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Ein '''Punkt''' ([[lat.]] ''punctum'' „Einstich“) ist ein ausdehnungsloses, d.h. [[nulldimensional]]es, in reiner Form nur [[Gedanke|gedanklich]] fassbares<ref>[[Real]]e Objekte haben stets eine gewisse [[dreidimensional]]e [[Raum|räumliche]] [[Ausdehnung]].</ref> [[Objekt]] und bildet als solches ein Grundelement der [[Geometrie]].
Die '''klinische Psychologie''' ist eine Teildisziplin der [[Angewandte Psychologie|angewandten Psychologie]]. Sie untersucht [[wissenschaft]]lich die biologischen, sozialen, entwicklungs- und verhaltensbezogenen sowie kognitiven und emotionalen Grundlagen [[Psychische Störung|psychischer Störungen]]. Auch die Auswirkungen dieser Störungen und anderer Erkrankungen (z.&nbsp;B. neurologischer Störungen, Krebs, chronischer Herzleiden) auf das Erleben und Verhalten sind ein Forschungsgegenstand.
 
Ursprünglich handelte es sich um die psychologischen Methoden der Diagnostik und Therapie, soweit sie im Rahmen der Klinik bzw. der Krankenhausbehandlung anwendbar sind (also der Arbeit von Diplom-Psychologen und vergleichbaren Personen in Kliniken sowie heilpädagogischen Einrichtungen).<ref>In den 1970er Jahren schrieb der [[Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen|BDP]] seine Mitglieder in Einrichtungen an und offerierte ihnen den Titel „Klinischer Psychologe“, wenn sie dafür 200 [[Deutsche Mark|DM]] überwiesen.</ref> Zur klinischen Psychologie zählen die [[medizinische Psychologie]] und die [[Neuropsychologie]]. Vor allem in Deutschland wird die klinische Psychologie sehr weit definiert, da z.&nbsp;B. ein eigenständiges Teilgebiet der ''Counselling Psychology'' nicht existiert.
 
== Themen der klinischen Psychologie ==
Immer dann, wenn interne (psychische oder körperliche) oder externe (umweltbezogene, soziale und so weiter) Störungen auf Einzelne, Gruppen oder Systeme einwirken, kann die klinische Psychologie mit wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen die Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge, Wirkungsbedingungen und deren Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten untersuchen. Sie beschreibt diese z.&nbsp;B. in Form von Diagnosen, um daraus im wissenschaftlichen Prozess Erklärungen abzuleiten, Vorhersagen (wissenschaftlich informierte Prognosen) zu treffen und verschiedene Möglichkeiten zur Beeinflussung (Interventionen) zu entwickeln. Diese Interventionen werden anwendungsorientiert eingesetzt, in der Praxis idealerweise unter Berücksichtigung anderer klinischer Diagnosen.
 
Gerade in der klinischen Psychologie bilden psychologische Forschung (besonders mit naturwissenschaftlicher Orientierung), Evaluation, wissenschaftlich fundiertes und evidenzbasiertes Vorgehen mit der praktischen Anwendung eine Einheit. Die Ausbildung wie auch die praktisch klinisch-psychologische berufliche Tätigkeit folgt dabei dem [[Scientist-Practitioner Modell]]. Daher ist die klinische Psychologie keine rein praktische Psychologie, die nur oder vorwiegend zur Diagnostik und Behandlung dient. Auch in der klinischen Psychologie nehmen kontrollierte Laborexperimente eine zentrale Stellung im Prozess des Erkenntnisgewinns ein, werden allerdings wegen ihrer Realitätsferne, d.&nbsp;h. mangelnder [[Externe Validität|externer Validität]] zunehmend kritisiert (z.&nbsp;B. Seligman, 1995).
 
Die Beschäftigung mit psychischen Störungen (eng. „Abnormal Psychology“) ist ebenfalls ''nur ein Teilgebiet'' der klinischen Psychologie. Die klinische Psychologie umfasst theoretische Grundlagen, [[Wissenschaftliche Methode|Methoden]] und [[System]]e für die [[Diagnose]] und [[Klassifikation]] ([[ICD-10]], [[DSM-IV|DSM-5]]) psychischer Störungen, für ihre psychologische [[Therapie|Behandlung]], für [[Krankheitsprävention|Prävention]] und [[Rehabilitation]]. Sie überschneidet sich vielfach mit anderen angewandten Teilgebieten der Psychologie und der Psychiatrie. Sie ist in allen Bereichen der Methodendisziplinen und der Grundlagendisziplinen verwurzelt. Daher ist eine gründliche, umfassende, wissenschaftliche Ausbildung in Psychologie unabdingbare Voraussetzung für das Studium der klinischen Psychologie.
 
Primär ist die klinische Psychologie allerdings Grundlagenforschung, indem sie aus der Erforschung von „gestörtem“ Erleben und Verhalten ''Rückschlüsse'' auf „normale“ psychische Funktionsbereiche liefert. Ebenso sucht sie auch im Rahmen angewandter Forschung nach den ''Ursachen'' und ''Wirkungszusammenhängen'' von gestörten Funktionsbereichen (z.&nbsp;B. gestörter Informationsverarbeitung, insbesondere bei Vorliegen von bestimmten Erkrankungen wie z.&nbsp;B. Angststörungen) und erforscht in dem Zusammenhang auch Grundlagen zur Entstehung (''bio-psycho-soziales Modell'': [[Diathese-Stress-Modell]]), Symptomatik und Aufrechterhaltung von psychiatrischen Erkrankungen (wie z.&nbsp;B. der [[Depression]]). Aus den Forschungsergebnissen ergeben sich Möglichkeiten, Methoden zur Veränderung zu entwickeln, die dann wiederum Forschungsgegenstand der klinischen Psychologie sind. Insofern kann die klinische Psychologie neben der [[Psychotherapie]] auch in Form von Trainings (Psychoedukatives Training, etc.), Beratung und Training von Angehörigen und so weiter psychologische Hilfestellungen leisten. Sie überschneidet sich hier mit der psychologischen Diagnostik und Intervention bzw. wird durch diese ergänzt. Dabei gehört die allgemeine psychologische Diagnostik (insbesondere Persönlichkeits- und Leistungsdiagnostik) und natürlich im Speziellen die klinisch-psychologische Diagnostik (ICD-10, DSM-5) einschließlich Befundung und Begutachtung ebenso zum Aufgabenfeld der klinischen Psychologie wie die evidenzbasierte Therapieplanung, die Therapieevaluation und das [[Qualitätsmanagement]]. Ein weiteres sehr wichtiges Forschungsgebiet der klinischen Psychologie ist die [[Epidemiologie]].
 
== Unterdisziplinen ==
Ein Spezialgebiet der klinischen Psychologie ist die [[klinische Neuropsychologie]], die sich mit schädigungsbezogenen Zuständen und Veränderungen des Zentralnervensystems und den sich daraus ergebenden gestörten Funktionsbereichen beschäftigt.
 
Das Spezialgebiet der [[Klinische Kinderpsychologie|klinischen Kinder- und Jugendpsychologie]] wie auch z.&nbsp;B. die klinisch-psychologische Familienberatung und -therapie unterscheiden sich stark von systemischen oder psychoanalytischen Richtungen.
 
Die klinische Psychologie überschneidet sich mit der [[Gesundheitspsychologie]], die sich mit gesellschaftlichen Fragen nach wirksamer [[Krankheitsprävention|Prävention]], gesundheitsförderlichem Verhalten (auch in Bezug auf die psychische Gesundheit) und den sozialen Faktoren von [[Krankheit]] sowie [[Stress]] beschäftigt. Vielfach wird diese aber auch als Teilbereich der klinischen Psychologie klassifiziert.
 
Weitere Überschneidungspunkte existieren z. B. zur Arbeits- u. Organisationspsychologie, sofern es etwa um Stressfolgeerkrankungen, Auswirkungen von Schichtarbeit, Traumata bei bestimmten Berufsgruppen (Rettungsdienst, Feuerwehr, Militär, Polizei) geht.
 
Während die klinische Psychologie ein Teil der Psychologie ist, so gehört die thematisch äquivalente, sich aber in wesentlichen Punkten von der klinischen Psychologie unterscheidende Disziplin der [[Psychiatrie]], wie auch die [[Psychosomatische Medizin]] zur [[Medizin]].
 
== Ausbildung  ==
Ein abgeschlossenes Studium der Psychologie, welche das Fach Klinische Psychologie einschließt, ist Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung als [[psychologischer Psychotherapeut]] ({{§|5|psychthg|juris}} Abs.&nbsp;2 Nr. 1). Das Fach wird an keiner deutschen Fernuniversität angeboten. In der Schweiz wird es ausschließlich in Kombination mit Präsenzveranstaltungen angeboten.
 
In Österreich ist die Ausbildung zum klinischen Psychologen / zur klinischen Psychologin und zum Gesundheitspsychologen / zur Gesundheitspsychologin gesetzlich geregelt. Neben 1480 Praxisstunden müssen 120 Supervisionsstunden und 160 Theoriestunden bei anerkannten Einrichtungen und Fachkräften absolviert werden. Anbieter des theoretischen Lehrgangs müssen vom Österreichischen Bundesministerium für Gesundheit anerkannt sein. Dies trifft für folgende Einrichtungen zu (alphabetische Reihenfolge):
 
* [[Alpen-Adria-Universität Klagenfurt]]
* Arbeitsgemeinschaft für Verhaltensmodifikation
* Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP): Österreichische Akademie für Psychologie (ÖAP)<ref>[http://www.boep.or.at/Curriculum-Klinische-un.162.0.html Website der ÖAP]</ref>
* Gesellschaft kritischer Psychologinnen und Psychologen (GkPP)
* Österreichische Akademie für Psychologie (AAP)<ref>[http://www.aap.co.at/akademie/ Website der AAP]</ref>
* ÖTZ-NLP
* Schloss Hofen
* UMIT
* Universität Wien
* Wiener Akademie für Klinische Psychologie – WIKIP<ref>[http://www.wikip.at/ Website der WIKIP]</ref>
 
Die Praxisstunden dürfen ebenso nur in Einrichtungen absolviert werden, die vom Österreichischen Gesundheitsministerium anerkannt sind. Für die Supervision sind klinische Psychologen zu betrauen, welche seit mindestens fünf Jahren selbst als klinische Psychologen tätig sind.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Klinische Psychologie}}
== Literatur ==
* R. Bastine: ''Klinische Psychologie.'' Band 1 u. 2, Kohlhammer, Stuttgart 1992/1998. [http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bastine1992ga (digi.ub.uni-heidelberg.de)]
* H. Bommert, F. Petermann (Hrsg.): ''Diagnostik und Praxiskontrolle in der Klinischen Psychologie''. DGVT, Tübingen 1982. ISBN 3-922686-55-9.
* J. N. Butcher, S. Mineka, J. M. Hooley: ''Klinische Psychologie.'' 13. Auflage. Pearson Studium, München 2009, ISBN 978-3-8273-7328-1.
* F. Caspar, D. Regli: ''Klinische Psychologie.'' (= Basiswissen Psychologie). VS Verlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-17076-3.
* A. Ehlers, K. Hahlweg (Hrsg.): ''Grundlagen der Klinischen Psychologie.'' Hogrefe, Göttingen 1996, ISBN 3-8017-0543-9.
* W. Hartje, K. Poeck: ''Klinische Neuropsychologie.'' 6. Auflage. Thieme, Stuttgart 2006, ISBN 3-13-624506-7.
* St. C. Hayes, D. H. Barlow, R. O. Nelson-Gray: ''The Scientist Practitioner. Research and Accountability in the Age of Managed Care.'' 2. Auflage. Allyn & Bacon, Boston 1999, ISBN 0-205-18098-1.
* P. C. Kendall (Hrsg.): ''Handbook of Research Methods in Clinical Psychology.'' 2. Auflage. Wiley, New York u. a. 1999, ISBN 0-471-29509-4.
* A. E. Kazdin: ''Research Design in Clinical Psychology.'' 4. Auflage. Allyn & Bacon, Boston u. a. 2010, ISBN 978-0-205-77406-7.
* S. O. Lilienfeld, J. M. Lohr, S. J. Lynn (Hrsg.): ''Science and Pseudoscience in Clinical Psychology.'' Guilford Press, New York 2004, ISBN 1-57230-828-1.
* S. O. Lilienfeld, W. T. O’Donohue (Hrsg.): ''The Great Ideas of Clinical Science. 17 Principles That Every Mental Health Professional Should Understand.'' Routledge, New York, NY u. a. 2007, ISBN 978-0-415-95038-1.
* M. Perrez, U. Baumann (Hrsg.): ''Lehrbuch Klinische Psychologie. Psychotherapie.'' 3. Auflage. Huber, Bern u. a. 2005, ISBN 3-456-84241-4.
* R. Barrabas: ''Kerngebiete der Psychologie. Eine Einführung an Filmbeispielen.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8252-3850-6, S. 91ff.
* H. Reinecker (Hrsg.): ''Lehrbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie. Modelle psychischer Störungen.'' 4. Auflage. Hogrefe, Göttingen 2003, ISBN 3-8017-1712-7.
* M. C. Roberts, S. S. Ilardi (Hrsg.): ''Handbook of Research Methods in Clinical Psychology.'' Blackwell, Boston 2003, ISBN 0-470-75698-5.
* H.-U. Wittchen, J. Hoyer (Hrsg.): ''Klinische Psychologie und Psychotherapie.'' 2. Auflage. Springer Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-13017-5. ([http://lehrbuch-psychologie.de/projects/klinische-psychologie-und-psychotherapie/containers/lerncenter-7 Online-Materialien])
* M. Berking, W. Rief (Hrsg.): ''Klinische Psychologie und Psychotherapie für Bachelor.'' Band I: ''Grundlagen und Störungswissen.'' Springer, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-16974-8. ([http://lehrbuch-psychologie.de/projects/klinische-psychologie-und-psychotherapie-fur-bachelor-band-1-grundlagen-und-storungswissen/containers/lerncenter-20 Online-Materialien])
* M. Berking, W. Rief (Hrsg.): ''Klinische Psychologie und Psychotherapie für Bachelor.'' Band II: ''Therapieverfahren.'' Springer, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-25522-9. ([http://lehrbuch-psychologie.de/projects/klinische-psychologie-und-psychotherapie-fur-bachelor-band-2-therapieverfahren/containers/lerncenter-24 Online-Materialien])
== Fachzeitschriften ==
* [http://www.hogrefe.de/zeitschriften/zeitschrift-fuer-klinische-psychologie-und-psychotherapie/ Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie]
* [https://www.hogrefe.de/produkte/zeitschriften/zppp Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie]
== Weblinks ==
{{Commonscat|Clinical psychologists}}
* [http://www.bdp-klinische-psychologie.de/ BDP-Sektion Klinische Psychologie]
* [http://www.dgps.de/index.php?id=162 DGPs Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie]


* [[Punkt und Umkreis]]
[[Kategorie:Psychologie]]


[[Kategorie:Geometrie]]
{{Wikipedia}}

Version vom 21. Mai 2018, 01:39 Uhr

Die klinische Psychologie ist eine Teildisziplin der angewandten Psychologie. Sie untersucht wissenschaftlich die biologischen, sozialen, entwicklungs- und verhaltensbezogenen sowie kognitiven und emotionalen Grundlagen psychischer Störungen. Auch die Auswirkungen dieser Störungen und anderer Erkrankungen (z. B. neurologischer Störungen, Krebs, chronischer Herzleiden) auf das Erleben und Verhalten sind ein Forschungsgegenstand.

Ursprünglich handelte es sich um die psychologischen Methoden der Diagnostik und Therapie, soweit sie im Rahmen der Klinik bzw. der Krankenhausbehandlung anwendbar sind (also der Arbeit von Diplom-Psychologen und vergleichbaren Personen in Kliniken sowie heilpädagogischen Einrichtungen).[1] Zur klinischen Psychologie zählen die medizinische Psychologie und die Neuropsychologie. Vor allem in Deutschland wird die klinische Psychologie sehr weit definiert, da z. B. ein eigenständiges Teilgebiet der Counselling Psychology nicht existiert.

Themen der klinischen Psychologie

Immer dann, wenn interne (psychische oder körperliche) oder externe (umweltbezogene, soziale und so weiter) Störungen auf Einzelne, Gruppen oder Systeme einwirken, kann die klinische Psychologie mit wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen die Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge, Wirkungsbedingungen und deren Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten untersuchen. Sie beschreibt diese z. B. in Form von Diagnosen, um daraus im wissenschaftlichen Prozess Erklärungen abzuleiten, Vorhersagen (wissenschaftlich informierte Prognosen) zu treffen und verschiedene Möglichkeiten zur Beeinflussung (Interventionen) zu entwickeln. Diese Interventionen werden anwendungsorientiert eingesetzt, in der Praxis idealerweise unter Berücksichtigung anderer klinischer Diagnosen.

Gerade in der klinischen Psychologie bilden psychologische Forschung (besonders mit naturwissenschaftlicher Orientierung), Evaluation, wissenschaftlich fundiertes und evidenzbasiertes Vorgehen mit der praktischen Anwendung eine Einheit. Die Ausbildung wie auch die praktisch klinisch-psychologische berufliche Tätigkeit folgt dabei dem Scientist-Practitioner Modell. Daher ist die klinische Psychologie keine rein praktische Psychologie, die nur oder vorwiegend zur Diagnostik und Behandlung dient. Auch in der klinischen Psychologie nehmen kontrollierte Laborexperimente eine zentrale Stellung im Prozess des Erkenntnisgewinns ein, werden allerdings wegen ihrer Realitätsferne, d. h. mangelnder externer Validität zunehmend kritisiert (z. B. Seligman, 1995).

Die Beschäftigung mit psychischen Störungen (eng. „Abnormal Psychology“) ist ebenfalls nur ein Teilgebiet der klinischen Psychologie. Die klinische Psychologie umfasst theoretische Grundlagen, Methoden und Systeme für die Diagnose und Klassifikation (ICD-10, DSM-5) psychischer Störungen, für ihre psychologische Behandlung, für Prävention und Rehabilitation. Sie überschneidet sich vielfach mit anderen angewandten Teilgebieten der Psychologie und der Psychiatrie. Sie ist in allen Bereichen der Methodendisziplinen und der Grundlagendisziplinen verwurzelt. Daher ist eine gründliche, umfassende, wissenschaftliche Ausbildung in Psychologie unabdingbare Voraussetzung für das Studium der klinischen Psychologie.

Primär ist die klinische Psychologie allerdings Grundlagenforschung, indem sie aus der Erforschung von „gestörtem“ Erleben und Verhalten Rückschlüsse auf „normale“ psychische Funktionsbereiche liefert. Ebenso sucht sie auch im Rahmen angewandter Forschung nach den Ursachen und Wirkungszusammenhängen von gestörten Funktionsbereichen (z. B. gestörter Informationsverarbeitung, insbesondere bei Vorliegen von bestimmten Erkrankungen wie z. B. Angststörungen) und erforscht in dem Zusammenhang auch Grundlagen zur Entstehung (bio-psycho-soziales Modell: Diathese-Stress-Modell), Symptomatik und Aufrechterhaltung von psychiatrischen Erkrankungen (wie z. B. der Depression). Aus den Forschungsergebnissen ergeben sich Möglichkeiten, Methoden zur Veränderung zu entwickeln, die dann wiederum Forschungsgegenstand der klinischen Psychologie sind. Insofern kann die klinische Psychologie neben der Psychotherapie auch in Form von Trainings (Psychoedukatives Training, etc.), Beratung und Training von Angehörigen und so weiter psychologische Hilfestellungen leisten. Sie überschneidet sich hier mit der psychologischen Diagnostik und Intervention bzw. wird durch diese ergänzt. Dabei gehört die allgemeine psychologische Diagnostik (insbesondere Persönlichkeits- und Leistungsdiagnostik) und natürlich im Speziellen die klinisch-psychologische Diagnostik (ICD-10, DSM-5) einschließlich Befundung und Begutachtung ebenso zum Aufgabenfeld der klinischen Psychologie wie die evidenzbasierte Therapieplanung, die Therapieevaluation und das Qualitätsmanagement. Ein weiteres sehr wichtiges Forschungsgebiet der klinischen Psychologie ist die Epidemiologie.

Unterdisziplinen

Ein Spezialgebiet der klinischen Psychologie ist die klinische Neuropsychologie, die sich mit schädigungsbezogenen Zuständen und Veränderungen des Zentralnervensystems und den sich daraus ergebenden gestörten Funktionsbereichen beschäftigt.

Das Spezialgebiet der klinischen Kinder- und Jugendpsychologie wie auch z. B. die klinisch-psychologische Familienberatung und -therapie unterscheiden sich stark von systemischen oder psychoanalytischen Richtungen.

Die klinische Psychologie überschneidet sich mit der Gesundheitspsychologie, die sich mit gesellschaftlichen Fragen nach wirksamer Prävention, gesundheitsförderlichem Verhalten (auch in Bezug auf die psychische Gesundheit) und den sozialen Faktoren von Krankheit sowie Stress beschäftigt. Vielfach wird diese aber auch als Teilbereich der klinischen Psychologie klassifiziert.

Weitere Überschneidungspunkte existieren z. B. zur Arbeits- u. Organisationspsychologie, sofern es etwa um Stressfolgeerkrankungen, Auswirkungen von Schichtarbeit, Traumata bei bestimmten Berufsgruppen (Rettungsdienst, Feuerwehr, Militär, Polizei) geht.

Während die klinische Psychologie ein Teil der Psychologie ist, so gehört die thematisch äquivalente, sich aber in wesentlichen Punkten von der klinischen Psychologie unterscheidende Disziplin der Psychiatrie, wie auch die Psychosomatische Medizin zur Medizin.

Ausbildung

Ein abgeschlossenes Studium der Psychologie, welche das Fach Klinische Psychologie einschließt, ist Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung als psychologischer Psychotherapeut (§ 5 Abs. 2 Nr. 1). Das Fach wird an keiner deutschen Fernuniversität angeboten. In der Schweiz wird es ausschließlich in Kombination mit Präsenzveranstaltungen angeboten.

In Österreich ist die Ausbildung zum klinischen Psychologen / zur klinischen Psychologin und zum Gesundheitspsychologen / zur Gesundheitspsychologin gesetzlich geregelt. Neben 1480 Praxisstunden müssen 120 Supervisionsstunden und 160 Theoriestunden bei anerkannten Einrichtungen und Fachkräften absolviert werden. Anbieter des theoretischen Lehrgangs müssen vom Österreichischen Bundesministerium für Gesundheit anerkannt sein. Dies trifft für folgende Einrichtungen zu (alphabetische Reihenfolge):

  • Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
  • Arbeitsgemeinschaft für Verhaltensmodifikation
  • Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP): Österreichische Akademie für Psychologie (ÖAP)[2]
  • Gesellschaft kritischer Psychologinnen und Psychologen (GkPP)
  • Österreichische Akademie für Psychologie (AAP)[3]
  • ÖTZ-NLP
  • Schloss Hofen
  • UMIT
  • Universität Wien
  • Wiener Akademie für Klinische Psychologie – WIKIP[4]

Die Praxisstunden dürfen ebenso nur in Einrichtungen absolviert werden, die vom Österreichischen Gesundheitsministerium anerkannt sind. Für die Supervision sind klinische Psychologen zu betrauen, welche seit mindestens fünf Jahren selbst als klinische Psychologen tätig sind.

Siehe auch

Literatur

  • R. Bastine: Klinische Psychologie. Band 1 u. 2, Kohlhammer, Stuttgart 1992/1998. (digi.ub.uni-heidelberg.de)
  • H. Bommert, F. Petermann (Hrsg.): Diagnostik und Praxiskontrolle in der Klinischen Psychologie. DGVT, Tübingen 1982. ISBN 3-922686-55-9.
  • J. N. Butcher, S. Mineka, J. M. Hooley: Klinische Psychologie. 13. Auflage. Pearson Studium, München 2009, ISBN 978-3-8273-7328-1.
  • F. Caspar, D. Regli: Klinische Psychologie. (= Basiswissen Psychologie). VS Verlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-17076-3.
  • A. Ehlers, K. Hahlweg (Hrsg.): Grundlagen der Klinischen Psychologie. Hogrefe, Göttingen 1996, ISBN 3-8017-0543-9.
  • W. Hartje, K. Poeck: Klinische Neuropsychologie. 6. Auflage. Thieme, Stuttgart 2006, ISBN 3-13-624506-7.
  • St. C. Hayes, D. H. Barlow, R. O. Nelson-Gray: The Scientist Practitioner. Research and Accountability in the Age of Managed Care. 2. Auflage. Allyn & Bacon, Boston 1999, ISBN 0-205-18098-1.
  • P. C. Kendall (Hrsg.): Handbook of Research Methods in Clinical Psychology. 2. Auflage. Wiley, New York u. a. 1999, ISBN 0-471-29509-4.
  • A. E. Kazdin: Research Design in Clinical Psychology. 4. Auflage. Allyn & Bacon, Boston u. a. 2010, ISBN 978-0-205-77406-7.
  • S. O. Lilienfeld, J. M. Lohr, S. J. Lynn (Hrsg.): Science and Pseudoscience in Clinical Psychology. Guilford Press, New York 2004, ISBN 1-57230-828-1.
  • S. O. Lilienfeld, W. T. O’Donohue (Hrsg.): The Great Ideas of Clinical Science. 17 Principles That Every Mental Health Professional Should Understand. Routledge, New York, NY u. a. 2007, ISBN 978-0-415-95038-1.
  • M. Perrez, U. Baumann (Hrsg.): Lehrbuch Klinische Psychologie. Psychotherapie. 3. Auflage. Huber, Bern u. a. 2005, ISBN 3-456-84241-4.
  • R. Barrabas: Kerngebiete der Psychologie. Eine Einführung an Filmbeispielen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8252-3850-6, S. 91ff.
  • H. Reinecker (Hrsg.): Lehrbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie. Modelle psychischer Störungen. 4. Auflage. Hogrefe, Göttingen 2003, ISBN 3-8017-1712-7.
  • M. C. Roberts, S. S. Ilardi (Hrsg.): Handbook of Research Methods in Clinical Psychology. Blackwell, Boston 2003, ISBN 0-470-75698-5.
  • H.-U. Wittchen, J. Hoyer (Hrsg.): Klinische Psychologie und Psychotherapie. 2. Auflage. Springer Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-13017-5. (Online-Materialien)
  • M. Berking, W. Rief (Hrsg.): Klinische Psychologie und Psychotherapie für Bachelor. Band I: Grundlagen und Störungswissen. Springer, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-16974-8. (Online-Materialien)
  • M. Berking, W. Rief (Hrsg.): Klinische Psychologie und Psychotherapie für Bachelor. Band II: Therapieverfahren. Springer, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-25522-9. (Online-Materialien)

Fachzeitschriften

Weblinks

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  1. In den 1970er Jahren schrieb der BDP seine Mitglieder in Einrichtungen an und offerierte ihnen den Titel „Klinischer Psychologe“, wenn sie dafür 200 DM überwiesen.
  2. Website der ÖAP
  3. Website der AAP
  4. Website der WIKIP