Denken

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Wassily Kandinsky: Komposition VIII, 1923, Solomon R. Guggenheim Museum, New York

Das Denken (von idg. *teng- „empfinden, den Anschein haben“; davon abgeleitet auch danken, Andacht, Gedenken usw., was die ursprünglich mit dem Denken verbundene dankbare Gesinnung deutlich macht) ist eine der drei grundlegenden Seelenkräfte des Menschen. Durch das Denken erleben bzw. bilden wir uns Begriffe, in denen sich die innere Gesetzmäßigkeit dessen offenbaren soll, was uns in den vereinzelt dastehenden Wahrnehmungen vorerst unverstanden gegenübertritt. Ohne Denken bliebe die Wahrnehmung ein nicht weiter fassbares zusammenhangloses diffuses Aggregat von Empfindungsobjekten.

Durch die Denktätigkeit, die das Gehirn ergreift und zum Spiegelungsapparat bildet, werden die durch das Denken hervorgebrachten Gedanken im Bewusstsein zur Erscheinung gebracht. Bewusst wird uns daher in der Regel nicht der Denkprozess als solcher, sondern erst sein Ergebnis, die Gedanken, die die seelisch erlebte Manifestation dieses rein geistigen Prozesses sind. Bloßes Gedanken-Haben, d.h. die Anwesenheit fertiger Gedanken im Bewusstsein, die ohne aktuell aktiv erlebter Einsicht als Ergebnis früheren Denkens aus dem Gedächtnis aufgerufen werden oder überhaupt nur mehr oder weniger passiv als Wissen ohne eigene tiefere Einsicht im Vertrauen auf eine Autorität hin erworben wurden oder gar nur in sachlich weitgehend unzusammenhängenden Gedanken-Assoziationen besteht, ist noch kein Denken. Wirkliches Denken entsteht nur dann, wenn es aus eigener Anstrengung hervorgebracht wird und selbsttätig bis zur unmittelbaren klaren Einsicht in die vorliegenden idellen Zusammenhänge voranschreitet. Die Beobachtung des Denkens, also des geistigen Prozesses selbst, stellt darüber hinaus einen Ausnahmezustand dar, der aber jedem denkenden Mensch bei entsprechender Schulung der Aufmerksamkeit zugänglich ist. Insofern der Denkende damit seine eigene geistige Tätigkeit beobachtet, handelt es sich dabei um die wichtigste und grundlegendste Form der voll bewussten geistigen Wahrnehmung, auf die alle weitere moderene Geistesforschung aufbauen kann.

Die Grundlage des Denkens

Im Denken erscheint ein Spiegelbild dessen, was der Astralleib und das Ich innerhalb der physisch-sinnlichen Welt erleben.

"Mit dem Erwachen treten der astralische Organismus und die Ich-Wesenheit in den ätherischen und physischen Organismus ein. Durch das Denken werden die Sinneswahrnehmungen im ätherischen Organismus erlebt. Aber in diesem Erleben ist nicht die Welt wirksam, die den Menschen umgibt, sondern eine Nachbildung dieser Welt. In dieser Nachbildung offenbart sich die Summe der bildenden Kräfte, die dem Erden-Lebenslauf des Menschen zugrunde liegen. In jedem Lebensaugenblicke ist eine solche Nachbildung der Außenwelt im Menschen vorhanden. Der Mensch erlebt diese Nachbildung durch das Denken nicht direkt, sondern es stellt sich deren Reflexion durch den physischen Organismus als Gedankeninhalt vor das gewöhnliche Bewußtsein.

Was hinter der reflektierenden Tätigkeit des Denkens im physischen Organismus vor sich geht, das kann durch das gewöhnliche Bewußtsein nicht wahrgenommen werden, sondern nur das Ergebnis, welches die als Gedanken sich darstellenden reflektierten Bilder sind. Diese nicht wahrgenommenen Vorgänge im physischen Organismus sind Tätigkeiten des ätherischen und astralischen Organismus und der Ich-Wesenheit. Der Mensch nimmt in seinen Gedanken dasjenige wahr, was er selbst als seelisch- geistiges Wesen in seinem physischen Organismus bewirkt." (Lit.: GA 25, S. 70f)

Der Grund für unser Erkenntnisstreben - Beobachtung und Denken

Es liegt allein an unserer geistigen Organisation, dass sich uns die Wirklichkeit zunächst auf zwei getrennten Wegen, nämlich als Wahrnehmung und Begriff, zeigt. In der Wirklichkeit sind Wahrnehmung und Begriff stets miteinander verbunden, niemals tritt die Wahrnehmung getrennt von der ihr innenwohnenden Gesetzmäßigkeit auf, nur bleibt uns letztere zunächst verborgen. Sie muss erst durch das Denken enthüllt werden. Die Wahrnehmung ist uns ohne unser Zutun gegeben, wir bringen sie nicht selbst hervor, sondern wir beobachten sie nur, indem wir nur unsere physischen oder geistigen Sinne offen halten. Den zugehörigen Begriff hingegen bringen wir erst durch das Denken tätig hervor. Indem wir im Erkenntnisakt die Wahrnehmung begrifflich durchdringen, stoßen wir zur Wirklichkeit vor - sofern wir uns der Wahrnehmung adäquate, richtige Begriffe gebildet haben. An einem einfachen Beispiel charakterisiert das Rudolf Steiner so:

"Wenn ich beobachte, wie eine Billardkugel, die gestoßen wird, ihre Bewegung auf eine andere überträgt, so bleibe ich auf den Verlauf dieses beobachteten Vorganges ganz ohne Einfluss. Die Bewegungsrichtung und Schnelligkeit der zweiten Kugel ist durch die Richtung und Schnelligkeit der ersten bestimmt. Solange ich mich bloß als Beobachter verhalte, weiß ich über die Bewegung der zweiten Kugel erst dann etwas zu sagen, wenn dieselbe eingetreten ist. Anders ist die Sache, wenn ich über den Inhalt meiner Beobachtung nachzudenken beginne. Mein Nachdenken hat den Zweck, von dem Vorgange Begriffe zu bilden. Ich bringe den Begriff einer elastischen Kugel in Verbindung mit gewissen anderen Begriffen der Mechanik und ziehe die besonderen Umstände in Erwägung, die in dem vorkommenden Falle obwalten. Ich suche also zu dem Vorgange, der sich ohne mein Zutun abspielt, einen zweiten hinzuzufügen, der sich in der begrifflichen Sphäre vollzieht. Der letztere ist von mir abhängig. Das zeigt sich dadurch, dass ich mich mit der Beobachtung begnügen und auf alles Begriffe suchen verzichten kann, wenn ich kein Bedürfnis danach habe. Wenn dieses Bedürfnis aber vorhanden ist, dann beruhige ich mich erst, wenn ich die Begriffe: Kugel, Elastizität, Bewegung, Stoß, Geschwindigkeit usw. in eine gewisse Verbindung gebracht habe, zu welcher der beobachtete Vorgang in einem bestimmten Verhältnisse steht. So gewiss es nun ist, dass sich der Vorgang unabhängig von mir vollzieht, so gewiss ist es, dass sich der begriffliche Prozess ohne mein Zutun nicht abspielen kann...

Es ist ein tiefgreifender Unterschied zwischen der Art, wie sich für mich die Teile eines Vorganges zueinander verhalten vor und nach der Auffindung der entsprechenden Begriffe. Die bloße Beobachtung kann die Teile eines gegebenen Vorganges in ihrem Verlaufe verfolgen; ihr Zusammenhang bleibt aber vor der Zuhilfenahme von Begriffen dunkel. Ich sehe die erste Billardkugel in einer gewissen Richtung und mit einer bestimmten Geschwindigkeit gegen die zweite sich bewegen; was nach erfolgtem Stoß geschieht, muss ich abwarten und kann es dann auch wieder nur mit den Augen verfolgen. Nehmen wir an, es verdecke mir im Augenblicke des Stoßes jemand das Feld, auf dem der Vorgang sich abspielt, so bin ich – als bloßer Beobachter - ohne Kenntnis, was nachher geschieht. Anders ist das, wenn ich für die Konstellation der Verhältnisse vor dem Verdecken die entsprechenden Begriffe gefunden habe. In diesem Falle kann ich angeben, was geschieht, auch wenn die Möglichkeit der Beobachtung aufhört. Ein bloß beobachteter Vorgang oder Gegenstand ergibt aus sich selbst nichts über seinen Zusammenhang mit anderen Vorgängen oder Gegenständen. Dieser Zusammenhang wird erst ersichtlich, wenn sich die Beobachtung mit dem Denken verbindet.

Beobachtung und Denken sind die beiden Ausgangspunkte für alles geistige Streben des Menschen, insofern er sich eines solchen bewusst ist." (Lit.: GA 4, S. 37f)

Denken und Sprache

An der Sprache lernt das Kind das Denken:

„Ein richtig normal sich entwickelndes Kind lernt zuerst das Gehen, nachher das Sprechen, und nachher erst das Denken. Es ist ganz falsch, wenn man glaubt, daß der Mensch erst denkt und dann redet, sondern er lernt zuerst die Sprache durch Nachahmung. Er ahmt die Wörter, die er hört, nach, und erst in den Wörtern drinnen lernt er das Denken. Der Mensch lernt erst an der Sprache das Denken. Deshalb hat die ganze Menschheit so spät das Denken gelernt. Gesprochen haben auch schon die Urvölker, aber denken gelernt haben die Menschen erst später. An der Sprache haben sie denken gelernt.“ (Lit.:GA 349, S. 87)

Logik und Sprache

Das logische Denken ist eng an natürliche oder formale Sprachen gebunden, wobei mit formalen Sprachen ein höherer Abstraktionsgrad erreicht wird als mit natürlichen Sprachen, bei denen oft noch eine sehr weitgehende konkrete bildhafte Bedeutung mit den Worten mitschwingt. Die sprachliche Form logischer Gedanken ist der Aussagesatz. Anknüpfend an Aristoteles sprach man schon in der Scholastik von einer eigenen Sprache des Geistes (lat. lingua mentis) als einer Art von innerem, stummen Sprechen in einer allen Menschen gemeinsamen mentalen Sprache. Ludwig Wittgenstein meinte in diesem Sinn: „Alle Philosophie ist Sprachkritik.“ In neuerer Zeit wurde die Idee einer universellen Language of Thought von dem amerikanischen Philosophen und Kognitionswissenschaftler Jerry Fodor (* 1935) wieder aufgegriffen.

Dabei ist freilich zu bedenken:

"Auf eines muß zunächst aufmerksam gemacht werden. Was im weitesten Umkreise unseres Lebens die Menschen verhindert, Gedanken zu haben, das ist, daß die Menschen für den gewöhnlichen Gebrauch des Lebens gar nicht immer das Bedürfnis haben, wirklich bis zum Gedanken vorzudringen, sondern daß sie statt des Gedankens sich mit dem Worte begnügen. Das meiste von dem, was man im gewöhnlichen Leben Denken nennt, verläuft nämlich in Worten. Man denkt in Worten. Viel mehr, als man glaubt, denkt man in Worten. Und viele Menschen sind, wenn sie nach einer Erklärung von dem oder jenem verlangen, damit zufrieden, daß man ihnen irgendein Wort sagt, das einen für sie bekannten Klang hat, das sie an dieses oder jenes erinnert; und dann halten sie das, was sie bei einem solchen Wort empfinden, für eine Erklärung und glauben, sie hätten dann den Gedanken." (Lit.: GA 151, S. 10f)

Oder wie schon Goethe seinen Mephistopheles in Faust I so treffend sagen lässt:

MEPHISTOPHELES. Schon gut! Nur muß man sich nicht allzu ängstlich quälen;
Denn eben, wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
Mit Worten ein System bereiten,
An Worte läßt sich trefflich glauben,
Von einem Wort läßt sich kein Iota rauben.

Es gibt aber auch andere Denkformen, die nicht unmittelbar an die Logik und an die Sprache gebunden sind. Dazu zählen vor allem rein bildhafte Gedanken.

Begriff und Wort

Denn eben wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
Mit Worten ein System bereiten,
An Worte läßt sich trefflich glauben,
Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.
                                          Goethe, Faust I

Begriffe sind nicht identisch mit den sprachlichen Bezeichnungen, die auf sie hindeuten, obwohl Worte häufig auch beim Denken als deren mentale Repräsentanten verwendet werden. Namentlich bei den Griechen waren Wort und Begriff noch kaum voneinander geschieden und Denken ein inneres, stummes Sprechen, gleichsam ein intellektuelles Selbstgespräch, das aber, wie sie teilweise noch sehr deutlich empfanden, nicht nur im Menschen stattfindet, sondern auch in der Natur als die eigentliche Schöpferkraft waltet - ein Prinzip, das seine höchste Ausformung im Prolog des Johannesevangeliums findet („Im Anfang war das Wort“ Joh 1,1 LUT). Aber auch schon das Alte Testament lässt im Sechstagewerk die Schöpfung aus dem Wort der Elohim hervorgehen. Die Griechen unterschieden daher das ausgesprochene Wort (griech. λόγος προφορικός logos prophorikos) von dem beim Denken nur innerlich stumm gesprochenen Wort (griech. λόγος ἐνδιάθετος logos endiathetos).

Begriff und Wort sind heute viel deutlicher voneinander geschieden, obwohl noch viel von der Bindung des Denkens an das Sprechen nachklingt.

„Bis in die Physik und Mathematik hinein wird ja heute in Worten gedacht, nicht in Sachen. In dieser Beziehung sind ja die Menschen heute recht merkwürdig. Wenn einer ganz gescheit sein will, dann zitiert er rasch: «Denn eben, wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein». - Es geschieht das heute aber meistens aus dem Drang heraus, daß dem Betreffenden selbst alle Begriffe ausgegangen sind: da stellt sich ihm nämlich rasch das Goethesche Wort ein. Aber das merkt er dann nicht. Er merkt nicht, daß er in dieser Untugend ganz bitter drinnen ist in dem Moment, wo er sie rügt.“ (Lit.:GA 228, S. 41f)

„Was im weitesten Umkreise unseres Lebens die Menschen verhindert, Gedanken zu haben, das ist, daß die Menschen für den gewöhnlichen Gebrauch des Lebens gar nicht immer das Bedürfnis haben, wirklich bis zum Gedanken vorzudringen, sondern daß sie statt des Gedankens sich mit dem Worte begnügen. Das meiste von dem, was man im gewöhnlichen Leben Denken nennt, verläuft nämlich in Worten. Man denkt in Worten. Viel mehr, als man glaubt, denkt man in Worten. Und viele Menschen sind, wenn sie nach einer Erklärung von dem oder jenem verlangen, damit zufrieden, daß man ihnen irgendein Wort sagt, das einen für sie bekannten Klang hat, das sie an dieses oder jenes erinnert; und dann halten sie das, was sie bei einem solchen Wort empfinden, für eine Erklärung und glauben, sie hätten dann den Gedanken.“ (Lit.:GA 151, S. 10f)

Auch heute wird das Denken noch häufig als ein inneres Sprechen erlebt, in dem die Begriffe mental durch innerlich erlebte Worte repräsentiert werden, doch kann heute viel bewusster erlebt werden, dass das eigentliche Denken, das dieses innere Sprechen hervorbringt und bestimmt, auf einer eigenen Metaebene darüber steht. Solange das Denken unmittelbar in der Sprache verhaftet bleibt, ist es noch kein allgemein menschliches, sondern bleibt mehr oder weniger an eine bestimmte Volksseele gebunden, wobei diese Bindung bei den verschiedenen Volkssprachen unterschiedlich stark ausgeprägt ist.

"Wir modernen Menschen müssen genau unterscheiden zwischen dem Begriff und dem Worte. Es würde nur zum Unheil in der menschlichen Besonnenheit führen, wenn wir nicht genau unterscheiden würden zwischen dem, was im abstrakten Verstande innerlich lebt, und dem, was im Worte lebt. Der abstrakte Verstand ist ja auch universell, allgemein menschlich. Das Wort lebt in den einzelnen Volkssprachen. Wir können schon unterscheiden zwischen dem, was da lebt im Begriffe, in der Idee und im Worte.

Will man das, was uns von den Griechen rein historisch vorliegt, richtig verstehen, so kommt man nicht zurecht, wenn man den Griechen diesen selben Unterschied zuschreibt, wie wir ihn entwickeln im Unterscheiden zwischen Begriff und Wort. Die Griechen unterschieden nicht mit derselben Stärke Begriff, Idee und Wort. Wenn sie sprachen, lebte für sie das, was in der Idee lebt, auf den Flügeln des Wortes. Sie glaubten in das Wort hineinzulegen den Begriff. Wenn sie dachten, dachten sie nicht in einer abstrakten, intellektualistischen Weise wie wir. Es ging durch ihre Seele etwas wie der allerdings unhörbare, aber doch Laut des Wortes. Es klang unhörbar in ihnen. Das Wort lebte, nicht der abstrakte Begriff." (Lit.: GA 206, S. 174)

"Jene Trennung, die wir heute psychologisch vollziehen müssen zwischen dem Worte und dem Inhalte der Vorstellung - besonders bei Betrachtung des Mathematisierens tritt das mit aller Klarheit hervor —, ist in älteren Zeiten nicht gemacht worden. Und gerade auf diese Unterscheidung kam zuerst Aristoteles. Er hob innerhalb des Seelenlebens dasjenige, was Vorstellung, Begriff ist, aus dem Gewebe der Sprache heraus, machte es für die Erkenntnis zu etwas abgesondert Vorliegendem. Dadurch aber drängte er wiederum dasjenige, was in der Sprache lebt, weiter in das Unbewußte hinunter, als es vorher war. Es wurde gewissermaßen ein Abgrund für die Erkenntnis geschaffen zwischen dem Begriff oder der Vorstellung und dem Worte.

Je weiter wir nämlich zurückgehen in der Betrachtung der menschlichen Sprache, desto mehr finden wir, daß in der Auffassung des Menschen Wort und Begriff oder Vorstellung als eines erlebt werden, daß der Mensch gewissermaßen das, was er denkt, innerlich hört, daß er ein Wortbild, nicht so sehr ein Gedankenbild hat. Der Gedanke wird draußen an die Sinneswahrnehmungen und drinnen an das Wort geknüpft. Dadurch aber war auch für diese alteren Zeiten eine gewisse Empfindung vorhanden, die sich etwa so charakterisieren läßt: Indem die Menschen sich in ihren Worten aussprachen, fühlten sie, als ob das, was in ihren Worten widerklingt, unmittelbar auf eine im Instinktiven verborgene, unterbewußte Art von den Dingen in ihre Sprache hineingelangt wäre. Sie fühlten gewissermaßen, daß ein realer Vorgang sich abspielt zwischen dem, was in den Dingen und namentlich in den Tatsachen lebt, und dem, was innerlich den Impuls zum Erklingen des Wortes bildet. Sie fühlten einen solchen realen Zusammenhang, wie der Mensch heute noch einen realen Zusammenhang zwischen den Stoffen fühlt, die draußen sind, sagen wir Ei, Kalbfleisch, Salat, und dem, was dann in seinem Inneren mit dem Inhalte dieser Stoffe sich abspielt, wenn er verdaut. Er wird in diesem Vorgang, der sich abspielt vom Draußensein der Stoffe zu dem, was drinnen in der Verdauung geschieht, einen realen Vorgang sehen. Diesen realen Vorgang erlebt er unterbewußt. So unterbewußt - wenn auch viel deutlicher, von einem gewissen dämmerigen Bewußtsein schon durchzogen — war dasjenige, was man an der Sprache erlebte. Man hatte die Empfindung, daß etwas, was in den Dingen lebt, mit den Lauten, mit den Worten verwandt ist. Wie die Substanzen der Stoffe, die man ißt, mit dem, was innerlich im Menschen im Stoffwechsel geschieht, zusammenhängen, so empfand man einen inneren Zusammenhang zwischen dem, was in den Dingen und Tatsachen vorgeht, was wortähnlich ist, und dem, was innerlich als Wort erklingt. Und indem Aristoteles das, was man da als einen realen Vorgang empfand, ins Bewußtsein heraufhob, wo die Begriffe spielen, war für die Sprache dasselbe geleistet, was ein Mensch leistet, der darüber nachdenkt, was die Substanzen der Stoffe in seinem Organismus anfangen. Etwas weiter voneinander entfernt ist allerdings das Denken über die Verdauung von dem realen Verdauungsvorgange selbst als das Denken von der Sprache. Aber eine Vorstellung von dem entsprechenden Verhältnis kann man gewinnen, wenn man sich diese Vorstellung dadurch verdeutlicht, daß man von einem Naheliegenderen zu einem Entfernteren und in der Entfernung Deutlicherwerdenden übergeht." (Lit.: GA 76, S. 122ff)

Die unterschiedliche Beziehung von Sprache und Denken in den europäischen Volkssprachen

„Bedenken Sie nur, wie schwierig es zum Beispiel ist, das Folgende zu erkennen - was damit gemeint ist, ist keine trockene Theorie, sondern liegt dem Leben zugrunde - : Es gibt ein gewisses Verhältnis in der Seele zwischen der Vorstellung und dem Worte. Das ist eine Tatsache, die ich Ihnen jetzt angebe. Nehmen wir an, im Seelengefüge läge das Wort gewissermaßen auf diesem Felde, der Gedanke auf diesem:

Zeichnung aus GA 173, S. 209
Zeichnung aus GA 173, S. 209

Die Sache ist nun so, daß das französische Volkstum die Tendenz hat, den Gedanken bis zum Worte herunterzudrangen, das heißt, indem gesprochen wird, in das Gesprochene den Gedanken hineinzudrücken. Daher so leicht gerade auf diesem Felde das Sich-Berauschen am Worte, das Sich-Berauschen an der Phrase geschieht, wobei ich Phrase durchaus im guten Sinne meine:

Zeichnung aus GA 173, S. 209
Zeichnung aus GA 173, S. 209

Das englische Volkstum nun drückt den Gedanken unter das Wort herunter, so daß der Gedanke das Wort durchsetzt und jenseits des Wortes Realität sucht:

Zeichnung aus GA 173, S. 210
Zeichnung aus GA 173, S. 210

Das Deutsche hat die Eigentümlichkeit, nicht bis zum Worte zu gehen mit dem Gedanken. Und nur durch diese Tatsache sind Philosophen, die sonst nirgends in der Welt möglich gewesen wären, wie Fichte, Schelling, Hegel, möglich geworden, daß das Deutsche nicht bis zum Worte den Gedanken trägt, sondern den Gedanken im Gedanken erhält. Dadurch aber werden sich die Menschen sehr leicht mißverstehen können. Denn ein wirklich richtiges Übersetzen ist ja nicht möglich, ist immer nur Surrogat. Es gibt keine Möglichkeit, das, was Hegel gesagt hat, auch auf englisch zu sagen oder auf französisch. Das ist ganz ausgeschlossen, solche Übersetzungen können immer nur ein Surrogat sein. Eine Verständnismöglichkeit ist nur dadurch vorhanden, daß gewisse romanische Grundelemente noch durchgängig sind, denn ob man sagt «association», französisch, oder «association», englisch, ist gleich, das geht alles zurück auf das Romanische. In solchen Dingen werden Brücken gebaut. Aber jedes Volkstum hat seine besondere Mission, und man kann ihm nur beikommen aus der Sehnsucht heraus, zu einem solchen Verständnis zu gelangen.

Das slawische Volkstum stößt den Gedanken in das Innere zurück und hat ihn hier:

Zeichnung aus GA 173, S. 210
Zeichnung aus GA 173, S. 210

Dort liegt das Wort dem Gedanken ganz fern, es schwebt wie abgesondert von ihm. Die stärkste Koinzidenz zwischen Gedanke und Wort, so daß der Gedanke verschwindet gegenüber dem Worte, ist im Französischen. Das stärkste Selbstausleben des Gedankens ist im Deutschen, weshalb auch nur im Deutschen das Wort einen Sinn hat, das Hegel und Hegelianer geprägt haben: «Das Selbstbewußtsein des Gedankens.» Was für den Nichtdeutschen ein Abstraktum ist, ist für den Deutschen das größte Erlebnis, das er haben kann, wenn er es im lebendigen Sinne versteht. Das Deutsche geht darauf aus, die Ehe zu begründen zwischen dem Spirituellen an sich und dem Spirituellen des Gedankens. Nirgends in der Welt, in keinem Volkstum kann das erreicht werden außer im deutschen.“ (Lit.:GA 173, S. 209ff)

„Englisch-Sprechen ist noch viel mehr eine Tätigkeit, wo im Sprechen, im Lautentwickeln selber gedacht wird, während das Hochdeutsch-Sprechen etwas ist, wo im Lautentwickeln nicht gedacht wird, sondern das Denken als eine Parallelerscheinung neben der Lautentwickelung einhergeht. Überhaupt, die westlichen Sprachen haben sich noch viel mehr bewahrt von diesem Zusammengehören, von diesem instinktmäßigen Zusammengehören von Laut und Vorstellung als die mitteleuropäischen Sprachen. Und daher haben auch die westeuropäischen Sprachen eine solch starre Form angenommen. Man kann kaum irgendwie etwas in den westeuropäischen Sprachen formulieren, ohne daß einem gesagt wird: Das kann man nicht sagen, so drückt man sich nicht aus. - Das ist eine Sache, die es im Hochdeutschen so nicht gibt. Da kann man beinahe alles sagen: da kann man das Subjekt da hinstellen, dort hinstellen, denn der Gedanke geht mehr parallel mit dem Lautbestande als in den westlichen Sprachen. Nur indem wir an ältere Stufen unserer Sprachbildung herankommen, kommen wir auch immer mehr und mehr zu einem strengen Verbundensein von Vorstellung und Lautbestand, und daher können wir an unseren älteren Stufen und Dialekten das studieren, was bei den westlichen Sprachen heute noch immer als ein Atavismus vorhanden ist.“ (Lit.:GA 299, S. 79)

Denken im Gespräch mit dem Engel

„Wir Menschen denken. Wir glauben zunächst, nur unsere Gedanken zu erleben. Aber indem unsere Gedanken durch unsere Seele ziehen, leben in unseren Gedanken die Angeloi in Wirklichkeit darinnen. Und wie wir mit unseren Sinnen empfinden, wie wir irgend etwas angreifen, erfassen, so leben in unserem Denken - das ist ihr Empfinden - die Angeloi drinnen. Sie bringen uns das zum Bewußtsein. Und ebenso wie empfinden in unserem Denken die Angeloi, so erleben in unserem Fühlen die Archangeloi und so schauen in unserem Wollen die Archai.“ (Lit.:GA 270b, S. 108)

In der ägyptisch-chaldäischen Zeit, im Zeitalter der Empfindungsseele, ehe die Verstandesseele erwacht war, fühlte man das Denken noch als eine von den Engeln inspirierte Gabe. Selbst im Frühmittelalter bis ins 9. Jahrhundert konnten das noch christliche Denker wie Johannes Scottus Eriugena nachempfinden, obwohl bereits ihr auf den Verstand gegründetes spekulatives und daher oft auch dem Irrtum verfallenes Eigendenken erwacht war. Deutlich fühlte Eriugena sich aber auch noch in der wahren Erkenntnis von einer Engelwesenheit durchdrungen. Sein Denken wurde damit zu einer Art von innerem Zwiegespräch mit dem Engel.

„Bei Johannes Scotus ist es so, daß er in diesem Zwiespalt lebt. Er kann bloß denken; aber wenn dieses Denken zum Erkennen wird, da fühlt er, da ist noch etwas da von den alten Mächten, welche den Menschen durchdrungen haben in der alten Art der Erkenntnis. Er fühlt den Engel, den Angelos in sich. Daher sagt er, der Mensch erkenne als Engel. Es war Erbstück aus den alten Zeiten, daß in dieser Zeit der Verstandeserkenntnis ein solcher Geist wie Scotus Erigena noch sagen konnte, der Mensch erkenne wie ein Engel. In den Zeiten der ägyptischen, der chaldäischen Zeit, in den älteren Zeiten der hebräischen Zivilisation würde niemand etwas anderes gesagt haben, als: Der Engel erkennt in mir, und ich nehme Teil als Mensch an der Erkenntnis des Engels. Der Engel wohnt in mir, der erkennt, und ich mache das mit, was der Engel erkennt. - Das war in der Zeit, als noch kein Verstand da war. Als dann der Verstand heraufgekommen war, da mußte man das mit dem Verstande durchdringen; aber es war eben in Scotus Erigena noch ein Bewußtsein von diesem Durchdrungensein mit der Angelosnatur.“ (Lit.:GA 204, S. 269f)

„Wenn du die wechselseitige Verbindung und Einheit der geistigen und vernünftigen Naturen aufmerksam betrachtest, so wirst du in der That finden, dass sowohl die englische Wesenheit in der menschlischen, als die menschliche in der englischen mitgegründet ist. In jeder vollzieht sich, was der reine Verstand auf das Vollkommenste erkennt, und wird in jeder eins und dasselbe bewirkt. So gross nämlich war die Gemeinschaft der englischen und menschlichen Natur und würde es auch geblieben sein, wenn der erste Mensch nicht gesündigt hätte, dass aus beiden Eins wurde, was auch bei den hervorragendsten Menschen, deren Erstlinge unter den Himmlischen sind, bereits zu geschehen beginnt. Denn der Engel entsteht im Menschen durch den Begriff des Engels, der im Menschen ist, und der Mensch entsteht im Engel durch den im Menschen gegründeten Begriff des Engels. Wer nämlich, wie ich sagte, den reinen Begriff hat, wird in dem, was er begreift. Die geistige und vernünftige Engelnatur ist also in der geistigen und vernünftigen menschlichen Natur ebenso geworden, wie die menschliche in der englischen durch gegenseitiges Begreifen, worin der Mensch den Engel und der Engel den Menschen begreift. Dies ist auch gar nicht wunderbar; denn auch wir selbst werden, indem wir uns mit einander unterreden, gegenseitig in einander verwandelt. Indem ich nämlich begreife, was du begreifst, werde ich dein Begriff und bin auf unaussprechliche Weise in dich aufgenommen worden. Ebenso wenn du rein begreifst, was ich durchaus begreife, wirst du mein Begriff und aus den beiden Begriffen wird einer, welcher aus dem, was wir beide lauter und unverweilt begreifen, gebildet ist. Nehmen wir ein Beispiel aus den Zahlen zu Hülfe, so begreifst du, dass die Sechszahl in ihren Theilen gleich ist, und ich begreife dies ebenso, und ich begreife deinen, wie du meinen Begriff begreifst. Unser beider Begriff wird ein durch die Sechszahl gebildeter einiger, und dadurch werde ich nicht blos in dir, sondern auch du in mir geschaffen. Denn wir sind nicht etwas Anderes, als unser Begriff, und unsere wahre und höchste Wesenheit ist ein Begriff, welcher sich in der Betrachtung der Wahrheit beurkundet. Dass aber solcher Begriff nicht blos in gleichwesentlichen, sondern auch in untergeordneten Naturen sich entwickeln kann, sobald die Liebe vermittelnd eintritt, dies lehren die Worte des Apostels, welcher die Meinung, als ob unser Begriff sichtbare Formen liebe, mit der Mahnung ablehnt: Werdet nicht gleich dieser Welt! In solchem Sinn wird also ganz sachgemäss gesagt, dass in gegenseitigem Begreifen der Mensch im Engel und der Engel im Menschen geschaffen werde, und dass auch der Engel dem Menschen in keinem Verhältniss irgendwie vorangehe, wird gleichfalls richtig geglaubt und eingesehen, mag auch nach der Darstellung des Propheten die Schöpfung der engelischen Natur, wie Viele wollen, früher oder später, als die Schöpfung der menschlichen Natur geschehen sein.“

Johannes Scottus Eriugena: Über die Einteilung der Natur[1]

So sehr erlebt Eriugena also noch die geistige Wirklichkeit des Denkens, dass er sagen kann, dass der Engel in ihm - und zwar nicht als Abbild, sondern als Wirklichkeit - entsteht, wenn er ihn denkt und der Mensch nicht minder im Engel entsteht, wenn der Mensch den Begriff des Engels bildet! Und so für alle Wesen. Erkenntnis ist nicht bloß wesenloser Abglanz des Seins, sondern das wahre Sein selbst. In diesem Sinn ist es auch zu verstehen, wenn oben gesagt wurde, dass der Mensch als Bild und Gleichnis Gottes die gesamte Schöpfung umspannt.

„Denn die Gedanken der Dinge sind wahrhaft die Dinge selbst, wie der heilige Dionysius sagt: „die Erkenntniss des Seienden ist das Seiende selbst;“ aber ihre uranfänglichen Ursachen und Gründe werden durch Denkthätigkeit, nicht durch die Dinge selbst zur Vereinigung geführt.“

Johannes Scottus Eriugena: Über die Einteilung der Natur[2]

Mensch und Engel stehen damit für Eriugena auf gleicher Stufe; eben dadurch können sie einander wechselseitig erkennen. Doch ist diese Erkenntnis, wie auch ihre jeweilige Selbsterkenntnis, niemals vollständig. Denn um sich selbst vollständig erkennen, d.h. definieren, umgrenzen zu können, müsste man sich selbst überragen:

„Ich glaube, dass Keiner von Beiden sich selber, noch auch Einer den Andern definieren kann. Denn wenn der Mensch sich selber oder einen Engel definiert, so ist er grösser als er selber oder als der Engel; denn das Definirende ist ein Grösseres als das Definierte. Dasselbe findet beim Engel statt. Ich glaube deshalb, dass diese Beiden allein von Dem, der sie nach seinem Bilde geschaffen hat, definiert werden können.“

Johannes Scottus Eriugena: Über die Einteilung der Natur[3]

Der ganzheitliche Charakter des Denkens

Was uns die Wahrnehmungswelt so rätselhaft macht, ist, dass sie sich uns, solange wir uns des Denkens enthalten, als eine Welt zusammenhanglos erscheinender Einzelheiten darbietet. Erst das Denken schlägt Verbindungsfäden zwischen den einzelnen Elementen und verknüpft sie zu einem sinnvollen Ganzen:

"Ein Ding erklären, verständlich machen heißt nichts anderes, als es in den Zusammenhang hineinversetzen, aus dem es durch die oben geschilderte Einrichtung unserer Organisation herausgerissen ist. Ein von dem Weltganzen abgetrenntes Ding gibt es nicht. Alle Sonderung hat bloß subjektive Geltung für unsere Organisation. Für uns legt sich das Weltganze auseinander in: oben und unten, vor und nach, Ursache und Wirkung, Gegenstand und Vorstellung, Stoff und Kraft, Objekt und Subjekt usw. Was uns in der Beobachtung an Einzelheiten gegenübertritt, das verbindet sich durch die zusammenhängende, einheitliche Welt unserer Intuitionen Glied für Glied; und wir fügen durch das Denken alles wieder in eins zusammen, was wir durch das Wahrnehmen getrennt haben.

Die Rätselhaftigkeit eines Gegenstandes liegt in seinem Sonderdasein. Diese ist aber von uns hervorgerufen und kann, innerhalb der Begriffswelt, auch wieder aufgehoben werden." (Lit.: GA 4, S. 95)

Das Denken verknüpft also die Wahrnehmungen miteinander und verbindet sie mit den zugehörigen Begriffen. Und auch die durch das Denken gebildeten Begriffe bleiben nicht vereinzelt stehen, sondern schließen sich zu umfangreicheren Begriffen und Begriffssystemen zusammen, die wir als Ideen bezeichnen, die alle letztlich in der einen einzigen Idee schlechthin wurzeln. Zurecht sagt daher Goethe:

"Die Idee ist ewig und einzig; daß wir auch den Plural brauchen, ist nicht wohlgetan. Alles, was wir gewahr werden und wovon wir reden können, sind nur Manifestationen der Idee; Begriffe sprechen wir aus, und insofern ist die Idee selbst ein Begriff." (Lit.: Goethe: Maximen und Reflexionen)

Analytisches und synthetisches Denken

Goethes Worte unterstreichen den fundamental ganzheitlichen, synthetischen Charakter des Denkens, der heute aber zumeist übersehen wird, weil wir gewohnt sind, vorwiegend analytisch zu denken. Das analytische Denken ist notwendig, um einzelne Begriffe aus der Gesamtidee herauszusondern, damit sie uns besonders deutlich und klar bewusst werden. Sie bleiben aber bedeutungslos, wenn sie nicht letztlich wieder dem Ganzen eingegliedert werden, mit dem sie in der Wirklichkeit untrennbar verbunden sind.

Das diskursive Denken

Das diskursive, logisch ableitende Denken ist heute im Zeitalter des Intellekts das weithin verbreitetste. Es ist eng an die Sprache gebunden, weitgehend bildlos abstrakt und schreitet konsequent in lückenloser Folge ohne logische Sprünge über logische Schlüsse und Urteile zu den Begriffen vorwärts. Nur im logischen Schließen sind wir stets vollwach. Urteile sinken sehr schnell in das Traumbewusstsein, in dem auch das Gefühl beständig lebt, herab und werden so zu Seelengewohnheiten. Begriffe steigen sogar bis in das Schlafbewusstsein hinunter, wo auch der menschliche Wille wirkt. Hier werden sie zu einer gestaltenden Kraft, die bis in den physischen Leib hineinwirkt. Das zu berücksichtigen, ist für vor allem für die Pädagogik von größter Bedeutung.

"Indem wir uns logisch, das heißt denkend-erkennend betätigen, haben wir in dieser Betätigung immer drei Glieder. Erstens haben wir immerfort dasjenige in unserem denkenden Erkennen drinnen, was wir Schlüsse nennen. Für das gewöhnliche Leben äußert sich ja das Denken in der Sprache. Wenn Sie das Gefüge der Sprache überblicken, werden Sie finden: indem Sie sprechen, bilden Sie fortwährend Schlüsse aus. Diese Tätigkeit des Schließens ist die allerbewußteste im Menschen. Der Mensch würde sich durch die Sprache nicht äußern können, wenn er nicht fortwährend Schlüsse sprechen würde; er würde nicht das, was der andere zu ihm sagt, verstehen können, wenn er nicht fortwährend Schlüsse in sich aufnehmen könnte. Die Schullogik zergliedert gewöhnlich die Schlüsse; dadurch verfälscht sie sie schon, insofern die Schlüsse im gewöhnlichen Leben vorkommen. Die Schullogik bedenkt nicht, daß wir schon einen Schluß ziehen, wenn wir ein einzelnes Ding ins Auge fassen. Denken Sie sich, Sie gehen in eine Menagerie und sehen dort einen Löwen. Was tun Sie denn zuallererst, indem Sie den Löwen wahrnehmen? Sie werden zuallererst das, was Sie am Löwen sehen, sich zum Bewußtsein bringen, und nur durch dieses Sich-zum-Bewußtsein-Bringen kommen Sie mit Ihren Wahrnehmungen gegenüber dem Löwen zurecht. Sie haben im Leben gelernt, ehe Sie in die Menagerie gegangen sind, daß solche Wesen, die sich so äußern wie der Löwe, den Sie jetzt sehen, «Tiere» sind. Was Sie da aus dem Leben gelernt haben, bringen Sie schon mit in die Menagerie. Dann schauen Sie den Löwen an und finden: der Löwe tut eben auch das, was Sie bei den Tieren kennengelernt haben. Dies verbinden Sie mit dem, was Sie aus der Lebenserkenntnis mitgebracht haben, und bilden sich dann das Urteil: Der Löwe ist ein Tier. - Erst wenn Sie dieses Urteil sich gebildet haben, verstehen Sie den einzelnen Begriff «Löwe». Das erste, was Sie ausführen, ist ein Schluß; das zweite, was Sie ausführen, ist ein Urteil; und das letzte, wozu Sie im Leben kommen, ist ein Begriff. Sie wissen natürlich nicht, daß Sie diese Betätigung fortwährend vollziehen; aber würden Sie sie nicht vollziehen, so würden Sie kein bewußtes Leben führen, das Sie geeignet macht, sich durch die Sprache mit anderen Menschenwesen zu verständigen. Man glaubt gewöhnlich, der Mensch komme zuerst zu den Begriffen. Das ist nicht wahr. Das erste im Leben sind die Schlüsse. Und wir können sagen: Wenn wir nicht unsere Wahrnehmung des Löwen, wenn wir in die Menagerie gehen, aus der gesamten übrigen Lebenserfahrung herausschälen, sondern wenn wir sie in unsere ganze übrige Lebenserfahrung hineinstellen, so ist das erste, was wir in der Menagerie vollbringen, das Ziehen eines Schlusses. - Wir müssen uns klar sein: daß wir in die Menagerie gehen und den Löwen sehen, ist nur eine Einzelhandlung und gehört zum ganzen Leben hinzu. Wir haben nicht angefangen zu leben, als wir die Menagerie betreten und den Blick auf den Löwen gerichtet haben. Das schließt sich an das vorherige Leben an, und das vorherige Leben spielt da hinein, und wiederum wird das, was wir aus der Menagerie mitnehmen, hinausgetragen in das übrige Leben. - Wenn wir aber nun den ganzen Vorgang betrachten, was ist dann der Löwe zuerst? Er ist zuerst ein Schluß. Wir können durchaus sagen: Der Löwe ist ein Schluß. Ein bißchen später: Der Löwe ist ein Urteil. Und wieder ein bißchen später: Der Löwe ist ein Begriff.

Wenn Sie Logiken aufschlagen, namentlich solche älteren Kalibers, dann werden Sie unter den Schlüssen gewöhnlich den allerdings berühmt gewordenen Schluß angeführt finden: Alle Menschen sind sterblich; Cajus ist ein Mensch; also ist Cajus sterblich. - Cajus ist ja die allerberühmteste logische Persönlichkeit. Nun, dieses Auseinanderschälen der drei Urteile: «Alle Menschen sind sterblich», «Cajus ist ein Mensch», «also ist Cajus sterblich», findet in der Tat nur beim Logikunterricht statt. Im Leben weben diese drei Urteile ineinander, sind eins, denn das Leben verläuft fortwährend denkend-erkennend. Sie vollziehen immer alle drei Urteile gleichzeitig, indem Sie an einen Menschen «Cajus» herantreten. In dem, was Sie über ihn denken, stecken schon die drei Urteile drinnen. Das heißt, der Schluß ist zuerst da; dann erst bilden Sie das Urteil, das hier in der Conclusio ist: «also ist Cajus sterblich.» Und das letzte, was Sie bekommen, ist der individualisierte Begriff: «Der sterbliche Cajus.»

Nun haben diese drei Dinge - Schluß, Urteil, Begriff - ihr Dasein im Erkennen, das heißt im lebendigen Geiste des Menschen. Wie verhalten sie sich im lebendigen Geiste des Menschen?

Der Schluß kann nur leben im lebendigen Geiste des Menschen, nur dort hat er ein gesundes Leben; das heißt, der Schluß ist nur ganz gesund, wenn er verläuft im vollwachenden Leben. Das ist sehr wichtig, wie wir noch sehen werden.

Daher ruinieren Sie die Seele des Kindes, wenn Sie darauf hinarbeiten, daß fertige Schlüsse dem Gedächtnis anvertraut werden sollen. Was ich jetzt für den Unterricht sage, das ist, wie wir es noch im einzelnen auszuführen haben, von ganz fundamentaler Wichtigkeit. Sie werden in der Waldorfschule Kinder aller Altersstufen bekommen mit den Ergebnissen vorangehenden Unterrichtes. Es wird mit den Kindern gearbeitet worden sein - Sie werden das Ergebnis davon schon vorfinden im Schluß, Urteil, Begriff. Sie werden ja aus den Kindern das Wissen wieder heraufholen müssen, denn Sie können nicht mit jedem Kinde von neuem beginnen. Wir haben ja das Eigentümliche, daß wir die Schule nicht von unten aufbauen können, sondern gleich mit acht Klassen beginnen. Sie werden also präparierte Kinderseelen vorfinden und werden in der Methode in den allerersten Zeiten darauf Rücksicht nehmen müssen, daß Sie möglichst wenig die Kinder damit plagen, fertige Schlüsse aus dem Gedächtnis herauszuholen. Sind diese fertigen Schlüsse zu stark in die Seelen der Kinder gelegt, dann lasse man sie lieber unten liegen und bemühe sich, das gegenwärtige Leben des Kindes im Schließen leben zu lassen.

Das Urteil entwickelt sich ja zunächst auch, selbstverständlich, im vollwachenden Leben. Aber das Urteil kann schon hinuntersteigen in die Untergründe der menschlichen Seele, da, wo die Seele träumt. Der Schluß sollte nicht einmal in die träumende Seele hinunterziehen, sondern nur das Urteil kann in die träumende Seele hinunterziehen. Also alles, was wir uns als Urteil über die Welt bilden, zieht in die träumende Seele hinunter.

Ja, was ist denn diese träumende Seele eigentlich? Sie ist mehr das Gefühlsmäßige, wie wir gelernt haben. Wenn wir also im Leben Urteile gefällt haben und dann über die Urteilsfällung hinweggehen und das Leben weiterführen, so tragen wir unsere Urteile durch die Welt; aber wir tragen sie im Gefühl durch die Welt. Das heißt aber weiter: das Urteilen wird in uns eine Art Gewohnheit. Sie bilden die Seelengewohnheiten des Kindes aus durch die Art, wie Sie die Kinder urteilen lehren. Dessen müssen Sie sich durchaus bewußt sein. Denn der Ausdruck des Urteils im Leben ist der Satz, und mit jedem Satze, den Sie zu dem Kinde sprechen, tragen Sie ein Atom hinzu zu den Seelengewohnheiten des Kindes. Daher sollte der ja Autorität besitzende Lehrer sich immer bewußt sein, daß das, was er spricht, haften werde an den Seelengewohnheiten des Kindes.

Und kommen wir vom Urteil zum Begriff, so müssen wir uns gestehen: was wir als Begriff ausbilden, das steigt hinunter bis in die tiefste Tiefe des Menschenwesens, geistig betrachtet, steigt hinunter bis in die schlafende Seele. Der Begriff steigt hinunter bis in die schlafende Seele, und dies ist die Seele, die fortwährend am Leibe arbeitet. Die wachende Seele arbeitet nicht am Leibe. Ein wenig arbeitet die träumende Seele am Leibe; sie erzeugt das, was in seinen gewohnten Gebärden liegt. Aber die schlafende Seele wirkt bis in die Formen des Leibes hinein. Indem Sie Begriffe bilden, das heißt, indem Sie Ergebnisse der Urteile bei den Menschen feststellen, wirken Sie bis in die schlafende Seele oder, mit anderen Worten, bis in den Leib des Menschen hinein. Nun ist ja der Mensch in hohem Grade dem Leibe nach fertig gebildet, indem er geboren wird, und die Seele hat nur die Möglichkeit, das, was durch die Vererbungsströmung den Menschen überliefert wird, feiner auszubilden. Aber sie bildet es feiner aus. Wir gehen durch die Welt und schauen uns Menschen an. Diese Menschen treten uns entgegen mit ganz bestimmten Gesichtsphysiognomien. Was ist in diesen Gesichtsphysiognomien enthalten? Es ist in ihnen unter anderem enthalten das Ergebnis aller Begriffe, welche die Lehrer und Erzieher während der Kindheit in den Menschen hineingebracht haben. Aus dem Gesicht des reifen Menschen strahlt uns wieder das entgegen, was an Begriffen in die Kinderseele hineingegossen ist, denn die schlafende Seele hat die Physiognomie des Menschen unter anderem auch nach den feststehenden Begriffen gebildet. Hier sehen wir die Macht des Erzieherischen und Unterrichtlichen von uns auf den Menschen. Seinen Siegelabdruck bekommt der Mensch bis in den Leib hinein durch das Begriffebilden." (Lit.: GA 293, S. 134ff)

Gestaltendes Denken

„Es gibt eben zwei Arten, sich Gedanken zu bilden. Die eine Art ist die zergliedernde, die unterscheidende, die gerade in der Naturwissenschaft heute eine so große Rolle spielt, wo man unterscheidet, sorgfältig unterscheidet. Sie finden das gerade in der Naturwissenschaft tonangebend. Alles, was in der Naturwissenschaft gesagt, geschrieben, getan wird, steht unter dem Einfluß der zergliedernden Denkweise, der unterscheidenden Denkweise. Man sucht stramme Definitionen. Und wenn einer heute etwas sagt, so nagelt man ihn an stramme Definitionen. Stramme Definitionen sind aber nichts weiter als Unterscheidungen der Sachen, die man definiert, von andern Sachen. Diese Denkweise ist eine Art von Maske, der sich insbesondere gern bedienen die Geister, die heute uns zerreißen möchten, die in diesem Kampfe drinnenstehen. Trivial könnte man sagen: Eine große Anzahl derjenigen Menschen, die die gegenwärtige Kriegskatastrophe herbeigeführt haben, und derjenigen, die noch drinnenstehen in dem, was die Folgen sind, sind eigentlich verrückt. Aber das ist, wie gesagt, nur etwas Triviales. Um was es sich da handelt, ist, daß man versteht, wodurch ihre Persönlichkeiten zerrissen werden. Von dieser Denkweise, zu der einen Zugang haben die verschiedenen, den Menschen auseinanderreißenden Mächte, muß man klar unterscheiden die andere, die in der Geisteswissenschaft allein angewendet wird. Sie ist eine ganz andere Vorstellungsart, eine ganz andere Denkweise. Sie ist, im Gegensatz zu der zergliedernden, eine gestaltende Denkweise. Sehen Sie genauer zu, verfolgen Sie, was ich versuche in den verschiedenen Büchern über Geisteswissenschaft auszuführen, so werden Sie sich sagen: Nicht so sehr liegt der Unterschied in dem, was mitgeteilt wird - das kann man so oder so beurteilen -, aber aufmerksam sollte man werden, daß die ganze Art der Eingliederung der ganzen Welt, die ganze Art der Vorstellungen eine andere ist. Diese ist gestaltend, sie gibt abgeschlossene Bildheiten, sie versucht Konturen und durch Konturen Farben zu geben. Das werden Sie durch die ganze Darstellung hindurch verfolgen können: sie hat nicht das Zergliedernde, welches die ganze heutige Wissenschaft hat. Dieser Unterschied des Wie muß hervorgehoben werden ebenso wie der Unterschied des Was. Also es gibt eine gestaltende Denkweise, die insbesondere ausgebildet wird und die den Zweck hat, in die übersinnlichen Welten hineinzuführen. Wenn Sie zum Beispiel das Buch nehmen «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», wo ein solcher Weg in die übersinnlichen Welten vorgezeichnet wird, so werden Sie finden, daß darin alles, was die Gedanken und Vorstellungen in Anspruch nimmt, auf gestaltendes Denken veranlagt ist.

Das ist etwas, was für die Gegenwart notwendig ist. Denn das gestaltende Denken hat eine ganz bestimmte Eigenschaft. Wenn Sie zergliedernd denken, wenn Sie so denken, wie der heutige Naturforscher denkt, dann denken Sie ebenso wie gewisse Geister der ahrimanischen Welt, und daher können diese ahrimanischen Geister in Ihre Seele hereindringen. Wenn Sie aber das gestaltende Denken nehmen, das metamorphosierte Denken, ich könnte auch sagen das Goethesche Denken, wie es sich zum Beispiel darstellt in der Gestaltung unserer Säulen und Kapitale und so weiter, wenn Sie dieses gestaltende Denken nehmen, das auch in all den Büchern beachtet ist, die ich versuchte in die Geisteswissenschaft hineinzustellen, so ist dieses Denken eng an den Menschen gebunden. So gestaltend, wie der Mensch mit dem Denken in sich selber wirkt, vermögen es keine andern Wesen als diejenigen, die mit der normalen Menschheitsentwickelung zusammenhängen. Das ist das Eigentümliche. Dadurch können Sie nie auf falsche Wege kommen, wenn Sie sich durch die Geisteswissenschaft auf gestaltendes Denken einlassen. Da können Sie niemals sich verlieren an die verschiedenen geistigen Wesenheiten, die Einfluß gewinnen wollen auf Sie. Die gehen natürlich durchaus durch Ihre Wesenheit hindurch. Aber sobald Sie gestaltend denken, sobald Sie sich bemühen, nicht bloß zu spintisieren und zu unterscheiden, sondern so zu denken, wie es wirklich diese moderne Geisteswissenschaft will, so bleiben Sie in sich, so können Sie nicht das Gefühl der bloßen Ausgehöhltheit haben. Deshalb betont man, wenn man auf dem Standpunkt unserer Geisteswissenschaft steht, so häufig den Christus-Impuls, weil der Christus-Impuls in der geraden Linie des gestaltenden Denkens Hegt. Die Evangelien kann man auch nicht verstehen, wenn man sie bloß zergliedert. Was dabei herauskommt, hat gerade die moderne protestantische Theologie gezeigt. Die zergliedert, aber es ist ihr auch alles entfallen, und es ist gar nichts mehr geblieben. Diejenigen Zyklen, die von den Evangelien handeln, die verfolgen den entgegengesetzten Weg. Sie bauen etwas auf, was gestaltet wird, um durch diese neuen Gestaltungen zum Verstehen der alten Evangelien vorzurücken. Es braucht heute tatsächlich - das ist gar nicht übertrieben - jemand nichts anderes, als sich an die Vorstellungsart, an die Denkweise dieser Geisteswissenschaft zu halten, dann können ihm diejenigen dämonischen Wesenheiten, die als Begleiterscheinungen der Geister der Persönlichkeit hereinrollen mit der neuen Welle, nichts anhaben. Daher sehen Sie, was es eigentlich für ein großer Schaden für die Menschheit ist, wenn sie sich sträubt, geisteswissenschaftlich zu denken.“ (Lit.:GA 187, S. 176ff)

Die inhaltvolle Tätigkeit des Denkens

Die Tätigkeit des Denkens ist eine inhaltvolle. Sie liefert kein ideelles Abbild der Wahrnehmungswelt, sondern offenbart deren innere Gesetzmäßigkeit, die der unmittelbaren Wahrnehmung verborgen bleibt. Die Wahrnehmung zeigt uns gleichsam die Welt von ihrer Außenseite, durch das Denken treten wir in ihr Innerstes ein. Die begriffliche Seite der Welt ist uns, wie Rudolf Steiner sagt, durch Intuition gegeben.

"Am tiefsten eingewurzelt in das naive Menschheitsbewusstsein ist die Meinung: das Denken sei abstrakt, ohne allen konkreten Inhalt. Es könne höchstens ein «ideelles» Gegenbild der Welteinheit liefern, nicht etwa diese selbst.

Wer so urteilt, hat sich niemals klar gemacht, was die Wahrnehmung ohne den Begriff ist. Sehen wir uns nur diese Welt der Wahrnehmung an: als ein bloßes Nebeneinander im Raum und Nacheinander in der Zeit, ein Aggregat zusammenhangloser Einzelheiten erscheint sie. Keines der Dinge, die da auftreten und abgehen auf der Wahrnehmungsbühne, hat mit dem andern unmittelbar etwas zu tun, was sich wahrnehmen lässt. Die Welt ist da eine Mannigfaltigkeit von gleichwertigen Gegenständen. Keiner spielt eine größere Rolle als der andere im Getriebe der Welt. Soll uns klar werden, dass diese oder jene Tatsache größere Bedeutung hat als die andere, so müssen wir unser Denken befragen. Ohne das funktionierende Denken erscheint uns das rudimentäre Organ des Tieres, das ohne Bedeutung für dessen Leben ist, gleichwertig mit dem wichtigsten Körpergliede. Die einzelnen Tatsachen treten in ihrer Bedeutung in sich und für die übrigen Teile der Welt erst hervor, wenn das Denken seine Fäden zieht von Wesen zu Wesen. Diese Tätigkeit des Denkens ist eine inhaltvolle. Denn nur durch einen ganz bestimmten konkreten Inhalt kann ich wissen, warum die Schnecke auf einer niedrigeren Organisationsstufe steht als der Löwe. Der bloße Anblick, die Wahrnehmung gibt mir keinen Inhalt, der mich über die Vollkommenheit der Organisation belehren könnte.

Diesen Inhalt bringt das Denken der Wahrnehmung aus der Begriffs- und Ideenwelt des Menschen entgegen. Im Gegensatz zum Wahrnehmungsinhalte, der uns von außen gegeben ist, erscheint der Gedankeninhalt im Innern. Die Form, in der er zunächst auftritt, wollen wir als Intuition bezeichnen. Sie ist für das Denken, was die Beobachtung für die Wahrnehmung ist. Intuition und Beobachtung sind die Quellen unserer Erkenntnis. Wir stehen einem beobachteten Dinge der Welt so lange fremd gegenüber, so lange wir in unserem Innern nicht die entsprechende Intuition haben, die uns das in der Wahrnehmung fehlende Stück der Wirklichkeit ergänzt. Wer nicht die Fähigkeit hat, die den Dingen entsprechenden Intuitionen zu finden, dem bleibt die volle Wirklichkeit verschlossen. Wie der Farbenblinde nur Helligkeitsunterschiede ohne Farbenqualitäten sieht, so kann der Intuitionslose nur unzusammenhängende Wahrnehmungsfragmente beobachten." (Lit.: GA 4, S. 94)

Farbwahrnehmung und Denken

"Der Grieche erlebte den Gedanken als etwas Wahrgenommenes, nicht als etwas aktiv Ausgebildetes. Und daher waren die Griechen eigentlich nicht ein nachdenkliches Volk in dem Sinne, wie wir es sind. Nachdenklich sind die Menschen eigentlich erst geworden seit der Mitte des 15. Jahrhunderts. Der Denkprozeß hat sich verinnerlicht. Er hat sich verinnerlicht gleichzeitig mit dem Gang des Sinnesprozesses. Die Griechen sahen, ich möchte sagen mehr auf den aktiven Teil des Spektrums hin, auf die rote, die warme Seite des Spektrums; sie empfanden nur undeutlich die kalte, blaue Seite des Spektrums. Und wir haben heute ganz gewiß eine ganz andere Vorstellung von der roten und warmen Seite des Spektrums, wir sehen es viel mehr gegen das Grüne hin verschoben als die Griechen, die es über unser äußerstes Rot hinaus noch sensitiv verfolgten. Es war das griechische Spektrum ganz nach der roten Seite verschoben. Die Griechen sahen daher auch den Regenbogen anders als wir. Und dadurch, daß wir mehr nach der anderen Seite des Spektrums hin unsere Sensitivität verschoben haben, dadurch wenden wir gewissermaßen unsere Aufmerksamkeit dem Dunklen zu, und das ist schon etwas wie das Eingehen in eine Art von Dämmerung. Da wird man nachdenklich." (Lit.: GA 73a, S. 69)

Das Denken als geistiges Wahrnehmungsorgan

Hauptartikel: Begriffswahrnehmung

Im eigentlichen Sinn ist das Denken ein Auffassungsorgan, ein Wahrnehmungsorgan für Begriffe und Ideen. Darauf hat Rudolf Steiner schon in seinen Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung hingewiesen. Die Tätigkeit des Denkens besteht darin, Begriffe und Ideen im menschlichen Bewusstsein zur Erscheinung zu bringen. Es dient also der Ideenwahrnehmung bzw. Begriffswahrnehmung.

„Wer dem Denken seine über die Sinnesauffassung hinausgehende Wahrnehmungsfähigkeit zuerkennt, der muss ihm notgedrungen auch Objekte zuerkennen, die über die bloße sinnenfällige Wirklichkeit hinaus liegen. Die Objekte des Denkens sind aber die Ideen. Indem sich das Denken der Idee bemächtigt, verschmilzt es mit dem Urgrunde des Weltendaseins; das, was außen wirkt, tritt in den Geist des Menschen ein: er wird mit der objektiven Wirklichkeit auf ihrer höchsten Potenz eins. Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit ist die wahre Kommunion des Menschen.

Das Denken hat den Ideen gegenüber dieselbe Bedeutung wie das Auge dem Lichte, das Ohr dem Ton gegenüber. Es ist Organ der Auffassung.

Diese Ansicht ist in der Lage, zwei Dinge zu vereinigen, die man heute für völlig unvereinbar hält: empirische Methode und Idealismus als wissenschaftliche Weltansicht. Man glaubt, die Anerkennung der ersteren habe die Abweisung des letzteren im Gefolge. Das ist durchaus nicht richtig. Wenn man freilich die Sinne für die einzigen Auffassungsorgane einer objektiven Wirklichkeit hält, so muss man zu dieser Ansicht kommen. Denn die Sinne liefern bloß solche Zusammenhänge der Dinge, die sich auf mechanische Gesetze zurückführen lassen. Und damit wäre die mechanische Weltansicht als die einzig wahre Gestalt einer solchen gegeben. Dabei begeht man den Fehler, dass man die andern ebenso objektiven Bestandteile der Wirklichkeit, die sich auf mechanische Gesetze nicht zurückführen lassen, einfach übersieht. Das objektiv Gegebene deckt sich durchaus nicht mit dem sinnlich Gegebenen, wie die mechanische Weltauffassung glaubt. Das letztere ist nur die Hälfte des Gegebenen. Die andere Hälfte desselben sind die Ideen, die ebenso Gegenstand der Erfahrung sind, freilich einer höheren, deren Organ das Denken ist. Auch die Ideen sind für eine induktive Methode erreichbar.“ (Lit.:GA 1, S. 125f)

„Wer weiß, daß der Mensch bei jedem Gedanken einen göttlichen Strom in sich einströmen läßt, wer sich dessen bewußt ist, der erhält als Folgeerscheinung die Gabe der höheren Erkenntnis. Wer weiß, daß Erkenntnis Kommunion ist, der weiß auch, daß sie nichts anderes ist, als dasjenige, was sich symbolisiert in dem Abendmahl.“ (Lit.:GA 266a, S. 48)

"Wenn die Welt bloß von Sinnenwesen bewohnt wäre, so bliebe ihr Wesen (ihr ideeller Inhalt) stets im Verborgenen; die Gesetze würden zwar die Weltprozesse beherrschen, aber sie kämen nicht zur Erscheinung. Soll das letztere sein, so muß zwischen Erscheinungsform und Gesetz ein Wesen treten, dem sowohl Organe gegeben sind, durch die es jene sinnenfällige, von den Gesetzen abhängige Wirklichkeitsform wahrnimmt, als auch das Vermögen, die Gesetzlichkeit selbst wahrzunehmen. Von der einen Seite muß an ein solches Wesen die Sinnenwelt, von der anderen das ideelle Wesen derselben herantreten, und es muß in eigener Tätigkeit diese beiden Wirklichkeitsfaktoren verbinden.

Hier sieht man wohl ganz klar, daß unser Geist nicht wie ein Behälter der Ideenwelt anzusehen ist, der die Gedanken in sich enthält, sondern wie ein Organ, das dieselben wahrnimmt. Er ist gerade so Organ des Auffassens wie Auge und Ohr. Der Gedanke verhält sich zu unserem Geiste nicht anders wie das Licht zum Auge, der Ton zum Ohr. Es fällt gewiß niemandem ein, die Farbe wie etwas anzusehen, das sich dem Auge als Bleibendes einprägt, das gleichsam haften bleibt an demselben. Beim Geiste ist diese Ansicht sogar die vorherrschende. Im Bewußtsein soll sich von jedem Dinge ein Gedanke bilden, der dann in demselben verbleibt, um aus demselben je nach Bedarf hervorgeholt zu werden. Man hat darauf eine eigene Theorie gegründet, als wenn die Gedanken, deren wir uns im Momente nicht bewußt sind, zwar in unserem Geiste aufbewahrt seien; nur liegen sie unter der Schwelle des Bewußtseins.

Diese abenteuerlichen Ansichten zerfließen sofort in nichts, wenn man bedenkt, daß die Ideenwelt doch eine aus sich heraus bestimmte ist. Was hat dieser durch sich selbst bestimmte Inhalt mit der Vielheit der Bewußtseine zu tun? Man wird doch nicht annehmen, daß er sich in unbestimmter Vielheit so bestimmt, daß immer der eine Teilinhalt von dem andern unabhängig ist! Die Sache liegt ja ganz klar. Der Gedankeninhalt ist ein solcher, daß nur überhaupt ein geistiges Organ notwendig ist zu seiner Erscheinung, daß aber die Zahl der mit diesem Organe begabten Wesen gleichgültig ist. Es können also unbestimmt viele geistbegabte Individuen dem einen Gedankeninhalte gegenüberstehen. Der Geist nimmt also den Gedankengehalt der Welt wahr, wie ein Auffassungsorgan. Es gibt nur einen Gedankeninhalt der Welt. Unser Bewußtsein ist nicht die Fähigkeit, Gedanken zu erzeugen und aufzubewahren, wie man so vielfach glaubt, sondern die Gedanken (Ideen) wahrzunehmen. Goethe hat dies [so] vortrefflich mit den Worten ausgedrückt: «Die Idee ist ewig und einzig; daß wir auch den Plural brauchen, ist nicht wohlgetan. Alles, was wir gewahr werden und wovon wir reden können, sind nur Manifestationen der Idee; Begriffe sprechen wir aus, und insofern ist die Idee selbst ein Begriff.»" (Lit.: GA 2, S. 77f)

„Was als Wahrnehmung auftritt, das muß der Mensch auf seinem Lebenswege schlechterdings erwarten. Es könnte sich nur fragen: darf aus dem Gesichtspunkte, der sich bloß aus dem intuitiv erlebten Denken ergibt, berechtigt erwartet werden, daß der Mensch außer dem Sinnlichen auch Geistiges wahrnehmen könne? Dies darf erwartet werden. Denn, wenn auch einerseits das intuitiv erlebte Denken ein im Menschengeiste sich vollziehender tätiger Vorgang ist, so ist es andererseits zugleich eine geistige, ohne sinnliches Organ erfaßte Wahrnehmung. Es ist eine Wahrnehmung, in der der Wahrnehmende selbst tätig ist, und es ist eine Selbstbetätigung, die zugleich wahrgenommen wird. Im intuitiv erlebten Denken ist der Mensch in eine geistige Welt auch als Wahrnehmender versetzt. Was ihm innerhalb dieser Welt als Wahrnehmung so entgegentritt wie die geistige Welt seines eigenen Denkens, das erkennt der Mensch als geistige Wahrnehmungswelt. Zu dem Denken hätte diese Wahrnehmungswelt dasselbe Verhältnis wie nach der Sinnenseite hin die sinnliche Wahrnehmungswelt. Die geistige Wahrnehmungswelt kann dem Menschen, sobald er sie erlebt, nichts Fremdes sein, weil er im intuitiven Denken schon ein Erlebnis hat, das rein geistigen Charakter trägt. Von einer solchen geistigen Wahrnehmungswelt sprechen eine Anzahl der von mir nach diesem Buche veröffentlichten Schriften. Diese «Philosophie der Freiheit» ist die philosophische Grundlegung für diese späteren Schriften.“ (Lit.:GA 4, S. 256)

Phänomenologie des Denkens

Wie sich die Begriffe miteinander verbinden, hängt von keinen äußeren Faktoren ab, sondern wird allein durch den Inhalt der Begriffe selbst bestimmt. Das ist selbst dann der Fall, wenn wir uns der Wahrnehmung gegenüber unrichtige Begriffe gebildet haben. Wie wir diese miteinander in Beziehung setzen, hängt doch nur von ihrer inhaltlichen Bestimmung ab.

"Was in den übrigen Beobachtungssphären nur auf mittelbare Weise gefunden werden kann: der sachlich-entsprechende Zusammenhang und das Verhältnis der einzelnen Gegenstände, das wissen wir beim Denken auf ganz unmittelbare Weise. Warum für meine Beobachtung der Donner auf den Blitz folgt, weiß ich nicht ohne weiteres; warum mein Denken den Begriff Donner mit dem des Blitzes verbindet, weiß ich unmittelbar aus den Inhalten der beiden Begriffe. Es kommt natürlich gar nicht darauf an, ob ich die richtigen Begriffe von Blitz und Donner habe. Der Zusammenhang derer, die ich habe, ist mir klar, und zwar durch sie selbst.

Diese durchsichtige Klarheit in bezug auf den Denkprozess ist ganz unabhängig von unserer Kenntnis der physiologischen Grundlagen des Denkens. Ich spreche hier von dem Denken, insofern es sich aus der Beobachtung unserer geistigen Tätigkeit ergibt. Wie ein materieller Vorgang meines Gehirns einen andern veranlasst oder beeinflusst, während ich eine Gedankenoperation ausführe, kommt dabei gar nicht in Betracht. Was ich am Denken beobachte, ist nicht: welcher Vorgang in meinem Gehirne den Begriff des Blitzes mit dem des Donners verbindet, sondern, was mich veranlasst, die beiden Begriffe in ein bestimmtes Verhältnis zu bringen. Meine Beobachtung ergibt, dass mir für meine Gedankenverbindungen nichts vorliegt, nach dem ich mich richte, als der Inhalt meiner Gedanken; nicht nach den materiellen Vorgängen in meinem Gehirn richte ich mich. Für ein weniger materialistisches Zeitalter als das unsrige wäre diese Bemerkung natürlich vollständig überflüssig. Gegenwärtig aber, wo es Leute gibt, die glauben: wenn wir wissen, was Materie ist, werden wir auch wissen, wie die Materie denkt, muss doch gesagt werden, dass man vom Denken reden kann, ohne sogleich mit der Gehirnphysiologie in Kollision zu treten." (Lit.: GA 4, S. 44)

Wir müssen daher das Denken durch eine reine Phänomenologie des Denkens charakterisieren, ohne auf außerhalb des Denkens liegende Faktoren, wie etwa Gehirnvorgänge, zurückzugreifen. Eine solche Phänomenologie des Denkens, die sich ausschließlich auf die Beobachtung des Denkens gründet, hat Rudolf Steiner im ersten Teil seiner Philosophie der Freiheit gegeben. Das heißt nicht, dass nicht leibliche Faktoren am Zustandekommen des Denkens beteiligt sind; sie sind sogar sehr wesentlich beteiligt, aber sie tragen beim gesunden Menschen inhaltlich nichts zum Denken bei. Sofern die Leibestätigkeit ihren Schatten in den Inhalt des Denkens wirft, liegt eine pathologische Störung der Leibestätigkeit vor, die sich als wahnhafte inhaltliche Denkstörung äußert.

Anthroposophie ist nach Rudolf Steiner ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall fürhren möchte. Indem wir unser Denken beobachten, beobachten wir unsere eigene geistige Tätigkeit. Die Beobachtung des Denkens kann damit zu einem fruchtbaren Ausgangspunkt des anthroposophischen Erkenntnisstrebens werden:

"Der Mensch erlebt in sich das, was wir den Gedanken nennen können, und in dem Gedanken kann sich der Mensch als etwas unmittelbar Tätiges, als etwas, was seine Tätigkeit überschauen kann, erfühlen. Wenn wir irgendein äußeres Ding betrachten, zum Beispiel eine Rose oder einen Stein, und wir stellen dieses äußere Ding vor, so kann jemand mit Recht sagen: Du kannst niemals eigentlich wissen, wieviel du in dem Steine oder in der Rose, indem du sie vorstellst, von dem Ding, von der Pflanze, eigentlich hast. Du siehst die Rose, ihre äußere Röte, ihre Form, wie sie in einzelne Blumenblätter abgeteilt ist, du siehst den Stein mit seiner Farbe, mit seinen verschiedenen Ecken, aber du mußt dir immer sagen: Da kann noch etwas drinnenstecken, was dir nicht nach außen hin erscheint. Du weißt nicht, wieviel du in deiner Vorstellung von dem Steine, von der Rose eigentlich hast.

Wenn aber jemand einen Gedanken hat, dann ist er es selber, der diesen Gedanken macht. Man möchte sagen, in jeder Faser dieses seines Gedankens ist er drinnen. Daher ist er für den ganzen Gedanken ein Teilnehmer seiner Tätigkeit. Er weiß: Was in dem Gedanken ist, das habe ich so in den Gedanken hineingedacht, und was ich nicht in den Gedanken hineingedacht habe, das kann auch nicht in ihm drinnen sein. Ich überschaue den Gedanken. Keiner kann behaupten, wenn ich einen Gedanken vorstelle, da könnte in dem Gedanken noch so und so viel anderes drinnen sein wie in der Rose und in dem Stein; denn ich habe ja selber den Gedanken erzeugt, bin in ihm gegenwärtig, weiß also, was drinnen ist.

Wirklich, der Gedanke ist unser Ureigenstes. Finden wir die Beziehung des Gedankens zum Kosmos, zum Weltall, dann finden wir die Beziehung unseres Ureigensten zum Kosmos, zum Weltall... Das also, was eben gesagt worden ist, verspricht uns, daß der Mensch, wenn er sich an das hält, was er im Gedanken hat, eine intime Beziehung seines Wesens zum Weltall, zum Kosmos, finden kann." (Lit.: GA 151, S. 9f)

Denken und Bewusstsein

Das menschliche Bewusstsein ist der Ort, wo Begriff und Wahrnehmung im Erkenntnisakt miteinander verbunden werden:

"Nun ist es am Platze, von dem Denken auf das denkende Wesen überzugehen. Denn durch dieses wird das Denken mit der Beobachtung verbunden. Das menschliche Bewusstsein ist der Schauplatz, wo Begriff und Beobachtung einander begegnen und wo sie miteinander verknüpft werden. Dadurch ist aber dieses (menschliche) Bewusstsein zugleich charakterisiert. Es ist der Vermittler zwischen Denken und Beobachtung. Insofern der Mensch einen Gegenstand beobachtet, erscheint ihm dieser als gegeben, insofern er denkt, erscheint er sich selbst als tätig. Er betrachtet den Gegenstand als Objekt, sich selbst als das denkende Subjekt. Weil er sein Denken auf die Beobachtung richtet, hat er Bewusstsein von den Objekten; weil er sein Denken auf sich richtet, hat er Bewusstsein seiner selbst oder Selbstbewusstsein. Das menschliche Bewusstsein muss notwendig zugleich Selbstbewusstsein sein, weil es denkendes Bewusstsein ist. Denn wenn das Denken den Blick auf seine eigene Tätigkeit richtet, dann hat es seine ureigene Wesenheit, also sein Subjekt, als Objekt zum Gegenstande." (Lit.: GA 4, S. 59)

Das Denken ist die bewussteste aller Seelentätigkeiten

Das Denken, insofern wir es aktiv willentlich ausführen, ist die bewussteste unserer Seelentätigkeiten. Dabei muss aber dieses aktive Denken deutlich von dem bloßen „Gedankenhaben“ unterscheiden, das auftritt, wenn Gedanken unwillkürlich und dadurch auch mehr oder weniger traumartig unser Bewusstsein durchziehen. Das auf das aktive Denken gegründete Bewusstsein ist zugleich notwendig Selbstbewusstsein, weil es untrennbar mit dem Wissen um die eigene geistige Tätigkeit verbunden ist. Wesentlich weniger wach ist bereits die Sinneswahrnehmung, an die wir in der Regel viel passiver hingegeben sind, denn an wie vielen Dingen gehen wir tagein tagaus mit offenen Augen vorbei und haben sie doch nicht bewusst gesehen. Die Wahrnehmung, sofern sie nicht vom denkenden Bewusstein durchdrungen wird, hat bereits einen traumartigen Charakter. Noch stärker ist das bei den Gefühlen der Fall. Und den Willen, sofern er nicht voll und ganz vom Denken durchdrungen ist und sich in diesem als Denkwille, d.h. als bewusst gewolltes Denken äußert, verschlafen wir vollkommen. Denn davon, wie ein Willensimpuls den Körper ergreift und in Bewegung setzt, haben wir normalerweise nicht das geringste Bewusstsein.

"Es gibt für uns Menschen überhaupt nichts, worinnen wir so ganz gegenwärtig sind, wie unsere Ideen, Ideale und Vorstellungsmassen. In ihnen leben und weben wir. Wenn wir im Dunkeln, in lautloser Stille sind, so daß wir gar keine Sinneseindrücke haben, was ist das, wessen wir uns da ganz und voll bewußt sind? Unsere Gedanken und Ideen. Nach diesen kommt dann alles, was ich durch die Sinne wahrnehme. Dieses habe ich gegeben, wenn ich meine Sinnesorgane der Außenwelt gegenüber offen und empfänglich halte. Außer Ideen, Idealen und Sinneseindrücken ist mir aber nichts gegeben. Alles übrige könnte nur erschlossen, d. h. auf Grund der Sinneseindrücke und Ideen als bestehend angenommen werden." (Lit.: Beiträge 063, S. 26)

Das Denken ist keine bloß subjektive Tätigkeit

Man würde fehlgehen, wenn man das Denken als bloß subjektive Tätigkeit auffassen wollte, wie es einem beliebten Vorurteil entspricht, denn erst durch das Denken selbst definieren wir uns als Subjekt, das sich den Objekten gegenübergestellt sieht. Das Denken ist also weder subjektiv noch objektiv, sondern über den von ihm selbst hervorgebrachten Gegensatz von Subjekt und Objekt erhaben:

"Nun darf aber nicht übersehen werden, dass wir uns nur mit Hilfe des Denkens als Subjekt bestimmen und uns den Objekten entgegensetzen können. Deshalb darf das Denken niemals als eine bloß subjektive Tätigkeit aufgefasst werden. Das Denken ist jenseits von Subjekt und Objekt. Es bildet diese beiden Begriffe ebenso wie alle anderen. Wenn wir als denkendes Subjekt also den Begriff auf ein Objekt beziehen, so dürfen wir diese Beziehung nicht als etwas bloß Subjektives auffassen. Nicht das Subjekt ist es, welches die Beziehung herbeiführt, sondern das Denken. Das Subjekt denkt nicht deshalb, weil es Subjekt ist; sondern es erscheint sich als ein Subjekt, weil es zu denken vermag. Die Tätigkeit, die der Mensch als denkendes Wesen ausübt, ist also keine bloß subjektive, sondern eine solche, die weder subjektiv noch objektiv ist, eine über diese beiden Begriffe hinausgehende. Ich darf niemals sagen, dass mein individuelles Subjekt denkt; dieses lebt vielmehr selbst von des Denkens Gnaden. Das Denken ist somit ein Element, das mich über mein Selbst hinausführt und mit den Objekten verbindet. Aber es trennt mich zugleich von ihnen, indem es mich ihnen als Subjekt gegenüberstellt." (Lit.: GA 4, S. 60)

Über die Stellung des Denkens in der Welt

Das Denken gilt gemeinhin heute als etwas, was in den Köpfen der Menschen entsteht. In den menschlichen Hirnen, so meint man, werden die Gedankennetze gewoben, die wir der Welt überwerfen, um die wechselnden Erscheinungen in eine gewisse widerspruchsfreie Ordnung zu bringen. An die wahre Wirklichkeit kämen wir so freilich nicht heran, die „Dinge an sich“ im Sinne Kants blieben uns unzugänglich, sie lägen jenseits unserer intellektuellen Erkenntnisfähigkeit. Für das diskursive Denken trifft das auch zu. Im Grunde betreiben wir so eine etwas sonderbare Form von spekulativer Metaphysik. Letztlich können wir nur mehr oder weniger gut begründete Vermutungen über die Wirklichkeit anstellen und müssen es der weiteren Erfahrung überlassen, ob unsere Theorien etwas taugen oder widerlegt werden – und tatsächlich werden sie sehr häufig durch die Praxis widerlegt, falsifiziert, um mit Karl Popper zu sprechen. Alles so gewonnene Wissen bleibt letztlich bloße Hypothese. Eine endgültige Verifikation ist auf diesem Weg nicht möglich.

Man kann die Sache aber probeweise auch ganz anders betrachten. Dazu gilt es zunächst, ein ganz spezifisches, starkes Gefühl dem Denken gegenüber zu entwickeln. Auf die Schulung dieses energischen Gefühls kommt zunächst alles an; man darf das nicht leichtfertig nehmen, indem man es bloß verstandesmäßig anerkennt, sondern muss sich konsequent erziehen, bis es zu einer tiefen gefühlsmäßigen Überzeugung wird. Und dieses Gefühl ist folgendes: Das Denken ist etwas, was tief in der Wirklichkeit verwurzelt ist, und nicht bloß etwas, das unseren Köpfen entspringt. Liegt der Wirklichkeit nicht das Denken zugrunde, dann macht es keinen Sinn, gedanklich etwas über die Welt erfahren zu wollen. Man kann Gedanken nur dort herausholen, wo sie auch drinnen sind. Freilich ist dieses Denken, das in der Welt waltet, etwas ganz anderes als das, was wir in unserem denkenden Bewusstsein erleben. Was unseren Hirnen entspringt, sind kraftlose blasse gedankliche Schemen; das Denken in der Wirklichkeit ist eine reale gestaltende Naturkraft. Wir kennen dieses Denken zunächst nicht, aber es lassen sich Wege finden, durch die sich in unserem Denken ein klares und deutliches Abbild dieses Weltendenkens formt, so dass ersteres schließlich zu einem Wahrnehmungsorgan für das Weltendenken wird. Wenn es gelingt, vereinigen wir uns im Denken mit der wahren Wirklichkeit, und dann gilt der Ausspruch, den Rudolf Steiner schon in jungen Jahren so getan hat:

„Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit ist die wahre Kommunion des Menschen.“ (Lit.:GA 1, S. 126)

Dieses Weltendenken, dieses kosmische Denken wird von Michael verwaltet. Und im michaelischen Sinne denken lernen heißt, sich zum Wahrnehmungsorgan für dieses kosmische Denken zu machen.

Die Realität der Gedanken im Weltenäther

Die realen Gedanken, die auch unser Gehirn aufbauen, leben im Weltenäther.

"Wo sind diese Gedanken? Nun sehen Sie, wir sind umgeben von der physischen Welt. Aber auch von der ätherischen Welt, aus der ja unmittelbar, bevor wir heruntersteigen zu unserer physischen Inkarnation, der menschliche Ätherleib genommen wird. Der menschliche Ätherleib wird ja aus dem allgemeinen Weltenäther genommen, der durchaus überall vorhanden ist. Nun, dieser Weltenäther, meine lieben Freunde, der ist in Wirklichkeit der Träger der Gedanken. Dieser Weltenäther, den alle gemeinsam haben, er ist der Träger der Gedanken, da sind die Gedanken darinnen, da sind jene lebendigen Gedanken eben darinnen, von denen ich Ihnen immer gesprochen habe auch in anthroposophischen Vorträgen, daß der Mensch ihrer teilhaftig ist im vorirdischen Leben, bevor er auf die Erde heruntersteigt. Das alles, was überhaupt an solchen Gedanken vorhanden ist, ist im lebendigen Zustande im Weltenäther darinnen und wird niemals entnommen aus dem Weltenäther im Leben zwischen Geburt und Tod, niemals, sondern alles, was der Mensch an lebendigem Gedankenvorrat in sich enthält, empfängt er dann in dem Augenblick, wo er aus der geistigen Welt heruntersteigt, also sein eigenes lebendiges Gedankenelement verläßt, wenn er heruntersteigt und sich seinen Ätherleib bildet. Dadrinnen sind noch die lebendigen Gedanken, in dem, was am Menschen bildet und organisiert.

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Tafel 1 (GA 317)

Wenn ich also das Schema von gestern noch einmal mache (siehe Tafel 2, Mitte), wenn Sie hier den Menschen sehen, wenn wir hier das symptomatische Seelenleben, Denken, Fühlen, Wollen haben, wenn wir dahinter haben das Seelenleben, das wirkliche Seelenleben, so haben wir einen Teil des wirklichen Seelenlebens in den Gedanken. - Und diese Gedanken, die wir aus dem allgemeinen Weltenäther herausnehmen, die bilden uns vorzugsweise unser Gehirn und im weiteren Sinne unser Nerven-Sinnessystem. Das ist das lebendige Denken, das bildet uns das Gehirn zum Abbauorgan, zu dem Organ, das gewissermaßen in folgender Art die Materie behandelt.

Wenn wir hinausschauen auf die Umgebung, da haben wir die Substanz des Irdischen um uns herum, in ihren verschiedenen Prozessen und Wirkungsarten. Diese Prozesse, die da in der Natur leben, die werden stufenweise abgebaut von der Tätigkeit des lebendigen Denkens, so daß fortwährend hier (siehe Tafel 2) abgebaut wird, das heißt, die Prozesse gestoppt werden, die die Naturprozesse sind. Also im Gehirn wird der Anfang damit gemacht, daß die Naturprozesse gestoppt werden und die Materie fortwährend in Absonderung herausfällt. Die herausgefallene Materie, die also ausgeschiedene und unbrauchbar gewordene Materie: das sind die Nerven. Und diese Nerven bekommen dadurch, daß sie in dieser Weise vom lebendigen Denken bearbeitet werden, bekommen dadurch, daß sie fortwährend ertötet werden, eine Fähigkeit, die der Spiegelungsfähigkeit ähnlich ist. Dadurch bekommen sie die Fähigkeit, daß sich durch sie die Gedanken des umliegenden Äthers spiegeln, und dadurch entsteht das subjektive Denken, das oberflächliche Denken, das nur in Spiegelbildern besteht, das wir in uns tragen zwischen Geburt und Tod. Wir werden also dadurch, daß wir das lebendige Denken in uns wirkend tragen, fähig gemacht, der Welt unser Sinnes- und Nervensystem entgegenzustellen, die Eindrücke, die im umliegenden Äther leben, in Spiegelbildern zu erzeugen und in unser Bewußtsein zu schmeißen. So daß also dieses Denken und Vorstellen des oberflächlichen Seelenlebens nichts anderes ist, als der Reflex der im Weltenäther lebenden Gedanken.

Nun, wenn Sie sich selber mit Ihrem Spiegelbild vergleichen, so werden Sie darauf kommen, daß Sie etwas anderes sind als das Spiegelbild. Ebenso können Sie die Gedanken mit ihren Spiegelbildern vergleichen und bekommen dadurch das tote Denken, wie das Spiegelbild tot ist Ihnen gegenüber, der Sie als Lebender vor dem Spiegelbild stehen. Es kann ein verzerrter, ein unlogischer, ein verrückter Gedanke niemals im Weltenäther vorhanden sein. Die Gedanken aber, welche das gewöhnliche, das oberflächliche Seelenleben enthält, sind ja nur die Spiegelungen der Gedanken im Weltenäther. Woher kann nun ein verrückter, ein querköpfiger Gedanke kommen? Dadurch, daß der Spiegel, all dasjenige, was da entstanden ist im Aufbau des Gehirns, nicht in Ordnung ist. Also handelt es sich darum, daß wir in richtiger Weise den Weg zurückfinden von den verzerrten Gedanken zu dem, was im menschlichen Gehirn beziehungsweise im Sinnes-Nervensystem eigentlich wirkt, was der Mensch sich aufgebaut hat aus dem wirklichen lebendigen Gedankenleben heraus. Daraus ersehen Sie, daß es sich eigentlich ungeheuer stark darum handeln wird, daß wir von dem Bewußtsein ausgehen: an den Gedankeninhalt selber, an die eigentlichen Gedanken können wir gar nicht herankommen, denn die sind ja im Weltenäther in ihrer absoluten Richtigkeit vorhanden." (Lit.: GA 317, S. 29ff)

Die leibliche Grundlage des Denkens

Aus anthroposophischer Sicht besitzt der Mensch nicht nur einen physischen Leib, sondern verfügt auch über höhere, übersinnliche leibliche Wesensglieder, die als Ätherleib und Astralleib bezeichnet werden. In gewissem Sinn zählt sogar unser niederes Ich zu diesen übersinnlichen Leibesgliedern. Wie wir oben gesehen haben, tragen die Leibesglieder des Menschen inhaltlich nichts zum Denken bei. Man kann und muss daher den geistigen Inhalt des Denken verstehen, ohne sie zu berücksichtigen. Welche Bedeutung sie für das Zustandekommen des Denkens haben, soll nun kurz umrissen werden.

Wir denken nicht mit dem Kopf

Es ist nicht der Kopf bzw. das Gehirn, das denkt, sondern dieses macht nur bewusst, was sonst unbewusst als weisheitsvolle Tätigkeit im restlichen Organismus waltet. Das geometrische, mechanistische und kausale Denken gründet sich namentlich darauf, dass die Gesetzmäßigkeiten der Knochenmechanik des Gliedmaßen-Systems ins Bewusstsein gehoben werden. Das Begreifen als Erkenntnisakt gründet sich auf das Ergreifen und Begreifen der äußeren Dinge mit der Hand.

„Es ist ein Vorurteil, daß wir mit dem Kopf denken. Das ist gar nicht wahr. Wir denken mit den Beinen und mit den Armen; und dasjenige, was in den Armen und Beinen vor sich geht, bei dem schaut der Kopf zu und nimmt es in den Bildern der Gedanken auf. Er würde niemals, ich habe Ihnen das schon gesagt bei dem Weihnachtskursus, das Gesetz des Winkels kennenlernen, wenn er nicht schreiten würde. Er würde niemals mechanische Gleichgewichtsgesetze kennenlernen, wenn er sie nicht durch seinen eigenen Schwerpunkt, den er im Unterbewußtsein herumführt, kennenlernen würde. Sobald man zu dem Astralleib hinunterkommt, der das alles im Unterbewußtsein verarbeitet, erscheint einem der Mensch, wenn er [auch] manchmal auf der physischen Welt ganz töricht ist, ungemein weise, weil das alles, was da zum Beispiel an Geometrie entwickelt wird im Gehen, im Sich-Fühlen, weil das alles, wenn ich mich des Paradoxons bedienen darf, durchaus gewußt wird im Unterbewußtsein und dann durch das Gehirn angeschaut wird.“ (Lit.:GA 316, S. 208f)

Alles, was das flüssige Element und insbesondere die Muskeltätigkeit betrifft, kann durch diese Art des Denkens nicht mehr erfasst werden, sondern bedarf bereits der imaginativen Erkenntnis. Der Luftmensch und die damit zusammenhängende Tätigkeit der inneren Organe erschließt sich erst der Inspiration und in den Wärmemenschen kann man bewusst nur durch Intuition eintauchen.

„Ja, sehen Sie, wenn Sie Gedanken anwenden, so müssen Sie auch die Gesetzmäßigkeiten anwenden, auf die der Gedanke kommt, das ist die mechanische Gesetzmäßigkeit. Sie müssen Statik und Dynamik anwenden. Das können Sie nur beim Knochensystem.“ (S. 92)

„In dem Augenblicke, wo man an das Muskelsystem herankommt, muß man eine ganz andere Erkenntnisart anwenden, das ist die Imagination, so daß man also sagen kann - nur repräsentativ, es sind überall Übergänge -, daß durch die Imagination begriffen wird das Muskelsystem.“ (S. 92f)

„Wenn wir nun aufsteigen von der Imagination zur Inspiration, dann kommen wir nun schon an den luftförmigen Menschen, an dasjenige, was im Menschen luftförmig ist. Und wir kommen, indem wir an die Inspiration herankommen, an eine Auffassungsweise, die sehr ähnlich ist dem Hören musikalischer Töne, Harmonien, Melodien, sehr ähnlich ist dem musikalischen Hören. Die Inspiration hat nichts mehr mit etwas Begriffsmäßigem zu tun, sondern mit etwas, was auch in der Auffassung eine Art Musikalisches ist. Das Musikalische muß nicht immer gehört werden, es kann auch, indem es geistig ist, empfunden werden. Aber im Grunde genommen hat alle Inspiration etwas Musikalisches. Nun ist das Eigentümliche hier vorhanden, daß die Form der menschlichen inneren Organe, derjenigen Organe, die eigentlich die werdende Organisation während des Lebens besorgen in der Ernährung, in der Atmung und so weiter, also die Organe, die dem zugrunde liegen, daß alle diese Organformen nicht erklärbar sind etwa aus irgendwelchen mechanischen Gesetzen. Aber nicht einmal imaginativ sind sie zu erklären. Es ist einfach ein Unding, ein Nonsens, wenn man die Form des Lungenorganes, des Leberorganes etwa nur erklären wollte aus Lageverhältnissen, wie da die Zellen liegen, oder aus Gewichtsverhältnissen. Versuchen Sie darüber nachzuforschen, ob das schon irgend jemandem gelungen ist, die Leber- oder Lungenform als Form zu erklären. Es ist niemandem gelungen. Denn diese Organe, die das werdende Leben während des Erdendaseins versorgen, die sind in ihren Anlagen trotzdem sehr früh vorhanden, wenn auch sehr stark metamorphosiert. Alle kommen sie heraus aus den Gestaltungskräften des Luftförmigen. Der heutige wissenschaftliche Mensch sagt: Luft ist Sauerstoff, Stickstoff, einiges andere ist darin, und das ist so eine mehr oder weniger gleichmäßige, nur durch innere mechanische Bewegung, die im Winde sich darstellt, differenzierte luftförmige Substanz. Aber solche Luft, wie sie heute der Physiker beschreibt, die gibt es nicht, sondern es gibt nur die konkrete Luft, die unsere Erde umgibt. Aber, meine lieben Freunde, die Luft, die unsere Erde umgibt, die ist überall durchdrungen von lauter Gestaltungskräften. Diese Gestaltungskräfte atmen wir mit der physischen Substanz der Luft ein. Wenn unsere Organe fertig sind, wenn wir eine fertige Lunge haben, dann geschieht das, daß die Gestaltungskräfte, die wir da einatmen mit der Substanz der Luft, sozusagen zusammenfallen mit der Form der Lunge, daß sie dann, wenn wir geboren sind, keine große Bedeutung mehr haben, nur zum Wachstum. Aber während der Embryonalzeit, während der physischen Absonderung von der Außenluft, da wirken zuerst durch den mütterlichen Leib die Gestaltungskräfte der Luft. Die bauen die Lunge auf, wie alle Organe des Menschen daraus auferbaut werden, mit Ausnahme der Muskeln und der Knochen. Alle inneren Organe, die das werdende Leben erhalten, sind auferbaut aus den gestaltenden Kräften der Luft. Was da geschieht, kann man vergleichen, aber es ist ein grober Vergleich, mit der Entstehung der Chladnischen Klangfiguren. Also Platten, die mit Staub belegt sind, werden an einem Punkt befestigt, mit dem Violinbogen in bestimmter Weise gestrichen, dann gestaltet sich dieser Staub in gewisse Formen, je nachdem man den Bogen ansetzt. Da werden aus den Gestaltungskräften, die man in der Luft hervorruft, die Staubfiguren gebildet. So werden aus den allgemeinen Gestaltungskräften der Luft die inneren Organe des Menschen gebildet. Die sind herausgebildet aus den Gestaltungskräften der Luft. Die Lunge ist tatsächlich aus den Atmungskräften gebildet, aber ebenso die andern Organe. Nur sind es die andern Organe mehr oder weniger auf Umwegen, während die Lunge direkt gebildet ist. Aber dies, was da vorliegt, daß die Organe des Menschen herausgebildet werden aus den sich gestaltenden Schwingungen der Luft, das ist nur durch Inspiration zu begreifen. Das, was sich herausgestaltet aus dem Luftförmigen, eben Geformtes, das ist in der Auffassung gleich dem Musikalischen, wie den Klangfiguren auch ein Musikalisches zugrunde liegt.“ (S. 93ff)

„Und steigen wir auf zur wahren Intuition, dann kommen wir zum Wärmemenschen, zu der Organisation, die innerlich differenzierter Wärmeraum ist. Ich habe nun das gesagt, daß man in der Wärme ja wirklich drinnen sich erlebt, daß man nicht ebenso wie dem Kohlenstoff, dem Stickstoff der Wärme gegenübersteht, sondern die Wärme ist da, die Wärme ist in einem, und man ist in der Wärme, indem man Wärme erlebt. Sie ist gerade dasjenige, was am intensivsten erlebt wird. Deshalb kann der heutige Mensch nicht leugnen, daß er Wärme erlebt, während er keine Ahnung davon hat, daß er Luft, Wasser, Erde erlebt. Er hat keine Ahnung davon, weil er da herausgewachsen ist. Aber das Erleben der Wärme ist eben unmittelbar die Anwendung der Intuition auf den menschlichen Organismus, nur muß man jetzt nicht bloß im Groben, wie man das für den Tagesgebrauch nötig hat, sondern in Differenzierung die Wärme erleben, die sehr fein ausdifferenziert ist in den Formen der Organe selber. Wenn man durch Intuition diesen Wärmeorganismus durch den ganzen Körper betrachten kann, kommt man durch diese Erkenntnisart zum Verstehen nun nicht der inneren Organe, sondern der Tätigkeit der inneren Organe. Die ganze Tätigkeit der inneren Organe muß begriffen werden durch Verstehen der Organisation im Wärmeäther. Alles übrige ist durchaus ungeeignet, ein Verständnis der Tätigkeit der Organe zu bringen. Die Anschauung, die intuitive Anschauung der Tätigkeit des Wärmeäthers, also der Wärmemensch, der ist es, der durch Intuition erkannt werden muß. Das heißt mit andern Worten, es genügt nicht, daß man bloß die Meinung habe, da ist physische Welt, man eignet sich Imagination, Inspiration, Intuition an, um in andere Welten zu kommen. Die andern Welten sind da. Die ätherische Welt ist dadurch da, daß der Mensch ein Muskelsystem hat, die astralische Welt ist dadurch da, daß der Mensch ein Organsystem hat, und die devachanische Welt, die Geisteswelt ist dadurch da, daß der Wärmemensch da ist. Das Geistige geht fortwährend unter uns herum. Es ist da. Der Mensch ist ja ein Geist, er ist nur angefüllt mit physischer Substanz, dieser Geist.“ (S. 97f)

Gedanke: Knochensystem = fester erdiger Mensch physischer Leib
Imagination: Muskelsystem = flüssiger wäßriger Mensch Ätherleib
Inspiration: Innenorgane = luftförmiger Mensch Astralleib
Intuition: Tätigkeit der Innenorgane = Wärme-Mensch Ich

Die Bedeutung des physischen Leibes und der Gehirnvorgänge für das Denken

Das Gehirn trägt zwar nichts zur inhaltlichen Bestimmung des Denkens bei, aber das Gehirn ist ein Spiegelungsapparat für das Denken, welcher uns das Denken in Form abstrakter Gedanken bewusst macht. Das Gehirn denkt zwar nicht, aber es macht uns die Gedanken bewusst, indem es die gedanklichen Ergebnisse unserer Denktätigkeit in das seelische Erleben hereinspiegelt. Derart dem physischen Leib eingeprägte Gedankenspuren sind später der Erinnerung zugänglich.

"Und da kommen wir darauf, daß sich dasjenige, was wir im engeren Sinne Denken, Vorstellen nennen, so wie der Mensch hier auf dem physischen Plan lebt, eigentlich abspielt im Ätherleib. Aber damit sich Gedanken bilden durch dieses Denken, durch dieses Vorstellen, ist der physische Leib notwendig, denn der physische Leib muß seine Eindrücke bekommen, wenn Gedanken hier im physischen Leben erinnerungsmäßig festgehalten werden sollen.

Der Vorgang ist also der: Wenn wir denken, so geht natürlich das Denken vom Ich aus, geht durch den astralischen Leib, aber es spielt sich dann hauptsächlich in den Bewegungen des Ätherleibes ab. Was wir immer denken, was wir vorstellen, spielt sich in den Bewegungen des Ätherleibes ab. Diese Bewegungen des Ätherleibes drücken sich förmlich ein in den physischen Leib. Das ist grob gesprochen, denn es handelt sich um viel feinere Vorgänge als um ein grobes Einprägen, aber man kann die Sache vergleichsweise so nennen. Und dadurch, daß diese Bewegungen des Ätherleibes in den physischen Leib eingeprägt werden, spielen sich für unser Bewußtsein die Gedanken ab, und dadurch auch erhalten sich die Gedanken in der Erinnerung. Gewissermaßen ist es so: Wenn wir einen Gedanken haben und den später einmal aus der Erinnerung hervorholen, so kommt bei dieser Arbeit des Sich-Erinnern-Wollens unser Ätherleib in Bewegung, und er paßt sich mit seinen Bewegungen dem physischen Leib an, und indem er hineinkommt in jene Eindrücke, die dieser Ätherleib bei dem entsprechenden Gedanken in den physischen Leib gemacht hat, kommt der Gedanke wieder herauf ins Bewußtsein. Also Erinnerung ist daran geknüpft, daß die Bewegungen des Ätherleibes sich in den physischen Leib einprägen können. Natürlich ist das Gedächtnis an den Ätherleib gebunden, aber der Ätherleib muß eine Art von Bewahrer seiner Bewegungen haben, damit im physischen Leben das Erinnern zustande kommen könne. Und so leben wir denn unser Leben zwischen Geburt und Tod, haben unsere Erlebnisse und erinnern uns unserer Erlebnisse, das heißt, es läuft unser Gedankenleben in uns ab. Im wachen Zustande haben wir immer mehr oder weniger dieses in unserem Inneren ablaufende Gedankenleben." (Lit.: GA 174b, S. 160f)

Umgekehrt wirkt das Denken auch sehr wesentlich auf den physischen Leib zurück. Nicht das Gehirn denkt, aber durch das Denken wird das Gehirn in seinen feineren Strukturen ausgeformt. Das ist bis ins hohe Alter der Fall, gilt aber ganz besonders für das heranwachsende Kind. Das Gehirn des kleinen Kindes ist weich und bildsam und in entscheidenden Bereichen noch wenig ausgeformt. Wesentliche Gehirnstrukturen werden erst durch das allmählich erwachende Denken des Kindes ausgestaltet.

Auch im Antlitz eines Menschen zeigen sich im Laufe der Jahre die Spuren seines Denkens. Ein Mensch, der ein reiches lebendiges Denken mit beweglichen Begriffen entwickelt hat, wird lebendigere, beweglichere Gesichtszüge zeigen als ein Mensch, der nur wenige tote Begriffe in sich aufgehäuft hat. Sein Gesicht wird verhältnismäßig starr und unpersönlich wirken, sein Gehirn wird steif und unbeweglich. Darin ist eine der wesenstlichsten Ursachen für die heute nicht so selten auftretende Alters-Demenz zu sehen. Der größte Schaden entsteht, wenn schon kleine Kinder mit abstrakten Begriffen überfordert werden.

Die drohende Materialisierung des Denkens

Durch den ahrimanischen Einfluss droht das Denken immer stärker an das physische Gehirn gebunden, d.h. immer mehr materialisiert zu werden, wodurch der Mensch zu einem bloßen Denkautomaten herabsinken und sein unsterblich Geistig-Seelisches verlieren würde.

"Man hat heute die Meinung, wenn man von Materialismus spricht, daß der Materialismus eine falsche Weltanschauung ist, daß er abzulehnen ist, weil er nicht richtig ist. So einfach verhält sich die Sache nicht. Der Mensch ist ein seelisch-geistiges Wesen, er ist ein leiblich-physisches Wesen. Aber das Leiblich-Physische ist ein getreues Abbild des Seelisch-Geistigen, insofern wir leben zwischen Geburt und Tod. Und wenn die Menschen so verphilistert sind in den materialistischen Gedanken, wie das geworden ist im Laufe des 19. Jahrhundertsund bis in die Gegenwart hinein, dann wird immer mehr das Leiblich- Physische ein Abdruck dieses Seelisch-Geistigen, das selbst in den materialistischen Impulsen lebt. Dann ist es nicht etwas Falsches, wenn man sagt, das Gehirn denkt, dann wird es richtig. Es werden durch das Fest-darin-Stecken im Materialismus nicht bloß Menschen erzeugt, die schlecht denken über das Leibliche, Seelische und Geistige, sondern es werden materiell denkende und materiell fühlende Menschen erzeugt. Das heißt, der Materialismus bewirkt, daß der Mensch ein Denkautomat wird, daß der Mensch ein Wesen wird, das als physisches Wesen denkt, fühlt und will. Und es ist nicht bloß die Aufgabe der Anthroposophie, an die Stelle einer falschen Weltanschauung eine richtige zu setzen — das ist eine theoretische Forderung —, das Wesen der Anthroposophie heute besteht darin, daß angestrebt wird nicht nur eine andere Idee, sondern eine Tat: das Geistig-Seelische wieder herauszureißen aus dem Leiblich-Physischen, den Menschen heraufzuheben in die Sphäre des Geistig-Seelischen, damit er nicht ein Denk-, Fühl- und Empfindungsautomat sei. Die Menschheit steht heute in der Gefahr — einiges soll auch morgen im Zweigvortrag angedeutet werden —, das Seelisch-Geistige zu verlieren." (Lit.: GA 300a, S. 163f)

Charakterisieren, nicht definieren, als Grundforderung der Pädagogik

"Denken Sie sich, Sie bilden Begriffe, und diese Begriffe sind tot. Dann impfen Sie den Menschen Begriffsleichname ein. Bis in seinen Leib hinein impfen Sie dem Menschen Begriffsleichname ein, wenn Sie ihm tote Begriffe einimpfen. Wie muß der Begriff sein, den wir dem Menschen beibringen? Er muß lebendig sein, wenn der Mensch mit ihm soll leben können. Der Mensch muß leben, also muß der Begriff mitleben können. Impfen Sie dem Kinde im neunten, zehnten Jahre Begriffe ein, die dazu bestimmt sind, daß sie der Mensch im dreißigsten, vierzigsten Jahre noch ebenso hat, dann impfen Sie ihm Begriffsleichname ein, denn der Begriff lebt dann nicht mit dem Menschen mit, wenn dieser sich entwickelt. Sie müssen dem Kinde solche Begriffe beibringen, die sich im Laufe des weiteren Lebens des Kindes umwandeln können. Der Erzieher muß darauf bedacht sein, solche Begriffe dem Kinde zu übermitteln, welche der Mensch dann im späteren Leben nicht mehr so hat, wie er sie einmal bekommen hat, sondern die sich selbst umwandeln im späteren Leben. Wenn Sie das machen, dann impfen Sie dem Kinde lebendige Begriffe ein. Und wann impfen Sie ihm tote Begriffe ein? Wenn Sie dem Kinde fortwährend Definitionen geben, wenn Sie sagen: Ein Löwe ist ... - und so weiter und das auswendig lernen lassen, dann impfen Sie ihm tote Begriffe ein; dann rechnen Sie damit, daß das Kind, wenn es dreißig Jahre ist, noch ganz genau so diese Begriffe hat, wie Sie sie ihm einmal beigebracht haben. Das heißt: das viele Definieren ist der Tod des lebendigen Unterrichtes. Was müssen wir also tun? Wir sollten im Unterricht nicht definieren, wir sollten versuchen zu charakterisieren. Wir charakterisieren, wenn wir die Dinge unter möglichst viele Gesichtspunkte stellen. Wenn wir einfach in der Naturgeschichte dem Kinde das beibringen, was zum Beispiel in den heutigen Naturgeschichten von den Tieren steht, so definieren wir ihm eigentlich nur das Tier. Wir müssen versuchen, in allen Gliedern des Unterrichtes das Tier von anderen Seiten aus zu charakterisieren, zum Beispiel von der Seite, wie die Menschen allmählich dazu gekommen sind, dieses Tier kennenzulernen, sich seiner Arbeit zu bedienen und so weiter. Aber schon ein rationell eingerichteter Unterricht selber wirkt charakterisierend, wenn Sie nicht einfach nur - wenn die betreffende Etappe des Unterrichtes gerade an der Reihe ist - naturgeschichtlich den Tintenfisch beschreiben, dann wieder, wenn es drankommt, die Maus, und dann wieder den Menschen, wenn es drankommt, sondern wenn Sie nebeneinanderstellen Tintenfisch, Maus und Menschen und diese aufeinander beziehen. Dann sind diese Beziehungen so vielgliedrig, daß nicht eine Definition herauskommt, sondern eine Charakteristik, Ein richtiger Unterricht arbeitet daher von vornherein nicht auf die Definition hin, sondern auf die Charakteristik." (Lit.: GA 293, S. 139)

Astralleib und Ich

Durch den Astralleib sind wir bewusste, durch unser Ich selbstbewusste geistige Wesen. Ohne Astralleib könnte uns das Denken nicht bewusst werden und ohne Ich könnten wir es nicht selbstbewusst ergreifen. Denken, Fühlen und Wollen wirken als seelische Erlebnisse im Astralleib und werden hier vom Ich aufgegriffen und geleitet.

Denken als Tätigkeit des Ätherleibs

"Dieses Denken ist eigentlich ein Vorgang unseres Ätherleibes. Und von dem, was eigentlich geschieht beim Denken, weiß der Mensch das Allerwenigste. Das Allerwenigste von dem, was geschieht in seinem Denken, begleitet der Mensch mit seinem Bewußtsein. Indem der Mensch denkt, weiß er ja einiges von dem, was er denkt. Aber unendlich viel mehr wird als begleitendes Denken entfaltet schon beim Tagesdenken. Und dazu kommt, daß wir in der Nacht, wenn wir schlafen, fortdenken. Es ist nicht wahr, daß das Denken mit dem Einschlafen aufhört und mit dem Aufwachen wieder anfängt. Das Denken dauert fort. Und unter den mancherlei Traumesvorgängen, Vorgängen des Traumlebens, sind auch diese, daß der Mensch beim Aufwachen mit seinem Ich und astralischen Leib in seinen Ätherleib und physischen Leib untertaucht. Da taucht er unter und kommt in ein Gewoge hinein, in ein webendes Leben, von dem er, wenn er nur ein wenig zuschaut, wissen kann: das sind webende Gedanken, da tauche ich unter wie in ein Meer, das nur aus webenden Gedanken besteht. Mancher hat schon beim Aufwachen dann sich gesagt: Wenn ich mich nur erinnern könnte, was ich da gedacht habe, das war etwas sehr Gescheites, das würde mir ungeheuer viel helfen, wenn ich es mir jetzt erinnern könnte! Das ist kein Irrtum. Da unten ist wirklich etwas wie ein wogendes Meer; das ist eben die wogende, webende, ätherische Welt, die nicht so bloß eine etwas dünnere Materie ist, wie es so gerne die englische Theosophie darstellt, sondern die webende Gedankenwelt selbst ist, wirklich Geistiges ist. Man taucht in eine webende Gedankenwelt unter.

Das, was wir als Menschen sind, ist wirklich viel gescheiter als das, was wir als bewußte Menschen sind. Da bleibt nichts übrig, als es zu gestehen. Es wäre auch traurig, wenn wir nicht unbewußt gescheiter wären, als wir bewußt sind, denn sonst könnten wir nichts tun, als uns in jedem Leben auf der gleichen Stufe der Gescheitheit zu wiederholen. Aber wir tragen in der Tat schon im gegenwärtigen Leben mit uns, was wir werden können im nächsten Leben; denn das wird die Frucht sein. Und würden wir wirklich immer imstande sein, das zu erhäschen, in das wir da untertauchen, so würden wir viel erhaschen von dem, was wir im nächsten Leben sein werden. Also da unten wogt es und webt es; da ist der Keim für unsere nächste Verkörperung, und das nehmen wir in uns auf. Daher das Prophetische des Traumlebens. Das Denken ist etwas ungeheuer Kompliziertes, und nur einen Teil von dem, was da im Denken vor sich geht, nimmt der Mensch in sein Bewußtsein auf. Denn im Gedanken geht vor sich, was einen Zeitenprozeß bedeutet. Indem wir wachen Sinnes wahrnehmen, sind wir zugleich kosmische Menschen. Unser Vorgang des Sehens bewirkt das Leuchten, da sind wir kosmische Raumesmenschen. Durch das, was im Denken sich vollzieht, sind wir kosmische Zeitenmenschen, da wirkt alles mit, was schon vor unserer Geburt geschehen ist, was nach unserem Tode geschieht und so weiter. So nehmen wir durch unser Denken am ganzen kosmischen Prozeß der Zeit teil, durch unser Sinneswahrnehmen am ganzen kosmischen Prozeß des Raumes. Und nur der irdische Prozeß des Sinneswahrnehmens ist für uns selber...

Sowie man dem Denken jene Abstraktheit abstreift, die es für unser Bewußtsein hat, und untertaucht in jenes Meer der webenden Gedankenwelt, kommt man in die Notwendigkeit, dadrinnen nicht nur solche abstrakte Gedanken zu haben wie der Erdenmensch, sondern dadrinnen Bilder zu haben. Denn aus Bildern ist alles geschaffen, Bilder sind die wahren Ursachen der Dinge, Bilder liegen hinter allem, was uns umgibt, und in diese Bilder tauchen wir ein, wenn wir in das Meer des Denkens eintauchen. Diese Bilder hat Plato gemeint, diese Bilder haben alle gemeint, die von geistigen Urgründen gesprochen haben, diese Bilder hat Goethe gemeint, wenn er von seiner Urpflanze sprach. Diese Bilder findet man im imaginativen Denken. Aber dieses imaginative Denken ist eine Wirklichkeit, und darin tauchen wir ein, wenn wir in das wogende, im Strom der Zeit dahingehende Denken eintauchen." (Lit.: GA 157, S. 296ff)

Denken und Bildekräftetätigkeit

„Man denkt, man stellt vor, und man hat das Bewußtsein, daß man durch die Gedanken, die man sich bildet, durch die Vorstellungen, die man erlebt, etwas erfährt von der Welt, daß man gewissermaßen etwas wissen lernt von der Welt, daß eben die Vorstellungen etwas abbilden von der Welt. Dieses Bewußtsein hat man. Jeder, der über die Straße geht, hat ja das Gefühl, daß ihm dadurch, daß er die Bäume und so weiter anschaut, Vorstellungen aufleben, und daß diese Vorstellungen innere Repräsentanten sind desjenigen, was er wahrnimmt, daß er also durch die Vorstellungen gewissermaßen die Welt der äußeren Wahrnehmungen in sich aufnimmt und sie dann weiterlebt, diese Wahrnehmungen.

Daß daneben der Gedanke, das Denken überhaupt noch etwas Wesentliches ist in unserem inneren Selbst, in unserem inneren Selbst als Menschen, daß wir etwas tun, indem wir denken, daß das eine innere Tätigkeit ist, dieses Denken, eine innere Arbeit, das bringt man sich in den seltensten Fällen, man kann schon sagen, eigentlich gar nicht innerhalb der europäischen Weltanschauung so recht zum Bewußtsein.

Ich habe einmal hier darauf aufmerksam gemacht, daß jeder Gedanke noch etwas wesentlich anderes ist als dasjenige, als was man ihn gewöhnlich anerkennt. Man erkennt ihn an als ein Abbild von etwas äußerlich Wahrnehmbarem. Aber man erkennt ihn nicht an als Formbildner, als Gestalter. Jeder Gedanke, der in uns auftaucht, ergreift gewissermaßen unser inneres Leben und hat Teil zunächst, so lange wir wachsen, an unserem ganzen Aufbauen als Menschen. Er hatte schon Anteil an unserem Aufbau, bevor wir überhaupt geboren worden sind, und gehört zu den bildenden Kräften unserer Natur. Er arbeitet immer weiter und er stellt immer wieder und wieder das her, was abstirbt in uns. Also es ist nicht nur so, daß wir außerhalb unsere Vorstellungen wahrnehmen, sondern wir arbeiten immer als denkende Wesen, wir arbeiten durch das, was wir vorstellen, immerfort neu an unserer Gestaltung und Bildung.

Geisteswissenschaftlich angesehen erscheint jeder Gedanke so ähnlich wie ein Kopf mit etwas wie einer Fortsetzung nach unten, so daß wir mit jedem Gedanken eigentlich in uns einschachteln etwas wie ein Schattenbild von uns selber; nicht ganz ähnlich mit uns, aber so ähnlich wie ein Schattenbild. Dieses Schattenbild von uns selber muß in uns hineingeschachtelt werden, denn es geht fortwährend von uns etwas verloren, etwas zugrunde; es bröckelt ab in Wirklichkeit. Und das, was so da der Gedanke in uns als Menschengestalt hineinschachtelt, das erhält uns überhaupt bis zu unserem Tode hin. Also der Gedanke ist zugleich eine richtige innere Tätigkeit, ein Bauen an uns selber.

Diese letztere Erkenntnis hat man innerhalb der abendländischen Weltanschauung fast gar nicht. Man verspürt nicht, man fühlt nicht in seinem Gemüte, wie einen der Gedanke ergreift, wie er sich wirklich in uns ausbreitet. Ein Mensch, der atmet, fühlt noch ab und zu, obwohl er meist jetzt auch darauf nicht mehr achtet, daß der Atem sich in ihm ausbreitet, daß der Atem etwas zu tun hat mit seinem Wiederaufbau, mit seiner Regeneration. So ist es auch mit dem Gedanken. Aber da fühlt es der europäische Mensch schon kaum mehr, daß der Gedanke eigentlich bestrebt ist, fortwährend Mensch zu werden oder, besser gesagt, Menschengestalt zu bilden. Ohne dies Erfühlen von solchen Kräften, die in uns sind, kommen wir aber kaum dazu, wirklich ein richtiges Verständnis, ein inneres Gefühls- und Lebensverständnis dessen zu gewinnen, was die Geisteswissenschaft will. Denn sie arbeitet eigentlich gar nicht in dem, was der Gedanke uns liefert, indem er ein Äußeres abbildet, sondern sie arbeitet in diesem Lebenselemente des Gedankens, in diesem fortwährenden Gestalten des Gedankens.

Es war schon seit Jahrhunderten deshalb, weil der europäischen Menschheit dieses zuletzt charakterisierte Bewußtsein immer mehr abhanden kam, recht schwierig, von Geisteswissenschaft zu sprechen, respektive verstanden zu werden, wenn man davon sprach. In der morgenländischen Weltanschauung ist dieses Gefühl, das ich eben ausgesprochen habe gegenüber dem Gedanken, in einem hohen Maße vorhanden. Es ist wirklich in einem hohen Maße vorhanden; mindestens ist das Bewußtsein vorhanden, daß man dieses Gefühl vom inneren Erleben des Gedankens suchen muß. Daher die Neigung der Morgenländer zum Meditieren; denn das Meditieren soll ja sein ein solches Sich-Hineinleben in die Gestaltungskräfte des Gedankens, soll werden ein Gewahrwerden des lebendigen Fühlens des Gedankens. Daß der Gedanke in uns etwas tut, sollte man gewahr werden während des Meditierens. Daher finden wir solche Aussprüche im Morgenlande wie: Im Meditieren Einswerden mit dem Brahma, mit dem Gestaltenden der Welt. Dieses Bewußtsein, daß man mit dem Gedanken, wenn man sich recht in ihn einlebt, nicht nur etwas in sich hat, nicht nur selber denkt, sondern sich einlebt in die Gestaltungskräfte der Welt, das wird in der morgenländischen Weltanschauung gesucht. Aber es ist erstarrt, erstarrt aus dem Grunde, weil die morgenländische Weltanschauung es versäumt hat, sich ein Verständnis anzueignen für das Mysterium von Golgatha.“ (Lit.:GA 162, S. 190ff)

Imaginatives Denken als erneuerte platonische Ideenschau

Wolfgang Pauli (1900-1958)

Ohne selbst über geisteswissenschaftliche Kenntnisse zu verfügen, kam der österreichische Quantenphysisker Wolfgang Pauli (1900 - 1958) aus seinen persönlichen Erfahrungen zu einer einer sehr präzisen Darstellung des imaginativen Denkens, das die Grundlage für unser abstraktes Denken bildet:

"Wenn man die vorbewusste Stufe der Begriffe analysiert, findet man immer Vorstellungen, die aus «symbolischen» Bildern mit im allgemeinen starkem emotionalen Gehalt bestehen. Die Vorstufe des Denkens ist ein malendes Schauen dieser inneren Bilder, deren Ursprung nicht allgemein und nicht in erster Linie auf Sinneswahrnehmungen ... zurückgeführt werden kann ...

Die archaische Einstellung ist aber auch die notwendige Voraussetzung und die Quelle der wissenschaftlichen Einstellung. Zu einer vollständigen Erkenntnis gehört auch diejenige der Bilder, aus denen die rationalen Begriffe gewachsen sind. ... Das Ordnende und Regulierende muss jenseits der Unterscheidung von «physisch» und «psychisch» gestellt werden - so wie Platos's «Ideen» etwas von Begriffen und auch etwas von «Naturkräften» haben (sie erzeugen von sich aus Wirkungen). Ich bin sehr dafür, dieses «0rdnende und Regulierende» «Archetypen» zu nennen; es wäre aber dann unzulässig, diese als psychische Inhalte zu definieren. Vielmehr sind die erwähnten inneren Bilder («Dominanten des kollektiven Unbewussten» nach Jung) die psychische Manifestation der Archetypen, die aber auch alles Naturgesetzliche im Verhalten der Körperwelt hervorbringen, erzeugen, bedingen müssten. Die Naturgesetze der Körperwelt wären dann die physikalische Manifestation der Archetypen. ... Es sollte dann jedes Naturgesetz eine Entsprechung innen haben und umgekehrt, wenn man auch heute das nicht immer unmittelbar sehen kann." (Lit.: Atmanspacher, S 219)

Immanuel Kant hielt einen solchen intellectus archetypus, der der unmittelbaren Anschauung der Urbilder fähig ist zwar prinzipiell für möglich, meinte jedoch, dass sich der Mensch niemals zu diesem erheben könne. Goethe dachte anders:

"Als ich die Kantische Lehre, wo nicht zu durchdringen, doch möglichst zu nutzen suchte, wollte mir manchmal dünken, der köstliche Mann verfahre schalkhaft ironisch, in dem er bald das Erkenntnisvermögen aufs engste einzuschränken bemüht schien, bald über die Grenzen, die er selbst gezogen hatte, mit einem Seitenwink hinausdeutete. Er mochte freilich bemerkt haben, wie anmaßend und naseweis der Mensch verfährt, wenn er behaglich, mit wenigen Erfahrungen ausgerüstet, sogleich unbesonnen abspricht und voreilig etwas festzusetzen, eine Grille, die ihm durchs Gehirn läuft, den Gegenständen aufzuheben trachtet. Deswegen beschränkt unser Meister seinen Denkenden auf eine reflektierende diskursive Urteilskraft, untersagt ihm eine bestimmende ganz und gar. Sodann aber, nachdem er uns genugsam in die Enge getrieben, ja zur Verzweiflung gebracht, entschließt er sich zu den liberalsten Äußerungen und überläßt uns, welchen Gebrauch wir von der Freiheit machen wollen, die er einigermaßen zugesteht. In diesem Sinne war mir folgende Stelle höchst bedeutend:

«Wir können uns einen Verstand denken, der, weil er nicht wie der unsrige diskursiv, sondern intuitiv ist, vom synthetisch Allgemeinen, der Anschauung eines Ganzen als eines solchen, zum Besondern geht, das ist, von dem Ganzen zu den Teilen: Hierbei ist gar nicht nötig zu beweisen, daß ein solcher intellectus archetypus möglich sei, sondern nur, daß wir in der Dagegenhaltung unseres diskursiven, der Bilder bedürftigen Verstandes (intellectus ectypus) und der Zufälligkeit einer solchen Beschaffenheit auf jene Idee eines intellectus archetypus geführt werden, diese auch keinen Widerspruch enthalte.» (Lit.: Kant, § 77)

Zwar scheint der Verfasser hier auf einen göttlichen Verstand zu deuten, allein wenn wir ja im sittlichen, durch Glauben an Gott, Tugend und Unsterblichkeit uns in eine obere Region erheben und an das erste Wesen annähern sollen: so dürft' es wohl im Intellektuellen derselbe Fall sein, daß wir uns, durch das Anschauen einer immer schaffenden Natur zur geistigen Teilnahme an ihren Produktionen würdig machten. Hatte ich doch erst unbewußt und aus innerem Trieb auf jenes Urbildliche, Typische rastlos gedrungen, war es mir sogar geglückt, eine naturgemäße Darstellung aufzubauen, so konnte mich nunmehr nichts weiter verhindern, das Abenteuer der Vernunft, wie es der Alte vom Königsberge selbst nennt, mutig zu bestehen." (Lit.: Goethe, Anschauende Urteilskraft)

Rudolf Steiner machte aber auch deutlich, dass diese Art des imaginativen Denkens, die geistige Wahrnehmung der Urbilder, zeitweise in den Hintergrund treten musste, damit sich der Mensch im abstrakten bildlosen Intellekt zum selbstständigen Denken emporringen konnte. Die Reste des alten Hellsehens, das in der platonischen Ideenschau noch nachwirkte, mussten zunächst verblassen:

"Die alte Zeit hat noch Überbleibsel gehabt vom alten Hellsehen, durch das in uralter Zeit die Menschen hineingeschaut haben in die geistige Welt, wo sie wirklich gesehen haben, wie es der Mensch tut, wenn er mit Ich und astralischem Leib draußen ist aus dem physischen und Ätherleib und im Kosmos draußen. Da würde der Mensch nie zur vollen Freiheit gekommen sein, zur Individualität; Unselbständigkeit wäre eingetreten, wenn es beim alten Hellsehen geblieben wäre. Der Mensch mußte das alte Hellsehen verlieren; er mußte gleichsam Besitz ergreifen von seinem physischen Ich. Das Denken, das er entwickeln würde, wenn er das ganze Gewoge unter dem Bewußtsein sehen würde, das als Denken, Fühlen, Wollen dort vorhanden ist, das würde ein himmlisches Denken sein, aber nicht das selbständige Denken. Wie kommt der Mensch zu diesem selbständigen Denken? Nun, denken Sie sich, daß Sie in der Nacht schlafen, Sie liegen im Bette. Das heißt, im Bette liegt der physische Leib und Ätherleib. Nun kommen beim Aufwachen von außen das Ich und der astralische Leib herein. Da wird fortgedacht im Ätherleib. Da tauchen jetzt das Ich und der astralische Leib unter, die fassen nun zunächst den Ätherleib. Aber es dauert nicht lange, denn in diesem Augenblick kann aufblitzen jenes: Was habe ich da nur gedacht, was war das doch Gescheites? Aber der Mensch hat die Begierde, gleich auch den physischen Leib zu ergreifen, und in diesem Moment entschwindet das alles; jetzt ist der Mensch ganz in der Sphäre des Erdenlebens darinnen. Es kommt also daher, daß der Mensch gleich den Erdenleib ergreift, daß er das feine Gewoge des ätherischen Denkens sich nicht zum Bewußtsein bringen kann. Der Mensch muß eben, um das Bewußtsein entwickeln zu können «ich bin es, der da denkt», seinen Erdenleib als Instrument ergreifen, sonst würde er nicht das Bewußtsein haben «ich bin es, der da denkt», sondern «der mich beschützende Engel ist es, der da denkt». Dieses Bewußtsein «ich denke» ist nur möglich durch das Ergreifen des Erdenleibes. Darum ist es notwendig, daß im Erdenleben der Mensch befähigt wird zum Gebrauche seines Erdenleibes. In der nächsten Zeit wird er immer mehr und mehr durch das, was die Erde ihm gibt, diesen Erdenleib ergreifen müssen. Sein berechtigter Egoismus wird immer größer und größer werden. Dem muß eben das Gegengewicht geschaffen werden dadurch, daß man auf der anderen Seite die Erkenntnisse gewinnt, die die Geisteswissenschaft gibt. Im Ausgangspunkt dieser Zeit stehen wir." (Lit.: GA 157, S. 300f)

Heute ist die Zeit reif, um das imaginative Denken, das mit der platonischen Ideenschau verdämmerte, auf neuer, höherer Stufe mit voll entwickletem Selbstbewusstsein wiederzugewinnen.

Das Denken als keimhafter Beginn eines neuen Hellsehens

Im bewussten imaginativen Denken eröffnet sich ein erster Einblick in die geistige Welt. Das Denken wird zur Quelle eines erneuerten Hellsehens:

"Kein Mensch könnte eigentlich zu wirklichem Hellsehen kommen, wenn er nicht zunächst ein Winziges an Hellsehen in der Seele hätte. Wenn es wahr wäre, was ein allgemeiner Glaube ist, daß die Menschen, wie sie sind, nicht hellsichtig seien, dann könnten sie überhaupt nicht hellsichtig werden. Denn wie der Alchimist meint, daß man etwas Gold haben muß, um viele Mengen Goldes hervorzuzaubern, so muß man unbedingt etwas hellsehend schon sein, damit man dieses Hellsehen immer weiter und weiter ins Unbegrenzte hinein ausbilden kann.

Nun könnten Sie ja die Alternative aufstellen und sagen: Also glaubst du, daß wir schon alle hellsichtig sind, wenn auch nur ein Winziges, oder daß diejenigen unter uns, die nicht hellsichtig sind, es auch nie werden können? - Sehen Sie, darauf kommt es an, daß man versteht, daß der erste Fall der Alternative richtig ist: Es gibt wirklich keinen unter Ihnen, der nicht - wenn er sich dessen auch nicht bewußt ist - diesen Ausgangspunkt hätte. Sie haben ihn alle. Keiner von Ihnen ist in der Not, weil Sie alle ein gewisses Quantum Hellsehen haben. Und was ist dieses Quantum? Das ist dasjenige, was gewöhnlich gar nicht als Hellsehen geschätzt wird.

Verzeihen Sie einen etwas groben Vergleich: Wenn eine Perle am Wege liegt und ein Huhn findet sie, so schätzt das Huhn die Perle nicht besonders. Solche Hühner sind die modernen Menschen zumeist. Sie schätzen die Perle, die ganz offen daliegt, gar nicht, sie schätzen etwas ganz anderes, sie schätzen nämlich ihre Vorstellungen. Niemand könnte abstrakt denken, wirkliche Gedanken und Ideen haben, wenn er nicht hellsichtig wäre, denn in den gewöhnlichen Gedanken und Ideen ist die Perle der Hellsichtigkeit von allem Anfange an. Diese Gedanken und Ideen entstehen genau durch denselben Prozeß der Seele, durch den die höchsten Kräfte entstehen. Und es ist ungeheuer wichtig, daß man zunächst verstehen lernt, daß der Anfang der Hellsichtigkeit etwas ganz Alltägliches eigentlich ist: man muß nur die übersinnliche Natur der Begriffe und Ideen erfassen. Man muß sich klar sein, daß aus den übersinnlichen Welten die Begriffe und Ideen zu uns kommen, dann erst sieht man recht. Wenn ich Ihnen erzähle von Geistern der höheren Hierarchien, von den Seraphim, Cherubim, von den Thronen herunter bis zu den Archangeloi und Angeloi, so sind das Wesenheiten, die aus geistigen, höheren Welten zu der Menschenseele sprechen müssen. Aus eben diesen Welten kommen der Seele die Ideen und Begriffe, sie kommen geradezu in die Seele aus höheren Welten herein und nicht aus der Sinnenwelt.

Es wurde als ein großes Wort eines großen Aufklärers gehalten, das dieser gesagt hat im achtzehnten Jahrhundert: Mensch, erkühne dich, deiner Vernunft dich zu bedienen. - Heute muß ein größeres Wort in die Seelen klingen, das heißt: Mensch, erkühne dich, deine Begriffe und Ideen als die Anfänge deines Hellsehertums anzusprechen. - Das, was ich jetzt ausgesprochen habe, habe ich schon vor vielen Jahren ausgesprochen, ausgesprochen in aller Öffentlichkeit, nämlich in meinen Büchern «Wahrheit und Wissenschaft» und «Philosophie der Freiheit», wo ich gezeigt habe, daß die menschlichen Ideen aus übersinnlichem, geistigem Erkennen kommen...

Für den heutigen Menschen ist eines notwendig, wenn er zu einer innerlich erlebten Wahrheit kommen will. Wenn er wirklich einmal innerlich Wahrheit erleben will, dann muß der Mensch einmal durchgemacht haben das Gefühl der Vergänglichkeit aller äußeren Verwandlungen, dann muß der Mensch die Stimmung der unendlichen Trauer, der unendlichen Tragik und das Frohlocken der Seligkeit zugleich erlebt haben, erlebt haben den Hauch, den Vergänglichkeit aus den Dingen ausströmt. Er muß sein Interesse haben fesseln können an diesen Hauch des Werdens, des Entstehens und der Vergänglichkeit der Sinnenwelt. Dann muß der Mensch, wenn er höchsten Schmerz und höchste Seligkeit an der Außenwelt hat empfinden können, einmal so recht allein gewesen sein, allein gewesen sein nur mit seinen Begriffen und Ideen; dann muß er einmal empfunden haben: Ja, in diesen Begriffen und Ideen, da fassest du doch das Weltengeheimnis, das Weltgeschehen an einem Zipfel - derselbe Ausdruck, den ich einstmals gebraucht habe in meiner «Philosophie der Freiheit» -. Aber erleben muß man dieses, nicht bloß verstandesmäßig begreifen, und wenn man es erleben will, erlebt man es in völligster Einsamkeit.

Und man hat dann noch ein Nebengefühl. Auf der einen Seite erlebt man die Grandiosität der Ideenwelt, die sich ausspannt über das All, auf der anderen Seite erlebt man mit der tiefsten Bitternis, daß man sich trennen muß von Raum und Zeit, wenn man mit seinen Begriffen und Ideen Zusammensein will. Einsamkeit! Man erlebt die frostige Kälte. Und weiter enthüllt sich einem, daß die Ideenwelt sich jetzt wie in einem Punkte zusammengezogen hat, wie in einem Punkte dieser Einsamkeit. Man erlebt: Jetzt bist du mit ihr allein. - Man muß das erleben können. Man erlebt dann das Irrewerden an dieser Ideenwelt, ein Erlebnis, das einen tief aufwühlt in der Seele. Dann erlebt man es, daß man sich sagt: Vielleicht bist du das alles doch nur selber, vielleicht ist an diesen Gesetzen nur wahr, daß es lebt in dem Punkte deiner eigenen Einsamkeit. - Dann erlebt man, ins Unendliche vergrößert, alle Zweifel am Sein.

Wenn man dieses Erlebnis in seiner Ideenwelt hat, wenn sich aller Zweifel am Sein schmerzlich und bitter abgeladen hat auf die Seele, dann erst ist man im Grunde reif dazu, zu verstehen, wie es doch nicht die unendlichen Räume und die unendlichen Zeiten der physischen Welt sind, die einem die Ideen gegeben haben. Jetzt erst, nach dem bitteren Zweifel, öffnet man sich den Regionen des Spirituellen und weiß, daß der Zweifel berechtigt war, und wie er berechtigt war. Denn er mußte berechtigt sein, weil man geglaubt hat, daß die Ideen aus den Zeiten und Räumen in die Seele gekommen seien. Aber was empfindet man jetzt? Als was empfindet man die Ideenwelt, nachdem man sie erlebt hat aus den spirituellen Welten heraus? Jetzt fühlt man sich zum ersten Male inspiriert, jetzt beginnt man, während man früher wie einen Abgrund die unendliche Öde um sich ausgedehnt empfunden hat, jetzt beginnt man sich zu fühlen wie auf einem Felsen stehend, der aus dem Abgrunde emporwächst, und man fühlt sich so, daß man weiß: Jetzt bist du in Verbindung mit den geistigen Welten, diese und nicht die Sinnenwelt haben dich mit der Ideenwelt beschenkt." (Lit.: GA 146, S. 34ff)

Denken, Fühlen und Wollen und Luzifer und Ahriman

Denken, Fühlen und Wollen liegt eine einheitliche Seelentätigkeit zugrunde, nur macht die luziferische Tätigkeit das Wollen jung und die ahrimanische Tätigkeit das Denken alt. Im Fühlen stehen Luzifer und Ahriman im Kampf miteinender.

"Die luziferische Tätigkeit macht das Wollen jung. Unsere Seelentätigkeit, durchzogen von Luziferischem, ist Wollen. Wenn das Luziferische in unserer Seelentätigkeit überwiegt, wenn in unserer Seele nur Luzifer seine Kräfte geltend macht, so ist das Wollen. Luzifer wirkt verjüngend auf den Gesamtstrom unserer Seelentätigkeit. Wenn Ahriman dagegen hauptsächlich seine Wirkungen äußert in unserer Seelentätigkeit, dann verhärtet er unsere Seelentätigkeit, sie wird alt, und das ist das Denken. Dieses Denken, dieses Gedankenhaben ist gar nicht möglich im gewöhnlichen Leben, ohne daß in dem ätherischen Leibe Ahriman seine Kräfte entfaltet. Man kann im Seelenleben, insofern es sich im Ätherleibe äußert, nicht ohne Ahriman und Luzifer auskommen.

Zeichnung aus GA 158, S 134
Zeichnung aus GA 158, S 134

Würde Luzifer sich ganz zurückziehen von unserem ätherischen Leibe, dann würden wir kein luziferisches Feuer haben zum Wollen. Würde Ahriman sich ganz zurückziehen von unserem Seelenleben, dann würden wir niemals die Kühle des Denkens entwickeln können. In der Mitte von beiden ist eine Region, wo sie miteinander kämpfen. Hier durchdringen sie sich, Luzifer und Ahriman, hier spielen ihre Tätigkeiten ineinander. Das ist die Region des Fühlens. In der Tat, so erscheint der menschliche Ätherleib, daß man darinnen wahrnehmen kann das luziferische Licht und die ahrimanische Härte. Wenn man den menschlichen Ätherleib überblickt, so ist das natürlich nicht so angeordnet, wie hier (auf der Zeichnung) symbolisch, sondern da ist ein Durcheinander. Da sind Einschiebsel, in denen der Ätherleib undurchsichtig erscheint, so, wie wenn er, ich möchte sagen, Eiseinschläge hätte. Figuren treten im Ätherleibe auf, die man vergleichen kann mit Eisfiguren, wie sie auf Fensterscheiben erscheinen. Das sind die Verhärtungen in dem Ätherleibe. An solchen Stellen wird er undurchsichtig. Das sind aber die Auslebungen des Gedankenlebens im Ätherleibe. Dieses Gefrieren des Ätherleibes an gewissen Stellen rührt von Ahriman her, der seine Kräfte da hineinschickt durch das Denken.

Zeichnung aus GA 158, S 135
Zeichnung aus GA 158, S 135

An andern Stellen des Ätherleibes ist es so, als wenn er Vakuolen, ganz lichte Stellen in sich hätte, die durchsichtig sind, die glänzend, lichtglitzernd sind. Da sendet Luzifer seine Strahlen, seine Kräfte hinein, das sind die Willenszentren im Ätherleibe. Und in dem, was dazwischen liegt, wo gleichsam fortwährende Tätigkeit ist im Ätherleibe, ist es so, daß man sieht, hier ist eine harte Stelle, aber nun wird sie sogleich von einer solchen Lichtstelle gefaßt und aufgelöst. Ein fortwährendes Festwerden und Wiederauflösen. Das ist der Ausdruck der Gefühlstätigkeit im Ätherleibe." (Lit.: GA 158, S. 133ff)

Die praktische Ausbildung des Denkens

Rudolf Steiner hat eine Reihe einfacher Übungen gegeben, das Denken wirklichkeitsgemäßer auszubilden. (Lit.: GA 108, S. 256ff)

Zunächst muss man sich darüber klar werden, dass es nur dann Sinn macht, über die Welt nachzudenken, wenn diese auch nach Gedanken aufgebaut ist.

"Wer das richtige Gefühl erlangen will gegenüber dem Denken, der muß sich sagen: Wenn ich mir Gedanken machen kann über die Dinge, wenn ich durch Gedanken etwas ergründen kann über die Dinge, so müssen die Gedanken erst darinnen sein in den Dingen. Die Dinge müssen nach den Gedanken aufgebaut sein, nur dann kann ich die Gedanken auch herausholen aus den Dingen." (Lit.: GA 108, S. 259)

Eine erste Übung, um das eigenen Denken an der Wirklichkeit zu erziehen, kann man insbesondere Naturvorgängen gegenüber machen, deren innere Gesetzmäßigkeit man vorerst noch nicht überschauen kann. Man beobachtet beispielsweise die Witterung am Abend, die Wolkenkonfiguration, die Art, wie die Sonne untergegangen ist und hält diese Beobachtungen im Gedächtnis möglichst detailgetreu und bildhaft fest, der Abstraktion enthält man sich so weit als möglich. Am Morgen macht man sich wiederum ein deutliches Bild von den Witterungsverhältnissen, und so kann man das dann weiter fortsetzen. Auf jegliche Spekulation verzichtet man, aber man lässt immer wieder im seelischen Nacherleben die aufeinanderfolgenden Bilder ineinander übergehen. Man entwickelt dadurch „Anschauende Urteilskraft“, wie sie Goethe in hohem Maße zueigen war. Seine naturwissenschaftlichen Arbeiten, etwa seine Farbenlehre, seine Metamorphosenlehre oder seine Witterungslehre sind aus dieser denkenden Anschauung, aus diesem anschauenden Denken hervorgegangen.

Gegebenheiten gegenüber, die leichter zu durchschauen sind, soll man aber auch das kausale Denken schulen. Man beobachtet etwa einen Menschen bei dem, was er heute tut, und versucht darauf zu schließen, was er morgen als Folge dieser Handlungen vollbringen wird. Anfangs wird man dabei wahrscheinlich öfter danebenliegen, aber mit der Zeit wird das Urteil immer treffsicherer werden. Man kann die ganze Übung auch umgekehrt machen, indem aus dem heute Beobachteten auf die vorangegangenen Ursachen dafür schließt. Das macht allerdings nur Sinn, wenn es möglich ist, sich nachträglich über diese Ursachen zu informieren. Ähnliches tut man an sich tagtäglich, das ist gar nichts Ungewohntes, es gilt nur, das konsequenter und systematischer auszubilden.

Vielen Menschen fällt im rechten Moment nicht das Richtige ein. Das passiert besonders Menschen, die ihr Gedankenleben nicht recht in der Hand haben und gerne die Gedanken frei umherschweifen lassen. Man kann aber auch die Schlagfertigkeit des Denkens schulen. Immer, wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt, etwa wenn man auf den Bus wartet oder sonst wie eine Pause macht, rückt man ganz willkürlich einen völlig frei gewählten Gedanken egal welcher Art, es kann etwas ganz Banales sein, in den Mittelpunkt des Bewusstseins und versucht sich allein mit diesem zu beschäftigen und alle anderen Gedanken fernzuhalten. Man muss aber den Gedanken, auf den man sich derart konzentriert, wirklich völlig frei wählen, er soll sich nicht zwangsläufig aus den momentanen Lebensnotwendigkeiten ergeben. Je unscheinbarer und langweiliger das ist, worüber man so nachdenkt, desto fruchtbarer ist die Übungen; es sollen also ganz und gar nicht irgendwelche hochgestochenen philosophischen Erwägungen sein. Diese Übung zur Gedankenkontrolle ist so wichtig, dass Rudolf Steiner sie auch als erste der sogenannten Nebenübungen gegeben hat, die jede geistige Schulung begleiten müssen. Wir werden uns mit den weiteren Nebenübungen im Laufe dieser Vorträge noch näher beschäftigen, da sie allesamt einen ganz unmittelbaren lebenspraktischen Wert haben.

Wichtig ist auch die Schulung des Gedächtnisses. Man ist etwa gestern auf der Straße einem Bekannten begegnet, hat ihn kurz gegrüßt, und ist dann weiter gegangen. Man versucht sich nun heute ganz detailgetreu an diese Begegnung zu erinnern. Wie war er gekleidet, welche Farbe hatte das Gewand, trug er einen Hut? Man wird bald merken, dass man sich meist nur an wenige Details erinnern kann. Man versuche nun, sich die fehlenden Details durch die Phantasie möglichst bildhaft zu ergänzen. Auf die Bildhaftigkeit kommt dabei alles an. Man stellt ihn sich beispielsweise vor im dunklen zweireihigen Anzug, mit Krawatte und Hut am Kopf; die Wahrheit trifft man dadurch zwar nicht, aber man wird so die Aufmerksamkeit für künftige Beobachtungen schulen und das Gedächtnis wird nach und nach immer getreuer werden. Bildhaftigkeit ist dabei übrigens sehr allgemein aufzufassen; man kann auch versuchen, sich den Klang der Stimme und die genaue Wortwahl auszumalen, obwohl das meist noch schwieriger ist, als die bildhafte Erinnerung im engeren Sinn.

Besonders bedeutsam ist die Geduld, die man beim Denken aufbringt. Diese mangelt dem Intellekt meist sehr. Wir wollen sehr rasch zu einem Ergebnis unserer Überlegungen kommen. Besser ist es, sich zunächst mehrere sehr unterschiedliche Möglichkeiten auszumalen, wie man zu einer Lösung kommen könnte, und dann die Sache ruhen zu lassen. Am besten, man überschläft das Ganze, und kommt erst am nächsten Tag wieder darauf zurück. Bei sehr bedeutsamen Dingen kann die Frist, während der man des Denken darüber ruhen lässt, noch viel länger sein – das alles geht natürlich nur insoweit, als es die Lebensanforderungen zulassen, aber man soll es eben üben, so gut es geht. Entscheidungen, die man so trifft, werden sich stets als viel tiefer gegründet erweisen, als wenn man sie überhastet aus dem Augenblick heraus trifft. Später wird das allerdings auch dazu führen, dass man gegebenenfalls auch ganz spontan und unmittelbar sehr fundierte Entscheidungen treffen wird.

Derartige Denkübungen, verbunden mit einer gesteigerten Aufmerksamkeit, stärken den Ätherleib. Weitere Anregungen dazu hat Steiner in dem Vortrag "Nervosität und Ichheit" gegeben (Lit.: GA 143, S. 9ff)

Rückwärtsdenken

Hauptartikel: Rückwärtsdenken

Eine besonders fruchtbare Übung, die Steiner häufig empfohlen hat, ist das Rückwärtsdenken. Man versucht sich dabei einen konkret gegebenen äußeren Vorgang möglichst detailreich Schritt für Schritt entgegen dem äußeren Zeitverlauf von hinten nach vorne vorzustellen. Man beginnt z.B. bei einem Drama mit dem Ende des 5. Aktes und geht dann weiter zurück durch alle Akte bis zum Anfang. Man reißt sich dadurch los vom äußeren Zeitstrom und taucht ein in den Astralstrom, der uns aus der Zukunft entgegenkommt. Das erfordert gegenüber dem gewohnten Erleben eine erhöhte Aufmerksamkeit und steigert dadurch das Bewusstsein und damit auch das Gedächtnis.

"Wenn Sie es aber systematisch betreiben würden, den umgekehrten Strom des Lebens zu erleben, dann folgen Sie dem Astralstrom. Zum Beispiel, wenn Sie des Abends versuchen, die Dinge in um gekehrter Richtung zu verfolgen, wenn Sie etwa das Vaterunser rückwärts denken. Dann folgen Sie nicht dem gewöhnlichen Ich-strom, der dadurch lebt, daß das Ich den Ätherleib ausfüllt, sondern dem entgegengesetzten Strom. Die Folge ist, daß Sie sich aus der astralischen Strömung Kräfte einverleiben. Das ist eine außer ordentlich gute Übung für die Kräftigung der Erinnerungsfähigkeit, für die Stärkung des Gedächtnisses." (Lit.: GA 115, S. 232)

Literatur

  1. H. Atmanspacher, H. Primas, E. Wertenschlag-Birkhäuser (Hrsg.), Der Pauli-Jung-Dialog, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1995
  2. Johann Wolfgang von Goethe: Maximen und Reflexionen, Goethe-BA Bd. 18, S 528
  3. Johann Wolfgang von Goethe: Anschauende Urteilskraft
  4. Immanuel Kant: Kritik der reinen Urteilskraft
  5. Jürgen Strube: Die Beobachtung des Denkens: Rudolf Steiners 'Philosophie der Freiheit' als Weg zur Bildekräfte-Erkenntnis, 3. Auflage, Verlag für Anthroposophie 2017, ISBN 978-3037690239
  6. Renatus Ziegler: Intuition und Ich-Erfahrung: Erkenntnis und Freiheit zwischen Gegenwart und Ewigkeit, Verlag Freies Geistesleben 2006, ISBN 978-3772517853
  7. Renatus Ziegler: Dimensionen des Selbst: Eine philosophische Anthropologie, Verlag Freies Geistesleben 2013, ISBN 978-3772524974
  8. Rudolf Steiner: Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften, GA 1 (1987) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  9. Rudolf Steiner: Die Philosophie der Freiheit, GA 4 (1995) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  10. Rudolf Steiner: Drei Schritte der Anthroposophie. Philosophie – Kosmologie – Religion, GA 25 (1999), ISBN 3-7274-0252-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  11. Rudolf Steiner: Fachwissenschaften und Anthroposophie, GA 73a (2005), ISBN 3-7274-0735-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  12. Rudolf Steiner: Die befruchtende Wirkung der Anthroposophie auf die Fachwissenschaften, GA 76 (1977), ISBN 3-7274-0760-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  13. Rudolf Steiner: Die Beantwortung von Welt- und Lebensfragen durch Anthroposophie, GA 108 (1986) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  14. Rudolf Steiner: Anthroposophie – Psychosophie – Pneumatosophie, GA 115 (2001), ISBN 3-7274-1150-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  15. Rudolf Steiner: Erfahrungen des Übersinnlichen. Die drei Wege der Seele zu Christus, GA 143 (1994), ISBN 3-7274-1430-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  16. Rudolf Steiner: Die okkulten Grundlagen der Bhagavad Gita, GA 146 (1962), Zweiter Vortrag, Helsingfors, 29. Mai 1913 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  17. Rudolf Steiner: Der menschliche und der kosmische Gedanke, GA 151 (1980), Erster Vortrag, Berlin, 20. Januar 1914 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  18. Rudolf Steiner: Menschenschicksale und Völkerschicksale, GA 157 (1981), Vierzehnter Vortrag, Berlin, 6. Juli 1915 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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  20. Rudolf Steiner: Kunst- und Lebensfragen im Lichte der Geisteswissenschaft, GA 162 (2000), ISBN 3-7274-1620-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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  29. Rudolf Steiner: Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik, GA 293 (1992), Neunter Vortrag, Stuttgart, 30. August 1919 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  30. Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Sprachbetrachtungen, GA 299 (1981), ISBN 3-7274-2990-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  31. Rudolf Steiner: Konferenzen mit den Lehrern der Freien Waldorfschule 1919 bis 1924, GA 300 a-c (1995), ISBN 3-7274-3000-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  32. Rudolf Steiner: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heikunst, GA 316 (2003), ISBN 3-7274-3160-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  33. Rudolf Steiner: Heilpädagogischer Kurs, GA 317 (1995), ISBN 3-7274-3171-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  34. Rudolf Steiner: Vom Leben des Menschen und der Erde. Über das Wesen des Christentums, GA 349 (1980), ISBN 3-7274-3490-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  35. Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Heft 63: Rudolf Steiner über den Atomismus. Zwei Aufsätze aus dem Frühwerk Beiträge 063
  36. Joachim Stiller: Spirituelle Anthrolopologie PDF


Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einelnachweise

  1. Johannes Scotus Erigena, Ludwig Noack (Übers.): Über die Eintheilung der Natur, Verlag von L. Heimann, Berlin 1870, Zweite Abtheilung, S. 61ff [1]
  2. Johannes Scotus Erigena, Ludwig Noack (Übers.): Über die Eintheilung der Natur, Verlag von L. Heimann, Berlin 1870, Erste Abtheilung, S. 133f [2]
  3. Johannes Scotus Erigena, Ludwig Noack (Übers.): Über die Eintheilung der Natur, Verlag von L. Heimann, Berlin 1870, Erste Abtheilung, S. 63 [3]