Theologia deutsch und Jan van Ruysbroek: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Theologia Deutsch''', auch '''Der Frankfurter''' genannt, ist eine [[Wikipedia:Deutsche Sprache|deutschsprachige]] [[Mystik|mystische]] Schrift des [[Wikipedia:14. Jahrhundert|14. Jahrhundert]]s, die vermutlich von einem namentlich unbekannten [[Wikipedia:Deutscher Orden|Deutschordenspriester]] der [[Wikipedia:Deutschordenskirche (Frankfurt)|Deutschordenskirche Frankfurt am Main]] im Stadtteil [[Wikipedia:Frankfurt-Sachsenhausen|Sachsenhausen]] verfasst wurde.
[[Datei:Jan van Ruusbroec.png|miniatur|Mittelalterliches Porträt von Jan van Ruysbroek]]
'''Jan van Ruysbroek''' oder '''Jan van Ruusbroec''' ({{IPA|jɑn vɑn rœ.y̯zbruk, ry.zbruk}}) (* [[Wikipedia:1293|1293]] in Ruisbroek bei Brüssel; † 2. Dezember [[Wikipedia:1381|1381]] in Groenendaal) war ein [[Wikipedia:Flandern|flämischer]] [[Theologe]] und Schriftsteller. Er verfasste seine Werke, die theologische und spirituelle Themen behandeln, in [[Wikipedia:mittelniederländisch|mittelniederländisch]]er Sprache.


== Werk und Wirkung ==
== Leben ==
Geboren 1293 in Ruisbroek (Teilgemeinde von [[Wikipedia:Sint-Pieters-Leeuw|Sint-Pieters-Leeuw]]), wurde er 1317 zum Priester geweiht und bald darauf [[Wikipedia:Vikar|Vikar]] in der Kirche [[Wikipedia:Gudula|St. Gudula]] (St. Goedele) in Brüssel. 1343 zog er sich mit mehreren Freunden nach Groenendaal bei Brüssel zurück, wo sie zunächst in einer geistlichen Gemeinschaft ohne Regel lebten. Daraus entstand eine Gemeinschaft von [[Wikipedia:Augustiner-Chorherren|Augustiner-Regularkanonikern]], deren erster [[Wikipedia:Prior|Prior]] er wurde und bis zu seinem Tod im Dezember 1381 blieb. Wegen des gegen alle Veräußerlichung der geistigen Güter gerichteten Einschlags seiner Schriften wurde Ruysbroek ''doctor ecstaticus'' genannt. Jan van Ruysbroek war ein Schüler von  [[Meister Eckehart]]. Zu den vielen, auf die er direkten Einfluss ausübte, gehören [[Geert Groote]], der Gründer der [[Brüder vom gemeinsamen Leben]], [[Johannes Tauler]] und später [[Hendrik Herp]].


Der Name geht auf [[Martin Luther]] zurück, der die Schrift unter dem Titel ''Eyn deutsch Theologia'' zum ersten Mal im Druck herausgab: zunächst 1516 aufgrund einer unvollständigen Handschrift, dann 1518 als vollständigen Text. Mit diesem Titel und der von ihm verfassten Vorrede stellte Luther diese Schrift gegen die lateinische [[Scholastik]] und beanspruchte für das [[Wikipedia:Deutsche Sprache|Deutsche]] eine dem [[Latein|Lateinischen]], [[Wikipedia:Griechische Sprache|Griechischen]] und [[Hebräische Sprache|Hebräischen]] ebenbürtige [[Theologie|theologisch]]e Ausdrucksfähigkeit. Dies entspricht nicht den eigenen Intentionen des Verfassers, der die Deutschsprachigkeit seines Werks nicht thematisiert.
Jan van Ruysbroek gilt zusammen mit [[Wikipedia:Hadewijch|Hadewijch]] als bedeutendster Autor mittelniederländischer Sprache. Seine Traktate richteten sich vor allem an Geistliche, die des Lateinischen nicht mächtig waren.


Der ''Frankfurter'' wurde mehrfach zusammen mit Texten der [[Deutsche Mystik|Deutschen Mystik]] überliefert: den Schriften [[Meister Eckhart]]s, [[Johannes Tauler]]s sowie [[Heinrich Seuse]]s. Er steht auch inhaltlich in der Tradition dieser Mystiker, deren höchstes Ziel die „Vergottung“ des Menschen bzw. die Vereinigung der [[Seele]] mit [[Gott]] ([[Unio mystica]]) schon im [[Diesseits]] ist. Dabei legt die Theologie besonderen Wert darauf,  sich von der [[Häresie|häretischen]] Mystik der [[Wikipedia:Brüder und Schwestern des freien Geistes|Brüder und Schwestern des freien Geistes]]  abzugrenzen und betont daher die Notwendigkeit des Gehorsams und die Bedeutung [[Jesus von Nazareth|Jesu Christi]] für das menschliche [[Heil]]. Tatsächlich vertreten manche Forscher die Ansicht, dass die Schrift vor allem zur Zurückweisung der Häresie des Freien Geistes abgefasst wurde. Trotzdem wurde sie in der frühen Neuzeit als Apologie des [[Pantheismus]] gelesen und deswegen 1612 auf den päpstlichen [[Wikipedia:Index Librorum Prohibitorum|Index]] gesetzt.<ref>Vgl. Robert E. Lerner: ''The Heresy of the Free Spirit in the Later Middle Ages''. Berkeley u.a.: 1972, S. 160.</ref>
1908 wurde Jan van Ruysbroek durch ein päpstliches Dekret für selig erklärt. Sein Gedenktag am [[Wikipedia:2. Dezember|2. Dezember]] ist ein gebotener Gedenktag für die Augustiner-Chorherren und -frauen und findet sich auch im [[Wikipedia:Evangelischer Namenkalender|Evangelischen Namenkalender]] der [[Wikipedia:Evangelische Kirche in Deutschland|Evangelischen Kirche in Deutschland]].<ref>[http://www.heiligenlexikon.de/BiographienJ/Jan_Johannes_von_Ruysbroek.htm Jan van Ruysbroek im Ökumenischen Heiligenlexikon]</ref>


Im Mittelalter wurde die Schrift kirchlicherseits nicht kritisiert, war aber trotzdem nicht sehr weit verbreitet: Sie ist nur in zehn, zum Teil unvollständigen Handschriften überliefert; eine davon ist lediglich die Abschrift eines Druckes aus dem 16. Jahrhundert <ref>[http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/liste_inhalt.php?id=2020 Nachweis der einzelnen Handschriften im Handschriftencensus der Universität Marburg]</ref>. In der Neuzeit dagegen führte die Herausgabe und Hochschätzung des Textes durch Luther zu bis heute zahlreichen Neuauflagen, die das anhaltende Interesse an der ''Theologia deutsch'' dokumentieren.
== Rezeption ==
Ruysbroeks Werke wurden teilweise schon von seinem Zeitgenossen und Freund Wilhelm Jordaens ins Lateinische übertragen. Die lateinische handschriftliche Überlieferung der acht Werke, die schon vor der Reformation ins Lateinische übersetzt wurden, ist umfangreicher als die volkssprachliche; dies zeigt, dass Ruysbroek im Spätmittelalter vorwiegend von Gelehrten rezipiert wurde. Im 14. Jahrhundert war die Rezeption quantitativ noch sehr begrenzt; der größte Teil der Abschriften wurde erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts angefertigt.


== Nachweis ==
Anfang des 16. Jahrhunderts wurde sein Werk von dem [[Wikipedia:Kartäuser (Orden)|Kartäuser]] [[Wikipedia:Laurentius Surius|Laurentius Surius]] ins Lateinische übersetzt und nach dieser Ausgabe von dem protestantischen Kirchenhistoriker [[Wikipedia:Gottfried Arnold (Theologe)|Gottfried Arnold]] erstmals deutsch veröffentlicht (Offenbach 1701 ff.).
<references />


== Textausgaben ==
== Werke ==
a) Kritische Ausgabe:
* ''Dat rijcke der ghelieven'' („Das Reich der Geliebten“, lateinisch ''Regnum amantium deum''), wohl sein erstes Werk, um 1330 in Brüssel geschrieben
* Wolfgang von Hinten: ''Der Franckforter („Theologia Deutsch“)''. Kritische Textausgabe. Artemis (Münchener Texte zur deutschen Literatur des Mittelalters 78), München/Zürich 1982
* ''Die chierheit van der gheestelijcker brulocht'' („Die Zierde der geistigen Hochzeit“, lateinisch ''De ornatu spiritalium nuptiarum'')
* ''Vanden blinkenden steen'' („Der funkelnde Stein“, lateinisch ''De perfectione filiorum dei'')
* ''Vanden vier becoringhen'' („Von den vier Versuchungen“, lateinisch ''De quatuor tentationibus'')
* ''Vanden kerstenen ghelove'' („Über den Glauben“, lateinisch ''De fide et iudicio'')
* ''Vanden gheesteliken tabernakel'' („Über das geistige Tabernakel“, lateinisch ''In tabernaculum foederis commentaria'')
* ''Vanden seven sloten'' (lateinisch ''De septem custodiis'')
* ''Een spieghel der eeuwigher salicheit'' („Ein Spiegel der ewigen Seligkeit“, lateinisch ''Speculum aeternae salutis''), 1359 geschrieben
* ''Van seven trappen in den graed der gheesteleker minnen'' („Von den sieben Graden der geistigen Liebe“, lateinisch ''De septem amoris gradibus'')
* ''Vander hoechster waerheit'' („Von der höchsten Wahrheit“; auch ''Dat boecsken der verclaringhe'' und ''Samuel'' genannt; lateinisch ''Samuel vel de alta contemplatione'')
* ''Vanden XII beghinen'' („Von den zwölf Beginen“, lateinisch ''De vera contemplatione'')
* Briefe (von seiner Korrespondenz sind sieben Briefe erhalten geblieben)


b) Eine Auswahl neuerer Übersetzungen und Ausgaben:
== Ausgaben ==
 
* ''Ioannis Rusbrochii De ornatu spiritualium nuptiarum, Wilhelmo Iordani interprete'', hrsg. Kees Schepers, Brepols, Turnhout 2004, ISBN 2-503-05079-4 (kritische Edition der 1353/1365 angefertigten lateinischen Übersetzung von ''Die geestelike brulocht'')
*''Deutsche Theologie''. Übertragung Franz Pfeiffer, Gernsbach/Baden 1886, [http://www.archive.org/details/deutschetheolog00frangoog Digitalisat bei archive.org]
* Jan van Ruusbroec: ''Vanden seven sloten'', hrsg. Guido de Baere, Brepols, Turnhout 1989 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
* ''Der Frankfurter – Eine deutsche Theologie''. Übertragen und eingeleitet von [[Wikipedia:Joseph Bernhart|Joseph Bernhart]]. Der Dom, Leipzig 1920
* Jan van Ruusbroec: ''Vanden blinkenden steen, Vanden vier becoringhen, Vanden kerstenen ghelove, brieven/letters'', hrsg. Guido de Baere u.&nbsp;a., Brepols, Turnhout 1991, ISBN 2-503-04101-9 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes der drei Schriften und der Briefe mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
* ''Theologia Deutsch, die lehret gar manche liebliche Erkenntnis göttlicher Wahrheit und sagt gar hohe und gar schöne Dinge von einem vollkommenen Leben''. Nach dem Pfeifferschen Text in neueres Deutsch gebracht und mit einem Vorwort versehen von [[Wikipedia:Rudolf Alexander Schröder|Rudolf Alexander Schröder]]. Bertelsmann, Gütersloh 1947
* Jan van Ruusbroec: ''Van seven trappen'', hrsg. Robo de Faesen, Brepols, Turnhout 2003, ISBN 2-503-04091-8 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
* ''Theologia Deutsch. Eine Grundschrift deutscher Mystik''. Herausgegeben und eingeleitet von [[Gerhard Wehr]] (Literaturhinweise S. 155–157). Aurum, Freiburg 1980
* Jan van Ruusbroec: ''Een spieghel der eeuwigher salicheit'', hrsg. Guido de Baere, Brepols, Turnhout 2001, ISBN 2-503-04081-0 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
* ''„Der Franckforter“: Theologia Deutsch''. In neuhochdeutscher Übersetzung herausgegeben und mit einer Einleitung versehen von Alois M. Haas. Johannes Verlag (Christliche Meister 7), 2. Auflage Freiburg i.Br. 1993, ISBN 978-3-89411-279-0
* Jan van Ruusbroec: ''Dat rijcke der ghelieven'', hrsg. Joseph Alaerts, Brepols, Turnhout 2002 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
* Jan van Ruusbroec: ''Die geestelike brulocht'', hrsg. Joseph Alaerts, Brepols, Turnhout 1988 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
* Jan van Ruusbroec: ''Boecsken der verclaringhe'', hrsg. Guido de Baere, Brepols, Turnhout 1989 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
* Jan van Ruusbroec: ''Van den geesteliken tabernakel'', hrsg. Thom Mertens, 2 Bände, Brepols, Turnhout 2006 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
* Jan van Ruusbroec: ''Vanden XII beghinen'', hrsg. Mikel M. Kors, 2 Bände, Brepols, Turnhout 2001, ISBN 2-503-04081-0 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)


== Literatur ==
== Literatur ==
* Albert Ampe: Artikel ''Ruusbroec, Jan van'', in: ''[[Verfasserlexikon]]'', 2. Auflage, Bd. 8, Berlin 1992, Sp. 436–458
* [[Wikipedia:Kurt Ruh|Kurt Ruh]]: ''Jan van Ruusbroec. Versuch einer Würdigung von Person und Werk.'' In: ''Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur.'' 125 (1996), S. 1–50.
* {{NDB|22|306|307|Ruusbroec, Jan van|Gerhard Wehr|118750496}}
* Geert Warnar: ''Ruusbroec: Literature and Mysticism in the Fourteenth Century.'' Brill, Leiden 2007. ISBN 978-90-04-15869-6


* Georg Baring: ''Bibliographie der Ausgaben der „Theologia Deutsch“ (1516 bis 1961). Ein Beitrag zur Lutherbibliographie''. Mit Faksimileabdruck der Erstausgabe und 32 Abbildungen. Koerner (Bibliotheca Bibliographica Aureliana 8), Baden-Baden 1963, ISBN 978-3-87320-008-1.
== Einzelnachweise ==
* [[Wikipedia:Friedrich Gustav Lisco|Friedrich Gustav Lisco]]: ''Die Heilslehre der Theologia deutsch. Nebst einem auf sie bezüglichen Abriß der christlichen Mystik bis auf Luther'', Verlag von Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1857.
<div class="references-small" style="-moz-column-count:2; column-count:2;">
* J. Orcibal: ''La rencontre du Carmel thérésien avec les mystiques du Nord'', Paris 1959 (Zur Debatte um die Orthodoxie der Schrift).
<references/>
* J. Pasquier: ''L'orthodoxie de la théologie germanique'', Paris 1922 (Zur Theorie, die Schrift sei als Refutation des Freien Geistes zu verstehen).
</div>
* Christian Peters: ''Theologia deutsch''. In: [[Wikipedia:Theologische Realenzyklopädie|Theologische Realenzyklopädie]] Bd. 33 [2002], S. 258-262.
* Edward Schröder: ''Die Überlieferung des „Frankfurters“ (der „Theologia Deutsch“)'', Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1937
* Walther Tritsch: ''Einführung in die Mystik''. ISBN 3-629-00572-1  Pattloch Verlag


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{commonscat|Jan van Ruusbroec}}
* [http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/philo/galerie/neuzeit/ruysb.htm phil-fak.uni-duesseldorf.de]
* [http://www.gottliebtuns.com/jan_van_ruysbroeck.htm Drei seiner Werke als PDF]
* {{DNB-Portal|118750496}}
* {{ADB|29|626|630|Ruisbroek, Johannes|Otto Schmid|ADB:Ruusbroec, Jan van}}
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[[Kategorie:Seliger|Jan van, Ruysbroek]] <!-- Hl. u. Sel. nach Vornamen sort. -->
[[Kategorie:Katholischer Theologe (14. Jahrhundert)]]
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[[Kategorie:Mystik]]
[[Kategorie:Prior]]
[[Kategorie:Augustiner-Chorherr]]
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[[Kategorie:Geboren 1293]]
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{{Personendaten
|NAME=Ruysbroek, Jan van
|ALTERNATIVNAMEN=Ruysbroeck der Wunderbare; Ruusbroec, Jan van
|KURZBESCHREIBUNG=mittelalterlicher Theologe und Mystiker
|GEBURTSDATUM=1293
|GEBURTSORT=Ruysbroek bei Brüssel
|STERBEDATUM=2. Dezember 1381
|STERBEORT=Groenendaal bei Brüssel
}}


* [http://www.ccel.org/ccel/anonymous/theologia.html Text in englischer Übersetzung; das Vorwort dieser Textausgabe ist allerdings nicht auf dem Stand der Forschung]
[[Kategorie:Theologie]]
[[Kategorie:Christliche Mystik]]
{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 3. Mai 2015, 22:06 Uhr

Mittelalterliches Porträt von Jan van Ruysbroek

Jan van Ruysbroek oder Jan van Ruusbroec (jɑn vɑn rœ.y̯zbruk, ry.zbruk) (* 1293 in Ruisbroek bei Brüssel; † 2. Dezember 1381 in Groenendaal) war ein flämischer Theologe und Schriftsteller. Er verfasste seine Werke, die theologische und spirituelle Themen behandeln, in mittelniederländischer Sprache.

Leben

Geboren 1293 in Ruisbroek (Teilgemeinde von Sint-Pieters-Leeuw), wurde er 1317 zum Priester geweiht und bald darauf Vikar in der Kirche St. Gudula (St. Goedele) in Brüssel. 1343 zog er sich mit mehreren Freunden nach Groenendaal bei Brüssel zurück, wo sie zunächst in einer geistlichen Gemeinschaft ohne Regel lebten. Daraus entstand eine Gemeinschaft von Augustiner-Regularkanonikern, deren erster Prior er wurde und bis zu seinem Tod im Dezember 1381 blieb. Wegen des gegen alle Veräußerlichung der geistigen Güter gerichteten Einschlags seiner Schriften wurde Ruysbroek doctor ecstaticus genannt. Jan van Ruysbroek war ein Schüler von Meister Eckehart. Zu den vielen, auf die er direkten Einfluss ausübte, gehören Geert Groote, der Gründer der Brüder vom gemeinsamen Leben, Johannes Tauler und später Hendrik Herp.

Jan van Ruysbroek gilt zusammen mit Hadewijch als bedeutendster Autor mittelniederländischer Sprache. Seine Traktate richteten sich vor allem an Geistliche, die des Lateinischen nicht mächtig waren.

1908 wurde Jan van Ruysbroek durch ein päpstliches Dekret für selig erklärt. Sein Gedenktag am 2. Dezember ist ein gebotener Gedenktag für die Augustiner-Chorherren und -frauen und findet sich auch im Evangelischen Namenkalender der Evangelischen Kirche in Deutschland.[1]

Rezeption

Ruysbroeks Werke wurden teilweise schon von seinem Zeitgenossen und Freund Wilhelm Jordaens ins Lateinische übertragen. Die lateinische handschriftliche Überlieferung der acht Werke, die schon vor der Reformation ins Lateinische übersetzt wurden, ist umfangreicher als die volkssprachliche; dies zeigt, dass Ruysbroek im Spätmittelalter vorwiegend von Gelehrten rezipiert wurde. Im 14. Jahrhundert war die Rezeption quantitativ noch sehr begrenzt; der größte Teil der Abschriften wurde erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts angefertigt.

Anfang des 16. Jahrhunderts wurde sein Werk von dem Kartäuser Laurentius Surius ins Lateinische übersetzt und nach dieser Ausgabe von dem protestantischen Kirchenhistoriker Gottfried Arnold erstmals deutsch veröffentlicht (Offenbach 1701 ff.).

Werke

  • Dat rijcke der ghelieven („Das Reich der Geliebten“, lateinisch Regnum amantium deum), wohl sein erstes Werk, um 1330 in Brüssel geschrieben
  • Die chierheit van der gheestelijcker brulocht („Die Zierde der geistigen Hochzeit“, lateinisch De ornatu spiritalium nuptiarum)
  • Vanden blinkenden steen („Der funkelnde Stein“, lateinisch De perfectione filiorum dei)
  • Vanden vier becoringhen („Von den vier Versuchungen“, lateinisch De quatuor tentationibus)
  • Vanden kerstenen ghelove („Über den Glauben“, lateinisch De fide et iudicio)
  • Vanden gheesteliken tabernakel („Über das geistige Tabernakel“, lateinisch In tabernaculum foederis commentaria)
  • Vanden seven sloten (lateinisch De septem custodiis)
  • Een spieghel der eeuwigher salicheit („Ein Spiegel der ewigen Seligkeit“, lateinisch Speculum aeternae salutis), 1359 geschrieben
  • Van seven trappen in den graed der gheesteleker minnen („Von den sieben Graden der geistigen Liebe“, lateinisch De septem amoris gradibus)
  • Vander hoechster waerheit („Von der höchsten Wahrheit“; auch Dat boecsken der verclaringhe und Samuel genannt; lateinisch Samuel vel de alta contemplatione)
  • Vanden XII beghinen („Von den zwölf Beginen“, lateinisch De vera contemplatione)
  • Briefe (von seiner Korrespondenz sind sieben Briefe erhalten geblieben)

Ausgaben

  • Ioannis Rusbrochii De ornatu spiritualium nuptiarum, Wilhelmo Iordani interprete, hrsg. Kees Schepers, Brepols, Turnhout 2004, ISBN 2-503-05079-4 (kritische Edition der 1353/1365 angefertigten lateinischen Übersetzung von Die geestelike brulocht)
  • Jan van Ruusbroec: Vanden seven sloten, hrsg. Guido de Baere, Brepols, Turnhout 1989 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
  • Jan van Ruusbroec: Vanden blinkenden steen, Vanden vier becoringhen, Vanden kerstenen ghelove, brieven/letters, hrsg. Guido de Baere u. a., Brepols, Turnhout 1991, ISBN 2-503-04101-9 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes der drei Schriften und der Briefe mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
  • Jan van Ruusbroec: Van seven trappen, hrsg. Robo de Faesen, Brepols, Turnhout 2003, ISBN 2-503-04091-8 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
  • Jan van Ruusbroec: Een spieghel der eeuwigher salicheit, hrsg. Guido de Baere, Brepols, Turnhout 2001, ISBN 2-503-04081-0 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
  • Jan van Ruusbroec: Dat rijcke der ghelieven, hrsg. Joseph Alaerts, Brepols, Turnhout 2002 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
  • Jan van Ruusbroec: Die geestelike brulocht, hrsg. Joseph Alaerts, Brepols, Turnhout 1988 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
  • Jan van Ruusbroec: Boecsken der verclaringhe, hrsg. Guido de Baere, Brepols, Turnhout 1989 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
  • Jan van Ruusbroec: Van den geesteliken tabernakel, hrsg. Thom Mertens, 2 Bände, Brepols, Turnhout 2006 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)
  • Jan van Ruusbroec: Vanden XII beghinen, hrsg. Mikel M. Kors, 2 Bände, Brepols, Turnhout 2001, ISBN 2-503-04081-0 (kritische Edition des mittelniederländischen Textes mit lateinischer Übersetzung von Surius und moderner englischer Übersetzung)

Literatur

  • Albert Ampe: Artikel Ruusbroec, Jan van, in: Verfasserlexikon, 2. Auflage, Bd. 8, Berlin 1992, Sp. 436–458
  • Kurt Ruh: Jan van Ruusbroec. Versuch einer Würdigung von Person und Werk. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur. 125 (1996), S. 1–50.
  • Gerhard Wehr: Ruusbroec, Jan van. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, S. 306 f. (Digitalisat).
  • Geert Warnar: Ruusbroec: Literature and Mysticism in the Fourteenth Century. Brill, Leiden 2007. ISBN 978-90-04-15869-6

Einzelnachweise

Weblinks

Commons: Jan van Ruusbroec - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema


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