Bibliothek:Rudolf Steiner/Arbeitervorträge/GA 347 Die Erkenntnis des Menschenwesens/Erster Vortrag

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Erster Vortrag

Dornach, 2. August 1922

Guten Morgen, meine Herren! Heute wollen wir die Zeit dazu benützen, um zu dem, was wir gehört haben, noch einiges hinzuzufügen. Dann wird uns ja gerade dadurch manches verständlich werden können von der ganzen Würde des Menschen.
Sehen Sie, ich habe ungefähr gesagt, wie die Ernährung verläuft und wie die Atmung des Menschen verläuft. Wir haben auch gesehen, daß die Ernährung mehr zusammenhängt mit dem Leben des Menschen, daß die Ernährung darinnen besteht, daß wir Nahrungsstoffe aufnehmen, die eigentlich in leblosem Zustand in unserem Darm sind, daß diese Nahrungsstoffe dann durch die Lymphgefäße lebendig gemacht werden, und daß sie im lebendigen Zustande dann ins Blut übergeführt werden. Dann tritt ja im Blut drinnen, wie wir wissen, diese lebendige Nahrung in Berührung mit dem Sauerstoff der Luft. Die Luft wird aufgenommen von dem Menschen. Das Blut wird verändert. Das ist derjenige Vorgang, der in der Brust vor sich geht. Und wir haben zugleich darin dasjenige, was uns unsere Empfindung gibt.
Also, Leben wird eigentlich zwischen den Darmvorgängen und zwischen den Blutvorgängen bewirkt. Innerhalb der Blutvorgänge wiederum, zwischen den Blutvorgängen und der Luft, wird dasjenige, was unser Gemüt ist, bewirkt. Nun müssen wir uns auch noch um den Verstand bekümmern und müssen einmal versuchen zu begreifen, wie der Verstand beim Menschen zustande gekommen ist.
Sehen Sie, äußerlich das zu erkennen, ist eigentlich erst seit, man könnte sagen, zirka sechzig Jahren möglich. Man hätte ja im vorigen Jahre, 1921, eigentlich das Sechzig-Jahr-Jubiläum feiern können. Es ist ja nicht gefeiert worden, weil in der heutigen Zeit die Menschen wenig Interesse haben, gerade rein wissenschaftliche Jubiläumsfeiern zu veranstalten. Die Entdeckung, die 1861 gemacht worden ist, die als sechzigjährige Entdeckung hätte gefeiert werden können - also erst seit fünfzig, sechzig Jahren kann man so reden über die Sache, über die ich heute reden will -, ist eine wichtige wissenschaftliche Entdeckung. Ich

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erinnere mich an diese Entdeckung schon aus dem Grunde, weil sie just so alt ist, wie ich selber. Diese Entdeckung besteht in folgendem.
Ich habe Ihnen neulich gesagt, wie man beobachten kann am Men¬schen: Man braucht nicht zu experimentieren, sondern man braucht nur achtzugeben auf dasjenige, was die Natur selber experimentiert am Menschen, wenn der Mensch nach irgendeiner Richtung erkrankt. "Wenn man dann nachzuschauen versteht, was geschehen ist im physischen Menschen, wenn der Mensch in irgendeiner Weise erkrankt ist, dann ist ein solches Experiment, ein solcher Versuch von der Natur selber für uns angestellt worden, und wir können aus diesem Versuch heraus eine Erkenntnis gewinnen.
Dazumal nun, 1861, ist gefunden worden, und zwar von Broca, daß bei Leuten, welche Sprachstörungen haben, wenn man sie nach dem Tode seziert, dann in der linken dritten Stirnwindung etwas verletzt ist.
Nicht wahr, wenn wir das Gehirn betrachten, wenn wir also gleich¬sam abheben die knöcherige Schädeldecke, die Knochenhülle, so be¬kommen wir das Gehirn zu sehen. Dieses Gehirn, das hat ja Windungen: Da ist eine Windung, da eine zweite, und da liegt eine dritte Windung (es wird gezeichnet). Man nennt diese Windung, weil sie hier an der Schläfe liegt, die Schläfenwindung. Nun, jedesmal, wenn der Mensch entweder einzelne Sprachstörungen hat, oder wenn er gar nicht mehr sprechen kann, dann ist in dieser linken Stirnwindung etwas kaputt.
Das kann geschehen, wenn der Mensch einen sogenannten Gehirn¬schlag erleidet. Ein Gehirnschlag besteht ja darinnen, daß das Blut, das sonst nur in den Adern fließen soll, durch die Adern sich durchdrückt und dann ausfließt in die übrige Masse, die um die Adern herum ist, in der das Blut nicht drinnen sein soll. Also ein solcher Bluterguß be¬wirkt dann den Schlag, die Lähmung. Wenn also das Blut sich unrecht¬mäßig ergießt in den Menschen, in diese Schläfenwindung hinein, so bewirkt das zuletzt, wenn diese Schläfenwindung vollständig unter¬graben wird, daß der Mensch nicht mehr sprechen kann.
Sehen Sie, das ist ein sehr interessanter Zusammenhang. Wir können sagen: Der Mensch spricht dadurch, daß er in seinem physischen Kör¬per eine gesunde linke Schläfenwindung hat. Und wir müssen jetzt ver¬stehen, was das eigentlich heißt: ein Mensch hat eine gesunde linke

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Schläfenwindung. Aber um das zu verstehen, müssen wir noch etwas anderes betrachten.
Wenn kleine Kinder sterben, und wir untersuchen diese selbe Stelle im Gehirn, also diese linke Schläfenwindung, dann ist diese Strippe Hirn ein ziemlich gleichmäßiger Brei; namentlich bevor das Kind sprechen gelernt hat, ist es ein ziemlich gleichmäßiger Brei. In dem¬selben Maße, in dem das Kind anfängt sprechen zu lernen, bekommt diese linke Stirnwindung immer mehr und mehr kleine Windungen. Sie bildet sich immer mehr und mehr künstlich aus. So daß man sagen kann: Wenn beim ganz kleinen Kind etwa diese linke Stirnwindung so ausschauen würde (es wird gezeichnet), so wird sie beim Kind, das sprechen gelernt hat, und beim Erwachsenen, so ausschauen: sehr künst¬lich gebildet.
Da ist also etwas geschehen mit dem Gehirn; während das Kind gerade sprechen gelernt hat, ist etwas geschehen. Und kein Mensch sollte eigentlich über eine solche Sache anders denken, als man sonst im ge¬wöhnlichen Leben denkt. Sehen Sie, wenn ich den Tisch von da hierher rücke, so wird kein Mensch sagen: Der Tisch hat sich hierher gerückt. -Ebensowenig sollte ich sagen: Das Gehirn hat sich Windungen gebil-det -, sondern ich muß nachdenken, was da eigentlich geschehen ist, was die Ursache ist. Ich muß also nachdenken darüber, woher diese Ausbildung gerade just der linken Schläfenwindung kommt.
Nun, sehen Sie, wenn das Kind sprechen lernt, so bewegt es ja seinen Körper. Es bewegt seinen Körper in den Sprachorganen. Vorher, wenn das Kind noch nicht sprechen kann, ein bloß zappeliges Wesen ist, schreit es höchstens und so weiter. Solange es bloß schreit, solange ist diese linke Stirnwindung noch ein solcher Brei, wie ich es zuerst ge¬zeichnet habe. Je mehr es lernt, nicht mehr bloß zu schreien, sondern das Schreien übergehen zu lassen in Laute, desto mehr wird diese Stirn¬windung ausgebildet. So daß man sagen kann: Wenn das Kind bloß schreit, dann hat es also da an der Stelle einen Gehirnbrei. Jetzt fängt es an, nicht mehr bloß zu schreien, sondern Laute zu sagen. Dann ver¬wandelt sich allmählich dieser allgemeine Brei in einen schön ausgebil¬deten linken Gehirnteil.
Nun, meine Herren, die Sache ist so: Sie wissen ja, wenn das Kind

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schreit, dann sind die Schreiereien, die es macht, meistens dasjenige, was man Selbstlaute nennt: A, E. Wenn das Kind also bloß schreit, so braucht es keine gegliederte linke Stirnwindung, sondern es bringt das¬jenige, was es da schreit, immer aus sich selbst hervor, ohne daß es so etwas Künstliches da im Gehirn hätte. Wenn man ein wenig achtgibt, so wird man sehen, daß, was das Kind zuerst schreit, sehr ähnlich ist den A-Lauten. Dann später fängt das Kind an, U- und I-Laute dazu-zufügen zu seinem Schreien. Und allmählich lernt das Kind, wie Sie ja wissen, auch Mitlaute. Das Kind schreit zuerst A; dann lernt es das M dazu: MA oder WA. Also das Kind bringt aus dem Schreien heraus allmählich die Worte zustande, indem es zu den Selbstlauten die Mit¬laute hinzukriegt.
Und diese Mitlaute, wodurch bilden die sich? Sie brauchen nur ein¬mal achtzugeben, wie Sie ein M hervorbringen. Da müssen Sie die Lip¬pen bewegen. Das müssen Sie als Kind durch Nachahmung lernen. Wenn Sie ein L hervorbringen, dann müssen Sie die Zunge bewegen. Und so müssen Sie irgend etwas bewegen. Sie müssen also von dem Zappeln, das das Kind bloß macht, übergehen zu regelmäßigen Be¬wegungen, zu Bewegungen, die die Sprachorgane durch Nachahmung ausführen. Und je mehr das Kind solche Mitlaute, L, M, N, R und so weiter zu den Selbstlauten, die bloß beim Schreien sind, hinzufügt, desto mehr wird diese linke Stirnwindung gegliedert, desto mehr wird diese linke Stirnwindung künstlich ausgebildet; so daß mit derselben Stärke, mit der das Kind die Mitlaute lernt, diese linke Stirnwindung sich ausbildet.
Nun, jetzt können wir also sagen: Woher lernt das Kind zunächst sprechen? - Das Kind lernt sprechen wirklich nur durch Nachahmung. Es lernt sprechen, die Lippen bewegen, indem es aus dem Gefühl heraus nachahmt, wie die anderen Leute die Lippen bewegen. Alles ist Nach¬ahmung. Das heißt, das Kind bemerkt, sieht, nimmt wahr dasjenige, was in seiner Umgebung vor sich geht. Und durch dieses Wahrnehmen, also durch diese geistige Arbeit des Wahrnehmens wird das Gehirn aus¬gebildet. Geradeso wie der Bildhauer sein Holz oder seinen Marmor ausbildet oder seine Bronze, so wird dieses Gehirn bildhauerisch aus¬gebildet dadurch, daß das Kind sich bewegt. Die Organe, die es bewegt,

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die pflanzen ihre Bewegung bis ins Gehirn hinein fort. Wenn ich also L mit der Zunge sage, so ist die Zunge mit dem Gehirn durch einen Nerv verbunden, durch andere Organe verbunden. Dieses L, das geht bis in meine linke Stirnwindung herein und bringt da drinnen solche Figuren hervor. Das L bringt also eine solche Figur hervor, wo eins ans andere sich anschließt, wo sich diese linke Stirnwindung fast wie ein Gedärm ausbildet. Das M, das bringt solche kugeligen Windungen her¬vor. Also Sie sehen, es ist Arbeit an dieser linken Schläfenwindung. Da arbeitet dasjenige, was das Kind durch das Bemerken bewegt, durch¬lebt. Das ist nun sehr interessant, daß man also, seitdem man das weiß, daß ein Schlag, ein Gehirnschlag, die linke Stirnwindung ruiniert und dadurch die Sprache untergräbt, daß man dadurch wissen kann, daß eigentlich fortwährend beim Kinde an dieser linken Stirnwindung ge¬arbeitet wird, indem es Konsonanten, Mitlaute lernt. Und das kommt davon, daß das Auge und allerlei andere Organe bemerken, daß in der Außenwelt etwas geschieht. Was geschieht denn da in der Außenwelt?
Nun, sehen Sie, wenn wir sprechen, so atmen wir ja auch immer während des Sprechens. Wir atmen ja fortwährend. Und wenn wir atmen, dann geht dasjenige, was aus dem Atmen sich bildet, dieser Atemstoß, wie ich ihn genannt habe, der geht zuerst in den mensch¬lichen Leib hinein, geht dann durch diesen Rückenmarkskanal herauf (es wird gezeichnet) und geht in das Gehirn hinein. Also während das Kind schreit, noch nicht die Mitlaute sagen kann, aber schreit und atmet, während der Zeit geht immer diese Atmung herauf, dieser At¬mungsstoß; der geht herauf und der geht überall in das Gehirn hinein.
Fragen wir uns: Was geht da eigentlich ins Gehirn hinein? Nun, ins Gehirn geht Blut hinein. Das geht überall hin, so wie ich es Ihnen er¬klärt habe in den letzten Tagen. Also durch die Atmung wird eigentlich das Blut immerfort hineingestoßen in das Gehirn. Das aber, daß durch die Atmung das Blut hineingestoßen wird überall, ja, sehen Sie, das findet auch schon statt, nachdem das Kind gerade eben geboren wird -auch schon früher, aber da wird eben auf eine andere Weise gearbeitet. Also wenn das Kind geboren wird, fängt es an zu atmen. Da geht eigent¬lich immer schon dieser Luftstoß herauf, der das Blut in das Gehirn hineinstößt.

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Und auf diese Weise können wir sagen: Solange bloß das Blut durch die Atmung ins Gehirn hineingestoßen wird, solange kann das Kind bloß schreien. Es fängt an zu reden, wenn nicht bloß das Blut da hinein¬gestoßen wird, sondern wenn nun, sagen wir, vom Auge oder von irgendeinem anderen Organ, vom Ohr namentlich, das Kind etwas bemerkt, wenn es etwas wahrnimmt. Wenn also das Kind am anderen Menschen eine Bewegung bemerkt, macht es die Bewegung in sich nach; dann geht nicht nur der Blutstrom da herauf, sondern dann geht, sagen wir zum Beispiel, vom Ohr ein anderer Strom fortwährend da herein (es wird gezeichnet). Sehen Sie, das ist der andere Strom. Und dieser andere Strom ist der Nervenstrom.
Also in der linken Schläfenwindung, in der sogenannten Sprach¬windung, begegnen sich, wie sonst überall im menschlichen Körper, Blutgefäße und Nervenstränge. Auf die Nervenstränge wirkt dasjenige, was man bemerkt, was man wahrnimmt. Die Bewegungen, die das Kind bei den Mitlauten ausführt, pflanzen sich also durch die Nerven in seine linke Sprachwindung hinein fort. Und da wird diese ganz gut ausgebildet, indem immer der Atmungsstoß mit dem Blut zusammen¬wirkt mit dem, was von dem Ohr oder auch von dem Auge namentlich kommt, und was da allmählich zwischen Blut und Nerven die ganze breiige Gehirnmasse wunderschön gliedert. Also können Sie sehen, daß unser Gehirn eigentlich erst ausgebildet wird - wenigstens in diesem Teil, und dann in anderen Teilen ist es nämlich geradeso -, ausgebildet wird dadurch, daß zusammenwirkt eine Tätigkeit, also das Wahr¬nehmen, mit einer anderen Tätigkeit, mit diesem Stoß, der das Blut hin¬eintreibt in das Gehirn.
Nun aber müssen Sie sich auch noch über das Folgende klar werden. Das Kind lernt also auf diese Weise sprechen, das heißt, es bildet seine linke Stirnwindung aus. Aber, meine Herren, wenn man nun eben bei einem Leichnam sitzt und ihn seziert, und die rechte Stirnwindung, die da symmetrisch liegt, beobachtet, so ist diese verhältnismäßig unausge-bildet. Also da haben wir die linke Stirnwindung; die ist so wunder¬schön geworden, wie ich es Ihnen gesagt habe. Die rechte, die bleibt das ganze Leben hindurch meistens so, wie sie war bei dem Kinde - die bleibt also ungegliedert. Ich möchte sagen: Wenn wir bloß die rechte

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Stirnwindung hätten, so könnten wir bloß schreien, und nur dadurch, daß wir uns die linke Stirnwindung so künstlich zubereiten, können wir reden.
Nur, sehen Sie, wenn einmal ein Mensch ein Linkshänder ist, wenn er also die Gewohnheit hat, nicht mit der rechten Hand seine Arbeiten zu verrichten, sondern mit der linken Hand, dann stellt sich das Kuriose heraus, daß, wenn ihn auf der linken Seite der Schlag trifft, er zum Beispiel nicht die Sprache verliert. Und wenn er dann seziert wird, so findet man, daß bei ihm, beim Linkshänder, die rechte Stirnwindung so gegliedert worden ist, wie sonst bei den gewöhnlichen, normalen Bür¬gern und Menschen die linke Stirnwindung gegliedert wird.
Also haben die Arm- und Handbewegungen einen außerordentlich starken Anteil an dieser Ausbildung des Gehirns. Woher kommt das? Ja, sehen Sie, das kommt davon: Wenn einer sich gewöhnt, mit der rechten Hand viel zu tun, tut er nicht bloß das, was er tut, mit der rechten Hand, sondern er gewöhnt sich dann auch an, rechts ein biß-chen stärker zu atmen, also mehr Atemkraft aufzuwenden. Er gewöhnt sich an, rechts deutlicher zu hören und so weiter. Das zeigt uns nur, daß der Mensch, wenn er sich gewöhnt, die rechte Hand zu gebrauchen, er im allgemeinen die Tendenz hat, rechts überhaupt mehr Tätigkeit aus¬zuüben als links. Nun wird aber gerade just die linke Stirnwindung ausgebildet, wenn er ein Rechtshänder, und die rechte Stirnwindung, wenn er ein Linkshänder ist. Woher kommt denn das?
Ja, meine Herren, sehen Sie: Hier (es wird gezeichnet) haben Sie bei einem Körper den rechten Arm, die rechte Hand, hier haben Sie den Kopf und hier haben Sie seine linke Schläfenwindung. Jetzt untersuchen wir einmal, wie die Nerven gehen. Die Nerven gehen nämlich so; Sie haben hier drinnen überall Nerven. Wenn Sie diese Nerven nicht hätten, würden Sie hier zum Beispiel nicht warm oder kalt fühlen können. Das hängt alles mit den Nerven zusammen. Sie haben hier überall Nerven, die gehen herauf durch das Rückenmark, gehen in das Gehirn hinein. Aber das Kuriose ist, daß die Nerven, die in der rechten Hand sind, hierhin in das linke Gehirn gehen, und die Nerven, die hier in der anderen Hand sind, in das rechte Gehirn hineingehen. Da drinnen, da kreuzen sich nämlich die Nerven. Im Gehirn kreuzen sich die Nerven,

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so daß ich, wenn ich zum Beispiel, sagen wir, irgendeine Turnübung oder eine Eurythmieübung mache mit der rechten Hand oder dem rech¬ten Arm, das dann dadurch spüre, daß der Nerv dieses Spüren ver¬mittelt; aber ich spüre es mit der linken Gehirnhälfte, weil die Nerven sich kreuzen.
Nun stellen Sie sich vor, daß ein Kind vorzugsweise mit der rechten Hand gern alles tut. Dann atmet es auch ein bißchen stärker auf der rechten Seite, hört ein bißchen stärker, sieht sogar ein bißchen schärfer auf der rechten Seite. Der Mensch strengt sich dann rechts mehr an und entwickelt dasjenige, was er an Bewegungen ausführt, ins linke Gehirn hinein.
Sie brauchen sich nun nur vorzustellen, daß wir ja auch immer so ein bißchen die Eigenheit haben, daß wir Gebärden machen beim Spre¬chen: Ah! (entsprechende Gebärde); und wenn wir etwas abweisen: E! Wir machen Gebärden beim Sprechen. Diese Gebärden werden von unseren Nerven empfunden; und die Gebärden der rechten Hand, die wir beim Sprechen machen, die werden mit der linken Gehirnhälfte empfunden. Und ebenso haben wir, wenn wir Rechtshänder sind, die Tendenz, mit der rechten Kehlkopfhälfte stärker die Vokale und Kon¬sonanten auszusprechen, stärker die Laute auszusprechen; dann wird das, was wir da tun, auch mit der linken Gehirnhälfte stärker empfun¬den. Und von dem rührt dann das her, daß das Gehirn, das ursprüng¬lich ein Brei ist, mehr ausgebildet wird. Die linke Hälfte lassen wir mehr unbenutzt; daher wird die rechte Gehirnhälfte weniger ausgebil¬det, bleibt breiartig. Aber wenn einer ein Linkshänder ist, geschieht es umgekehrt.
Daraus folgen allerlei wichtige Sachen für die Pädagogik. Denken Sie sich, bei linkshändigen Kindern — wenige linkshändige Kinder hat man ja schon auch in der Schule - muß man sich sagen: Während bei allen anderen sehr künstlich ausgebildet ist die linke Schläfenwindung im Gehirn, ist bei diesen Linkshändigen in voller Bildung begriffen, bildet sich aus die rechte Schläfenwindung. Und unterrichte ich die Kinder im Schreiben, da verwende ich die rechte Hand. Diejenigen Kinder, die rechtshändig sind, die werden nur dasjenige verstärken in ihrer linken Stirnwindung, was sie schon angefangen haben auszubil-

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den beim Sprechenlernen. Diejenigen Kinder aber, die linkshändig sind, die werden, wenn ich sie nun zwinge mit der rechten Hand zu schrei¬ben, dasjenige wieder ruinieren, was sie in der rechten Schläfenwindung sich eingebildet haben durch die Sprache. Die ruinieren sich das wieder, und ich habe daher die Aufgabe, da es mit dem Schreiben doch nicht so sein soll, daß man die Linkshänder links schreiben läßt, ich habe zu¬nächst die Aufgabe, bei denjenigen Kindern, welche linkshändig sind, langsam und allmählich dasjenige, was sie mit der linken Hand tun, in die rechte Hand herüberzuleiten, damit sie zuerst lernen, mit der an¬deren Hand so etwas zu arbeiten, und sie dann erst viel langsamer als die anderen Kinder ins Schreiben hineinkommen. Das macht nichts, wenn die etwas später schreiben lernen.
Wenn ich einfach Kinder, die linkshändig sind, so schnell schreiben lernen lasse wie diejenigen, die rechtshändig sind, so mache ich diese Kinder dümmer, weil ich ihnen wiederum dasjenige ruiniere, was sie in der rechten Gehirnhälfte ausgebildet haben. Also ich muß beachten, daß ich die Kinder, die linkshändig sind, in einer anderen Weise im Schreiben unterrichte als diejenigen Kinder, die rechtshändig sind. Sie werden dadurch eben für das spätere Leben nicht dümmer, sondern gescheiter, wenn ich langsam hineinleite die Linkshändigkeit in die Rechtshändigkeit, und nicht durch Schreiben mit der rechten Hand einfach das ganze Gehirn konfus mache.
Nun, sehen Sie, wenn man überhaupt durch Schreiben den ganzen Menschen behandeln will, dann erreicht man pädagogisch überhaupt das Gegenteil von dem, was man erreichen will. Es ist jetzt eine große Tendenz vorhanden, den Menschen immer mit beiden Händen alles zu lehren, ihn mit beiden Händen alles machen zu lassen. Da bringe ich in leinem Gehirn alles durcheinander. Und es zeigt nur, wie wenig die Leute wissen, wenn sie eine solche Tendenz haben, den Menschen links und rechts dasselbe machen zu lassen. Man könnte schon das anstreben; da muß man aber vorher etwas anderes machen. Und was müßte man machen? Ja, meine Herren, da müßte man vorher den ganzen Menschen umändern! Da müßte man langsam die eine Tätigkeit von der linken Seite auf die rechte Seite übergehen lassen und die Tätigkeit auf der rechten Seite langsam schwächer machen. Was würde dann geschehen?

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Ja, sehen Sie, was dann geschehen würde, das ist dieses, daß unter dieser Oberfläche der linken Schläfenwindung (es wird gezeichnet) die linke Schläfenwindung künstlicher ausgebildet sein würde, und außen, an der Außenseite, da bliebe es Brei. Und das würde dann auch an der rechten Schläfenwindung eintreten. Statt daß ich dann die zwei Tätig¬keiten verteile auf die linke und rechte Seite, mache ich jede Schläfen-windung zu einer Hälfte, zu einer äußeren und zu einer inneren Hälfte. Und die innere Hälfte, die ist dann mehr zum Sprechen geeignet, die äußere ist mehr bloß, um die Selbstlaute und Mitlaute hineinzuschreien. Aber alles Sprechen ist ja eine Zusammensetzung von Schreien und Artikulieren. Das bleibt so das ganze Leben hindurch.
Sie sehen also, man darf nicht so ohne weiteres am Menschen herum¬pfuschen, sondern man muß, wenn man Pädagogik, auch nur Volks¬schulpädagogik treiben will, den ganzen Menschen kennen. Denn mit allem, was man tut, verändert man nämlich den Menschen. Und das ist das wirklich Sündhafte, daß heute bloß nach Äußerlichkeiten herum¬gepfuscht wird und nicht darauf gesehen wird, wie sich die Dinge stellen, wenn man wirklich in den Menschen eindringt.
Nun, bei den wenigsten Menschen sind beide Stirnwindungen brauchbar, sondern die rechte Stirnwindung ist mehr durchsetzt mit Blutströmungen, die linke hat weniger Blutströmungen und ist mehr durchsetzt mit Nerven. Und das ist überhaupt bei unserem ganzen Gehirn der Fall, daß das Gehirn rechts mehr zum Blut-Erzeugen, also zum Blut-Auseinanderrinnen da ist, während die linke Hälfte mehr zum Bemerken, zum Wahrnehmen da ist.
Sobald wir dazu kommen, einmal das zu wissen, daß das Gehirn sich ausbildet unter den äußeren Einflüssen, dann werden wir erst einen Begriff bekommen, wie stark diese äußeren Einflüsse sind. Diese äu¬ßeren Einflüsse sind natürlich dann ungeheuer stark, wenn wir wissen, daß durch die äußeren Einflüsse alles dasjenige bewirkt wird, was da im Gehirn eigentlich vor sich geht. Also dadurch, daß man gelernt hat, was eigentlich im Gehirn geschieht, wenn der Mensch spricht, dadurch kann man sich nun eine Vorstellung davon bilden, wie es überhaupt mit diesem menschlichen Gehirn ist. Sehen Sie, wenn wir dieses Gehirn nun weiter untersuchen, dann stellt es sich so heraus, daß immer an der

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Außenwand, da wo das Gehirn seine Außenwand hat, daß da über¬haupt mehr Blutgefäße sind als im Inneren. So daß wir also sagen kön¬nen: Außen ist das Gehirn blutreicher, im Inneren ist es nervenreicher. Im Inneren haben wir es also nervenreich; da sind solche Nerven¬stränge darinnen.
Wie wird denn also jetzt, sagen wir, bei einem Kind, das in gewöhn¬licher Weise sprechen lernt, das also ein Rechtshänder ist, wie wird denn bei einem solchen Kinde eigentlich das Gehirn ausgebildet? Nun, sehen Sie, wenn man ein ganz junges Gehirn nimmt vom Kind, da ist es ja so, daß es ringsherum seinen blutreichen, ich möchte sagen, Mantel hat (es wird gezeichnet). Das ist von vorne angeschaut. Das soll rechts sein vom Menschen aus -, also von Ihnen aus gesehen ist es links -, das soll links sein vom Menschen aus. Da bilden sich nun alle diese Nerven¬stränge. Weil das so ist, meine Herren, weil da drinnen Nervenstränge sind, sieht, wenn man sie herausnimmt, die innere Gehirnmasse wei߬lich aus, während die blutreichere, ringsherum liegende Gehirnmasse, wenn man sie herausnimmt, rötlich-grau ausschaut. Rötlich-grau schaut sie aus.
Wenn nun das Kind sich weiter so entwickelt, daß es sprechen lernt, daß also seine linke Schläfenwindung gegliedert wird, was geschieht da? Ja, sehen Sie, da geschieht das, daß sich diese Nervenstränge mehr da hineinziehen; dahier weniger, dahier mehr das Blutsystem sich aus¬bildet (es wird gezeichnet). Also es rückt gewissermaßen der innere Teil des Gehirnes bei dem normal sich entwickelnden Kind mehr nach links; der andere schiebt sich nach. Das Gehirn schiebt sich so herüber nach der linken Seite, und es wird gegen die linke Seite immer weißlicher und weißlicher. Es schiebt sich so herüber. Auf solchen künstlichen Dingen beruht eben die ganze menschliche Entwickelung.
Nun, gehen wir von der Sprache weiter aus. Sehen Sie, es gibt Spra¬chen, welche, sagen wir, sehr viele Mitlaute haben, und es gibt Sprachen, welche sehr viele Selbstlaute haben: A,E, I und so weiter. Es gibt andere Sprachen, welche alles so herausquetschen: S, W, daß man fast die Selbstlaute gar nicht bemerkt. Nun, was liegt da eigentlich vor?
Wenn irgend jemand in einer Gegend lebt - denn das hängt von den Gegenden ab, die Sprachen sind ja nach den Gegenden der Erde ver-

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schieden -, in der sich mehr die Mitlaute ausbilden, was bedeutet das? Das bedeutet, daß er mehr in der Außenwelt lebt, denn die Mitlaute, die müssen am Äußeren ausgebildet werden. Wenn also jemand mehr in der Außenwelt lebt, so schiebt sich sein weißer Gehirnteil mehr nach links herüber. Wenn jemand mehr in seinem eigenen Inneren lebt, in einer solchen Gegend sich entwickelt, wo der Mensch mehr in seinem eigenen Inneren lebt, da schiebt sich weniger diese weiße Gehirnmasse herüber. Der Mensch wird mehr dazu veranlaßt, wohllautende Selbst¬laute aus seinem Inneren hervorzubringen. Aber das ist nach Gegenden der Erde verschieden.
Nehmen wir also folgendes, meine Herren. Denken Sie sich, da ist die Erde (es wird gezeichnet) und an den verschiedenen Punkten der Erde stehen Menschen. Ich will es ganz schematisch zeichnen, da ein Mensch und da ein Mensch. Da stehen also verschiedene Menschen auf der Erde. So stehen wir ja immer auf der Erde, wenn das auch natürlich viel zu unverhältnismäßig gezeichnet ist, aber so stehen wir auf der Erde. Und der Mensch hier, sagen wir, bekommt eine selbstlautende Sprache, der andere bekommt eine mitlautende Sprache.
Was muß da geschehen sein in der betreffenden Gegend? Nun kann ja sehr viel geschehen sein, sehr vielerlei, aber ich will Ihnen eines her¬ausheben, was geschehen sein kann. Denken Sie sich einmal, hier befin¬den sich hohe Gebirge (es wird gezeichnet), und hier ist die Ebene. Also hier hohe Gebirge, dort die Ebene. Nun, in der Tat, wenn irgendwo flache Ebenen sind, dann merkt man, daß dort die Sprache vokalreicher wird. Wenn irgendwo hochaufgetürmte Gebirge sind, dann hat die Sprache die Tendenz, konsonantenreicher, mitlautreicher zu werden.
Aber sehen Sie, so einfach liegt die Geschichte wiederum nicht, son¬dern wir müssen uns fragen: Ja, wodurch entsteht das Gebirge und wodurch entsteht die Ebene? Das ist so (es wird gezeichnet): Hier ist überall das Erdreich; hier scheint die Sonne. Unsere ganze Erde war ja einmal Brei. Die Gebirge, die müssen ja erst aus dem Breiigen heraus¬gezogen worden sein. Also die Erde ist Brei im Grunde, das Gebirge wird hier herausgezogen.
Meine Herren, was zieht denn da das Gebirge heraus? Das Gebirge ziehen die Kräfte aus dem Weltenall heraus, die da von draußen wir-

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ken! So daß wir sagen können: Da wirken gewisse Kräfte herein aus dem Weltenall, welche das Gebirge herausziehen. Diese Kräfte sind stark, deshalb entsteht ein Gebirge. Hier sind schwächere Kräfte aus dem Weltenall hereinkommend, da entsteht deshalb kein Gebirge. Da wurde der Erdboden in uralten Zeiten weniger herausgezogen. Und diejenigen Menschen, die nun auf einem solchen Erdboden geboren werden, wo weniger diese Kräfte wirken, die reden in Selbstlauten, und diejenigen Menschen, die auf einem solchen Erdboden geboren werden, wo mehr diese Kräfte wirken, die reden in Mitlauten. Also das hängt mit den ganzen Kräften des Weltenalls zusammen.
Und wie können wir denn irgend so etwas angeben? Nun, meine Herren, was wir da angeben, das müssen wir so einrichten, wie wir die Uhr anschauen. Wir müssen an die Arbeit gehen oder müssen fort¬gehen. Aber wir werden keinen Augenblick sagen: Jetzt ist es zuviel! Dieser verdammte große Zeiger, der ist ein gräßlicher Kerl, der peitscht mich jetzt zur Arbeit! - Das fällt uns gar nicht ein. Der Zeiger gibt uns an, wann wir zur Arbeit gehen sollen, aber wir werden ihm gar nicht die geringste Schuld oder Ursache beilegen. Nicht wahr, das tun wir doch nicht. Also der ist höchst unschuldig an der Sache.
Ebenso, meine Herren, können wir hier zur Sonne hinschauen und können sagen: Wenn wir hier stehen, so ist in einem gewissen Moment die Sonne, sagen wir, zum Beispiel vor dem Sternbilde des Widders. Da haben wir die Richtung, wo die starken Kräfte herwirken. Nicht der Widder ist es, aber der gibt uns die Richtung an, wo die starken Kräfte herwirken. Zu derselben Zeit steht hier ein Mensch. Für den kommt erst das so in Betracht: Wenn die Sonne hier herübergerückt ist (es wird gezeichnet), da steht sie hier, meinetwillen in der Jungfrau, im Stern¬bilde der Jungfrau. Aus der Richtung sind die schwachen Kräfte. Statt daß ich den ganzen Vorgang jetzt erzähle, kann ich also sagen: Wenn jemand in einer Gegend geboren ist, wo zu einer bestimmten Zeit, sagen wir, bei seiner Geburt, die Sonne im Sternbilde des Widders steht, dann lernt er mehr konsonantisch reden; wenn er geboren wird, wo die Sonne im Sternbilde der Jungfrau steht, dann lernt er mehr vokalisch, selbst¬lautend reden.
Also Sie sehen, ich kann den ganzen Tierkreis so im Sinne einer Uhr,

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an der ich ablesen kann, was auf der Erde geschieht, benützen. Nur muß ich mir immer klar sein, daß nicht die Sternbilder da dies tun, sondern daß die Sternbilder zum Ablesen da sind. Daraus sehen Sie, daß der Tierkreis uns schon sehr viel sagen kann. Er kann uns soweit etwas sagen, daß wir daraus verstehen können, wie die Sprachen auf der Erde verschieden sind.
Wir können also durchaus sagen: Schauen wir auf die Erde. Denken wir uns, da ist die Erde, und da stellen wir uns einen Stuhl hin - es kann ja nicht sein, aber hypothetisch können wir es annehmen -, einen Stuhl ins Weltenall hinaus, schauen uns da an eine Art Sprachenkarte, die verschiedenen Sprachen auf Erden. Dann kriegen wir ein Bild. Und jetzt kehren wir den Stuhl um, jetzt gucken wir da in das Weltenall hinaus. Da kriegen wir ein Bild von den Sternen, und die entsprechen einander. Wenn einer so die südliche Hälfte der Erde anschauen würde und die Sprachen dort anschaute, und dann den Stuhl umkehrt und den südlichen Sternenhimmel anschaut, so ist der ganz anders, als wenn einer bezüglich der nördlichen Hälfte das macht. So daß einer den Sternenhimmel aufzeichnen könnte, und wer das studiert hat, diesen Zusammenhang, der kann angeben aus einem bestimmten Sternbilde, was unter diesem Sternbilde für eine Sprache üblich ist.
So sehen Sie also, daß gerade dann, wenn wir anfangen das geistige Leben des Menschen zu beobachten, also da, wo sich durch die Sprache sein Verstand ausbildet, wir hinaufsehen müssen in den Sternenhimmel, wenn wir etwas verstehen wollen. Auf Erden kriegen wir keinen Zu¬sammenhang. Sie können noch so sehr nachdenken, warum die Spra¬chen verschieden sind, und Sie kriegen keine Erklärung.
Sehen Sie, wenn Sie wissen wollen, was in Ihrem Bauch vor sich geht, müssen Sie den Erdboden fragen - das, was da drunten ist. Wenn in einer Gegend hauptsächlich Kohl gebaut wird, so werden Sie sich sagen kön¬nen: In dieser Gegend müssen fortwährend die getöteten Kohlfrüchte wiederum belebt werden. - Also wenn Sie wissen wollen, wie in einer Gegend ernährt wird, müssen Sie den Erdboden fragen. Wenn Sie wis¬sen wollen, wie in einer Gegend geatmet wird, da müssen Sie das fragen, was rundherum geschieht im Luftkreis. Und wenn Sie wissen wollen, was da drinnen in diesem Kasten, in dem Gehirnkasten vor sich geht,

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müssen Sie fragen, wie da draußen die Sterne stehen. Und so müssen Sie den Menschen eingliedern können in das ganze Weltenall. Und da wer¬den Sie sehen, daß es allerdings ein Aberglaube ist, wenn aus Über¬bleibseln von dem, was einmal Menschen gewußt haben, bloß gesagt wird: Wenn die Sonne im Widder steht, wird das und das bewirkt. -Das ist gar nichts. Aber wenn man den ganzen Zusammenhang kennt, dann hört die Sache auf, ein gewöhnlicher Aberglaube zu sein, dann wird sie Wissenschaft.
Und das ist dasjenige, was uns allmählich vom Verständnis der bloßen Umarbeitung der Stoffe bringt zu dem, was geschieht und was in Zusammenhang steht mit dem ganzen Weltenall draußen.