Siddhartha Gautama und Nicht-Ich: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:PrinceSiddhartha.jpg|thumb|Prinz Siddhartha Gautama]]
'''Nicht-Ich''' ist ein von [[Johann Gottlieb Fichte]] erstmals in seiner [[Wissenschaftslehre]] geprägter [[Begriff]], der von zentraler Bedeutung für den [[Deutscher Idealismus|nachkantischen Idealismus]] wurde. Indem sich das [[Ich]] durch eine reine [[Tathandlung]] selbst setzt, sieht es sich zugleich als [[Subjekt]] der äußeren Welt der [[Objekt]]e, d.h. dem Insgesamt des Nicht-Ich, gegenübergestellt und wird sich dadurch seiner selbst bewusst.
'''Siddhartha Gautama''' ([[Sanskrit]], m., सिद्धार्थ गौतम, Siddhārtha Gautama) (* [[Wikipedia:563 v. Chr.|563 v. Chr.]] in [[Wikipedia:Lumbini|Lumbini]] im heutigen [[Wikipedia:Nepal|Nepal]]; † [[Wikipedia:483 v. Chr.|483 v. Chr.]] in [[Wikipedia:Kushinagara|Kushinagara]], [[Wikipedia:Indien|Indien]]), auch '''Shakyamuni''' ([[Sanskrit|skrt.]] शाक्यमुनि, śākyamuni, ''„der Weise aus dem Geschlecht der Shakya“'') genannt, ist der ''historische'' [[Buddha]] und durch die von ihm gegebene Lehre ([[Dharma]]) der Begründer des [[Buddhismus]]. Er wird auch als der [[Gautama Buddha]] bezeichnet.


== Wesen und Aufgabe des Buddha aus der Sicht Rudolf Steiners ==
{{Zitat|Es ist ursprünglich nichts gesetzt, als das Ich; und dieses nur ist schlechthin gesetzt. Demnach kann nur dem Ich schlechthin entgegengesetzt werden. Aber das dem Ich entgegengesetzte ist &#61; ''Nicht-Ich''. So gewiß das unbedingte Zugestehen der absoluten Gewißheit des Satzes: -A nicht &#61; A unter den Tatsachen des empirischen Bewusstseins vorkommt: ''so gewiß wird dem Ich schlechthin entgegengesetzt ein Nicht-Ich''.|Johann Gottlieb Fichte|''Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre''.|ref=<ref> Fichte, J.G.; ''Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre''. Hamburg, Meiner, 1997, S. 24 </ref>}}


=== Wotan und Buddha ===
Fichte begründete damit seinen [[Subjektiver Idealismus|subjektiven Idealismus]], in dessen Zentrum das [[Ich]] steht. Demgegenüber hob Rudolf Steiner hervor, dass das absolute [[Ich]] Fichtes dem [[Wahrnehmung|durch Wahrnehmung unmittelbar Gegebenen]] nicht gerecht wird.


{{GZ|Diese Individualität des Wotan - wir sprechen innerhalb einer Gemeinschaft
{{GZ|Das Ich kann also im Sinne Fichtes auch nur durch
von Schülern der Geisteswissenschaft und deshalb darf hier
einen absoluten Entschluss alle seine Tätigkeit beginnen.
ein solches Geheimnis berührt werden -, diese Individualität, die wirklich
Aber für Fichte ist es unmöglich, dieser seiner vom Ich
als Wotan gelehrt hat in den Mysterien der germanischen Völker,
absolut gesetzten Tätigkeit zu irgendeinem Inhalte ihres
ist dieselbe, die später zu derselben Mission wieder erschien als Buddha.
Tuns zu verhelfen. Denn er hat nichts, worauf sich diese
Keine andere Individualität ist derjenige gewesen, der den Zusammenhang
Tätigkeit richten, wonach sie sich bestimmen soll. Sein Ich
zwischen unserer Welt und den höheren Welten als Buddha vermittelt
soll eine Tathandlung vollziehen; aber was soll es tun? Weil
hat, als jene, die einstmals über die Gegenden Europas zog und
Fichte den Begriff der Erkenntnis nicht aufstellte, den das
deren Erinnerung sich im nordischen Europa unter dem Namen Wotan
Ich verwirklichen soll, deshalb rang er vergeblich,
erhalten hat.|105|173}}
irgendeinen Fortgang von seiner absoluten Tathandlung zu
den weiteren Bestimmungen des Ich zu finden. Ja, er erklärt
zuletzt in bezug auf einen solchen Fortgang, dass die
Untersuchung hierüber außerhalb der Grenzen der Theorie
liege.|3|74|71}}


=== Vom Bodhisattva zum Buddha ===
{{GZ|Auf diese Weise verlor für Fichte die Welt außer dem
«Ich» ihr selbständiges Dasein; sie hat nur ein ihr vom
Ich beigelegtes, ein also zu ihr hinzugedichtetes Dasein. In
seinem Streben, dem eigenen Selbst die höchstmögliche
Unabhängigkeit zu geben, hat Fichte der Außenwelt jede
Selbständigkeit genommen. Wo nun eine solche selbständige
Außenwelt nicht vorhanden gedacht wird, da ist es
auch begreiflich, daß das Interesse an dem Wissen, an der
Erkenntnis dieser Außenwelt aufhört. Damit ist das Interesse
an dem eigentlichen Wissen überhaupt erloschen.
Denn das Ich erfährt durch ein solches Wissen im Grunde
nichts, als was es selbst hervorbringt. In allem Wissen hält
das menschliche Ich gleichsam nur Monologe mit sich selbst.
Es geht nicht über sich selbst hinaus.|18|182}}


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Das Denken ist nicht nur tätiges Hervorbringen, sondern zugleich auch sein Inhalt als ein vorgefundener. Diese Vorfindlichkeit des Denkinhaltes, bzw. was zum Denkinhalt wird, liegt auf der [[Wahrnehmung|Wahrnehmungsseite]] des Erkennens. Fichte gelingt es aber nicht, das Wahrnehmliche in der Welt draußen aus dem absoluten Ich hervorgehen zu lassen. Darin liegt das „[[Objektiver Idealismus|objektive]]“ des Steinerschen Idealismus, dass er dieses Wahrnehmliche in seiner selbstgebenden, nicht durch ein absolutes Ich produzierten, Eigenart anerkennt. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit Fichte findet sich in «[[Wahrheit und Wissenschaft]]»:
"Der letzte der Buddhas ist
derjenige, welcher in dem Sohn des Königs Suddhodana -
in dem Gotama Buddha - inkarniert, das heißt verkörpert
war. Der Inder sieht auf andere Buddhas hin und sagt sich:
Seit der Zeit, da die Menschheit auf der Höhe der geistigen
Welt gestanden hat, sind eine ganze Anzahl von Buddhas
dagewesen; seit dem letzten Niedergange der Welt sind
fünf Buddhas erschienen. - Die Buddhas bedeuten immer,
daß die Menschheit nicht in einem Abfallen in die Maja
heruntersinken soll, sondern daß immer wieder und wieder
etwas von der uralten Weisheit gebracht werden soll, wovon
sie wieder zehren kann, weil sich aber die Menschheit
in einem absteigenden Sinne bewegt, verliert sich immer
wieder und wieder diese Weisheit, und es muß dann ein
neuer Buddha kommen, der ihr wieder eine solche Abschlagszahlung
bringt. Der letzte war eben der Gotama
Buddha. Bevor nun ein solcher Buddha, wenn wir trivial
sprechen dürfen, zur Buddha-Würde durch seine verschiedenen
Leben hindurch hinaufsteigt, muß er zu einer anderen
Würde kommen: zu der Würde eines Bodhisattva.
Die indische Weltanschauung sieht auch in dem Königssohn
des Suddhodana, in dem Gotama Buddha, bis zu dessen
neunundzwanzigstem Jahre nicht einen Buddha, sondern
einen Bodhisattva. Es ist also dieser Bodhisattva, der in
das Königshaus des Suddhodana hereingeboren worden ist,
durch die Anstrengungen seines Lebens zu jener inneren
Erleuchtung aufgestiegen, die symbolisch als das «Sitzen
unter dem Bodhibaum» geschildert wird und dann in der
«Predigt von Benares» zum Ausdruck kommt. In seinem
neunundzwanzigsten Jahre ist dieser Bodhisattva durch
diese Vorgänge zur Buddha-Würde emporgestiegen und
konnte nunmehr als Buddha wieder der Menschheit einen
letzten Rest der uralten Weisheit bringen, welche die folgenden
Jahrhunderte - nach indischer Anschauung - wieder
verbrauchen dürfen. Wenn die Menschheit so tief heruntergestiegen
sein wird, daß die Weisheit, welche dieser letzte
Buddha gebracht hat, verbraucht sein wird, dann wird ein
anderer Bodhisattva zur Buddha-Würde aufsteigen, der
Buddha der Zukunft, der «[[Maitreya-Buddha]]», der nach
der indischen Weltanschauung für die Zukunft erwartet
wird." {{Lit|{{G|60|385f}}}}
</div>


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{{GZ|Der
"Gautama Buddha war vorher ein Wesen, welches so leben konnte,
Selbstbeobachtung zeigt sich das Ich wie es sich das Weltbild
daß es sich immer in irdische Leiber der entsprechenden Kulturperioden
aus dem Zusammenfügen von Gegebenem und Begriff
verkörpern konnte, ohne Anspruch zu machen, alles in dieser
aufbaut. Aber für denjenigen, der unsere obige Betrachtung
menschlichen Organisation zu benutzen. Dieses Wesen hatte es
nicht mit durchgemacht hat, der also nicht weiß, dass das
nicht nötig, wirkliche menschliche Inkarnationen durchzumachen.
Ich nur dann zum ganzen Inhalte der Wirklichkeit kommt,
Jetzt tritt aber für den Bodhisattva ein wichtiger Wendepunkt ein,
wenn es mit seinen Denkformen an das Gegebene herantritt,
nämlich die Notwendigkeit, kennenzulernen alle Schicksale der
für den erscheint der Erkenntnisprozess als ein
menschlichen Organisation in einem irdischen Leib, in den er ganz
Herausspinnen der Welt aus dem Ich. Für Fichte wird das
einkehren mußte. Da gab es für ihn etwas zu erfahren, was man nur
Weltbild daher immer mehr zu einer Konstruktion des Ich.
in einem irdischen Leib erfahren konnte. Und weil er eine höhere
Er betont immer stärker, dass es in der Wissenschaftslehre
Individualität war, so genügte diese eine Verkörperung, um das
darauf ankomme, den Sinn zu erwecken, der imstande ist,
wirklich zu sehen, was alles aus diesem menschlichen Leib sich herausentwickeln
das Ich bei diesem Konstruieren der Welt zu belauschen.|3|80|77}}
kann. Für die anderen Menschen lag die Sache so, daß
sie jetzt die inneren Fähigkeiten durch den vierten, fünften, sechsten
und siebenten Zeitraum der nachatlantischen Kulturentwickelung
nach und nach zu entfalten haben. Buddha dagegen konnte in dieser
einmaligen Inkarnation alles erleben, was als Entwickelungsmöglichkeit
darinnen war. Was die Menschen als «Gewissen» hervortreiben
werden, und was immer größer und größer werden wird, das
sah er gleichsam voraus in seinem ersten Keim, als er seine Inkarnation
als Gautama Buddha durchlebte. Daher konnte er gleich wieder
nach dieser Inkarnation hinaufsteigen in die göttlich-geistigen Welten
und brauchte nicht später noch eine zweite Inkarnation durchzumachen.
Was die Menschen auf einem gewissen Gebiete in den
zukünftigen Zyklen aus sich herausentwickeln werden, das konnte
er in dieser einen Inkarnation wie eine große Richtkraft angeben.
Das geschah durch das Ereignis, das uns angedeutet wird in dem
«Sitzen unter dem Bodhibaum». Damals ging ihm auf - nach seiner
besonderen Mission - die Lehre vom Mitleid und von der Liebe,
die im «achtgliedrigen Pfad» enthalten ist...


Das ist, ein wenig umschrieben, jenes große Ereignis, das in der
Eine ähnliche Kritik an Fichtes Verabsolutierung des einzelnen Ichs und dem damit verbundenen Fall in den [[Subjektivismus]] bzw. [[Solipsismus]] hatte schon der von Rudolf Steiner sehr geschätzte Philosoph [[Paul Asmus]] (1842-1877) geübt:
morgenländischen Kultur bezeichnet wird als «das Buddha-Werden
des Bodhisattva». Als dieser Bodhisattva, der sich früher niemals
wirklich inkarniert hatte, neunundzwanzig Jahre alt war, da zuckte
hinein in den Sohn des Suddhodana, da ergriff ihn vollständig die Individualität
des Bodhisattva, die vorher noch nicht vollständig davon
Besitz ergriffen hatte, und er erlebte die große Menschheitslehre
vom Mitleid und von der Liebe.


Warum hat sich dieser Bodhisattva, der dann der Buddha wurde,
{{LZ|Unser einzelnes Ich ist, da es stets mit seiner Negation verbunden
gerade in diesem Volke inkarniert? Warum nicht zum Beispiel innerhalb
ist, nicht als ein an sich seiendes Reales, sondern als ein Moment
des griechisch-lateinischen Volkes?
zu fassen. Insofern steht allerdings unser Ich mit den Objecten,
welche ja gleichfalls als nicht an sich existirend erkannt wurden,
auf derselben Stufe, die Scheidewand ist gefallen zwischen Sub- und
Objectivität, zwischen Denken und Sein. Inwiefern dann doch
ein Unterschied zu statuiren sei, werden wir später sehen. Was ist
aber das, wovon unser einzelnes Ich ein Moment ist? Einfach das
jenige, welches den Begriff des Ich ganz erfüllt: die Einheit des Ich
und seiner Negation, das erfüllte oder absolute Ich, die Ichheit, wie wir
es vorläufig nennen wollen. Im Gegensatz zu dem seiner Negation
noch gegenüber stehenden und sich als einzelnes Moment besondernden Ich ist es auch das allgemeine Ich genannt, es ist das
selbe Ich, das Fichte in seinem ersten Grundsatze aufgestellt hat.
Nur begeht dieser den Fehler, sein absolutes Ich als die positive
Verabsolutirung des besondern Ich, also nicht als dessen Vereinigung mit seiner Negation zu fassen. Er lässt die Negation,
den Widerspruch, vollständig aus seinem Princip fort, so kommt
er nicht über den Subjectivismus hinaus, sein absolutes Ich ist
schliesslich doch blos die abstracte Subjectivität. Wie sehr er
Recht hat im weitern Verlaufe seines Systems, das Princip der
Besonderung des Ich in seinem Gegensatz gegen das Nicht-Ich zu
suchen, so sehr Unrecht hat er, wenn er das Ich, welches von diesem
Gegensatze absolut nichts weiss, an die Spitze stellt und uns dann
zumuthet, hierin das jenen Ich-Besonderheiten zu Grunde liegende
allgemeine Ich zu erblicken. Streicht er die durch das Nicht-Ich
gegebene Besonderung einfach fort, so haben wir in seinem absoluten Ich nur jenes einzelne Ich des Solipsismus, das auf willkürliche Weise (nämlich durch Wegstreichen der an ihm klebenden
Negation) verabsolutirt ist. Ganz richtig behauptet Fichte, dass
das Ich sich selbst nicht setzen könne, ohne sich ein Nicht-Ich
entgegen zu setzen. Darin liegt doch, dass das einzelne Ich nur
mit seinem Nicht zusammen, also als Moment existire. Aber das
ist dann wieder nicht ernst gemeint. Das Ich soll sich, wie es
ihm als Moment doch zukäme, nicht mit seinem Anderen vereinen,
sondern es soll es besiegen, in sich ziehen, — da bleibt denn die
an sich seiende Realität des einzelnen Ich doch bestehen und das
absolute Ich ist dann weiter nichts als das Ideal des einzelnen
Ich, welches seinen Feind, das Nicht-Ich, überwunden hat, — es
ist schliesslich demnach weiter nichts als dasjenige Ich, zu dem
als dem Letzten der Solipsismus so gerne aufsteigen möchte —
und nicht kann.


Wenn dieser Bodhisattva wirklich der Buddha der vierten nachatlantischen
Also: die Besonderheit der Iche geht hervor aus dem besondern Verhältniss, in dem sie zu ihrer Negation stehen, die Allgemeinheit des Ich, die Ichheit, ist das Ich mit der Negation in
Kulturperiode werden sollte, dann mußte er etwas Zukünftiges
Einheit gedacht.|P. Asmus 1875, S. 27f}}
bringen. Jetzt wird der Mensch durch seine Bewußtseinsseele,
wenn sie sich entwickeln wird, reif werden, nach und nach aus
sich selbst das zu erkennen, was der Buddha als einen großen Anschlag
gegeben hat. Es mußte der Buddha in der Zeit, wo die Menschen
nur erst die Verstandes- oder Gemütsseele entwickelt hatten,
schon die Bewußtseinsseele entwickelt haben. Er mußte also das
physische Instrument des Gehirns so benutzen, daß er es überwältigte,
in ganz anderer Weise es überwältigte als ein bis zur griechischlateinischen
Kulturperiode vorgeschrittener Mensch. Das griechischlateinische
Gehirn wäre für ihn zu hart gewesen. Er hätte darinnen
nur die Verstandesseele ausbilden können; er mußte aber die Bewußtseinsseele
ausbilden. Daher brauchte er ein Gehirn, das weicher
geblieben war. Er gebrauchte die Seele, die sich später entwickeln
sollte, in einem Instrument, das vorher Usus war bei der Menschheit
und das sich erhalten hatte bei dem indischen Volke.
Da haben Sie auch eine Wiederholung: Der Buddha wiederholt
eine Menschheitsorganisation von vorher mit einer Seelenfähigkeit
von nachher. Bis zu diesem Grade sind die Dinge, die in der Menschheitsentwickelung
vorgehen, notwendig. Und der Buddha hatte die
Aufgabe, im 5. bis 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung die Bewußtseinsseele
hineinzutauchen in die menschliche Organisation." {{Lit|{{G|116|21ff}}}}
</div>


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In seinem [[1911]] gehaltenen [[Bologna-Vortrag]] hat Rudolf Steiner entsprechend aufgezeigt, dass das im regulären Tagsbewusstsein erlebte Ich ein bloßes [[Abbild]] des [[wirkliches Ich|wirklichen Ich]] ist, das nur fälschlich in die leibliche Innenwelt verlegt wird. Der Mensch fühle sich dadurch von der Welt abgesondert und sehe sich vor scheinbar unübersteigbare Erkenntnisgrenzen gestellt. Eine künftige [[Erkenntnistheorie]] werde anerkennen müssen, dass das Ich in Wahrheit immer schon in den Gesetzmäßigkeiten der Außenwelt, d.h. im [[Geist]]igen des Nicht-Ich, liege.  
"Buddha hat die Aufgabe, die Kultur der Empfindungsseele aus der
vorhergehenden Epoche, aus der dritten, in die vierte hinein zu bewahren.
Was der Buddha verkündet, was die Schüler des Buddha in
ihr Herz aufnehmen, das ist das, was herüberleuchten soll aus der dritten
nachatlantischen Kulturperiode, welche die Kulturperiode der
Empfindungsseele ist, in die vierte, in die Verstandes- oder Gemütsseelenzeit
hinein. So daß also die Zeit der Verstandes- oder Gemütsseele,
die vierte nachatlantische Kulturperiode, durchwärmt, durchglüht,
durchleuchtet wird durch die Buddha-Lehre, durch das, was die
noch vom Hellsehen durchzogene Empfindungsseelenzeit hervorgebracht
hat. Der große Konservator der Empfindungsseelenkultur hinein
in die Kultur der Verstandes- oder Gemütsseele ist der Buddha." {{Lit|{{G|139|88}}}}
</div>


=== Sitzen unter dem Bodhibaum und Versuchung durch [[Mara]] ===
{{GZ|Unser Ich ist ja für die weitaus meisten
Menschen heute noch ein sehr schlafendes Organ. Wenn man glaubt,
das Ich wache sehr stark, so irrt man sich eigentlich. Denn in dem
Willen - das habe ich Ihnen schon auseinandergesetzt - schlaft der
Mensch eigentlich ja auch, und indem das Ich sich willentlich betätigt,
haben wir es zu tun nicht mit etwas, was als Ich vor uns steht, sondern
vielmehr mit etwas, was so vor uns steht, wie eigentlich die Nacht vor
uns steht. Wir rechnen, obwohl die Nacht dunkel ist, ja auch mit der
Nacht in unserem Leben. Wenn Sie wirklich zurückschauen auf Ihr
Leben, dann besteht es nicht nur aus demjenigen, was taghell war, sondern
es besteht auch aus den Nächten. Aber sie sind gewissermaßen
immer ausgestrichen aus dem Zeitenverlaufe. Ähnlich ist es mit unserem
Ich. Unser Ich ist für das gewöhnliche Bewußtsein eigentlich dadurch
bemerkbar, daß es für das Bewußtsein nicht da ist; es ist schon
da, aber für das Bewußtsein ist es nicht da. Es fehlt einem etwas an der
Stelle, und daher sieht man das Ich. Es ist wirklich so, wie wenn man
eine weiße Wand hat und eine Stelle nicht mit Weiß bestrichen hat;
dann sieht man das Schwarze. Und so sieht man als das Ausgelöschte
eigentlich unser Ich im gewöhnlichen Bewußtsein. Und so ist es auch
während des Wachens: das Ich ist eigentlich zunächst immer schlafend;
aber es scheint durch als Schlafendes durch die Gedanken, die
Vorstellungen und durch die Gefühle, und daher wird das Ich auch
im gewöhnlichen Bewußtsein wahrgenommen, das heißt, es wird vermeint,
daß es wahrgenommen werde. Wir können also sagen: Unser
Ich wird eigentlich zunächst nicht unmittelbar wahrgenommen.


<div style="margin-left:20px">
Nun glaubt eine vorurteilsvolle Psychologie, Seelenlehre, daß dieses
"Wer bewußt beim Aufwachen eintritt in seine Hüllennatur,
Ich eigentlich im Menschen drinnensitzt; da, wo seine Muskeln sind,
lernt diesen kleinen Hüter der Schwelle kennen. Und im Grunde
sein Fleisch ist, seine Knochen sind und so weiter, da sei auch das
genommen handelt es sich für das mystische Leben nur darum, ob
Ich drinnen. Wenn man das Leben nur ein wenig überschauen würde,
dieser kleine Hüter der Schwelle uns als Menschen die Wohltat erweist,
so würde man sehr bald wahrnehmen, daß es nicht so ist. Aber es ist
uns für unsere eigene innere Wesenheit zu betäuben, so daß
schwer, eine solche Überlegung heute vor die Menschen hinzubringen.
wir nicht da hinuntersteigen können, und unser Ich auf unsere Umgebung
Ich habe es im Jahre 1911 schon versucht in meinem Vortrage auf dem
hinzulenken, oder ob er uns durchläßt durch das Tor und uns
Philosophenkongreß in Bologna. Aber diesen Vortrag hat ja bis heute
in unsere eigene Wesenheit eintreten läßt...
keiner noch verstanden. Ich habe da versucht zu zeigen, wie es eigentlich
mit dem Ich ist. Dieses Ich liegt eigentlich in jeder Wahrnehmung,
das liegt eigentlich in alldem, was Eindruck auf uns macht. Nicht dadrinnen
in meinem Fleische und in meinen Knochen liegt das Ich, sondern
in demjenigen, was ich durch meine Augen wahrnehmen kann.
Wenn Sie irgendwo eine rote Blume sehen: in Ihrem Ich, in Ihrem
ganzen Erleben, das Sie ja haben, indem Sie an das Rot hingegeben
sind, können Sie ja das Rot von der Blume nicht trennen. Mit alldem
haben Sie ja zugleich das Ich gegeben, das Ich ist ja verbunden mit
Ihrem Seeleninhalt. Aber Ihr Seeleninhalt, der ist doch nicht in Ihren
Knochen! Ihren Seeleninhalt, den breiten Sie doch aus im ganzen
Raume. Also dieses Ich, das ist noch weniger als die Luft in Ihnen, die
Sie eben einatmen, noch weniger als die Luft, die vorher in Ihnen war.
Dieses Ich ist ja verbunden mit jeder Wahrnehmung und mit alldem,
was eigentlich im Grunde genommen außer Ihnen ist. Es betätigt sich
nur im Inneren, weil es aus dem Wahrnehmen die Kräfte hineinschickt.
Und ferner ist das Ich noch verbunden mit etwas anderem: Sie brauchen
nur zu gehen, das heißt, Ihren Willen zu entwickeln. Da allerdings
geht Ihr Ich mit, beziehungsweise das Ich nimmt an der Bewegung
teil, und ob Sie langsam schleichen, ob Sie laufen, ob Sie im
Kiebitzschritt sich bewegen oder irgendwie sich drehen und dergleichen,
ob Sie tanzen oder springen, das Ich macht alles das mit. Alles was an
Betätigung von Ihnen ausgeht, macht das Ich mit. Aber das ist ja auch
nicht in Ihnen. Denken Sie, es nimmt Sie doch mit. Wenn Sie einen
Reigen tanzen - glauben Sie, der Reigen ist in Ihnen? Der hätte ja gar
nicht Platz in Ihnen! Wie hätte der Platz? Aber das Ich ist dabei, das
Ich macht den Reigen mit. Also in Ihren Wahrnehmungen und in Ihrer
Betätigung, da sitzt das Ich. Aber das ist eigentlich gar nie in Ihnen
im vollen Sinne des Wortes, etwa so, wie Ihr Magen in Ihnen ist,
sondern das ist eigentlich immer etwas, dieses Ich, was im Grunde
außerhalb Ihrer ist. Es ist ebenso außerhalb des Kopfes, wie es außerhalb
der Beine ist, nur daß es im Gehen sich sehr stark beteiligt an
den Bewegungen, welche die Beine machen. Das Ich ist wirklich sehr
stark beteiligt an der Bewegung, welche die Beine machen. Der Kopf
aber, der ist an dem Ich weniger beteiligt.|205|218ff}}


Und was für den großen Buddha symbolisch
Dass das wirkliche Ich - nicht sein bloßes Spiegelbild - im [[Reines Denken|reinen Denken]] unabhängig von der Leibesorganisation [[Erfahrung|erfahren]] wird, hatte Rudolf Steiner schon in seiner «[[Philosophie der Freiheit]]» gezeigt. Änhnlich schreibt Asmus:
bezeichnet wird als das Sitzen unter dem Bodhibaum, ist nichts anderes
als das Hinuntersteigen in die eigene innere Wesenheit durch
das Tor, das uns sonst diese eigene Wesenheit verschließt...


Was Buddha erlebt hat beim Hinuntersteigen in die eigene Wesenheit,
{{LZ|Das Wichtigste ist nun: Wie haben wir uns das Verhältniss des einzelnen Ich zum allgemeinen Ich zu denken? Das
das wird im Buddhismus dargestellt als die sogenannte Versuchung
einzelne Ich ist ein aufgehobenes Moment wegen der es begleiten
des Buddha. Der Buddha beschreibt es ja im Sinne dieser
den Negation. Darin ruht, wie bemerkt, seine Gleichheit mit den
Versuchungsgeschichte, wie selbst solche Wesenheiten, die er lieb
Objecten, die auch in unsrer Subjectivität aufgehoben sind. Ist
hat, sich ihm nahen in dem Momente, wo er mystisch in das eigene
nun das Verhältniss des einzelnen Ich zum allgemeinen dasselbe,
Innere hineinsteigen will. Er beschreibt, daß sie sich ihm zu nähern
wie das der einzelnen Vorstellung zum einzelnen Subjecte? Wäre
scheinen, ihn auffordern, dies oder jenes zu tun, zum Beispiel falsche
es so, so gäbe es keine Verbindung zwischen dem einzelnen Ich
Übungen vorzunehmen, um in einer falschen Weise in die
und dem allgemeinen, und dieses schwebte als die kahle absolute
eigene innere Wesenheit einzutreten. Da wird uns sogar vorgeführt
Negation über dem subjectiven und objectiven Universum. Aber
die Gestalt der Mutter des Buddha - in seinem geistigen Schauen
der Unterschied leuchtet ein. Die einzelnen Objecte werden als
sieht er sie —, die ihn auffordert, eine falsche Askese zu beginnen.
Vorstellungen einfach aufgehoben durch das Ich, heben sich nicht
Das ist natürlich nicht die wirkliche Mutter des Buddha. Aber darin
selbst auf; das einzelne Ich aber hat seine Negation in sich, hebt
besteht gerade die Versuchung, daß ihm für sein sich erst entwikkelndes
sich selbst auf und in dieser Selbstaufhebung ist es eben das allgemeine Ich. Und wiederum: das allgemeine Ich hat keine vom
Schauen nicht die wirkliche Mutter, sondern eine Maske,
einzelnen Ich getrennte an sich seiende Realität, sondern ist eben
eine Maya, eine Illusion entgegentritt. Er aber widersteht. Dann
nur die Einheit des einzelnen Ich und seiner Negation, und zwar
treten ihm eine Anzahl dämonischer Gestalten entgegen, die er schildert
eben die durch den Begriff jenes Ich selbst gesetzte Einheit, es
als Gier, wie sie entspricht dem Hunger- und Durstgefühl, oder
existirt also nur in dieser Selbstaufhebung des einzelnen Ich. —
als Leidenschaften, Triebe, Stolz, Hochmut, Eitelkeit, Geiz. Sie alle
Machen wir uns die Sache deutlich : wollte unser einzelnes Ich in
treten an ihn heran - wie? Nun, soweit sie noch in seiner eigenen
seiner absoluten Einzelheit verharren und sich in nichts Anderes
Hüllennatur, in seiner astralischen Wesenheit sind, soweit er sie in
versenken, so wäre es allerdings absolut getrennt vom allgemeinen
seinen starken Momenten, in dem Sitzen unter dem Bodhibaum
Ich; dann fehlte auch die in der allgemeinen Ichheit beruhende
schon besiegt hat. Und in einer wunderbaren Weise wird uns in
Gemeinschaft mit den andern besondern Ichen. So lassen wir auch
dieser Versuchung des Buddha dargestellt, wie alle die Gewalten und
einen Menschen, der sich nur auf sein allereigenstes Gefühl beruft,
Mächte unseres Astralleibes, die da sind, weil wir uns durch die
ohne den allgemein vernünftigen Gründen Gehör zu geben, ruhig
absteigende Entwickelung der Menschheit im Verlaufe der aufeinanderfolgenden
stehen; es fehlt eben die Basis der Gemeinschaft. Aber das Ich
Inkarnationen immer schlechter und schlechter gemacht
kann sich nicht in dieser absoluten Vereinzelung behaupten, es ist
haben, sich geltend machen. Trotzdem er schon so hoch
ihm unmöglich gemacht durch seinen Begriff, der es mit seiner
gestiegen ist, kann er sie noch schauen und muß nun durch das
Negation verbindet. So sind wir jederzeit in etwas Anderes versenkt, wir vermögen uns beim besten Willen nicht in unsrer Einzelheit zu erhalten und auch, wenn wir nur über uns selbst reflectiren,
letzte Steigen in die Höhe das Letzte besiegen, was als versuchende
haben wir unser Ich uns als ein anderes, einen Gegenstand
Dämonen für seinen Astralleib vorhanden ist." {{Lit|{{G|124|95f}}}}
gegenüberstellen müssen. So beruhen auch die Aussagen jenes nur
</div>
aus seiner Einzelheit schöpfenden Menschen factisch nur auf Selbsttäuschung. Er bleibt ebenso wenig in seiner Einzelheit eingeschlossen wie ein Anderer; nur ist sein Bewusstsein noch nicht gebildet
genug, die Allgemeinheit seines Ich, damit seine Vernünftigkeit
zu begreifen. Die Thätigkeit nun, uns in ein anderes zu versenken,
nennen wir „denken"; im Denken hat das Ich seinen Begriff er
füllt, es hat sich als einzelnes selbst aufgegeben; deshalb befinden
wir uns denkend in einer für Alle gleichen Sphäre, denn das Princip
der Besonderung, das da in dem Verhältniss unsres Ich zu dem
ihm Anderen liegt, ist verschwunden in der Thätigkeit der Selbst
aufhebung des einzelnen Ich, es ist da nur die Allen gemeinsame
Ichheit oder Vernünftigkeit.|Asmus 1875, S. 28f}}


<div style="margin-left:20px">
Erst in der durch das [[Denken]] herbeigeführten Vereinigung von [[Wahrnehmung]] und [[Begriff]] eröffnet sich der Blick auf die [[Wirklichkeit]]:
"Wer bis zu einem gewissen Grade der Sankhya- oder der Yoga-
Philosophie hinaufdringt, ohne das entwickelt zu haben, was der
Buddha vorher durchgemacht hatte, wer hinaufdringen will in die
reinen Höhen des göttlichen Geistes durch das logische Denken, ohne
zuerst den moralischen Sinn im Sinne des Buddha erlangt zu haben, der
steht dann vor jener Versuchung, die der Buddha in einer probeweisen
Versuchung durchgemacht hat und die uns als die Versuchung durch
den Dämon [[Mara]] angedeutet wird. Da kommt der Mensch dahin, wo
alle Teufel des Hochmutes, der Eitelkeit, des Ehrgeizes ihn durchsetzen.
Das lernte der Buddha kennen. Die Gestalt des Mara, der Eitelkeit und
des Ehrgeizes, stand vor ihm. Aber weil er auf dieser hohen Stufe eines
Bodhisattva war, so erkannte er ihn und war gefeit gegen ihn. Und er
wußte sich zu sagen: Wenn sich die Menschen auf dem alten Wege
weiterentwickeln, ohne den neuen Einschlag in der Lehre der Liebe und
des Mitleides, ohne diesen selbsttätigen moralischen Sinn zu erhalten,
dann müssen sie, da sie nicht alle Bodhisattvas sind, diesem Dämon
Mara verfallen, der alle Kräfte des Hochmutes und der Eitelkeit in die
Seelen senkt. Das ist das, was der Buddha in sich selber erlebte, als er
bis in die letzten Konsequenzen die Sankhya- und die Yoga-Philosophie
durchmachte." {{Lit|{{G|114|47}}}}
</div>


=== Reinkarnation ===
{{GZ|Nur solange wir die
die Wahrnehmung durchdringende und bestimmende Gesetzmäßigkeit
in der abstrakten Form des Begriffes betrachten,
solange haben wir es in der Tat mit etwas rein Subjektivem
zu tun. Subjektiv ist aber nicht der Inhalt des Begriffes,
der mit Hilfe des Denkens zu der Wahrnehmung
hinzugewonnen wird. Dieser Inhalt ist nicht aus dem Subjekte,
sondern aus der Wirklichkeit genommen. Er ist der
Teil der Wirklichkeit, den das Wahrnehmen nicht erreichen
kann. Er ist Erfahrung, aber nicht durch das Wahrnehmen
vermittelte Erfahrung. Wer sich nicht vorstellen kann, daß
der Begriff ein Wirkliches ist, der denkt nur an die abstrakte
Form, wie er denselben in seinem Geiste festhält. Aber in
solcher Absonderung ist er ebenso nur durch unsere Organisation
vorhanden, wie die Wahrnehmung es ist. Auch der
Baum, den man wahrnimmt, hat abgesondert für sich keine
Existenz. Er ist nur innerhalb des großen Räderwerkes der
Natur ein Glied, und nur in realem Zusammenhang mit ihr
möglich. Ein abstrakter Begriff hat für sich keine Wirklichkeit,
ebensowenig wie eine Wahrnehmung für sich. Die
Wahrnehmung ist der Teil der Wirklichkeit, der objektiv,
der Begriff derjenige, der subjektiv (durch Intuition, vgl.
Seite 95 ff.) gegeben wird. Unsere geistige Organisation
reißt die Wirklichkeit in diese beiden Faktoren auseinander.
Der eine Faktor erscheint dem Wahrnehmen, der andere der
Intuition. Erst der Zusammenhang der beiden, die gesetzmäßig
sich in das Universum eingliedernde Wahrnehmung,
ist volle Wirklichkeit. Betrachten wir die bloße Wahrnehmung
für sich, so haben wir keine Wirklichkeit, sondern ein
zusammenhangloses Chaos; betrachten wir die Gesetzmäßigkeit
der Wahrnehmungen für sich, dann haben wir es
bloß mit abstrakten Begriffen zu tun. Nicht der abstrakte
Begriff enthält die Wirklichkeit; wohl aber die denkende
Beobachtung, die weder einseitig den Begriff, noch die
Wahrnehmung für sich betrachtet, sondern den Zusammenhang
beider.|4|247f}}


<div style="margin-left:20px">
== Der buddhistische Begriff des «Anatta» ==
"In dem, was von Buddha überliefert ist - und das ist wieder keine
bloße Legende -, haben Sie die Stufen, die Buddha erreichte beim
Durchgehen durch die eigene Wesenheit, wovon er selber sagt: Als
ich soweit war, daß ich die Erleuchtung hatte - das heißt, wo er sich
fühlen konnte als ein Glied der geistigen Welt -, da war ich so weit,
daß ich die geistige Welt wie eine sich ausbreitende Wolke liegen sah,
aber ich konnte noch nichts darinnen unterscheiden, denn ich fühlte
mich noch nicht vollkommen. Dann kam ich einen Schritt weiter. Da
sah ich nicht mehr bloß die geistige Welt wie eine sich ausbreitende
Wolke liegen, sondern ich konnte auch einzelne Gebilde unterscheiden,
aber ich konnte noch nicht sehen, was sie waren, denn ich war
noch nicht vollkommen. Wieder stieg ich einen Schritt höher und
fand nun nicht bloß sich unterscheidende Wesenheiten, sondern ich
konnte wissen, was es für Wesenheiten waren.


Und das geht nun so weit, bis er selbst sein Urbild sah, das heruntergestiegen
{{Hauptartikel|Anatta}}
ist von Inkarnation zu Inkarnation, und es im richtigen
Verhältnis zur geistigen Welt sehen konnte. Das ist der eine Weg,
der mystische Weg, das Durchgehen durch die eigene Wesenheit bis
zu dem Punkte, wo jene Grenze durchbrochen wird, jenseits welcher
dann die geistige Welt erreicht werden kann. Auf diesem Wege erlangt
der eine Teil der Menschheitsführer dasjenige, was solche Individualitäten
haben müssen, damit sie Impulse geben können für die
Fortentwickelung der Menschheit." {{Lit|{{G|124|98f}}}}
</div>


=== Nirwana ===
Eine völlig andere, den Intentionen Fichtes diametral entgegengesetzte Bedeutung hat das Nicht-Ich für die [[Buddhismus|buddhistische]] Weltanschauung in Form des [[Anatta]], der Nicht-Selbstigkeit. Nach dieser Anschauung ist die [[Illusion]] des Ich die Quelle aller [[Leiden]], die es zu durchschauen und zu überwinden gilt. Nur auf diesem Weg könne der der leidvolle [[Kreislauf der Wiedergeburten]] durch das endgültige Verlöschen im [[Nirvana]] zu einem Ende gebracht werden.
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"Sie finden, wenn Sie die Lehren des Buddha im Ernst betrachten,
nirgends wirkliche Andeutungen über das Wesen der spirituellen
Welt. Daher ist dort die Bezeichnung für die geistige Welt
in der [[Nirwana]]lehre eine wirklich negative. Buddha verlangte
zwar, daß derjenige, der in die geistige Welt aufsteigen will, sich
frei macht von dem Hängen an der physischen Welt; aber in der
ganzen Buddha-Lehre finden Sie keine irgendwie hervortretende
Beschreibung der geistigen Welt, wie sie vorher zum Beispiel in
der Brahman-Lehre gegeben worden ist, die noch Erbstücke der
alten Zeiten aufzuweisen hatte." {{Lit|{{G|140|16}}}}
</div>
 
== Die Lehrreden des Buddha in deutscher Übersetzung ==
* ''Reden des Buddha. Lehre, Verse, Erzählungen''. Hrsg. v. [[Wikipedia:Heinz Bechert|Heinz Bechert]]. Freiburg im Breisgau/Basel/Wien, Herder, 1993. ISBN 3-451-04112-X
* ''Gautamo Buddha: Die vier edlen Wahrheiten''. Texte des ursprünglichen Buddhismus. Hrsg. u. übertragen von Klaus Mylius. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1985 (dtv klassik 2166).
* ''Die Reden des Buddha. Längere Sammlung'' [Digha-Nikaya]. Herrnschrot: Beyerlein und Steinschulte, 4. Aufl. 1996. ISBN 3931095150 [aus dem Sutta-Pitaka]
* ''Die Lehrreden des Buddha aus der Mittleren Sammlung'' [Majjhima-Nikaya]. Neuübersetzung von Kay Zumwinkel. Oy-Mittelberg: Jhana 2001. ISBN 3931274136
* ''Die Reden des Buddha. Gruppierte Sammlung'' [Samyutta-Nikaya]. Vorw. v. Hecker. Übers. v. Geiger/Nyanaponika/Hecker. Herrnschrot: Beyerlein & Steinschulte 1997.
* ''Die Lehrreden des Buddha aus der Angereihten Sammlung'' [Anguttara-Nikaya]. Aus dem Pali übers. von Nyanatiloka. Überarb. und hrsg. von Nyanaponika. Bielefeld: J. Kamphausen & Aurum, 5. Aufl. 1993 (= München 1922/23). ISBN 359108218X


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Hermann Beckh]]: ''Buddha und seine Lehre'', Urachhaus Vlg., Stuttgart 1998
* [[Georg Grimm]]: ''Die Lehre des Buddho.'' Die Religion der Vernunft und der Meditation, R. Löwit, Wiesbaden 1957
* Ulrich Schneider: ''Der Buddhismus.'' Eine Einführung. Primus, Darmstadt 1997
* Hans Wolfgang Schumann: ''Der historische Buddha.'' Leben und Lehre des Gotama. Diederichs, München  1994 (Diederichs Gelbe Reihe)
* [[Wikipedia:Hermann Hesse|Hermann Hesse]]: [[Wikipedia:Siddhartha (Hesse)|''Siddhartha.'' Eine indische Dichtung]]. Fischer, Berlin 1922 (Eine belletristische Interpretation [[Veda|vedischer]] und [[Buddhismus|buddhistischer Philosophien]])
* [[Wikipedia:Thich Nhat Hanh|Thich Nhat Hanh]]: ''Wie Siddharta zum Buddha wurde.'' Eine Einführung in den Buddhismus. Aus dem Englischen von Ursula Richard. dtv, München 2006
* Michael Carrithers: ''Der Buddha.'' Eine Einführung. Übers.: Dornberg, Renate. Mit einem Essay von: Debon, Günther. Reclam, Ditzingen 1996
* Frederik Hetmann: ''Siddhartas Weg''. Die Geschichte vom Leben und der Lehre des Buddha, Herder Vlg., Freiburg i. Br. 1997
* Zoran Perowanowitsch: ''Mit einem erweiterten Christusverständnis ins 21. Jahrhundert: Eine Synthese von Christentum und Buddhismus'', Kitesh-Verlag, Sölden 1998, ISBN 978-3980589406
* Rudolf Steiner: ''Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins'', [[GA 60]] (1983), ISBN 3-7274-0600-3 {{Vorträge|060}}
* Rudolf Steiner: ''Das Lukas-Evangelium'', [[GA 114]] (2001), ISBN 3-7274-1140-6 {{Vorträge|112}}
* Rudolf Steiner: ''Der Christus-Impuls und die Entwickelung des Ich-Bewußtseins'', [[GA 116]] (1982), ISBN 3-7274-1160-0 {{Vorträge|116}}
* Rudolf Steiner: ''Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums'', [[GA 124]] (1995), ISBN 3-7274-1240-2 {{Vorträge|124}}
* Rudolf Steiner: ''Das Markus-Evangelium'', GA 139 (1985), ISBN 3-7274-1390-5 {{Vorträge|139}}
* Rudolf Steiner: ''Okkulte Untersuchungen über das Leben zwischen Tod und neuer Geburt'', [[GA 140]] (2003), ISBN 3-7274-1400-6 {{Vorträge|140}}
== Weblinks ==
{{Commons|Gautama Buddha}}
{{Wikiquote|Siddhartha Gautama}}
{{PND|118664417}}
* [http://www.hdamm.de/buddha/ahthblix.php Das Leben des Buddha] (thailändisch)
* [http://www.hdamm.de/buddha/ahthjtix.php Die letzten 10 Leben (Jatakas) des Buddha] (illustrierte Fassung)
* [http://www.lensculture.com/buddha.html Bilder von Buddha]
* [http://www.der-erwachte.de Das Leben des Buddha]
* [http://www.what-buddha-taught.net/index2.htm#German Siddhartha Gautama's Dhamma, die Lehre]
* [http://www.palikanon.com/ Buddhas Lehrreden und andere Texte online]
== Siehe auch ==


[http://wiki.anthroposophie.net/Mission_des_Buddha_auf_dem_Mars Die Mission des Buddha auf dem Mars]
* [[Johann Gottlieb Fichte]]: ''Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre : als Handschrift fuer seine Zuhoerer'', Leipzig: Gabler, 1794 ({{ULBDD|urn:nbn:de:hbz:061:1-505245}})
*[[Paul Asmus]]: ''Das Ich und das Ding an sich. Geschichte ihrer begrifflichen Entwickelung in der neuesten Philosophie'', Verlag C. E. M. Pfeffer, Halle 1873 {{MDZ|11163813-5}}
** neu herausgegeben und eingeleitet von [[Thomas Brunner]], [https://www.edition-immanente.de/alle-buecher/das-ich-und-das-ding-an-sich.html edition immanente], Berlin 2014, ISBN 978-3-942754-30-9
* ''Die indogermanische Religion in den Hauptpunkten ihrer Entwickelung. Ein Beitrag zur Religionsphilosophie'', Erster Band:: ''Indogermanische Naturreligion'', Verlag C. E. M. Pfeffer, Halle 1875 {{Google Buch|BuchID=kB1mAAAAcAAJ}}
* [[Carl Unger]]: ''Die Grundlehren der Geisteswissenschaft'', Philosophisch-Anthoposophischer Verlag am Goetheanum, Dornach 1929
* [[Rudolf Steiner]]: ''Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung''. 8. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2002, ISBN 3-7274-0020-X {{Schriften|002}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Wahrheit und Wissenschaft''. 5. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1980, ISBN 3-7274-0030-7 {{Schriften|003}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4 {{Schriften|004}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X {{Schriften|018}}


{{Personendaten|
{{GA}}
NAME=Gautama, Siddhartha
|ALTERNATIVNAMEN=[[Buddha]]
|KURZBESCHREIBUNG=Religionsstifter
|GEBURTSDATUM=um 563 v. Chr.
|GEBURTSORT=[[Lumbini]], im heutigen [[Nepal]]
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}}


== Einzelnachweise ==
<references />


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[[Kategorie:Fichte]]
[[Kategorie:Buddha]]
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Aktuelle Version vom 3. Februar 2020, 13:35 Uhr

Nicht-Ich ist ein von Johann Gottlieb Fichte erstmals in seiner Wissenschaftslehre geprägter Begriff, der von zentraler Bedeutung für den nachkantischen Idealismus wurde. Indem sich das Ich durch eine reine Tathandlung selbst setzt, sieht es sich zugleich als Subjekt der äußeren Welt der Objekte, d.h. dem Insgesamt des Nicht-Ich, gegenübergestellt und wird sich dadurch seiner selbst bewusst.

„Es ist ursprünglich nichts gesetzt, als das Ich; und dieses nur ist schlechthin gesetzt. Demnach kann nur dem Ich schlechthin entgegengesetzt werden. Aber das dem Ich entgegengesetzte ist = Nicht-Ich. So gewiß das unbedingte Zugestehen der absoluten Gewißheit des Satzes: -A nicht = A unter den Tatsachen des empirischen Bewusstseins vorkommt: so gewiß wird dem Ich schlechthin entgegengesetzt ein Nicht-Ich.“

Johann Gottlieb Fichte: Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre.[1]

Fichte begründete damit seinen subjektiven Idealismus, in dessen Zentrum das Ich steht. Demgegenüber hob Rudolf Steiner hervor, dass das absolute Ich Fichtes dem durch Wahrnehmung unmittelbar Gegebenen nicht gerecht wird.

„Das Ich kann also im Sinne Fichtes auch nur durch einen absoluten Entschluss alle seine Tätigkeit beginnen. Aber für Fichte ist es unmöglich, dieser seiner vom Ich absolut gesetzten Tätigkeit zu irgendeinem Inhalte ihres Tuns zu verhelfen. Denn er hat nichts, worauf sich diese Tätigkeit richten, wonach sie sich bestimmen soll. Sein Ich soll eine Tathandlung vollziehen; aber was soll es tun? Weil Fichte den Begriff der Erkenntnis nicht aufstellte, den das Ich verwirklichen soll, deshalb rang er vergeblich, irgendeinen Fortgang von seiner absoluten Tathandlung zu den weiteren Bestimmungen des Ich zu finden. Ja, er erklärt zuletzt in bezug auf einen solchen Fortgang, dass die Untersuchung hierüber außerhalb der Grenzen der Theorie liege.“ (Lit.:GA 3, S. 74)

„Auf diese Weise verlor für Fichte die Welt außer dem «Ich» ihr selbständiges Dasein; sie hat nur ein ihr vom Ich beigelegtes, ein also zu ihr hinzugedichtetes Dasein. In seinem Streben, dem eigenen Selbst die höchstmögliche Unabhängigkeit zu geben, hat Fichte der Außenwelt jede Selbständigkeit genommen. Wo nun eine solche selbständige Außenwelt nicht vorhanden gedacht wird, da ist es auch begreiflich, daß das Interesse an dem Wissen, an der Erkenntnis dieser Außenwelt aufhört. Damit ist das Interesse an dem eigentlichen Wissen überhaupt erloschen. Denn das Ich erfährt durch ein solches Wissen im Grunde nichts, als was es selbst hervorbringt. In allem Wissen hält das menschliche Ich gleichsam nur Monologe mit sich selbst. Es geht nicht über sich selbst hinaus.“ (Lit.:GA 18, S. 182)

Das Denken ist nicht nur tätiges Hervorbringen, sondern zugleich auch sein Inhalt als ein vorgefundener. Diese Vorfindlichkeit des Denkinhaltes, bzw. was zum Denkinhalt wird, liegt auf der Wahrnehmungsseite des Erkennens. Fichte gelingt es aber nicht, das Wahrnehmliche in der Welt draußen aus dem absoluten Ich hervorgehen zu lassen. Darin liegt das „objektive“ des Steinerschen Idealismus, dass er dieses Wahrnehmliche in seiner selbstgebenden, nicht durch ein absolutes Ich produzierten, Eigenart anerkennt. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit Fichte findet sich in «Wahrheit und Wissenschaft»:

„Der Selbstbeobachtung zeigt sich das Ich wie es sich das Weltbild aus dem Zusammenfügen von Gegebenem und Begriff aufbaut. Aber für denjenigen, der unsere obige Betrachtung nicht mit durchgemacht hat, der also nicht weiß, dass das Ich nur dann zum ganzen Inhalte der Wirklichkeit kommt, wenn es mit seinen Denkformen an das Gegebene herantritt, für den erscheint der Erkenntnisprozess als ein Herausspinnen der Welt aus dem Ich. Für Fichte wird das Weltbild daher immer mehr zu einer Konstruktion des Ich. Er betont immer stärker, dass es in der Wissenschaftslehre darauf ankomme, den Sinn zu erwecken, der imstande ist, das Ich bei diesem Konstruieren der Welt zu belauschen.“ (Lit.:GA 3, S. 80)

Eine ähnliche Kritik an Fichtes Verabsolutierung des einzelnen Ichs und dem damit verbundenen Fall in den Subjektivismus bzw. Solipsismus hatte schon der von Rudolf Steiner sehr geschätzte Philosoph Paul Asmus (1842-1877) geübt:

„Unser einzelnes Ich ist, da es stets mit seiner Negation verbunden ist, nicht als ein an sich seiendes Reales, sondern als ein Moment zu fassen. Insofern steht allerdings unser Ich mit den Objecten, welche ja gleichfalls als nicht an sich existirend erkannt wurden, auf derselben Stufe, die Scheidewand ist gefallen zwischen Sub- und Objectivität, zwischen Denken und Sein. Inwiefern dann doch ein Unterschied zu statuiren sei, werden wir später sehen. Was ist aber das, wovon unser einzelnes Ich ein Moment ist? Einfach das jenige, welches den Begriff des Ich ganz erfüllt: die Einheit des Ich und seiner Negation, das erfüllte oder absolute Ich, die Ichheit, wie wir es vorläufig nennen wollen. Im Gegensatz zu dem seiner Negation noch gegenüber stehenden und sich als einzelnes Moment besondernden Ich ist es auch das allgemeine Ich genannt, es ist das selbe Ich, das Fichte in seinem ersten Grundsatze aufgestellt hat. Nur begeht dieser den Fehler, sein absolutes Ich als die positive Verabsolutirung des besondern Ich, also nicht als dessen Vereinigung mit seiner Negation zu fassen. Er lässt die Negation, den Widerspruch, vollständig aus seinem Princip fort, so kommt er nicht über den Subjectivismus hinaus, sein absolutes Ich ist schliesslich doch blos die abstracte Subjectivität. Wie sehr er Recht hat im weitern Verlaufe seines Systems, das Princip der Besonderung des Ich in seinem Gegensatz gegen das Nicht-Ich zu suchen, so sehr Unrecht hat er, wenn er das Ich, welches von diesem Gegensatze absolut nichts weiss, an die Spitze stellt und uns dann zumuthet, hierin das jenen Ich-Besonderheiten zu Grunde liegende allgemeine Ich zu erblicken. Streicht er die durch das Nicht-Ich gegebene Besonderung einfach fort, so haben wir in seinem absoluten Ich nur jenes einzelne Ich des Solipsismus, das auf willkürliche Weise (nämlich durch Wegstreichen der an ihm klebenden Negation) verabsolutirt ist. Ganz richtig behauptet Fichte, dass das Ich sich selbst nicht setzen könne, ohne sich ein Nicht-Ich entgegen zu setzen. Darin liegt doch, dass das einzelne Ich nur mit seinem Nicht zusammen, also als Moment existire. Aber das ist dann wieder nicht ernst gemeint. Das Ich soll sich, wie es ihm als Moment doch zukäme, nicht mit seinem Anderen vereinen, sondern es soll es besiegen, in sich ziehen, — da bleibt denn die an sich seiende Realität des einzelnen Ich doch bestehen und das absolute Ich ist dann weiter nichts als das Ideal des einzelnen Ich, welches seinen Feind, das Nicht-Ich, überwunden hat, — es ist schliesslich demnach weiter nichts als dasjenige Ich, zu dem als dem Letzten der Solipsismus so gerne aufsteigen möchte — und nicht kann.

Also: die Besonderheit der Iche geht hervor aus dem besondern Verhältniss, in dem sie zu ihrer Negation stehen, die Allgemeinheit des Ich, die Ichheit, ist das Ich mit der Negation in Einheit gedacht.“ (Lit.: P. Asmus 1875, S. 27f)

In seinem 1911 gehaltenen Bologna-Vortrag hat Rudolf Steiner entsprechend aufgezeigt, dass das im regulären Tagsbewusstsein erlebte Ich ein bloßes Abbild des wirklichen Ich ist, das nur fälschlich in die leibliche Innenwelt verlegt wird. Der Mensch fühle sich dadurch von der Welt abgesondert und sehe sich vor scheinbar unübersteigbare Erkenntnisgrenzen gestellt. Eine künftige Erkenntnistheorie werde anerkennen müssen, dass das Ich in Wahrheit immer schon in den Gesetzmäßigkeiten der Außenwelt, d.h. im Geistigen des Nicht-Ich, liege.

„Unser Ich ist ja für die weitaus meisten Menschen heute noch ein sehr schlafendes Organ. Wenn man glaubt, das Ich wache sehr stark, so irrt man sich eigentlich. Denn in dem Willen - das habe ich Ihnen schon auseinandergesetzt - schlaft der Mensch eigentlich ja auch, und indem das Ich sich willentlich betätigt, haben wir es zu tun nicht mit etwas, was als Ich vor uns steht, sondern vielmehr mit etwas, was so vor uns steht, wie eigentlich die Nacht vor uns steht. Wir rechnen, obwohl die Nacht dunkel ist, ja auch mit der Nacht in unserem Leben. Wenn Sie wirklich zurückschauen auf Ihr Leben, dann besteht es nicht nur aus demjenigen, was taghell war, sondern es besteht auch aus den Nächten. Aber sie sind gewissermaßen immer ausgestrichen aus dem Zeitenverlaufe. Ähnlich ist es mit unserem Ich. Unser Ich ist für das gewöhnliche Bewußtsein eigentlich dadurch bemerkbar, daß es für das Bewußtsein nicht da ist; es ist schon da, aber für das Bewußtsein ist es nicht da. Es fehlt einem etwas an der Stelle, und daher sieht man das Ich. Es ist wirklich so, wie wenn man eine weiße Wand hat und eine Stelle nicht mit Weiß bestrichen hat; dann sieht man das Schwarze. Und so sieht man als das Ausgelöschte eigentlich unser Ich im gewöhnlichen Bewußtsein. Und so ist es auch während des Wachens: das Ich ist eigentlich zunächst immer schlafend; aber es scheint durch als Schlafendes durch die Gedanken, die Vorstellungen und durch die Gefühle, und daher wird das Ich auch im gewöhnlichen Bewußtsein wahrgenommen, das heißt, es wird vermeint, daß es wahrgenommen werde. Wir können also sagen: Unser Ich wird eigentlich zunächst nicht unmittelbar wahrgenommen.

Nun glaubt eine vorurteilsvolle Psychologie, Seelenlehre, daß dieses Ich eigentlich im Menschen drinnensitzt; da, wo seine Muskeln sind, sein Fleisch ist, seine Knochen sind und so weiter, da sei auch das Ich drinnen. Wenn man das Leben nur ein wenig überschauen würde, so würde man sehr bald wahrnehmen, daß es nicht so ist. Aber es ist schwer, eine solche Überlegung heute vor die Menschen hinzubringen. Ich habe es im Jahre 1911 schon versucht in meinem Vortrage auf dem Philosophenkongreß in Bologna. Aber diesen Vortrag hat ja bis heute keiner noch verstanden. Ich habe da versucht zu zeigen, wie es eigentlich mit dem Ich ist. Dieses Ich liegt eigentlich in jeder Wahrnehmung, das liegt eigentlich in alldem, was Eindruck auf uns macht. Nicht dadrinnen in meinem Fleische und in meinen Knochen liegt das Ich, sondern in demjenigen, was ich durch meine Augen wahrnehmen kann. Wenn Sie irgendwo eine rote Blume sehen: in Ihrem Ich, in Ihrem ganzen Erleben, das Sie ja haben, indem Sie an das Rot hingegeben sind, können Sie ja das Rot von der Blume nicht trennen. Mit alldem haben Sie ja zugleich das Ich gegeben, das Ich ist ja verbunden mit Ihrem Seeleninhalt. Aber Ihr Seeleninhalt, der ist doch nicht in Ihren Knochen! Ihren Seeleninhalt, den breiten Sie doch aus im ganzen Raume. Also dieses Ich, das ist noch weniger als die Luft in Ihnen, die Sie eben einatmen, noch weniger als die Luft, die vorher in Ihnen war. Dieses Ich ist ja verbunden mit jeder Wahrnehmung und mit alldem, was eigentlich im Grunde genommen außer Ihnen ist. Es betätigt sich nur im Inneren, weil es aus dem Wahrnehmen die Kräfte hineinschickt. Und ferner ist das Ich noch verbunden mit etwas anderem: Sie brauchen nur zu gehen, das heißt, Ihren Willen zu entwickeln. Da allerdings geht Ihr Ich mit, beziehungsweise das Ich nimmt an der Bewegung teil, und ob Sie langsam schleichen, ob Sie laufen, ob Sie im Kiebitzschritt sich bewegen oder irgendwie sich drehen und dergleichen, ob Sie tanzen oder springen, das Ich macht alles das mit. Alles was an Betätigung von Ihnen ausgeht, macht das Ich mit. Aber das ist ja auch nicht in Ihnen. Denken Sie, es nimmt Sie doch mit. Wenn Sie einen Reigen tanzen - glauben Sie, der Reigen ist in Ihnen? Der hätte ja gar nicht Platz in Ihnen! Wie hätte der Platz? Aber das Ich ist dabei, das Ich macht den Reigen mit. Also in Ihren Wahrnehmungen und in Ihrer Betätigung, da sitzt das Ich. Aber das ist eigentlich gar nie in Ihnen im vollen Sinne des Wortes, etwa so, wie Ihr Magen in Ihnen ist, sondern das ist eigentlich immer etwas, dieses Ich, was im Grunde außerhalb Ihrer ist. Es ist ebenso außerhalb des Kopfes, wie es außerhalb der Beine ist, nur daß es im Gehen sich sehr stark beteiligt an den Bewegungen, welche die Beine machen. Das Ich ist wirklich sehr stark beteiligt an der Bewegung, welche die Beine machen. Der Kopf aber, der ist an dem Ich weniger beteiligt.“ (Lit.:GA 205, S. 218ff)

Dass das wirkliche Ich - nicht sein bloßes Spiegelbild - im reinen Denken unabhängig von der Leibesorganisation erfahren wird, hatte Rudolf Steiner schon in seiner «Philosophie der Freiheit» gezeigt. Änhnlich schreibt Asmus:

„Das Wichtigste ist nun: Wie haben wir uns das Verhältniss des einzelnen Ich zum allgemeinen Ich zu denken? Das einzelne Ich ist ein aufgehobenes Moment wegen der es begleiten den Negation. Darin ruht, wie bemerkt, seine Gleichheit mit den Objecten, die auch in unsrer Subjectivität aufgehoben sind. Ist nun das Verhältniss des einzelnen Ich zum allgemeinen dasselbe, wie das der einzelnen Vorstellung zum einzelnen Subjecte? Wäre es so, so gäbe es keine Verbindung zwischen dem einzelnen Ich und dem allgemeinen, und dieses schwebte als die kahle absolute Negation über dem subjectiven und objectiven Universum. Aber der Unterschied leuchtet ein. Die einzelnen Objecte werden als Vorstellungen einfach aufgehoben durch das Ich, heben sich nicht selbst auf; das einzelne Ich aber hat seine Negation in sich, hebt sich selbst auf und in dieser Selbstaufhebung ist es eben das allgemeine Ich. Und wiederum: das allgemeine Ich hat keine vom einzelnen Ich getrennte an sich seiende Realität, sondern ist eben nur die Einheit des einzelnen Ich und seiner Negation, und zwar eben die durch den Begriff jenes Ich selbst gesetzte Einheit, es existirt also nur in dieser Selbstaufhebung des einzelnen Ich. — Machen wir uns die Sache deutlich : wollte unser einzelnes Ich in seiner absoluten Einzelheit verharren und sich in nichts Anderes versenken, so wäre es allerdings absolut getrennt vom allgemeinen Ich; dann fehlte auch die in der allgemeinen Ichheit beruhende Gemeinschaft mit den andern besondern Ichen. So lassen wir auch einen Menschen, der sich nur auf sein allereigenstes Gefühl beruft, ohne den allgemein vernünftigen Gründen Gehör zu geben, ruhig stehen; es fehlt eben die Basis der Gemeinschaft. Aber das Ich kann sich nicht in dieser absoluten Vereinzelung behaupten, es ist ihm unmöglich gemacht durch seinen Begriff, der es mit seiner Negation verbindet. So sind wir jederzeit in etwas Anderes versenkt, wir vermögen uns beim besten Willen nicht in unsrer Einzelheit zu erhalten und auch, wenn wir nur über uns selbst reflectiren, haben wir unser Ich uns als ein anderes, einen Gegenstand gegenüberstellen müssen. So beruhen auch die Aussagen jenes nur aus seiner Einzelheit schöpfenden Menschen factisch nur auf Selbsttäuschung. Er bleibt ebenso wenig in seiner Einzelheit eingeschlossen wie ein Anderer; nur ist sein Bewusstsein noch nicht gebildet genug, die Allgemeinheit seines Ich, damit seine Vernünftigkeit zu begreifen. Die Thätigkeit nun, uns in ein anderes zu versenken, nennen wir „denken"; im Denken hat das Ich seinen Begriff er füllt, es hat sich als einzelnes selbst aufgegeben; deshalb befinden wir uns denkend in einer für Alle gleichen Sphäre, denn das Princip der Besonderung, das da in dem Verhältniss unsres Ich zu dem ihm Anderen liegt, ist verschwunden in der Thätigkeit der Selbst aufhebung des einzelnen Ich, es ist da nur die Allen gemeinsame Ichheit oder Vernünftigkeit.“ (Lit.: Asmus 1875, S. 28f)

Erst in der durch das Denken herbeigeführten Vereinigung von Wahrnehmung und Begriff eröffnet sich der Blick auf die Wirklichkeit:

„Nur solange wir die die Wahrnehmung durchdringende und bestimmende Gesetzmäßigkeit in der abstrakten Form des Begriffes betrachten, solange haben wir es in der Tat mit etwas rein Subjektivem zu tun. Subjektiv ist aber nicht der Inhalt des Begriffes, der mit Hilfe des Denkens zu der Wahrnehmung hinzugewonnen wird. Dieser Inhalt ist nicht aus dem Subjekte, sondern aus der Wirklichkeit genommen. Er ist der Teil der Wirklichkeit, den das Wahrnehmen nicht erreichen kann. Er ist Erfahrung, aber nicht durch das Wahrnehmen vermittelte Erfahrung. Wer sich nicht vorstellen kann, daß der Begriff ein Wirkliches ist, der denkt nur an die abstrakte Form, wie er denselben in seinem Geiste festhält. Aber in solcher Absonderung ist er ebenso nur durch unsere Organisation vorhanden, wie die Wahrnehmung es ist. Auch der Baum, den man wahrnimmt, hat abgesondert für sich keine Existenz. Er ist nur innerhalb des großen Räderwerkes der Natur ein Glied, und nur in realem Zusammenhang mit ihr möglich. Ein abstrakter Begriff hat für sich keine Wirklichkeit, ebensowenig wie eine Wahrnehmung für sich. Die Wahrnehmung ist der Teil der Wirklichkeit, der objektiv, der Begriff derjenige, der subjektiv (durch Intuition, vgl. Seite 95 ff.) gegeben wird. Unsere geistige Organisation reißt die Wirklichkeit in diese beiden Faktoren auseinander. Der eine Faktor erscheint dem Wahrnehmen, der andere der Intuition. Erst der Zusammenhang der beiden, die gesetzmäßig sich in das Universum eingliedernde Wahrnehmung, ist volle Wirklichkeit. Betrachten wir die bloße Wahrnehmung für sich, so haben wir keine Wirklichkeit, sondern ein zusammenhangloses Chaos; betrachten wir die Gesetzmäßigkeit der Wahrnehmungen für sich, dann haben wir es bloß mit abstrakten Begriffen zu tun. Nicht der abstrakte Begriff enthält die Wirklichkeit; wohl aber die denkende Beobachtung, die weder einseitig den Begriff, noch die Wahrnehmung für sich betrachtet, sondern den Zusammenhang beider.“ (Lit.:GA 4, S. 247f)

Der buddhistische Begriff des «Anatta»

Hauptartikel: Anatta

Eine völlig andere, den Intentionen Fichtes diametral entgegengesetzte Bedeutung hat das Nicht-Ich für die buddhistische Weltanschauung in Form des Anatta, der Nicht-Selbstigkeit. Nach dieser Anschauung ist die Illusion des Ich die Quelle aller Leiden, die es zu durchschauen und zu überwinden gilt. Nur auf diesem Weg könne der der leidvolle Kreislauf der Wiedergeburten durch das endgültige Verlöschen im Nirvana zu einem Ende gebracht werden.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Fichte, J.G.; Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre. Hamburg, Meiner, 1997, S. 24