Kunstgeschichte und Naiver Realismus: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Vasari autoritratto.jpg|miniatur|Porträt von Giorgio Vasari, 1571–74]]
Der '''naive Realismus''' ist eine [[Philosophie|philosophische]] Spielart des [[Realismus]], die davon ausgeht, dass die Welt unabhängig von ihm selbst genauso ist, wie er sie mit den [[Sinne]]n [[Wahrnehmung|wahrgnimmt]]. Es ist die Haltung, die der [[Mensch]] im alltäglichen Leben natürlicherweise einnimmt. Sie wird daher auch als '''direkter Realismus''', '''klassischer Realismus''' bzw. {{Ens|'''common sense realism'''}} bezeichnet.


Die '''Kunstgeschichte''', veraltet auch '''Kunsthistorik''', oder '''Kunstwissenschaft''', ist die [[Wissenschaft]] von der historischen Entwicklung der [[Bildende Kunst|bildenden Künste]] und ihrer [[Wikipedia:Ikonografie|ikonographischen]], [[Wikipedia:Ikonologie|ikonologischen]] wie auch materiellen Bestimmung. Sie untersucht und beschreibt ebenso die kulturelle Funktion der [[Kunst]] hinsichtlich ihrer künstlerisch-anschaulichen Gegebenheiten, wie auch den Schaffensprozess von [[Künstler]]n.
{{GZ|Der naive Mensch (naive Realist) betrachtet die
[[Datei:Joachim von Sandrart-Teutsche Academie der Edlen Bau Bild und Mahlerey-Kuenste-Joachim von Sandrart-1675.jpg|mini|Joachim von Sandrart,1675]]
Gegenstände der äußeren Erfahrung als Realitäten. Der
Umstand, daß er diese Dinge mit seinen Händen greifen,
mit seinen Augen sehen kann, gilt ihm als Zeugnis der
Realität. «Nichts existiert, was man nicht wahrnehmen
kann», ist geradezu als das erste Axiom des naiven Menschen
anzusehen, das ebensogut in seiner Umkehrung anerkannt
wird: «Alles, was wahrgenommen werden kann,
existiert.» Der beste Beweis für diese Behauptung ist der
Unsterblichkeits- und Geisterglaube des naiven Menschen.
Er stellt sich die Seele als feine sinnliche Materie vor, die
unter besonderen Bedingungen sogar für den gewöhnlichen
Menschen sichtbar werden kann (naiver Gespensterglaube).


== Gegenstände und Ziele ==
Dieser seiner realen Welt gegenüber ist für den naiven
Realisten alles andere, namentlich die Welt der Ideen, unreal,
«bloß ideell». Was wir zu den Gegenständen hinzudenken,
das ist bloßer Gedanke über die Dinge. Der Gedanke
fügt nichts Reales zu der Wahrnehmung hinzu.


Die Geschichte der [[Bildende Kunst|Bildenden Kunst]] vollzieht sich durch die Veränderung der [[Funktionalismus (Sozialwissenschaften)|gesellschaftlichen Funktion]] und Stellung der [[Kunst]], der [[Theorie der Kunst|theoretischen]] Auffassung über sie sowie durch die [[Stilwandel|Entwicklung der Kunstformen]] und [[Stilepoche|Stilrichtungen]]. Ziel des Faches Kunstgeschichte ist es, die künstlerischen Objekte nach ihren Inhalten zu befragen ([[Ikonographie]]), ihre formale Gestaltung zu bestimmen, die [[Kunstwerk|Werke]] in Raum und Zeit einzuordnen und ihrer [[Künstlerische Rezeption|Rezeption]] nachzugehen; dabei werden einerseits stilistische Zusammenhänge besprochen, andererseits wird versucht, den historischen Kontext als Voraussetzung eines Kunstwerks zu verstehen oder ihn zum Verständnis des Werks miteinzubeziehen.
Aber nicht nur in bezug auf das Sein der Dinge hält der
naive Mensch die Sinneswahrnehmung für das einzige Zeugnis der Realität, sondern auch in bezug auf das Geschehen.
Ein Ding kann, nach seiner Ansicht, nur dann auf ein anderes
wirken, wenn eine für die Sinneswahrnehmung vorhandene
Kraft von dem einen ausgeht und das andere ergreift.|4|118f}}


Im Gegensatz zur [[Kunstkritik]] wählt sich die Kunstgeschichte in der Regel historische Gegenstände oder versucht zumindest sich zeitgenössischen Themen mit einer wissenschaftlich abgesicherten, methodisch definierten Herangehensweise zu nähern. Dabei wird anerkannt, dass (wissenschaftliche) Rezeption und Interpretation selbst zeitgebundene Handlungen sind.
{{GGZ|Auch das Erkennen selbst stellt sich der naive Mensch
[[Datei:Johann Joachim Winckelmann (Anton von Maron 1768).jpg|miniatur|Johann Joachim Winckelmann, Porträt von Anton von Maron, 1768]]
als einen den Sinnesprozessen analogen Vorgang vor. Die
Die klassischen Untersuchungsobjekte der Kunstgeschichte sind europäische und vorderasiatische Werke der [[Malerei]] und [[Grafik]], [[Bildhauerei]] und [[Architektur|Baukunst]] in der Zeit vom frühen [[Mittelalter]] bis zur [[Gegenwart]]. Seit ungefähr der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden auch Gegenstände aus den [[Kirchenschatz (materielle Güter)|Kirchenschätzen]], die sog. [[Kleinkunst (Kunstgeschichte)|Kleinkunst]], analysiert. Die [[Vor- und Frühgeschichte]] behandelt (auch) die künstlerische Entwicklung vor dem Auftauchen der [[Schrift]]. Die [[Archäologie]] und die [[Ägyptologie]] behandeln (auch) die künstlerische Entwicklung der frühen [[Hochkultur (Geschichtswissenschaft)|Hochkulturen]] des Mittelmeerraumes. Die Kunstgeschichte widmet sich der Erforschung der historischen Entwicklung der [[Europa|europäischen]] Kunst ab dem Zeitpunkt, an dem das Christentum im 4. Jahrhundert im Römischen Reich [[Staatsreligion]] wird. In der Gegenwart erweitert sich das untersuchte Gebiet auf die kulturellen Einflusszonen der sogenannten westlichen Hemisphäre, also etwa auch Amerika oder die zeitgenössischen Künstler weltweit, die am [[Kunstmarkt]] teilnehmen. Die [[Architekturgeschichte]] wird nicht selten von der Kunstgeschichte berührt, obwohl sie im Kern heute zu den [[Kulturwissenschaften]] zu zählen ist. Jedoch kommt kaum eine allgemeine Kunstgeschichtsschreibung ohne die Erwähnung der Architekturgeschichte aus.
Dinge machen einen ''Eindruck'' in der Seele, oder sie senden
Bilder aus, die durch die Sinne eindringen und so weiter.


Die Kunst nichteuropäischer Kulturen und Länder wird außerhalb dieser Länder in den jeweiligen [[Landeskunde]]n ([[Sinologie]], [[Arabistik]], [[Afrikanistik]] etc.) miterforscht oder in übergreifenden Disziplinen wie der [[Ethnologie]]. Die Kunstgeschichte öffnete sich seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (siehe [[Carl Einstein]], [[Leo Frobenius]]) auch anderen Kulturkreisen, etwa der Afrikanischen oder Asiatischen Kunstgeschichte. Darüber hinaus werden neue Darstellungsformen wie [[Fotografie]], [[Medienkunst]] und Gattungen, [[Kunstgewerbe]], [[Design]] untersucht. Jüngste Entwicklungen sehen in der Kunstgeschichte auch eine Bildwissenschaft, die – unabhängig vom Kunstcharakter eines Bildes – Funktionen und Entwicklungen analysiert (vgl. z. B. auch [[Game Studies]]).
Dasjenige, was der naive Mensch mit den Sinnen wahrnehmen
kann, das hält er für wirklich, und dasjenige, wovon
er keine solche Wahrnehmung hat (Gott, Seele, das Erkennen
usw.), das stellt er sich analog dem Wahrgenommenen
vor.


== Zur Geschichte der Kunstwissenschaft siehe auch ==
Will der naive Realismus eine Wissenschaft begründen,
* {{WikipediaDE|Kunstgeschichte}}
so kann er eine solche nur in einer genauen ''Beschreibung'' des
Wahrnehmungsinhaltes sehen. Die Begriffe sind ihm nur
Mittel zum Zweck. Sie sind da, um ideelle Gegenbilder für
die Wahrnehmungen zu schaffen. Für die Dinge selbst bedeuten
sie nichts. Als real gelten dem naiven Realisten nur
die Tulpenindividuen, die gesehen werden, oder gesehen
werden können; die eine Idee der Tulpe gilt ihm als Abstraktum,
als das unreale Gedankenbild, das sich die Seele
aus den allen Tulpen gemeinsamen Merkmalen zusammengefügt
hat.


== Zum Thema Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft heute siehe auch ==
Den naiven Realismus mit seinem Grundsatz von der
* {{WikipediaDE|Kunstgeschcihte}}
Wirklichkeit alles Wahrgenommenen widerlegt die Erfahrung,
welche lehrt, daß der Inhalt der Wahrnehmungen
vergänglicher Natur ist. Die Tulpe, die ich sehe, ist heute
wirklich; nach einem Jahr wird sie in Nichts verschwunden
sein. Was sich behauptet hat, ist die ''[[Gattung]]'' Tulpe. Diese
Gattung ist aber für den naiven Realismus «nur» eine ''[[Idee]]'',
keine Wirklichkeit. So sieht sich denn diese Weltanschauung
in der Lage, ihre Wirklichkeiten kommen und verschwinden
zu sehen, während sich das nach ihrer Meinung Unwirkliche
dem Wirklichen gegenüber behauptet. Der naive Realismus
muß also neben den Wahrnehmungen auch noch etwas
Ideelles gelten lassen. Er muß Wesenheiten in sich aufnehmen,
die er nicht mit den Sinnen wahrnehmen kann. Er
findet sich dadurch mit sich selbst ab, daß er deren Daseinsform
analog mit derjenigen der Sinnesobjekte denkt. Solche
hypothetisch angenommenen Realitäten sind die unsichtbaren
Kräfte, durch die die sinnlich wahrzunehmenden
Dinge aufeinander wirken. Ein solches Ding ist die Vererbung,
die über das Individuum hinaus fortwirkt, und die
der Grund ist, daß sich aus dem Individuum ein neues entwickelt,
das ihm ähnlich ist, wodurch sich die Gattung erhält.
Ein solches Ding ist das den organischen Leib durchdringende
Lebensprinzip, die Seele, für die man im naiven
Bewußtsein stets einen nach Analogie mit Sinnesrealitäten
gebildeten Begriff findet, und ist endlich das göttliche Wesen
des naiven Menschen. Dieses göttliche Wesen wird in einer
Weise wirksam gedacht, die ganz dem entspricht, was als
Wirkungsart des Menschen selbst ''wahrgenommen'' werden
kann: anthropomorphisch.


== Siehe auch ==
Die moderne Physik führt die Sinnesempfindungen auf
* {{WikipediaDE|Portal:Bildende Kunst}}
Vorgänge der kleinsten Teile der Körper und eines unendlich
* {{WikipediaDE|Kunstgeschcihte}}
feinen Stoffes, des Äthers oder auf Ähnliches zurück.
Was wir zum Beispiel als Wärme empfinden, ist innerhalb
des Raumes, den der wärmeverursachende Körper einnimmt,
Bewegung seiner Teile. Auch hier wird wieder ein Unwahrnehmbares
in Analogie mit dem Wahrnehmbaren gedacht.
Das sinnliche Analogon des Begriffs «Körper» ist in diesem
Sinne etwa das Innere eines allseitig geschlossenen Raumes,
in dem sich nach allen Richtungen elastische Kugeln bewegen,
die einander stoßen, an die Wände an- und von ihnen abprallen
und so weiter.


== Zeitschriften und Periodika ==
Ohne solche Annahmen zerfiele dem naiven Realismus
* Jahrbuch des Zentralinstituts für Kunstgeschichte
die Welt in ein unzusammenhängendes Aggregat von Wahrnehmungen
* Journal für Kunstgeschichte
ohne gegenseitige Beziehungen, das sich zu keiner
* Kunstchronik
Einheit zusammenschließt. Es ist aber klar, daß der
* ''Kunsthistorische Arbeitsblätter'' (KAb), erscheinen monatlich (wenden sich an den großen Kreis kunstgeschichtlich interessierter Leser, insbesondere an die Studenten der Kunstgeschichte und an Kunstpädagogen. Die Beiträge der einzelnen Hefte bieten Fakten, Analysen, Interpretationen sowie Informationen. Quellentexte und eine Studienkartei runden das Bild ab.)
naive Realismus nur durch eine Inkonsequenz zu dieser
* ''Kunsthistorisches Jahrbuch für Bildkritik'', hrsg. von Horst Bredekamp, Matthias Bruhn und Gabriele Werner, Akademie Verlag Berlin, Band 1,1 erschien 2003
Annahme kommen kann. Wenn er seinem Grundsatz: nur
* ''Minerva. Jenaer Schriften zur Kunstgeschichte'', hrsg. von Franz-Joachim Verspohl, Band 1 erschien 1995, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln
das Wahrgenommene ist wirklich, treu bleiben will, dann
* kritische berichte
darf er doch, wo er nichts wahrnimmt, kein Wirkliches annehmen.
* Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft
Die unwahrnehmbaren Kräfte, die von den wahrnehmbaren
* Zeitschrift für Kunstgeschichte
Dingen aus wirken, sind eigentlich unberechtigte
Hypothesen vom Standpunkte des naiven Realismus. Und
weil er keine anderen Realitäten kennt, so stattet er seine
hypothetischen Kräfte mit Wahrnehmungsinhalt aus. Er
wendet also eine Seinsform (das Wahrnehmungsdasein) auf
ein Gebiet an, wo ihm das Mittel fehlt, das allein über diese
Seinsform eine Aussage zu machen hat: das sinnliche Wahrnehmen.
Diese in sich widerspruchsvolle Weltanschauung führt
zum metaphysischen Realismus. Der konstruiert neben der
wahrnehmbaren Realität noch eine unwahrnehmbare, die
er der erstem analog denkt. Der metaphysische Realismus
ist deshalb notwendig Dualismus.|4|120ff}}


== Literatur ==
== Literatur ==
; Lexika
* [http://www.rdklabor.de/wiki/Hauptseite RDK Labor] hervorgegangen aus dem ''Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte''
* Ulrich Pfisterer (Hrsg.): ''Lexikon Kunstwissenschaft. Ideen. Methoden. Begriffe''. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003.
* B. Klein (Hrsg.): ''Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Gotik ''. Prestel Verlag, München 2007.
* K. Krause (Hrsg.): ''Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Spätgotik und Renaissance ''. Prestel Verlag, München 2007.
* A. Beyer (Hrsg.): ''Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Klassik und Romantik ''. Prestel Verlag, München 2006.
* H. Kohle (Hrsg.): ''Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Vom Biedermeier zum Impressionismu ''.. Prestel Verlag, München 2008.
* B. Lange (Hrsg.): ''Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland – Vom Expressionismus bis heute''.. Prestel Verlag, München 2006.


; Einführungen und Methoden
# Rudolf Steiner: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4 {{Schriften|004}}
* Marcel Baumgartner: ''Einführung in das Studium der Kunstgeschichte''. König, Köln 1998.
* Hans Belting, Heinrich Dilly, Wolfgang Kemp, Willibald Sauerländer, Martin Warnke (Hrsg.): ''Kunstgeschichte − Eine Einführung''. 7. überarb.und erw. Aufl., Reimer, Berlin 2008, 440 S., ISBN 978-3-496-01387-7; <small>Standardwerk und Einführung in die Methodik der Kunstwissenschaft</small>.
* Lorenz Dittmann (Hrsg.): ''Kategorien und Methoden der deutschen Kunstgeschichte 1900-1930. Eine Einführung''. Berlin 1986.
* Jutta Held, Norbert Schneider: ''Grundzüge der Kunstwissenschaft'', UTB, Böhlau 2007, 603 S., ISBN 978-3-8252-2775-3.
* Thomas Zaunschirm: ''Kunstwissenschaft. Eine Art Lehrbuch.'' Klartext, Essen 2002.
* Anja Zimmermann (Hrsg.): ''Kunstgeschichte und Gender: eine Einführung'' Reimer, Berlin 2006.
* Michael Hatt, Charlotte Klonk: ''Art history. A critical introduction to its methods.'' Manchester University Press, Manchester 2006, ISBN 0-7190-6959-9, [http://www.arthistoricum.net/index.php?id=276&ausgabe=2007_03&review_id=11116 Rezension].
* José Pijoan (Hrsg.): ''Arte. Die Kunstgeschichte der Welt.'' Grammont Verlag und Salvat Editores S.&nbsp;A., Lausanne 1979, ISBN 2-8270-0539-5.
* Oliver Grau (Hrsg.): ''MediaArtHistories'', MIT-Press, Cambridge/Mass. 2007.
*  Julia Allerstorfer, Monika Leisch-Kiesl (Hrsg.):  ''»Global Art History«. Transkulturelle Verortungen von Kunst und Kunstwissenschaft'', transcript, Bielefeld 2018, ISBN 978-3-8376-4061-8.


; Geschichte der Kunstgeschichte
{{GA}}
* Udo Kultermann, ''Die Geschichte der Kunstgeschichte''. Frankfurt Berlin Wien 1981.
* Donald Preziosi: ''The art of art history: a critical anthology''. Oxford University Press, Oxford [u.&nbsp;a.] 1998.
* Peter Betthausen, Peter H. Feist, Christiane Fork: ''Metzler-Kunsthistoriker-Lexikon: zweihundert Porträts deutschsprachiger Autoren aus vier Jahrhunderten''. Metzler, Stuttgart [u.&nbsp;a.] 1999.
* Georg Kauffmann (Autor) und Gemeinsam Kommission der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Gerda Henkel Stiftung (Hrsg.): ''Die Entstehung der Kunstgeschichte im 19. Jahrhundert''. Opladen 1993.
* Hubert Locher: ''Kunstgeschichte als historische Theorie der Kunst: 1750–1950''. Fink, München 2001.
* Ulrich Pfisterer: ''Die Kunstliteratur der italienischen Renaissance: eine Geschichte in Quellen''. Reclam, Stuttgart 2002.
* Nikola Doll, Christian Fuhrmeister und Michael H. Sprenger (Hrsg.): ''Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950''. Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2005, ISBN 3-89739-481-2; Rezension James A. van Dyke in: Kunstchronik Band 60, 2007, Heft 1, S. 27–32 Ausstellungen.
* Martin Papenbrock, Norbert Schneider (Hrsg.): ''Kunstgeschichte nach 1968.'' (= Kunst und Politik. Jahrbuch der Guernica-Gesellschaft), V & R Unipress, Göttingen 2010, ISBN 3-89971-617-5.


== Weblinks ==
[[Kategorie:Philosophie]]
{{Wiktionary}}
[[Kategorie:Philosophie nach Richtung]]
{{Wiktionary|Kunstwissenschaft}}
[[Kategorie:Philosophische Richtung]]  
* [http://www.bildindex.de/ Bildindex der Kunst und Architektur]
[[Kategorie:Erkenntnistheorie]]
* [http://www.portalkunstgeschichte.de/ Portal Kunstgeschichte]
[[Kategorie:Realismus|!]]
* [http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/artguide/ ART-Guide] – Sammlung kunsthistorischer Internet-Quellen (Universitätsbibliothek Heidelberg und Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden)
* [http://www.arthist.net/ arthist.net] – Netzwerk für Kunstgeschichte im H-Net, dem mit 60.000 Mitgliedern größten internationalen Netzwerk für Geisteswissenschaften
* [http://www.sik-isea.ch/ Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft]
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=s|GND=4138803-3}}
 
[[Kategorie:Geschcihtswissenschaften]]
[[Kategorie:Kulturwissenschaft]]
[[Kategorie:Kunstgeschichte|!]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 18. März 2018, 11:46 Uhr

Der naive Realismus ist eine philosophische Spielart des Realismus, die davon ausgeht, dass die Welt unabhängig von ihm selbst genauso ist, wie er sie mit den Sinnen wahrgnimmt. Es ist die Haltung, die der Mensch im alltäglichen Leben natürlicherweise einnimmt. Sie wird daher auch als direkter Realismus, klassischer Realismus bzw. Vorlage:Ens bezeichnet.

„Der naive Mensch (naive Realist) betrachtet die Gegenstände der äußeren Erfahrung als Realitäten. Der Umstand, daß er diese Dinge mit seinen Händen greifen, mit seinen Augen sehen kann, gilt ihm als Zeugnis der Realität. «Nichts existiert, was man nicht wahrnehmen kann», ist geradezu als das erste Axiom des naiven Menschen anzusehen, das ebensogut in seiner Umkehrung anerkannt wird: «Alles, was wahrgenommen werden kann, existiert.» Der beste Beweis für diese Behauptung ist der Unsterblichkeits- und Geisterglaube des naiven Menschen. Er stellt sich die Seele als feine sinnliche Materie vor, die unter besonderen Bedingungen sogar für den gewöhnlichen Menschen sichtbar werden kann (naiver Gespensterglaube).

Dieser seiner realen Welt gegenüber ist für den naiven Realisten alles andere, namentlich die Welt der Ideen, unreal, «bloß ideell». Was wir zu den Gegenständen hinzudenken, das ist bloßer Gedanke über die Dinge. Der Gedanke fügt nichts Reales zu der Wahrnehmung hinzu.

Aber nicht nur in bezug auf das Sein der Dinge hält der naive Mensch die Sinneswahrnehmung für das einzige Zeugnis der Realität, sondern auch in bezug auf das Geschehen. Ein Ding kann, nach seiner Ansicht, nur dann auf ein anderes wirken, wenn eine für die Sinneswahrnehmung vorhandene Kraft von dem einen ausgeht und das andere ergreift.“ (Lit.:GA 4, S. 118f)

„Auch das Erkennen selbst stellt sich der naive Mensch als einen den Sinnesprozessen analogen Vorgang vor. Die Dinge machen einen Eindruck in der Seele, oder sie senden Bilder aus, die durch die Sinne eindringen und so weiter.

Dasjenige, was der naive Mensch mit den Sinnen wahrnehmen kann, das hält er für wirklich, und dasjenige, wovon er keine solche Wahrnehmung hat (Gott, Seele, das Erkennen usw.), das stellt er sich analog dem Wahrgenommenen vor.

Will der naive Realismus eine Wissenschaft begründen, so kann er eine solche nur in einer genauen Beschreibung des Wahrnehmungsinhaltes sehen. Die Begriffe sind ihm nur Mittel zum Zweck. Sie sind da, um ideelle Gegenbilder für die Wahrnehmungen zu schaffen. Für die Dinge selbst bedeuten sie nichts. Als real gelten dem naiven Realisten nur die Tulpenindividuen, die gesehen werden, oder gesehen werden können; die eine Idee der Tulpe gilt ihm als Abstraktum, als das unreale Gedankenbild, das sich die Seele aus den allen Tulpen gemeinsamen Merkmalen zusammengefügt hat.

Den naiven Realismus mit seinem Grundsatz von der Wirklichkeit alles Wahrgenommenen widerlegt die Erfahrung, welche lehrt, daß der Inhalt der Wahrnehmungen vergänglicher Natur ist. Die Tulpe, die ich sehe, ist heute wirklich; nach einem Jahr wird sie in Nichts verschwunden sein. Was sich behauptet hat, ist die Gattung Tulpe. Diese Gattung ist aber für den naiven Realismus «nur» eine Idee, keine Wirklichkeit. So sieht sich denn diese Weltanschauung in der Lage, ihre Wirklichkeiten kommen und verschwinden zu sehen, während sich das nach ihrer Meinung Unwirkliche dem Wirklichen gegenüber behauptet. Der naive Realismus muß also neben den Wahrnehmungen auch noch etwas Ideelles gelten lassen. Er muß Wesenheiten in sich aufnehmen, die er nicht mit den Sinnen wahrnehmen kann. Er findet sich dadurch mit sich selbst ab, daß er deren Daseinsform analog mit derjenigen der Sinnesobjekte denkt. Solche hypothetisch angenommenen Realitäten sind die unsichtbaren Kräfte, durch die die sinnlich wahrzunehmenden Dinge aufeinander wirken. Ein solches Ding ist die Vererbung, die über das Individuum hinaus fortwirkt, und die der Grund ist, daß sich aus dem Individuum ein neues entwickelt, das ihm ähnlich ist, wodurch sich die Gattung erhält. Ein solches Ding ist das den organischen Leib durchdringende Lebensprinzip, die Seele, für die man im naiven Bewußtsein stets einen nach Analogie mit Sinnesrealitäten gebildeten Begriff findet, und ist endlich das göttliche Wesen des naiven Menschen. Dieses göttliche Wesen wird in einer Weise wirksam gedacht, die ganz dem entspricht, was als Wirkungsart des Menschen selbst wahrgenommen werden kann: anthropomorphisch.

Die moderne Physik führt die Sinnesempfindungen auf Vorgänge der kleinsten Teile der Körper und eines unendlich feinen Stoffes, des Äthers oder auf Ähnliches zurück. Was wir zum Beispiel als Wärme empfinden, ist innerhalb des Raumes, den der wärmeverursachende Körper einnimmt, Bewegung seiner Teile. Auch hier wird wieder ein Unwahrnehmbares in Analogie mit dem Wahrnehmbaren gedacht. Das sinnliche Analogon des Begriffs «Körper» ist in diesem Sinne etwa das Innere eines allseitig geschlossenen Raumes, in dem sich nach allen Richtungen elastische Kugeln bewegen, die einander stoßen, an die Wände an- und von ihnen abprallen und so weiter.

Ohne solche Annahmen zerfiele dem naiven Realismus die Welt in ein unzusammenhängendes Aggregat von Wahrnehmungen ohne gegenseitige Beziehungen, das sich zu keiner Einheit zusammenschließt. Es ist aber klar, daß der naive Realismus nur durch eine Inkonsequenz zu dieser Annahme kommen kann. Wenn er seinem Grundsatz: nur das Wahrgenommene ist wirklich, treu bleiben will, dann darf er doch, wo er nichts wahrnimmt, kein Wirkliches annehmen. Die unwahrnehmbaren Kräfte, die von den wahrnehmbaren Dingen aus wirken, sind eigentlich unberechtigte Hypothesen vom Standpunkte des naiven Realismus. Und weil er keine anderen Realitäten kennt, so stattet er seine hypothetischen Kräfte mit Wahrnehmungsinhalt aus. Er wendet also eine Seinsform (das Wahrnehmungsdasein) auf ein Gebiet an, wo ihm das Mittel fehlt, das allein über diese Seinsform eine Aussage zu machen hat: das sinnliche Wahrnehmen. Diese in sich widerspruchsvolle Weltanschauung führt zum metaphysischen Realismus. Der konstruiert neben der wahrnehmbaren Realität noch eine unwahrnehmbare, die er der erstem analog denkt. Der metaphysische Realismus ist deshalb notwendig Dualismus.“ (S. 120ff)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Philosophie der Freiheit, GA 4 (1995), ISBN 3-7274-0040-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.