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imported>Joachim Stiller |
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| Die '''nordischen Mysterien''', die vor allem von [[Wikipedia:Liste der germanischen Stämme|germanischen Stämmen]] im Norden [[Europa]]s, von denen auch [[Wikipedia:Tacitus|Tacitus]] berichtet, und namentlich in [[Wikipedia:Skandinavien|Skandinavien]] gepflegt wurden, waren anders geartet als die südlichen Mysterien. Während sich das [[Bewusstsein]] in den südlichen Mysterien unmittelbar in die [[Kosmos|kosmischen Weiten]] richtete, erlebte man in den nordischen Mysterien - ganz besonders in der Winterzeit - die in den Tiefen der [[Erde (Planet)|Erde]] wirkenden kosmischen Kräfte. Wie sich der [[Makrokosmos]] mit der Erde verbindet und in ihr wirkt, erforschten die [[Einweihung|Eingeweihten]] des Nordens. In den südlichen Mysterien wurde ein Weg für das Verständnis des kosmischen [[Christus]] gebahnt, wie es vor allem auch in vielen Strömungen der [[Gnosis]], die mit dem [[Urchristentum]] eng verwoben waren, gesucht wurde. Weniger Verständnis konnte man allerdings in den südlichen Mysterien für die reale [[Inkarnation]] Christi entwickeln. Dafür den Boden zu bereiten, war Aufgabe der nordischen Mysterien. Hier konnte man tiefer das Geheimnis des [[Jesus]] erfassen, in dem sich der Christus inkarnieren sollte. Von hier aus empfing darum auch das Erleben und Gestalten des [[Weihnachtsfest]]es seine wesentlichsten Impulse.
| | #REDIRECT [[Kommunikationsmodell]] |
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| {{GZ|Heute ist das nicht mehr der Fall, aber in älteren Zeiten war
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| es, namentlich in den nordischen und westlichen Gegenden Europas,
| |
| auch in unserer Gegend, der Entwickelung der in diesen Gegenden
| |
| wohnenden Menschen durchaus angemessen, durch eine Art
| |
| Ekstase in die Geheimnisse der großen Welt eingeführt zu werden.
| |
| Aber damit waren sie auch ausgesetzt dem, was man Verlust des Ich
| |
| nennen könnte. Doch war dieser Zustand nicht so gefährlich für die
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| damaligen Menschen, weil sie mit einer gewissen ursprünglichen elementaren,
| |
| gesunden Kraft behaftet waren und noch nicht so geschwächt
| |
| waren in bezug auf ihre ursprünglichen Seelenkäfte, wie es
| |
| die gegenwärtige Menschheit durch ihre hochgradige Intellektualität
| |
| ist. So wie diese Menschen waren, haben sie alle diese gesteigerten
| |
| Gefühle, die Hoffnungen des Frühlings, das Aufjauchzen des Sommers,
| |
| die Wehmut des Herbstes, die Todesschauer des Winters
| |
| durchmachen können und haben dennoch bis zu einem gewissen
| |
| Grade ihr Ich behalten. Es mußte aber Vorsorge getroffen werden
| |
| für diejenigen, welche Lehrer werden sollten für die heutige
| |
| Menschheit, daß die Einweihung, das Hineinführen in den Makrokosmos
| |
| in einer anderen Weise noch geschehen konnte. Worauf es
| |
| ankommt, werden Sie begreifen können, wenn Sie sich vorstellen,
| |
| daß ja die Hauptsache bei diesem Hinausleben in den Makrokosmos
| |
| der Verlust des Ich ist. Das Ich wird immer schwächer und schwächer;
| |
| der Mensch kommt schließlich in einen Zustand, wo er sich
| |
| selber als menschliche Wesenheit verliert.
| |
| | |
| Was mußte geschehen, damit der Mensch sich nicht verlor? Es
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| mußte ihm gerade die Kraft zugeführt werden, die man als die Kraft
| |
| des Ich bezeichnet. Die Kraft, die schwächer wurde in seiner eigenen
| |
| Seele, die Kraft des Ich, die mußte von außen zugeführt werden.
| |
| Und das geschah dadurch, daß diese nordischen Mysterien immer
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| so verliefen, daß derjenige, der eingeweiht werden sollte, die
| |
| Unterstützung genoß von Gehilfen, die den einweihenden geistigen
| |
| Führer unterstützten. Ein geistiger Führer mußte da sein, aber es
| |
| mußten auch Gehilfen da sein, die diesen geistigen Führer unterstützten.
| |
| Und diese Gehilfen kamen auf folgende Weise zustande. Es
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| wurden Menschen besonders erzogen, besonders vorbereitet in der
| |
| Art, daß der eine Mensch zum Beispiel diejenigen inneren Erlebnisse
| |
| und Empfindungen besonders stark durchmachte, die man durchmacht,
| |
| wenn man sich hingibt alle dem, was man nennen kann die
| |
| aufsprießende Natur des Frühlings. Es ist früher gesagt worden, daß
| |
| der Einzuweihende das nicht in genügend starkem Maße selber tun
| |
| kann. Deshalb wurden Menschen besonders erzogen, welche alle
| |
| ihre Seelenkräfte so in den Dienst dieser nordischen Mysterien
| |
| stellen mußten, daß sie auf alles übrige verzichteten, also auf das,
| |
| was Herbst, Sommer und Winter erleben lassen. Sie sollten alle ihre
| |
| Seelenkräfte dazu verwenden, um die Eigenart der aufsprießenden
| |
| Frühlingsnatur gefühlsmäßig zu erleben. Andere wurden wiederum
| |
| dazu veranlaßt, zu erleben das volle Leben des Sommers, andere
| |
| wurden veranlaßt, zu erleben das volle Leben des Herbstes, andere
| |
| dasjenige des Winters. Es wurde also auf verschiedene Menschen das
| |
| verteilt, was ein Mensch im Laufe des Jahres erleben kann. Dadurch
| |
| hatte man Menschen, die ihr Ich in der verschiedensten Weise gestählt,
| |
| gestärkt hatten. Sie hatten dadurch, daß sie dieses Ich verstärkt
| |
| einseitig hatten, Überfluß an Ich-Kraft. Und nun wurden sie
| |
| nach gewissen Regeln mit demjenigen, der eingeweiht werden sollte,
| |
| so in Verbindung gebracht, daß sie ihre überschüssige Ich-Kraft ihm
| |
| hingaben, daß diese auf ihn zuströmte. So daß der Einzuweihende,
| |
| der den Jahreslauf durchmachen sollte, das Jahr so durchlebte, daß
| |
| er zu gewissen höheren Erkenntnissen des Makrokosmos hinaufgeführt
| |
| wurde, während seinem Ich die Ich-Kräfte des Einweihungspriesters
| |
| und seiner Gehilfen zuströmten. Es ergoß sich in die Seele
| |
| des Einzuweihenden das, was die anderen ihm geben konnten.
| |
| | |
| Wenn man einen solchen Vorgang verstehen will, dann muß man
| |
| sich allerdings einen Begriff davon machen können, mit welcher
| |
| Hingabe und Aufopferung in jenen alten Zeiten in den Mysterien
| |
| gearbeitet worden war. Von jener Hingabe, von jener Aufopferung
| |
| ist in der heutigen exoterischen Welt nicht viel zu finden. Früher
| |
| haben sich Menschen willig dazu hergegeben, einseitig ihr Ich zu
| |
| verstärken, damit sie die Kraft dieses Ich abgeben konnten an den
| |
| einen, der eingeweiht werden sollte und von ihm dann erfahren
| |
| konnten, was er erlebt hatte, indem er hinaufstieg in eine Ekstase,
| |
| die aber jetzt keine Ekstase mehr war, weil ihm fremde Ich-Kräfte
| |
| zugeströmt sind, sondern es war ein bewußtes Hinaufsteigen in den
| |
| Makrokosmos. Es waren zwölf Menschen, drei Frühlings-, drei
| |
| Sommer-, drei Herbst-, drei Wintermenschen notwendig, welche
| |
| verschieden ausgebildete Ich-Kräfte dem Einzuweihenden zusandten,
| |
| der sich so in die höheren Welten hinauflebte und der dann aus
| |
| den Erfahrungen heraus, die er da machte, mitteilen konnte, wie es
| |
| in den höheren Welten aussieht.|119|153ff}}
| |
| | |
| {{GGZ|Durch den Verlust des Ich würde der Mensch also im
| |
| Hinausdringen in den Makrokosmos sein ganzes astralisches Wesen
| |
| hingießen an solche Wesenheiten, welche die elementarische Welt
| |
| als schlechte Wesenheiten durchsetzen. Und die Folge davon würde
| |
| sein, daß der Mensch, weil er mit diesen Wesen zusammenkommt,
| |
| aber schwächer ist als diese Wesen - denn er hat ja sein Ich verloren,
| |
| diese haben aber ein starkes Ich -, ihnen Nahrung zuführt mit
| |
| seinen Eigenschaften, wofür sie ihn in negativem Sinne belohnen
| |
| würden. Er gibt ihnen geradezu Nahrung aus seinem astralischen
| |
| Wesen, sie aber geben ihm, was ihnen von seinen Eigenschaften besonders
| |
| eigen ist; und daß er in ihnen gelebt hat, das zeigt sich, wenn
| |
| beim Erwachen sein Ich zurückkehrt, in einem verstärkten Hang
| |
| zum Schlechten, zum Bösen.|119|161f}}
| |
| | |
| {{GGZ|Daher wurden einem Menschen, der zugelassen werden
| |
| sollte zu solcher Mysterieneinweihung, Prüfungen auferlegt, durch
| |
| die er alle möglichen Widerwärtigkeiten des Lebens schon im physischen
| |
| Dasein überwinden sollte. Starke Gefahren wurden ihm in
| |
| den Weg gebracht, und durch die Überwindung dieser Gefahren
| |
| sollte er seinen Willen stärken. Ein Überwinder sollte er werden,
| |
| der von starker Seele ist und dadurch vorbereitet, daß er dann, wenn
| |
| diese Wesenheiten ihm gegenübertreten, stark genug ist, um keine
| |
| Anfechtungen zu erleben, um sie zurückdrängen zu können und
| |
| nicht sich an sie zu verlieren.|119|162}}
| |
| | |
| {{GZ|Dann, wenn der Betreffende dadurch, daß er längere Zeit solche
| |
| Erlebnisse gehabt hatte, fähig geworden war einzusehen, daß alles,
| |
| was er wahrnehmen kann in der äußeren Sinneswelt, Erde, Wasser,
| |
| Luft und Feuer, Offenbarungen sind von geistigen Wesenheiten, die
| |
| dahinter sind, wenn er gelernt hatte, diese Dinge zu unterscheiden,
| |
| in der elementarischen Welt sich zurechtzufinden, dann konnte er
| |
| um eine Stufe weitergeführt werden, geführt werden dazu, nun kennenzulernen,
| |
| wie das aussieht, was hinter diesen Elementen der elementarischen
| |
| Welt steckt. Und da wurde der Einzuweihende dann
| |
| geführt in die eigentliche geistige Welt. In der geistigen Welt, die
| |
| hinter der elementarischen ist, in dieser geistigen Welt, in die man
| |
| hineinreift, nachdem man die elementarische Welt eine Zeitlang so
| |
| kennengelernt hat, daß man Unterscheidungsvermögen in ihr gewonnen
| |
| hat, da erlebt man nun - das kann ja wiederum nur als Mitteilung
| |
| der Erlebnisse der Eingeweihten geschildert werden -, daß
| |
| tatsächlich Wesenheiten da sind, die hinter unserer sinnlichen und
| |
| hinter der elementarischen Welt stehen. Aber diese Wesenheiten, in
| |
| deren Welt man sich da hineinlebt, sind ganz unähnlich den Wesenheiten,
| |
| die wir als unseresgleichen, als Menschen kennen. Während
| |
| die Menschen auf der Erde in sozialen Ordnungen, in bestimmten
| |
| gesellschaftlichen Verhältnissen zusammenleben, vollkommenen
| |
| oder unvollkommenen, lebt sich der Einzuweihende ein in eine geistige
| |
| Welt, in der geistige Wesenheiten sind, die selbstverständlich
| |
| keine äußeren Körper haben, sondern geistige Wesenheiten sind, die
| |
| miteinander in Beziehung stehen durch Ordnung und Harmonie.
| |
| Und nun wird dem Einzuweihenden gezeigt, daß er dasjenige, was
| |
| da an Ordnung und Harmonie in dieser geistigen Welt ist, nur verstehen
| |
| kann, wenn er für das, was die geistigen Wesenheiten tun, als
| |
| einen äußeren Ausdruck nimmt die Welt der Gestirne, namentlich
| |
| die Bewegungen der Planeten in unserem Sonnensystem. Wie sich
| |
| die Planeten zur Sonne stellen und wie sie in ihren Bewegungen
| |
| und Stellungen zueinander sich verhalten, dadurch drücken sie aus,
| |
| was die Wesenheiten der geistigen Welten tun.|119|163f}}
| |
| | |
| == Die Mysterien der Ingaevonen und der Nerthus-Kult ==
| |
| | |
| {{Siehe auch|Nerthus}}
| |
| | |
| {{GZ|Das Menschengeheimnis in seinem Zusammenhang
| |
| mit allen Geheimnissen des Kosmos, wie es sich abspielt,
| |
| wenn der Mensch hier auf der physischen Erde in sein physisches Dasein
| |
| tritt, das liegt in einer gewissen Zeit der Erdenentwickelung so tief, wie
| |
| sonst nirgends diesen alten nordischen Mysterien, zugrunde.
| |
| | |
| Aber man muß weit zurückgehen, ungefähr bis in das 3. Jahrtausend,
| |
| vielleicht noch weiter zurück, um das zu verstehen, was in den Gemütern
| |
| lebte, welche später die Jesus-Empfindung aufnahmen. Dort
| |
| ungefähr, wo die jütische Halbinsel mit dem heutigen Dänemark ist, da
| |
| war das Zentrum, von dem in jenen alten Zeiten bedeutende Mysterienimpulse
| |
| ausgingen. Und diese Mysterienimpulse hingen damit zusammen
| |
| - das mag der heutige Verstand beurteilen, wie er will -, daß noch
| |
| im 3. Jahrtausend vor unserer christlichen Zeitrechnung in diesem
| |
| Norden bei bestimmten Stämmen nur derjenige als ein wirklich erdenwürdiger
| |
| Mensch angesehen wurde, der in gewissen Wochen der Winterszeit
| |
| geboren war. Das kam daher, daß von jener geheimnisvollen
| |
| Mysterienstätte auf der jütischen Halbinsel unter den Stämmen, die
| |
| sich damals die [[Ingävonen]] nannten, oder von den Römern wenigstens,
| |
| von ''Tacitus'', die Ingävonen genannt wurden, der Tempelpriester den
| |
| Impuls gab, daß nur zu einer bestimmten Zeit - im ersten Viertel des
| |
| Jahres - die geschlechtliche Verbindung der Menschen stattfinden sollte.
| |
| Jede geschlechtliche Verbindung der Menschen außer der Zeit, die von
| |
| dieser Mysterienstätte aus verfügt wurde, war verpönt; und derjenige
| |
| war ein minderwertiger Mensch innerhalb dieses Stammes der Ingävonen,
| |
| der nicht in der Zeit der finstersten Nächte, in der kältesten Zeit,
| |
| gegen unser Neujahr hin geboren wurde. Denn der Impuls von jener
| |
| Mysterienstätte ging aus in der Zeit, in welcher der erste Vollmond
| |
| nach der Frühlingssonnenwende war. Da nur durfte unter jenen Menschen,
| |
| die sich wirklich verbunden glauben sollten mit den geistigen
| |
| Welten, so wie es des Menschen würdig war, in dieser Zeit allein durfte
| |
| eine geschlechtliche Verbindung stattfinden. Dadurch, daß die Kräfte,
| |
| die in eine solche geschlechtliche Verbindung hineingehen, in der ganzen
| |
| übrigen Zeit für die Kraftentwickelung des Menschen aufgespart
| |
| wurden, wurde jene eigentümliche Stärke entwickelt, welche - wenigstens
| |
| noch in den Nachklängen - Tacitus zu bewundern hatte, der
| |
| ein Jahrhundert nach dem Stattfinden des Mysteriums von Golgatha
| |
| schrieb.
| |
| | |
| So erlebten jene, die dem Stamme der Ingävonen angehörten, in besonders
| |
| intensiver Weise - die andern germanischen Stämme in abgeschwächter
| |
| Art - in der ersten Vollmondzeit nach der Frühlingssonnenwende
| |
| den Vorgang der Empfängnis: nicht im Wachbewußtsein, sondern
| |
| in einer Art von Traumverkündung. Sie wußten jedoch, was das
| |
| zu bedeuten hat im Zusammenhange des Menschengeheimnisses mit den
| |
| Himmelsgeheimnissen. Ein geistiges Wesen erschien der Empfangenden
| |
| und verkündete ihr wie in einem Gesichte den Menschen, der durch sie
| |
| auf die Erde kommen sollte. Kein Bewußtsein gab es, sondern nur ein
| |
| Halbbewußtsein in der Sphäre, welche die Menschenseelen erlebten,
| |
| wenn das Hereintreten des Menschen in die physisch-irdische Welt sich
| |
| vollzieht. Unterbewußt wußte man sich regiert von Göttern, die dann
| |
| den Namen der «Wanen» erhielten, was zusammenhängt mit «wähnen»,
| |
| mit demjenigen, was nicht bei äußerem vollen intellektuellen Bewußtsein
| |
| verläuft, sondern in «wissendem Traumesbewußtsein».
| |
| | |
| Dasjenige, was zu einer Zeit da war, und was für diese Zeit angemessen
| |
| war, das erhält sich oftmals in späteren Zeiten in äußeren Symbolen.
| |
| Und so hat die Tatsache, daß in diesen alten Zeiten das heilige
| |
| Geheimnis der Menschwerdung ins Unterbewußte gehüllt war und dazu
| |
| geführt hat, daß alle Geburten zusammengedrängt waren in einen bestimmten
| |
| Teil der Winterszeit, so daß es wie sündhaft angesehen wurde,
| |
| wenn auch zu einer andern Zeit ein Mensch geboren wurde, sich gewissermaßen
| |
| erhalten in dem, wovon im Grunde genommen nur Splitter
| |
| in das spätere Bewußtsein übergegangen sind, Splitter, deren Sinn
| |
| bisher keine Gelehrsamkeit enthüllt hat. Ja, diese gesteht offen ihre
| |
| Ohnmacht ein, sie zu enthüllen. Splitter haben sich erhalten in der
| |
| sogenannten Herta- oder Erda- oder [[Nerthus|Nertus-Sage]]. Denn im Grunde genommen
| |
| ist alles, was man in äußerer Beziehung über die Nertus-Sage
| |
| weiß, mit Ausnahme einiger Notizen, im Tacitus enthalten, der über
| |
| den Nertus- oder Herta-Dienst das Folgende berichtet:
| |
| | |
| «Die Reudigner, Avionen, Angeln, Variner, Eudosen, Suardonen,
| |
| Nuithonen - deutsche Völker zwischen Flüssen und Wäldern wohnend» - das sind ungefähr die einzelnen Stämme, die zu den Ingävonen
| |
| gehören - «verehren insbesondere die Nertus, das ist: die
| |
| Mutter Erde, und glauben, daß sie sich in die menschlichen Dinge
| |
| mischt und zu den Völkern gefahren kommt.»|173|230f}}
| |
| | |
| {{GGZ|Vieles von diesem Mysterienwesen lebte, wenn man die Sache richtig
| |
| versteht, gerade in den skandinavischen Mysterien weiter. Dort gibt
| |
| es statt der Nerta einen Gott Friggo, der seiner Symbolik nach - aber
| |
| man muß es zuerst aus der Geisteswissenschaft wissen - geradezu zum
| |
| Verräter wird dessen, was da eigentlich zugrunde lag.
| |
| Und noch eines war da, das erwähnt sein soll in bezug auf diese
| |
| Mysterienbräuche. Sie können sich denken: Wenn seit der Zeit des
| |
| Frühlingsvollmondes bis in die Winterszeit hinein also die Menschenfrucht
| |
| herangereift war, gab es in der Regel ein solches Menschenwesen,
| |
| das als erstes in der Heiligen Nacht geboren wurde. Dieses Menschenwesen,
| |
| das als erstes in der Heiligen Nacht geboren wurde unter den
| |
| Stämmen der Ingävonen - in ältesten Zeiten war dies in jedem dritten
| |
| Jahre der Fall -, das wurde zum Führer auserkoren, wenn es dreißig
| |
| Jahre alt geworden war, und es sollte drei Jahre Führer bleiben, nur
| |
| drei Jahre. Was dann mit ihm geschah, darf ich vielleicht in späterer
| |
| Zeit einmal mitteilen.
| |
| | |
| Forscht man ganz genau nach, so ist nicht nur Frigg, Frei, Freia
| |
| gewissermaßen bloß eine Art Nebenbedeutung für die Nertus, ebenso
| |
| wie der nordische Nört, sondern es ist auch der Name Ing selber, von
| |
| dem her die Ingävonen sich nennen, ein Nebenname für die Nertus.
| |
| Die mit diesem Mysterium Verbundenen, sie nannten sich die zum Gotte
| |
| oder zur Göttin Ing Gehörigen: Ingävonen. In der äußeren Welt sind
| |
| eben nur Splitter geblieben von dem, was da eigentlich lebte. Einer der
| |
| Splitter sind die Worte des Tacitus, die ich Ihnen mitgeteilt habe. Ein
| |
| anderer Splitter ist das berühmte angelsächsische Runenlied, welches
| |
| nur wenige Zeilen enthält. Diese berühmten Zeilen, die heute jeder Philologe
| |
| der Germanistik studiert, kennt, deren Sinn aber keiner versteht,
| |
| lauten etwa so:
| |
| | |
| «Ing wurde zuerst bei den Männern der Ostdänen gesehen. Später
| |
| ging er nach Osten. Über die Wogen schritt er, und der Wagen rollte
| |
| ihm nach.»
| |
| | |
| In diesem angelsächsischen Runenlied ist ein Nachklang dessen enthalten,
| |
| was geschehen war: was man in dem alten Mysterienbrauch
| |
| hatte von der Osterempfängnis im Hinblick auf die Weihnachtsgeburtszeit.
| |
| Was da geschah in der geistigen Welt, man wußte es vor allen
| |
| Dingen auf der dänischen Halbinsel. Daher sagt das Runenlied mit
| |
| Recht: «Ing wurde zuerst bei den Männern der Ostdänen gesehen.»
| |
| Dann kamen immer mehr und mehr die Zeiten, wo dieses alte Wissen
| |
| in die Korruption verfiel, wo nur Nachklänge, Symbolik vorhanden
| |
| war, wo überhaupt innerhalb der Menschheitsentwickelung mehr das
| |
| aus den warmen Ländern Stammende sich verbreitete. Und aus den
| |
| warmen Ländern stammt dasjenige, was nicht, wie in den kalten Ländern,
| |
| damit zusammenhängt, daß die Jahreszeit eine innige Beziehung
| |
| hat zu dem, was der Mensch in seinem Innern erlebt. Es kam die Ausstreuung
| |
| der Menschenfrucht über das ganze Jahr hin, die selbstverständlich
| |
| in diesen Gegenden auch schon da war im alten atavistischen
| |
| Hellsehen, wenn auch noch von den alten Prinzipien durchdrungen,
| |
| als in der kalten Gegend die Wanengötter herrschten und in den südlichen
| |
| Gegenden die Tempelmysterien schon längst an die Stelle der
| |
| Naturmysterien getreten waren. Es kam das schon nach Norden, noch
| |
| vermischt mit dem Alten, als die Wanengötter ersetzt wurden durch die
| |
| Asengötter. Wie die Wanengötter zusammenhängen mit dem «wähnen»,
| |
| so die Asengötter mit dem Sein, das heißt mit dem Sein in der äußeren,
| |
| der materiellen Welt, das der äußere Verstand ergreifen will. Und als
| |
| die nordischen Menschen eingetreten waren in ein Zeitalter, in welchem
| |
| der Verstand des einzelnen anfing, sich geltend zu machen, als die Äsen
| |
| an die Stelle der Wänen, der Wanen getreten waren, da korrumpierte
| |
| sich die alte Mysteriensitte. Sie zog hinüber in einzelne verstreute
| |
| Mysteriengemeinschaften des Ostens. Und nur einer noch - derjenige,
| |
| in dem erneuert werden sollte der ganze Sinn der Erde - , nur einer, in
| |
| dem der Christus wohnen sollte, der sollte das in sich vereinigen, was
| |
| einstmals Inhalt der nordischen Mysterien war.
| |
| | |
| Daher müssen wir, wenn uns im Lukas-Evangelium die Erzählung
| |
| von dem Erscheinen des Erzengels Gabriel bei der Maria entgegentritt,
| |
| deren Ursprung in den wahren Visionen suchen, die auftraten in dem,
| |
| was sich einst in dem Nertus-Symbol der alten Nertus-Mysterien spiegelte.
| |
| Hinübergezogen war dies nach dem Osten. Die Geisteswissenschaft
| |
| enthüllt es uns heute, und sie allein gibt dem angelsächsischen
| |
| Runenlied einen Sinn. Denn Nertus und Ing sind dasselbe. Und von
| |
| Ing wird ja gesagt: «Ing wurde zuerst bei den Männern der Ostdänen
| |
| gesehen, später ging er nach dem Osten. Über die Wogen schritt er, und
| |
| der Wagen rollte ihm nach.» Über die Wogen der Wolken selbstverständlich,
| |
| so wie die Nerta über die Wogen der Wolken schritt. Was
| |
| allgemein gewesen war in den Gegenden der kälteren Zone, das wurde
| |
| singulär, wurde ein Einzelnes. Das trat als ein Singuläres, als ein Einzelnes
| |
| auf und tritt uns wieder entgegen in der Schilderung des Lukas-Evangeliums.
| |
| | |
| Was aber einmal da ist und sich eingelebt hat, sich verankert hat in
| |
| der Auffassung des Gemüts, das bleibt dann im Gemüte, sitzt in der
| |
| Seele. Und als man im Norden vom alten römischen Süden her die
| |
| Kunde des Christentums erhielt, empfing man damit etwas, was zusammenhing
| |
| mit einem nicht mehr im vollen Bewußtsein, sondern im
| |
| Unterbewußtsein lebenden und deshalb nur gefühlten alten Mysterienbrauch.
| |
| Daher konnte sich dort die Empfindung für den Jesus
| |
| besonders stark entwickeln. Ins Unterbewußtsein war schon hinuntergezogen,
| |
| was im alten Nertus-Mysterium lebte; doch im Unterbewußtsein
| |
| war es vorhanden, wurde gefühlt und empfunden.
| |
| | |
| Wenn einst in alter Zeit die Familien zusammenkamen im hohen
| |
| Norden, als die Erde noch von Wäldern bedeckt war, in denen noch
| |
| der Auerochs und das Elentier hausten, wenn sie sich in ihren eingeschneiten
| |
| Hütten bei brennenden Lichtern um das neugeborene Kind
| |
| versammelten und davon sprachen, daß ihnen mit diesem neuen Leben
| |
| jenes neue Licht gebracht sei, welches der Himmel ihnen verkündet
| |
| hatte in der Vorfrühlingszeit, so war dies das alte Weihnachten. Da
| |
| wurde denen, zu welchen die Kunde vom Christentum einstmals kommen
| |
| sollte, erzählt, es sei einer in der besonders heiligen Stunde geboren,
| |
| der zu Großem ausersehen sei. Das war derjenige, der als der erste nach
| |
| der zwölften Stunde in der als heilig bezeichneten Nacht geboren
| |
| wurde. Darüber besaß man nicht mehr das alte Wissen, aber das alte
| |
| Fühlen regte sich noch, als die Kunde kam, daß so einer im fernen Asien
| |
| geboren sei, in welchem der Christus lebte, der von der Sternenwelt zur
| |
| Erde heruntergekommen war.|173|234ff}}
| |
| | |
| {{GGZ|... das Christus-Verständnis der Gnosis
| |
| verglomm; das Jesus-Verständnis entwickelte sich im Zusammenhange
| |
| mit dem alten Nertus-Dienst nur unbewußt. In der Zukunft aber wird
| |
| die Menschheit die beiden unbewußten Strömungen sich zum Bewußtsein
| |
| bringen und sie verbinden müssen. Dann wird immer mehr und
| |
| mehr ein Christus-Verständnis auf der Erde Platz greifen können, das
| |
| die Verbindung sein wird der Mysterienerkenntnis mit einer erneuerten
| |
| großen Gnosis.|173|239}}
| |
| | |
| {{GGZ|So kam es, daß im Süden die Gnosis, ich möchte sagen, das Ostermysterium,
| |
| das Christus-Mysterium mehr begriff. Nur wurde der Begriff
| |
| davon, wie ich angedeutet habe, durch die Dogmatik ausgerottet.
| |
| Im Norden hingegen faßte man mehr, wenn auch nicht in den Vorstellungen,
| |
| die ja nicht mehr lebten, aber in den Empfindungen, die die
| |
| Vorstellungen überdauern, das Jesus-Mysterium, die Empfindung von
| |
| dem Kinde, das in die Welt hereinkommt zur Erlösung der Menschheit.
| |
| Und das konnte man erfassen, eben weil die Empfindung der alten Einrichtungen
| |
| fortwirkte. So kam es, daß während es im Süden die Aufgabe
| |
| der Kirche war, das Christus-Mysterium auszurotten, es im Norden
| |
| ihre Aufgabe wurde, das Weihnachtsmysterium auszurotten und es
| |
| mehr, ich möchte sagen, in das Harmlose zu verwandeln, wodurch
| |
| später im Mittelalter als Weihnachtsvorstellung das herauskam, was
| |
| wirklich in vieler Beziehung rechnet, ich möchte sagen, mit dem immer
| |
| mehr und mehr für die materialistische Zeit heraufdämmernden Biedermeiertum
| |
| der neueren Zeit. Denn alles Biedermeierische ist durchaus
| |
| eine Parallelerscheinung des Materialismus. Aber wir müssen uns schon
| |
| vorstellen, daß größere, bedeutungsvollere Begriffe in der Form von
| |
| Empfindungen bis ins 8., 9., wohl auch bis ins 10. Jahrhundert in Mitteleuropa
| |
| lebten, weil sich diese Empfindungen eben anknüpften an das,
| |
| was von den alten Einrichtungen noch vorhanden war: an Umzüge
| |
| und dergleichen, die sich im Volksgebrauch erhalten hatten.
| |
| | |
| Diese alten Einrichtungen will ich Ihnen kurz noch einmal skizzieren.
| |
| Sie bestanden darin, daß bei den Ingävonen von den bezeichneten
| |
| Mysterienstätten aus das Leben der Menschen insofern streng geregelt
| |
| wurde, als die Zeit besonders bestimmt war, in welcher für die Fortpflanzung
| |
| gesorgt werden durfte: Die Verbindung des Mannes mit dem
| |
| Weibe durfte nur in den Frühlingstagen stattfinden, ungefähr in den
| |
| Tagen, wenn nach der Frühlingssonnenwende der erste Vollmond war.
| |
| Es war ungefähr die Zeit, die wir jetzt die Osterzeit nennen. Die übrige
| |
| Zeit des Jahres war verpönt für die menschliche Fortpflanzung, und
| |
| derjenige wurde gewissermaßen als nicht ganz ehrlicher Mensch angesehen,
| |
| welcher zu einer solchen Zeit geboren wurde, daß er nicht in
| |
| der bezeichneten Zeit empfangen sein konnte.
| |
| | |
| Dadurch fielen die Geburten der richtig empfangenen Menschen
| |
| alle in die Winterszeit, nach unserer jetzigen Weihnachtszeit, so daß
| |
| dazumal derjenige, der als ein vollwertiger Mensch unter den Ingävonen
| |
| angesehen werden sollte, in dieser Zeit geboren werden mußte.
| |
| Die Geburten mußten also in die Zeit der finsteren Wintertage fallen,
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| in die Zeit, wo draußen der Schnee die Bäume bedeckte, die Menschen
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| in ihren Heimstätten, ihren primitiven Wohnungen waren. Und in einer
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| gewissen Weise, wenn wir die heutige Sprechart anwenden, war jedes
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| Kind ein Weihnachtskind, ein Wintersonnenwendekind.
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| Dieses wirkte auf die ganze Gemütsverfassung, auf die Seelenverfassung
| |
| der Menschen. Dadurch, daß von Fortpflanzungswesen nichts
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| vorhanden war in den andern Zeiten des Jahres, dadurch konnte sich
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| das alte traumhafte Hellsehen erhalten. Und wenn die Zeit der Empfängnis,
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| also die entsprechenden Frühlingstage, heranrückte, dann stellten
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| sich die Unbewußtheitszustände ein. Die Empfängnis wurde durchaus
| |
| im Unbewußtheitszustand, nicht im Tagesbewußtsein, zustande
| |
| gebracht. Dadurch aber war real bewußt für die Empfangende die Erscheinung,
| |
| die visionäre Erscheinung des Herabkommens einer Geistgestalt
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| aus den geistigen Welten, welche ankündigte das kommende
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| Kind. Ja, bei den Frauen war es so, daß sie wohl auch das Gesicht des
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| kommenden Kindes voraussahen. Und diese Verkündigung, haben wir
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| gesehen, klingt nach in der Zeit des Lukas-Evangeliums in der Verkündigung
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| an Maria durch den Erzengel Gabriel. Wir haben gesehen, daß
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| sogar in einem angelsächsischen Runenliede ein Fragment vorhanden
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| ist desjenigen, was im alten Bewußtsein vorhanden war, daß wirklich
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| auf der jütischen Halbinsel diese Einrichtungen gelebt haben, daß sie
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| nach dem Osten hinübergezogen sind.
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| Nun ist die Menschheit natürlich in Entwickelung. Entwickelung
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| ist in der Menschheit. Und diese Einrichtung konnte nur in recht alten
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| Zeiten bestehen, denn hätte sie fortbestanden, es hätte sich nicht jenes
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| Bewußtsein, jene Bewußtseinsart entwickeln können, welche dann die
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| Aufgabe der vierten, der fünften nachatlantischen Entwickelungszeit
| |
| war. Die Einrichtung selbst wird für hellseherisches Bewußtsein in
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| den nördlichen Gegenden, in denen sie verbreitet war und unter den
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| verschiedenen Stämmen gelebt hat, schon im 2. Jahrtausend kaum
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| noch gefunden werden und nimmt vollständig ab gegen das 1. Jahrtausend
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| hin, wo eben das menschliche Empfangen- und Geborenwerden
| |
| gewissermaßen über das ganze Jahr verteilt wird, wo nicht
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| mehr gewußt wird von dem Herabkommen aus der kosmischen Welt
| |
| durch die Sternkonstellationen, und daß für das Geborenwerden
| |
| des Menschen auf der Erde, für sein Schicksal, viel abhängt davon,
| |
| daß er unter einer gewissen Sternkonstellation herabkommt. Das
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| Empfangenwerden und Geborenwerden des Menschen ist auf das
| |
| ganze Jahr verteilt.
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| Eine Parallelerscheinung damit ist das Heraufkommen des neueren
| |
| Bewußtseins, das Heraufkommen der Freiheitsmöglichkeit für den
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| Menschen und so weiter. - Ein Letztes ist nun aber geblieben, indem
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| dasjenige, was in der Gegend des heutigen Dänemark bestanden hat,
| |
| von Stamm zu Stamm gezogen ist, hinübergezogen ist nach dem Osten,
| |
| und in einem Leib, der noch in einem solchen Zusammenhange gedacht
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| wurde, dann verkörpert sein sollte: die Christus-Wesenheit. Derjenige,
| |
| der der Erstling wurde unter vielen Brüdern, wurde gewissermaßen als
| |
| der Letztling geboren unter denjenigen, die mit der kosmischen Sternkonstellation
| |
| zusammen gedacht waren. Immer verbindet sich in der
| |
| Evolution dasjenige, was übrigbleibt aus dem Alten, mit dem Neuen.
| |
| Aber weil man in nördlichen Gegenden jene Empfindungen entwickelt
| |
| hatte, daß in der Weihezeit der Mensch auf der Erde erscheine, konnte
| |
| auch in diesen nördlichen Gegenden - ich möchte sagen unter dem atavistischen
| |
| Nachklang jener Empfindungen - insbesondere die Jesus-Empfindung sich ausbilden. Daher werden Sie finden, daß man in diesen
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| nördlichen Gegenden vorzugsweise für das Lukas-Evangelium die
| |
| nötige Empfindung, das bessere Verständnis hatte, daß da das Weihnachtsmysterium
| |
| mehr wirkte als das Ostermysterium, das ja in die
| |
| Geheimnisse der Kirche eingeschlossen war, während das Weihnachtsmysterium
| |
| allgemein wurde.|173|244ff}}
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| == Schauen der Sonne um Mitternacht ==
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| {{Hauptartikel|Schauen der Sonne um Mitternacht}}
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| {{GZ|Während der Mystiker in sein Inneres
| |
| hinuntergeführt wird, wird derjenige, der den entgegengesetzten
| |
| Weg gehen will, hinausgeführt in den Kreislauf der großen Natur
| |
| und so erzogen, daß er miterlebt die Ereignisse der großen Natur.
| |
| Seine Seele wird so behandelt, daß er dasjenige, was man im gewöhnlichen
| |
| Leben schwach fühlt im Frühling, lernt, allmählich in
| |
| starkem Maße zu fühlen, so daß er mitzuempfinden lernt das ganze
| |
| Aufsprießen der Vegetation im Frühling. Wenn er sich da ganz hineinzuversetzen
| |
| vermag, sich selbst zu vergessen vermag und mit der
| |
| Frühlingsnatur mitzuerleben vermag, dann wird dieses Erleben
| |
| gegen den Sommer hin etwas ganz Besonderes. Es wird von der erwachenden
| |
| Hoffnung im Frühling zu einem völligen inneren Aufjauchzen
| |
| im Sommer. Dazu wird derjenige, der sozusagen ein umgekehrter
| |
| Mystiker ist, erzogen. Und wiederum, wenn der Mensch so
| |
| weit ist, daß er in Selbstvergessenheit, ins höchste gesteigert, die
| |
| Wehmut des Herbstes zu erleben gelernt hat, dann kann er auch fähig
| |
| werden, die Steigerung des Gefühls zu erleben von der Wehmut
| |
| des Herbstes bis zum Mitempfinden des Todes der ganzen Natur in
| |
| der Wintermitte.
| |
| | |
| So wurden unter anderem erzogen diejenigen Schüler, welche
| |
| mitgemacht haben den Empfindungsunterricht in den alten nordischen
| |
| Mysterien, die heute der Außenwelt schon nur mehr der Tradition
| |
| nach, nur äußerlich bekannt sind. Da wurden die Schüler so
| |
| erzogen, daß sie durch besondere Methoden lernten, den jährlichen
| |
| Gang der Natur in ihrem Empfinden, in ihrer Seele mitzumachen.
| |
| Und alles das, was der Schüler im Sommer zur Zeit der Johannisnacht
| |
| erlebte, das bedeutete ein Mit jauchzen mit der ganzen Natur.
| |
| Die Feuer der Johannisnacht waren etwas wie ein Andeuten der
| |
| Steigerung des Hoffnungsgefühls im Frühling zu einem Mit jauchzen
| |
| mit der Natur im Sommer, wenn man den den ganzen Kosmos
| |
| durchziehenden Lebenshauch miterlebte. Und in der Wintersonnenwende
| |
| empfand der Schüler in tiefster Seele mit das Hinsterben
| |
| der Natur, unendlich steigernd das Wehmutsgefühl des Herbstes bis
| |
| zum Mitempfinden des Todes.
| |
| | |
| So waren die Empfindungserlebnisse, die in der Tat in dieser Stärke
| |
| kaum mehr von dem heutigen Menschen erlebt werden können.
| |
| Denn der heutige Mensch ist durch die Fortschritte des intellektuellen
| |
| Lebens der letzten Jahrhunderte im wesentlichen unfähig zu
| |
| jenen großen, gewaltigen Erlebnissen, welche die Seele der ursprünglichen
| |
| Naturvölker des europäischen Festlandes, namentlich der
| |
| nördlichen und mittleren Gebiete Europas, durchmachten. Dann
| |
| aber, wenn so etwas durchgemacht worden war, zeigte sich in der
| |
| Tat für diejenigen Menschen, die so ihre inneren Seelenerlebnisse
| |
| gesteigert hatten, etwas sehr Eigentümliches. Sie erlangten eine bestimmte
| |
| Fähigkeit. Wie der Mystiker die Fähigkeit hat, in sein eigenes
| |
| Inneres hinunterzusteigen, so erlangten sie die Fähigkeit - so sonderbar
| |
| das auch klingt, es ist aber der Fall, ich schildere nur Dinge, welche
| |
| unzählige Menschen erlebt haben und noch erleben können -,
| |
| sie erlangten die Fähigkeit, die Materie zu durchschauen, das heißt,
| |
| sie konnten nicht bloß das sehen, was man als Oberfläche wahrnimmt,
| |
| sondern sie konnten durch diese hindurchschauen, vor allen
| |
| Dingen vermochten sie in der Zeit von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang
| |
| durch unsere Erde hindurchzuschauen, und durch die durchsichtige
| |
| Erde hindurch erglänzte ihnen lebendig die Sonne. Das
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| nannte man in den alten Mysterien das Schauen der Sonne um Mitternacht.
| |
| Allerdings konnte die Sonne in ihrer größten Fülle und
| |
| Herrlichkeit nur dann geschaut werden, wenn man sich mit seiner
| |
| Seele in der Zeit der Wintersonnenwende jenem Zustande genähert
| |
| hatte, wo der ganze äußere Sinnesteppich abgestorben war. Dann
| |
| hatte man die Fähigkeit errungen, die Sonne zu schauen, jetzt nicht
| |
| als eine blendende Wesenheit, wie sie bei Tag erscheint, sondern alles
| |
| Blendende an der Sonne war abgeschwächt; man sah die Sonne nicht
| |
| mehr als physisches Wesen draußen, sondern als geistiges Wesen. Man
| |
| schaute den Sonnengeist. Was als physische Wirkung wie eine Blendung
| |
| wirkte, war ausgelöscht durch die Materie der Erde. Diese war
| |
| durchsichtig geworden, und sie ließ nur das Geistige der Sonne durch.
| |
| Aber mit diesem Schauen der Sonne war etwas wesentlich anderes
| |
| verbunden, mit diesem Schauen der Sonne zeigte sich jetzt etwas
| |
| höchst Merkwürdiges. Es zeigte sich nämlich jetzt in seiner Wahrheit
| |
| dasjenige, worauf wir gestern in abstrakter Weise hingedeutet
| |
| haben, daß tatsächlich eine lebendige Wechselwirkung besteht zwischen
| |
| all dem, was zu unserem Sonnensystem gehört als Planeten,
| |
| und der Sonne selber, dadurch, daß fortdauernd Ströme gehen von
| |
| den Planeten zur Sonne und von der Sonne zu den Planeten. Kurz,
| |
| es zeigte sich da draußen geistig etwas, was sich vergleichen läßt mit
| |
| etwas im Leben, was jeder kennt, nämlich mit dem Zirkulieren des
| |
| Blutes im menschlichen Leibe. Wie das Blut von dem Herzen zu den
| |
| Organen geht und von den Organen wiederum zurück zum Herzen
| |
| in lebendigem Kreislauf, wie dieser lebendige Blutkreislauf, so zeigt
| |
| sich die Sonne als der Mittelpunkt lebendiger Geistesströmungen,
| |
| welche von der Sonne zu den Planeten und von den Planeten zurück
| |
| zur Sonne fließen. Das ganze Sonnensystem zeigt sich als lebendiges
| |
| geistiges System; wir erblicken in der Tat unser Sonnensystem als
| |
| Geistiges, von dem das Äußere wirklich nur ein Gleichnis ist.|119|97ff}}
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| == Literatur ==
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| | |
| #Rudolf Steiner: ''Makrokosmos und Mikrokosmos'', [[GA 119]] (1988), ISBN 3-7274-1192-9 {{Vorträge|119}}
| |
| #Rudolf Steiner: ''Zeitgeschichtliche Betrachtungen. Das Karma der Unwahrhaftigkeit – Erster Teil'', [[GA 173]] (1978), ISBN 3-7274-1730-7 {{Vorträge|173}}
| |
| #Rudolf Steiner: ''Nordische und mitteleuropäische Geistimpulse'', [[GA 209]] (1982), ISBN 3-7274-2090-1 {{Vorträge|209}} | |
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| {{GA}}
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| [[Kategorie:Mysterien]] [[Kategorie:Nordische Mysterien]] [[Kategorie:Germanische Mythologie]] [[Kategorie:Nordische Mythologie]]
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