interaktion eintritt, sich für eines der von ihm beschriebenen Verhaltensmuster entscheiden.-->
Nach [[Talcott Parsons]] [[Soziale Rolle|Rollentheorie]] folgen wir in unserem Verhalten normativen Vorgaben, die sich aus sozialen Strukturen ergeben. Unsicherheit im Verhalten besteht, weil die Interpretation der Verhaltensnormen durch die Interaktionsteilnehmer unterschiedlich sein kann. Dass Interaktion trotzdem funktioniert, erklärt Parsons damit, dass die Teilnehmer durch Sozialisation die gleichen Normen und Werte der Gesellschaft internalisiert haben und daher motiviert sind, so zu handeln, wie sie handeln ''sollen''. Eine solche Auffassung wird unter das normative Paradigma gezählt.<ref name="Abels2004_S201" />


Im Gegensatz zu Parsons Ansatz steht das [[Interaktionistisches Rollenmodell|Interaktionistische Rollenmodell]].
Tarifverträge bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der [[Schriftform]] ({{§|1|tvg|juris}} Abs.&nbsp;2 TVG).


== Ausgewählte Aspekte der sozialen Interaktion ==
== Austritt aus dem Arbeitgeberverband ==
=== Bedingungen des Gelingens sozialer Interaktion ===
Ein Austritt aus dem Arbeitgeberverband, mit welchem ein Verbandstarifvertrag – oft Flächentarifvertrag – geschlossen wurde, beendet die [[Tarifbindung|Bindung an den Tarifvertrag]] nicht sofort. Vielmehr bleiben der ausgetretene Arbeitgeber und die Gewerkschaft bis zu dem Zeitpunkt an den Tarifvertrag gebunden, zu dem dieser durch eine [[Kündigung]] von Seiten des Arbeitgeberverbands oder der [[Gewerkschaft]] endet (so genannte Nachbindung, {{§|3|tvg|juris}} Abs.&nbsp;3 TVG). Bis dahin herrscht auch beim ausgetretenen Arbeitgeber weiterhin die tarifliche [[Friedenspflicht]], das heißt, ein [[Arbeitskampf]] ist unzulässig (streitig).


Soziale Interaktion hängt direkt mit der [[Kommunikation]] zusammen. Deswegen gelten für eine erfolgreiche soziale Interaktion dieselben Bedingungen, wie für eine erfolgreiche Kommunikation. Von erfolgreicher Kommunikation und damit erfolgreicher sozialer Interaktion spricht man dann, wenn die Ziele der Interaktion erreicht wurden und die beabsichtigte Wirkung eintritt. Das heißt, dass die Erwartungen der Beteiligten an die Interaktion erfüllt wurden und somit auch deren Bedürfnisse. Als einfaches Beispiel ist das Unterrichtsgeschehen zu betrachten: Ein Schüler stellt eine Frage (sein Bedürfnis / seine Erwartung ist die Antwort) und der Lehrer beantwortet diese. Das Ziel ist dann erreicht, wenn der Schüler es verstanden hat, somit wurden sowohl die Erwartungen des Schülers sowie die des Lehrers erfüllt.
Nach Ablauf des Tarifvertrags wirkt dieser nach, bis eine neue [[Tarifverhandlung|Abmachung]] getroffen ist (Nachwirkung, {{§|4|tvg|juris}} Abs.&nbsp;5 TVG). Das bedeutet, dass die Arbeitsbedingungen, die im Tarifvertrag geregelt waren, statisch weiter gelten. Die neue Abmachung kann entweder in einem neuen Tarifvertrag bestehen oder in der Änderung des [[Arbeitsvertrag]]s (vgl. auch [[Änderungskündigung]]). Die Nachwirkung betrifft nur jene Arbeitnehmer, die beim Ende des Tarifvertrags schon beschäftigt waren und Mitglied der jeweiligen Gewerkschaft sind.
Es ist auch wichtig, eine positive Interaktionsatmosphäre zu ermöglichen und seine Kommunikationsbereitschaft zu signalisieren. Wenn man zudem ständig die eigenen Zielsetzungen und Erwartungen an die Interaktion überprüft, läuft man auch nicht Gefahr, eine gestörte Interaktion zu provozieren.
=== Entwicklungspsychologie ===


Das Individuum nimmt von früher Kindheit an Einfluss auf Situationen, die es andererseits selbst beeinflussen. Es beeinflusst die soziale und physische Umwelt. Der Mensch reagiert also nicht nur passiv, sondern gestaltet seine Umwelt selbst mit. Insofern bildet der Mensch (nach Leo Montada) <ref>in: Rolf Oerter, Leo Montada: Entwicklungspsychologie, Weinheim, Basel, Berlin 2002; S. 6 f</ref> ein System, in dem Aktivitäten und Veränderungen miteinander verschränkt sind. Die Veränderungen von Details führen zu Veränderungen des Gesamtsystems - und wirken natürlich wieder zurück. Habe man früher gefragt, wie sich das Kind in einer Familie entwickle, frage man heutzutage eher, wie ein Kind auf eine Familie wirke und welche Wirkungen das Kind wiederum beeinflussten. Zum Beispiel würde nicht nur gefragt, wie sich die Scheidung auf das Kind auswirke, sondern auch, was Kinder zur Ehezufriedenheit beitrügen. Nach Montada <ref> siehe oben</ref> haben Kagan und Moss die Situation feindseliger Mütter und aggressiver Kinder untersucht: Sie fanden hohe Korrelationen zwischen beiden Faktoren. Traditionell würde man sagen, dass die Feindseligkeit der Mütter die Aggressivität der Kinder beeinflusse; besser sei aber die Frage nach wechselseitiger Beeinflussung bzw. die Frage nach der Feindseligkeit als Erbanlage, die sich bei Müttern in Kritikbereitschaft und bei Kindern in Aggressivität zeige - und sich damit gegenseitig beeinflusse.
== Betriebsübergang ==
Geht das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers im Fall eines [[Betriebsübergang (Deutschland)|Betriebsübergang]]s auf den Betriebserwerber über, werden die im Veräußererbetrieb geltenden Tarifverträge, wenn der Erwerber nicht seinerseits tarifgebunden ist, gemäß {{§|613a|bgb|juris}} Abs.&nbsp;1 Satz 2 BGB zum Bestandteil des individuellen [[Arbeitsvertrag]]s, und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres verändert werden. Der Tarifvertrag gilt aber nur in dem Umfang weiter, wie er zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs galt; der Arbeitnehmer nimmt nicht mehr an den Änderungen im Tarifvertrag teil, die nach Betriebsübergang erfolgen, weil es insoweit doch gerade an der [[Tarifbindung|Tarifgebundenheit]] des Arbeitgebers fehlt.


Eine produktive Art, wie Jugendliche quasi als Agenten ihrer eigenen Entwicklung auftreten könnten, ist die Wahl anderer Handlungsräume (außerhalb der Familie). Das sei, so die Autoren, besonders in der frühen Adoleszenz von großer Bedeutung, in der es um zukünftige Handlungsräume gehe und um Peergruppen, die unabhängig von den Eltern seien. Diese Wahl externer Handlungsräume stabilisiere auch eine Existenz in einer sich verändernden Welt. Indem der Jugendliche alternative Situationen der Interaktion wählt, wird er zum Produzenten seiner eigenen Entwicklung - und Sozialisation. <ref> Rolf Oerter, Eva Dreher: Jugendalter, in: [[Rolf Oerter]], [[Leo Montada]]: [[Entwicklungspsychologie]], Weinheim, Basel, Berlin 2002; S. 268 f</ref>
== Behandlung nicht tarifgebundener Arbeitnehmer ==
Tarifgebundene Arbeitgeber behandeln in der Regel alle Arbeitnehmer eines Betriebes, unabhängig von deren tatsächlicher Tarifbindung, nach den Regeln des Tarifvertrags. Dies geschieht im Regelfall durch eine sog. [[Gleichstellungsabrede]], also durch eine Klausel, die im Individualarbeitsvertrag auf die Regelungen des Tarifvertrags Bezug nimmt und ihnen so individualvertragliche Wirkung zukommen lässt. Der Grund liegt vor allem darin, den Mitarbeitern keine zusätzliche Motivation zu geben, Mitglied der Gewerkschaft zu werden, denn die Gewerkschaftsmitgliedschaft des Arbeitnehmers ist die Voraussetzung für die zwingende Anwendung eines entsprechenden Tarifvertrags.


Die überragende Bedeutung früher sozialer Interaktion für die optimale Entwicklung des Kindes haben [[René Spitz]] <ref> Hospitalismus: ein Ergänzungsbericht, in: Otto M. Ewert: Entwicklungspsychologie, Bd. 1, Verlag Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 1972, S. 124 ff</ref><ref>Das erste Lebensjahr, in: Erziehung in früher Kindheit, Serie Piper 1985, S. 89 ff</ref><ref>Hospitalismus I; und: Hospitalismus II; in: Erziehung in früher Kindheit, Serie Piper, München 1985; S.&nbsp;89&nbsp;ff.</ref> und [[Harry Harlow]] <ref>Das Wesen der Liebe, in: Entwicklungspsychologie, Bd. 1, Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 1972; S. 128 ff</ref><ref>''Aspekte und Probleme früher Entwicklung und [[Erziehung]] (1); In: [[Norbert Kühne]]: ''[[Unterricht]]smaterialien [[Pädagogik]]-[[Psychologie]]'' (Nr. 694), [[Stark Verlag]]/[[Mediengruppe Pearson]], Hallbergmoos 2012</ref> sehr anschaulich deutlich gemacht. Der Mangel oder gar das Fehlen von Interaktion mit Bezugspersonen habe für das Kind verheerende psychische, motorische und intellektuelle Konsequenzen (siehe [[Hospitalismus]]).<ref>Lucien Malson: Die wilden Kinder, Suhrkamp Taschenbuch, Frankfurt 1976</ref><ref>''Aspekte und Probleme früher Entwicklung und [[Erziehung]] (1); In: [[Norbert Kühne]]: ''[[Unterricht]]smaterialien [[Pädagogik]]-[[Psychologie]]'' (Nr. 694), [[Stark Verlag]]/[[Mediengruppe Pearson]], Hallbergmoos 2012</ref>
{{Anker|Absperrklausel}}
Unzulässig wären in Tarifverträgen sogenannte ''Absperrklauseln'' (oder [[Closed Shop|Closed-Shop]]-Klauseln<ref>Sascha Dudzik: ''Differenzierungsklauseln in Tarifverträgen'', GRIN Verlag, Norderstedt, 2006 ({{Google Buch|BuchID=pLfiHtFgLkIC|Seite=8|Hervorhebung=absperrklausel|Linktext=Online}}).</ref>), wonach ein Unternehmen nur (gewerkschaftlich) organisierten Arbeitnehmern die Bedingungen des Tarifvertrages gewähren oder gar nur solche Arbeitnehmer beschäftigen darf. Eine solche Regelung verstößt nach einhelliger Meinung gegen die Negative Koalitionsfreiheit (Art.&nbsp;9 GG). Umstritten ist dagegen die Wirksamkeit sogenannter Differenzierungsklauseln, die organisierten Arbeitnehmern einen Vorteil gegenüber nicht organisierten Arbeitnehmern gewähren. Ein Vorteil beim Erhalt des Arbeitsplatzes bei Personalabbau ist hierbei wohl unzulässig, während rein finanzielle Vorteile vermutlich zulässig sind.<ref>Vgl. zum Ganzen: Erfurter Kommentar/Dieterich Art.&nbsp;9 GG, Rn. 32–35.</ref>
 
== Abweichungen ==
Abweichungen von Tarifnormen zu Ungunsten der Beschäftigten sind nur zulässig, wenn dies im Tarifvertrag durch eine [[Öffnungsklausel]] zugelassen ist. Ansonsten gilt die [[Unabdingbarkeit]] oder das [[Günstigkeitsprinzip]] eines Tarifvertrages. Abweichungen zugunsten des Arbeitnehmers sind durch einzelvertragliche Regelung zulässig jedoch nicht durch [[Betriebsvereinbarung]]en, § 77 Abs. 3 BetrVG. Zum Teil enthalten Tarifverträge auch ausdrückliche Regelungen zur konkreten Umsetzung eher allgemeiner Tarifbestimmungen in die betriebliche Praxis, z. B. durch ergänzende Betriebsvereinbarungen. Ein Beispiel ist die Umsetzung des Leistungsentgeltes im öffentlichen Dienst im Rahmen des § 18 [[TVöD]].
 
Bestimmte Mitarbeiter mit speziellen Qualifikationen werden als sogenannte [[Angestellter|außertarifliche Angestellte]] mit einem AT-Vertrag vergütet, der über der höchsten Tarifgruppe des jeweiligen Vergütungstarifvertrages liegt. In der Praxis werden auch beispielsweise Angestelltenverträge von Mitarbeitern nichttarifgebundener Konzerntöchter als AT bezeichnet, auch wenn deren Vergütungen und Konditionen deutlich schlechter sind als im entsprechenden Tarifvertrag.
 
== Tarifautonomie ==
[[Tarifautonomie]] bedeutet, dass Tarifverträge allein von den Tarifvertragsparteien selbst ausgehandelt werden. Eine Einflussnahme durch Regierung oder Verwaltung, Gesetzgeber und [[Rechtsprechung]] ist nicht zulässig. Vielmehr müssen staatliche Stellen ihre Neutralität wahren. Die Tarifautonomie ergibt sich aus {{Art.|9|gg|juris}} Absatz 3 des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland]].
 
Die vorrangige Bedeutung der Tarifautonomie kommt auch in {{§|77|betrvg|juris|text=§ 77 Abs. 3}} BetrVG zum Ausdruck. Nach dieser Vorschrift dürfen Arbeitgeber und Betriebsrat Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die „durch [[Tarifvertrag#Tarifautonomie|Tarifvertrag]] geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden“, nicht durch [[Betriebsvereinbarung#Verhältnis zu Tarifverträgen|Betriebsvereinbarung]] regeln. Die Betriebsparteien haben in diesen Angelegenheiten keine Möglichkeit, Regelungen mit normativer Wirkung für die Arbeitnehmer zu vereinbaren.<ref>BAG, Beschluss vom 24.02.1987 – 1 ABR 18/85, Rn. 37 – BAGE 54, 191-210.</ref> Dies gilt auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber, da „Konkurrenzregelungen“ in der Form von Betriebsvereinbarungen ebenfalls die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie stören könnten.<ref>BAG, Urteil vom 24. Januar 1996 – 1 AZR 597/95, Rn. 21 –, BAGE 82, 89-101 = NZA 1996, 948.</ref> Verstöße dagegen führen zur Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung,<ref>BAG, Urteil vom 24. Januar 1996 – 1 AZR 597/95, Rn. 19 f. –, BAGE 82, 89-101 = NZA 1996, 948.</ref> die aber ausnahmsweise durch [[Umdeutung (Recht)#Arbeitsrecht|Umdeutung]] dennoch Wirkung entfalten kann.<ref>BAG, Urteil vom 23. August 1989 – 5 AZR 391/88 –, juris, 1. Leitsatz.</ref>
 
== Inhalt von Tarifverträgen ==
Im Tarifvertrag werden die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien geregelt (''[[schuldrecht]]licher Teil'' – z.&nbsp;B. [[Friedenspflicht|Friedens-]] und Einwirkungspflicht).<br />Er enthält daneben und vor allem [[Rechtsnorm]]en über den Inhalt (darunter oft sog. [[Ausschlussfrist]]en), die Begründung und die Beendigung (z.&nbsp;B. [[Kündigungsfrist]]en) von [[Arbeitsverhältnis]]sen sowie Regelungen zu betrieblichen und [[betriebsverfassung]]srechtlichen Fragen (''normativer Teil''). Tarifverträge enthalten beispielsweise Bestimmungen zu folgenden Punkten:
 
* [[Arbeitsentgelt]] (Lohn, Gehalt, …)
* [[Arbeitszeit]]en
* [[Erholungsurlaub|Urlaubsanspruch]]
* [[Arbeitssystem|Arbeitsbedingungen]]
* [[Einstellung (Arbeit)|Abschluss]] und [[Kündigung (deutsches Arbeitsrecht)|Kündigung von Arbeitsverhältnissen]]
* Laufzeit des Vertrages
 
== Arten von Tarifverträgen ==
Tarifverträge lassen sich nach verschiedenen Abgrenzungskriterien unterscheiden.<ref>Der nachfolgende Abschnitt basiert, soweit nicht anders angegeben, auf Kempen/Zachert: ''Tarifvertragsgesetz'', 4. Auflage, Bund-Verlag, Frankfurt am Main, 2005.</ref>
 
=== Unterscheidung nach Parteien auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ===
Die Unterscheidung nach Parteien ergibt sich weitgehend aus dem [[Tarifvertragsgesetz|TVG]], auch wenn dort die Bezeichnungen nicht vorgegeben sind, so dass es teilweise uneinheitliche Bezeichnungen in der Literatur und Rechtsprechung gibt.
 
# Der Verbandstarifvertrag ([[Flächentarifvertrag]]) wird geschlossen zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberverband mit Gültigkeit für eine bestimmte Branche und für einen räumlich abgegrenzten Tarifvertragsbezirk, der die Bundesrepublik Deutschland insgesamt oder – häufiger – ein Teilgebiet erfasst. Er ist immer noch die verbreitetste Art von Tarifvertrag bei der Unterscheidung nach Parteien.
# Der firmenbezogene Verbandstarifvertrag wird ebenfalls zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberverband geschlossen, allerdings mit Gültigkeit nur für ein bestimmtes Unternehmen.
# Der [[Firmentarifvertrag]] (Haustarifvertrag) wird zwischen Gewerkschaft und dem Unternehmen, in dem er gelten soll, geschlossen.
# Der mehrgliedrige Tarifvertrag wird auf einer oder beiden Seiten von mehreren Vertragspartnern abgeschlossen, so beispielsweise in der Zeitarbeitsbranche, wo es einen Tarifvertrag mit zwei Arbeitgeberverbänden auf der Arbeitgeberseite und acht DGB-Gewerkschaften auf Arbeitnehmerseite gab.
# Der Konzerntarifvertrag wird zwischen Gewerkschaft und einem Konzern abgeschlossen, mit Wirkung für die einzelnen Unternehmen des Konzerns. Je nach Ausgestaltung handelt es sich rechtlich eigentlich entweder um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag oder um einen Firmentarifvertrag mit der Muttergesellschaft, den weitere Konzernunternehmen übernehmen.
 
=== Unterscheidung nach Regelungsgegenständen ===
Die Unterscheidung nach Regelungsgegenständen hat sich aus rein praktischen Erwägungen entwickelt. Juristisch hat diese Unterscheidung keine Auswirkung. Die Tarifvertragsparteien sind auch völlig frei in der Frage, welche Regelungsgegenstände sie unter welcher Bezeichnung in einem Vertrag zusammenfassen.
 
# Der [[Lohn- und Gehaltstarifvertrag]] (auch Entgelt-, Lohn- und Gehaltstarifvertrag, Vergütungstarifvertrag) regelt die Höhe des Arbeitsentgelts in den einzelnen Entgeltgruppen oder des Ecklohns. Die Laufzeit dieses Vertrages ist typischerweise relativ kurz, kann aber auch bis zu 31 Monaten betragen.
# Der Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag (auch unspezifisch und mit unklarer Abgrenzung zum Manteltarifvertrag: Rahmentarifvertrag) regelt die Lohn- und Gehaltsgruppen, in die die Arbeitnehmer in der Regel nach ihren [[Arbeitsinhalt]]en einzuordnen sind.
# Der [[Manteltarifvertrag]] (ebenfalls auch unspezifisch als Rahmentarifvertrag, zum Beispiel Bundesrahmentarifvertrag Bau, bezeichnet) regelt alle weitergehenden Arbeitsbedingungen, soweit dies von den Tarifvertragsparteien vereinbart wird. Beispiele sind Urlaub und Kündigungsfristen. Die Laufzeit von Manteltarifverträgen ist in der Regel entweder sehr lang oder unbegrenzt und es Bedarf einer Kündigung, um den Vertrag neu zu verhandeln. Beispiele für Manteltarifverträge sind der [[TVöD]] und [[TV-L]] im öffentlichen Dienst und der [[Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe]] in der Privatwirtschaft.
# Sonstige Tarifverträge können im Einzelfall verschiedenste Regelungsgegenstände betreffen, die im konkreten Einzelfall keine Aufnahme in anderen Tarifverträgen gefunden haben. Dies können zum Beispiel sein: vermögenswirksame Leistungen, Beschäftigungssicherung und gemeinsame Einrichtungen von Tarifvertragsparteien.
 
== Tarifregister ==
Alle Tarifverträge werden in [[Tarifregister]]n registriert. Tarifregister sind öffentlich, jeder kann sie einsehen. Sie werden beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales und bei allen Bundesländern geführt. In den Bundesländern sind in der Regel die Arbeits- oder Sozialministerien zuständig.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Soziale Interaktion}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Tarifvertrag}}
* {{WikipediaDE|Dialog}}
* {{WikipediaDE|Tarifvertrag}}
* {{WikipediaDE|Identität}}
* {{WikipediaDE|Arbeitsrecht}}
* {{WikipediaDE|Interaktionistischer Konstruktivismus}}
* {{WikipediaDE|Bocholter Modell}}
* {{WikipediaDE|Interkulturelle Kompetenz}}
* {{WikipediaDE|Kollektivrechtliche Vereinbarung}}
* {{WikipediaDE|Interaktionssystem}}
* {{WikipediaDE|Tarifautonomie}}
* {{WikipediaDE|Konflikt}}
* {{WikipediaDE|Tarifverhandlung}}
* {{WikipediaDE|Kooperation}}
* {{WikipediaDE|Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst}} (TVöD)
* {{WikipediaDE|Nonverbale Kommunikation}}
* {{WikipediaDE|Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder}} (TV-L)
* {{WikipediaDE|Parasoziale Interaktion}}
* {{WikipediaDE|Firmentarifvertrag}} oder Haustarifvertrag
* {{WikipediaDE|Personale Kategorisierung}}
* {{WikipediaDE|Ärztetarifvertrag}}
* {{WikipediaDE|Psychodrama}}
* {{WikipediaDE|Tarifvertrag über das Entgelt-Rahmenabkommen}}
* {{WikipediaDE|Selbstdarstellung}}
* {{WikipediaDE|Arbeitsrecht der Kirchen}}
* {{WikipediaDE|Soziales Netzwerk (Soziologie)}}
* {{WikipediaDE|Westrick-Formel}}
* {{WikipediaDE|Zwischenmenschliche Kommunikation}}
* {{WikipediaDE|Gesamtarbeitsvertrag}}, für einen dem Tarifvertrag ähnlichen Vertrag in der Schweiz und Liechtenstein
* {{WikipediaDE|Kollektivvertrag}} für einen dem Tarifvertrag ähnlichen Vertrag in Österreich.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Goffman, Erving (1986): Interaktion. Spaß am Spiel-Rollendistanz. München: Piper.
* Mario Eylert; Tino Frieling: ''Examensrelevante Grundlagen des Tarifvertragsrechts.'' In: JuS 2017, 106-113 (guter Überblick)
* Goffman, Erving (1999): Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation. Frankfurt a.&nbsp;M.: Suhrkamp
* Peter Berg, Helmut Platow, Christian Schoof, Hermann Unterhinninghofen: ''Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht. Kompaktkommentar''. 3. Auflage 2010, Bund-Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 978-3-7663-3996-6
* Kieserling, André (1999): Kommunikation unter Anwesenden. Frankfurt a.&nbsp;M.: Suhrkamp.
* Otto Ernst Kempen, Ulrich Zachert (Hrsg.): ''Tarifvertragsgesetz''. 4. Auflage 2006, Bund-Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 3-7663-3543-X
* Rolf Oerter, Leo Montada: Entwicklungspsychologie, Beltz Verlags Union, Weinheim, Berlin 2002, ISBN 3-621-27479-0
* Walther Müller-Jentsch: ''Tarifautonomie. Über die Ordnung des Arbeitsmarktes durch Tarifverträge''. Reihe essentials. Springer VS, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-658-21227-8
* Niklas Luhmann (1975): Interaktion, Organisation, Gesellschaft. In: Luhmann, Niklas (Hg.): Soziologische Aufklärung 2. Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft. Opladen: WDV, S. 9–20.
* Jürgen Nautz: ''Die Durchsetzung der Tarifautonomie in Westdeutschland. Das Tarifvertragsgesetz vom 9. April 1949''. Frankfurt am Main 1985, ISBN 978-3-8204-8099-3
* Peter Renneberg: ''Handbuch Tarifpolitik und Arbeitskampf''. VSA Verlag Hamburg 2014, ISBN 978-3-89965-559-9, aktualisierte Ausgabe.
 
== Weblinks ==
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* [http://www.tarifvertrag.de/ WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung]
* [http://www.bw.igm.de/tarife/ Tarifverträge der IG Metall Baden-Württemberg im Wortlaut]
* [http://www.jurawiki.de/ArbeitsRecht Linkliste im Jurawiki]
* [http://www.jusmeum.de/tarifvertraege Sammlung von Tarifverträgen]
* [http://www.boeckler.de/wsi-tarifarchiv_2267.htm Glossar zum Tarifvertragsrecht der Hans-Böckler-Stiftung]
* [http://www.hensche.de/Arbeitsrecht_aktuell_Bundesarbeitsgericht_Abeschied_von_Gleichstellungsabrede_4AZR765-06_4AZR767-06.html Abschied von der Gleichstellungsabrede] – ein arbeitsrechtlicher Kommentar zu den Urteilen des BAG vom 29. August 2007, 4 AZR 765/06 und 4 AZR 767/06
* Justus Haucap, Uwe Pauly, Christian Wey: ''[http://www.nice.tu-berlin.de/fileadmin/documents/nice/forschung/wipol-ausschuss-final.pdf Das deutsche Tarifkartell: Entstehung, Stabilität und aktuelle Reformvorschläge aus Sicht der Wettbewerbstheorie]''


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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Version vom 16. Juli 2019, 13:14 Uhr

Der Tarifvertrag in Deutschland ist ein Vertrag zwischen den Tarifvertragsparteien im Rahmen der grundgesetzlich garantierten Tarifautonomie. Ein vergleichbares Rechtsinstitut ist in Österreich nach dem Arbeitsverfassungsgesetz der Kollektivvertrag, im schweizerischen Arbeitsrecht der Gesamtarbeitsvertrag.

Als ein Äquivalent in angelsächsischen Ländern kann das als Collective Agreement bezeichnete Abkommen zwischen den Arbeitsmarktparteien angesehen werden, das allerdings in einer vollkommen anderen Rechtstradition gründet.

Nach deutschem Recht, dem Tarifvertragsgesetz, enthält der Tarifvertrag Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen (normativer Teil) regeln und die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien (schuldrechtlicher Teil) festlegen. Zu den Tarifvertragsparteien zählen einzelne Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände einerseits und Gewerkschaften (für die Arbeitnehmer) andererseits.

Tarifvertragliche Bindung

In Westdeutschland arbeiteten 2015 rund 51 Prozent der Beschäftigten in einem Betrieb, der einem Branchentarifvertrag unterlag, in Ostdeutschland rund 37 Prozent. Firmentarifverträge galten für 8 Prozent der westdeutschen und 12 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten.[1] Seit 1998 ist ein Abwärtstrend in der tarifvertraglichen Bindung der Beschäftigten sowohl in West- wie in Ostdeutschland zu verzeichnen.[2]

Bedeutung des Tarifrechtes

Eine entscheidende Bedeutung des Tarifvertrags besteht darin, dass er die rechtliche Unausgewogenheit, die bei einem Einzelarbeitsvertrag zwischen den Vertragsschließenden auf dem Arbeitsmarkt besteht, zugunsten des zu schützenden schwächeren Vertragspartners, des Arbeitnehmers, ausgleicht. Im Tarifrecht selbst gibt es diesen besonderen Schutz zum Vorteil nur eines von zwei Vertragspartnern dagegen nicht mehr. In Deutschland genießen beide Tarifvertragsparteien – die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände – als Koalitionen ihrer Mitglieder den gleichen Schutz und die gleichen Rechte nach Art. 9 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Ihre Rechte bezüglich des Einsatzes von Arbeitskampfmitteln sind komplementär: „Dem Streik entspricht die Aussperrung, gleichgültig, ob die von einem Arbeitgeberverband beschlossen und von den einzelnen Arbeitgebern durchgeführt wird oder ob ein oder mehrere Arbeitgeber sie durchführen.“[3] 1980 hat das Bundesarbeitsgericht in einer Begründung des Grundsatzurteil ausgeführt: "Tarifverhandlungen ohne das Recht zum Streik wären im allgemeinen nicht mehr als 'kollektives Betteln'."[4]

Mit der Tarifautonomie und dem entsprechenden Tarifrecht gewährt der Staat den Tarifparteien einen Autonomiespielraum, die Regeln ihrer Zusammenarbeit autonom auszugestalten. Sie können dies schneller und flexibler regeln, als dies bei stärkerer Beteiligung des Staates möglich wäre.

Grundlagen des Tarifrechtes

Der gesetzliche Rahmen ist in Deutschland im Tarifvertragsgesetz, kurz TVG, vom 9. April 1949 festgelegt.

Ein Tarifvertrag gilt für ein Arbeitsverhältnis unmittelbar (also ohne dass seine Geltung noch vertraglich vereinbart werden müsste) und zwingend (mit der Folge, dass vertragliche Abweichungen zum Nachteil des Arbeitnehmers unwirksam sind), wenn beide Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden sind. Hingegen sind Abweichungen zugunsten des Arbeitnehmers (Günstigkeitsprinzip) erlaubt. Damit der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, müssen daneben der Betrieb in den fachlichen und örtlichen, der Arbeitnehmer in den persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen.

Die Tarifbindung folgt aus der Mitgliedschaft in einer der Tarifvertragsparteien (Arbeitgeberverband oder Gewerkschaft). Tarifgebunden ist auch der Arbeitgeber, der einen Tarifvertrag direkt mit der Gewerkschaft schließt. Ausnahmsweise kann ein Arbeitgeber trotz Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband nicht tarifgebunden sein, wenn die Satzung des Verbandes eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (so genannte OT-Mitgliedschaft) vorsieht und der Arbeitgeber diese Form der Mitgliedschaft innehat.

Unabhängig davon kann jederzeit einzelvertraglich durch eine so genannte Bezugnahmeklausel die Geltung eines Tarifvertrags oder einer bestimmten Tarifregelung vereinbart werden. Man unterscheidet zwischen dynamischen Klauseln (Inbezugnahme des jeweiligen Tarifvertrages, auch als Jeweiligkeitsklausel bezeichnet) und statischen Klauseln (Inbezugnahme des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Tarifvertrages). Was gewollt ist, ist im Zweifel durch das Arbeitsgericht im Wege der Auslegung zu klären.

Ein Sonderfall ist die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag ist auf alle Arbeitsverhältnisse im Geltungsbereich des Tarifvertrags anzuwenden unabhängig von dem Willen der Arbeitsvertragsparteien.

Tarifverträge bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 1 Abs. 2 TVG).

Austritt aus dem Arbeitgeberverband

Ein Austritt aus dem Arbeitgeberverband, mit welchem ein Verbandstarifvertrag – oft Flächentarifvertrag – geschlossen wurde, beendet die Bindung an den Tarifvertrag nicht sofort. Vielmehr bleiben der ausgetretene Arbeitgeber und die Gewerkschaft bis zu dem Zeitpunkt an den Tarifvertrag gebunden, zu dem dieser durch eine Kündigung von Seiten des Arbeitgeberverbands oder der Gewerkschaft endet (so genannte Nachbindung, § 3 Abs. 3 TVG). Bis dahin herrscht auch beim ausgetretenen Arbeitgeber weiterhin die tarifliche Friedenspflicht, das heißt, ein Arbeitskampf ist unzulässig (streitig).

Nach Ablauf des Tarifvertrags wirkt dieser nach, bis eine neue Abmachung getroffen ist (Nachwirkung, § 4 Abs. 5 TVG). Das bedeutet, dass die Arbeitsbedingungen, die im Tarifvertrag geregelt waren, statisch weiter gelten. Die neue Abmachung kann entweder in einem neuen Tarifvertrag bestehen oder in der Änderung des Arbeitsvertrags (vgl. auch Änderungskündigung). Die Nachwirkung betrifft nur jene Arbeitnehmer, die beim Ende des Tarifvertrags schon beschäftigt waren und Mitglied der jeweiligen Gewerkschaft sind.

Betriebsübergang

Geht das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers im Fall eines Betriebsübergangs auf den Betriebserwerber über, werden die im Veräußererbetrieb geltenden Tarifverträge, wenn der Erwerber nicht seinerseits tarifgebunden ist, gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB zum Bestandteil des individuellen Arbeitsvertrags, und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres verändert werden. Der Tarifvertrag gilt aber nur in dem Umfang weiter, wie er zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs galt; der Arbeitnehmer nimmt nicht mehr an den Änderungen im Tarifvertrag teil, die nach Betriebsübergang erfolgen, weil es insoweit doch gerade an der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers fehlt.

Behandlung nicht tarifgebundener Arbeitnehmer

Tarifgebundene Arbeitgeber behandeln in der Regel alle Arbeitnehmer eines Betriebes, unabhängig von deren tatsächlicher Tarifbindung, nach den Regeln des Tarifvertrags. Dies geschieht im Regelfall durch eine sog. Gleichstellungsabrede, also durch eine Klausel, die im Individualarbeitsvertrag auf die Regelungen des Tarifvertrags Bezug nimmt und ihnen so individualvertragliche Wirkung zukommen lässt. Der Grund liegt vor allem darin, den Mitarbeitern keine zusätzliche Motivation zu geben, Mitglied der Gewerkschaft zu werden, denn die Gewerkschaftsmitgliedschaft des Arbeitnehmers ist die Voraussetzung für die zwingende Anwendung eines entsprechenden Tarifvertrags.

Unzulässig wären in Tarifverträgen sogenannte Absperrklauseln (oder Closed-Shop-Klauseln[5]), wonach ein Unternehmen nur (gewerkschaftlich) organisierten Arbeitnehmern die Bedingungen des Tarifvertrages gewähren oder gar nur solche Arbeitnehmer beschäftigen darf. Eine solche Regelung verstößt nach einhelliger Meinung gegen die Negative Koalitionsfreiheit (Art. 9 GG). Umstritten ist dagegen die Wirksamkeit sogenannter Differenzierungsklauseln, die organisierten Arbeitnehmern einen Vorteil gegenüber nicht organisierten Arbeitnehmern gewähren. Ein Vorteil beim Erhalt des Arbeitsplatzes bei Personalabbau ist hierbei wohl unzulässig, während rein finanzielle Vorteile vermutlich zulässig sind.[6]

Abweichungen

Abweichungen von Tarifnormen zu Ungunsten der Beschäftigten sind nur zulässig, wenn dies im Tarifvertrag durch eine Öffnungsklausel zugelassen ist. Ansonsten gilt die Unabdingbarkeit oder das Günstigkeitsprinzip eines Tarifvertrages. Abweichungen zugunsten des Arbeitnehmers sind durch einzelvertragliche Regelung zulässig jedoch nicht durch Betriebsvereinbarungen, § 77 Abs. 3 BetrVG. Zum Teil enthalten Tarifverträge auch ausdrückliche Regelungen zur konkreten Umsetzung eher allgemeiner Tarifbestimmungen in die betriebliche Praxis, z. B. durch ergänzende Betriebsvereinbarungen. Ein Beispiel ist die Umsetzung des Leistungsentgeltes im öffentlichen Dienst im Rahmen des § 18 TVöD.

Bestimmte Mitarbeiter mit speziellen Qualifikationen werden als sogenannte außertarifliche Angestellte mit einem AT-Vertrag vergütet, der über der höchsten Tarifgruppe des jeweiligen Vergütungstarifvertrages liegt. In der Praxis werden auch beispielsweise Angestelltenverträge von Mitarbeitern nichttarifgebundener Konzerntöchter als AT bezeichnet, auch wenn deren Vergütungen und Konditionen deutlich schlechter sind als im entsprechenden Tarifvertrag.

Tarifautonomie

Tarifautonomie bedeutet, dass Tarifverträge allein von den Tarifvertragsparteien selbst ausgehandelt werden. Eine Einflussnahme durch Regierung oder Verwaltung, Gesetzgeber und Rechtsprechung ist nicht zulässig. Vielmehr müssen staatliche Stellen ihre Neutralität wahren. Die Tarifautonomie ergibt sich aus Art. 9 Absatz 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland.

Die vorrangige Bedeutung der Tarifautonomie kommt auch in § 77 Abs. 3 BetrVG zum Ausdruck. Nach dieser Vorschrift dürfen Arbeitgeber und Betriebsrat Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die „durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden“, nicht durch Betriebsvereinbarung regeln. Die Betriebsparteien haben in diesen Angelegenheiten keine Möglichkeit, Regelungen mit normativer Wirkung für die Arbeitnehmer zu vereinbaren.[7] Dies gilt auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber, da „Konkurrenzregelungen“ in der Form von Betriebsvereinbarungen ebenfalls die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie stören könnten.[8] Verstöße dagegen führen zur Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung,[9] die aber ausnahmsweise durch Umdeutung dennoch Wirkung entfalten kann.[10]

Inhalt von Tarifverträgen

Im Tarifvertrag werden die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien geregelt (schuldrechtlicher Teil – z. B. Friedens- und Einwirkungspflicht).
Er enthält daneben und vor allem Rechtsnormen über den Inhalt (darunter oft sog. Ausschlussfristen), die Begründung und die Beendigung (z. B. Kündigungsfristen) von Arbeitsverhältnissen sowie Regelungen zu betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen (normativer Teil). Tarifverträge enthalten beispielsweise Bestimmungen zu folgenden Punkten:

Arten von Tarifverträgen

Tarifverträge lassen sich nach verschiedenen Abgrenzungskriterien unterscheiden.[11]

Unterscheidung nach Parteien auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite

Die Unterscheidung nach Parteien ergibt sich weitgehend aus dem TVG, auch wenn dort die Bezeichnungen nicht vorgegeben sind, so dass es teilweise uneinheitliche Bezeichnungen in der Literatur und Rechtsprechung gibt.

  1. Der Verbandstarifvertrag (Flächentarifvertrag) wird geschlossen zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberverband mit Gültigkeit für eine bestimmte Branche und für einen räumlich abgegrenzten Tarifvertragsbezirk, der die Bundesrepublik Deutschland insgesamt oder – häufiger – ein Teilgebiet erfasst. Er ist immer noch die verbreitetste Art von Tarifvertrag bei der Unterscheidung nach Parteien.
  2. Der firmenbezogene Verbandstarifvertrag wird ebenfalls zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberverband geschlossen, allerdings mit Gültigkeit nur für ein bestimmtes Unternehmen.
  3. Der Firmentarifvertrag (Haustarifvertrag) wird zwischen Gewerkschaft und dem Unternehmen, in dem er gelten soll, geschlossen.
  4. Der mehrgliedrige Tarifvertrag wird auf einer oder beiden Seiten von mehreren Vertragspartnern abgeschlossen, so beispielsweise in der Zeitarbeitsbranche, wo es einen Tarifvertrag mit zwei Arbeitgeberverbänden auf der Arbeitgeberseite und acht DGB-Gewerkschaften auf Arbeitnehmerseite gab.
  5. Der Konzerntarifvertrag wird zwischen Gewerkschaft und einem Konzern abgeschlossen, mit Wirkung für die einzelnen Unternehmen des Konzerns. Je nach Ausgestaltung handelt es sich rechtlich eigentlich entweder um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag oder um einen Firmentarifvertrag mit der Muttergesellschaft, den weitere Konzernunternehmen übernehmen.

Unterscheidung nach Regelungsgegenständen

Die Unterscheidung nach Regelungsgegenständen hat sich aus rein praktischen Erwägungen entwickelt. Juristisch hat diese Unterscheidung keine Auswirkung. Die Tarifvertragsparteien sind auch völlig frei in der Frage, welche Regelungsgegenstände sie unter welcher Bezeichnung in einem Vertrag zusammenfassen.

  1. Der Lohn- und Gehaltstarifvertrag (auch Entgelt-, Lohn- und Gehaltstarifvertrag, Vergütungstarifvertrag) regelt die Höhe des Arbeitsentgelts in den einzelnen Entgeltgruppen oder des Ecklohns. Die Laufzeit dieses Vertrages ist typischerweise relativ kurz, kann aber auch bis zu 31 Monaten betragen.
  2. Der Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag (auch unspezifisch und mit unklarer Abgrenzung zum Manteltarifvertrag: Rahmentarifvertrag) regelt die Lohn- und Gehaltsgruppen, in die die Arbeitnehmer in der Regel nach ihren Arbeitsinhalten einzuordnen sind.
  3. Der Manteltarifvertrag (ebenfalls auch unspezifisch als Rahmentarifvertrag, zum Beispiel Bundesrahmentarifvertrag Bau, bezeichnet) regelt alle weitergehenden Arbeitsbedingungen, soweit dies von den Tarifvertragsparteien vereinbart wird. Beispiele sind Urlaub und Kündigungsfristen. Die Laufzeit von Manteltarifverträgen ist in der Regel entweder sehr lang oder unbegrenzt und es Bedarf einer Kündigung, um den Vertrag neu zu verhandeln. Beispiele für Manteltarifverträge sind der TVöD und TV-L im öffentlichen Dienst und der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe in der Privatwirtschaft.
  4. Sonstige Tarifverträge können im Einzelfall verschiedenste Regelungsgegenstände betreffen, die im konkreten Einzelfall keine Aufnahme in anderen Tarifverträgen gefunden haben. Dies können zum Beispiel sein: vermögenswirksame Leistungen, Beschäftigungssicherung und gemeinsame Einrichtungen von Tarifvertragsparteien.

Tarifregister

Alle Tarifverträge werden in Tarifregistern registriert. Tarifregister sind öffentlich, jeder kann sie einsehen. Sie werden beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales und bei allen Bundesländern geführt. In den Bundesländern sind in der Regel die Arbeits- oder Sozialministerien zuständig.

Siehe auch

Literatur

  • Mario Eylert; Tino Frieling: Examensrelevante Grundlagen des Tarifvertragsrechts. In: JuS 2017, 106-113 (guter Überblick)
  • Peter Berg, Helmut Platow, Christian Schoof, Hermann Unterhinninghofen: Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht. Kompaktkommentar. 3. Auflage 2010, Bund-Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 978-3-7663-3996-6
  • Otto Ernst Kempen, Ulrich Zachert (Hrsg.): Tarifvertragsgesetz. 4. Auflage 2006, Bund-Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 3-7663-3543-X
  • Walther Müller-Jentsch: Tarifautonomie. Über die Ordnung des Arbeitsmarktes durch Tarifverträge. Reihe essentials. Springer VS, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-658-21227-8
  • Jürgen Nautz: Die Durchsetzung der Tarifautonomie in Westdeutschland. Das Tarifvertragsgesetz vom 9. April 1949. Frankfurt am Main 1985, ISBN 978-3-8204-8099-3
  • Peter Renneberg: Handbuch Tarifpolitik und Arbeitskampf. VSA Verlag Hamburg 2014, ISBN 978-3-89965-559-9, aktualisierte Ausgabe.

Weblinks

 Wiktionary: Tarifvertrag – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Peter Ellguth / Susanne Kohaut: Tarifbindung und betriebliche Interessenvertretung: Ergebnisse aus dem IAB-Betriebspanel 2015. In: WSI-Mitteilungen 69. Jg./2016, Heft 4, S. 284.
  2. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut in der Hans-Böckler-Stiftung/WSI-Tarifarchiv 2016: Statistisches Taschenbuch Tarifpolitik 2016, Graphik 1.6.
  3. BAG: Grundsatzbeschluss vom 28. Januar 1955; zitiert nach Thomas Blanke et al.: Kollektives Arbeitsrecht, Band 2. Rowohlt, Reinbek 1975, S. 237.
  4. Bundesarbeitsgericht Urt. v. 10.06.1980 - 1 AZR 168/79
  5. Sascha Dudzik: Differenzierungsklauseln in Tarifverträgen, GRIN Verlag, Norderstedt, 2006 (Online in der Google Buchsuche).
  6. Vgl. zum Ganzen: Erfurter Kommentar/Dieterich Art. 9 GG, Rn. 32–35.
  7. BAG, Beschluss vom 24.02.1987 – 1 ABR 18/85, Rn. 37 – BAGE 54, 191-210.
  8. BAG, Urteil vom 24. Januar 1996 – 1 AZR 597/95, Rn. 21 –, BAGE 82, 89-101 = NZA 1996, 948.
  9. BAG, Urteil vom 24. Januar 1996 – 1 AZR 597/95, Rn. 19 f. –, BAGE 82, 89-101 = NZA 1996, 948.
  10. BAG, Urteil vom 23. August 1989 – 5 AZR 391/88 –, juris, 1. Leitsatz.
  11. Der nachfolgende Abschnitt basiert, soweit nicht anders angegeben, auf Kempen/Zachert: Tarifvertragsgesetz, 4. Auflage, Bund-Verlag, Frankfurt am Main, 2005.
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