Schamanismus

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Ewenkisches Schamanenkleid (Sibirien)
Die etwa zwischen 17.000 und 15.000 v. Chr. entstandene Darstellung am Brunnen in der Höhle von Lascaux gilt als frühes Beispiel für den bereits in prähistorischer Zeit existierenden Schamanismus.

Schamanismus (abgeleitet von ewenkisch bzw. tungusisch šaman „Jemand, der erregt, bewegt, erhoben ist“[1], „der um sich schlägt“[2], „verrückt“, „verbrennen“[3]) ist ein vielgestaltiges, heterogenes System naturverbundener sprirituell-magischer Praktiken, die vornehmlich in Zentralasien, Sibirien (Nordasien) und Amerika verbreitet waren bzw. teilweise noch sind und ihre Wurzeln spätestens im frühen Neolithikum, vermutlich sogar schon im Paläolithikum haben und somit nach Rudolf Steiner weit in die atlantische Zeit zurückreichen. Im Mittelpunkt steht der Schamane, der in einer durch Trance induzierten Ekstase mit der Geisterwelt in Verbindung tritt und daraus heilende und magische Kräfte schöpft. Die früher Schamanentum genannte naturverbundene Religion der als Nomaden umherziehenden Mongolen und Turkvölker Zentralasiens wird heute nach dem nicht-personifizierten Himmelsgott Tengri, der den „ewigen blauen Himmel“ (mongol. Mönkh khökh Tengeri), die obere Welt, die Himmelswelt, repräsentiert, als Tengrismus bezeichnet.

"Man bekommt eine Möglichkeit, diese Dinge in ihrer Bedeutung für die Gegenwart zu durchschauen, wenn man einsieht, wie gewissermaßen östlich hinter der Tapetenwand die frühere Einsicht in das Pleroma immer mehr und mehr dekadent geworden ist, zurückgegangen ist, daß also eine hohe, aber instinktive, von der Menschheit erworbene Geistkultur in Asien drüben dekadente Formen angenommen hat; daß in Europa ein Weben und Leben der Menschenseele im Geiste heruntergerückt worden ist in die Sphäre des Physisch-Sinnlichen, die vorerst ja den Menschen in den mittelalterlichen Jahrhunderten allein zugänglich war. Und so entstand jenseits der Tapetenwand im Orient eine Kultur, die eigentlich keine ist, die in irdisch-physischen Formen zauberisch nachbilden möchte, was im Weben des Geistes pleromatisch erlebt werden sollte. Das Walten und Weben der Geistwesen im Pleroma sollte gewissermaßen auf die Erde heruntergetragen werden im Stein, im Holzklotz, und in ihrer Wirkung aufeinander sollte gesucht werden etwas von solchen geistigen Wirkungen, die, wenn ich mich so ausdrücken darf, angepaßt sind dem Weben und Wesen von Geistwesen im Pleroma. Das, was eigentlich nur Götter untereinander tun, wurde gedacht als die Taten physisch-sinnlicher Götzen. Der Götzendienst trat an die Stelle des Götterdienstes. Und dasjenige, was nun ins Schlechte wirkende orientalische, nordasiatisch-orientalische Magie genannt werden kann, das ist die ins Sinnliche auf unrechtmäßige Weise versetzte Tatsachenwelt des Pleromas, zu der man einstmals den Seelenblick aufgerichtet hat. Die magische Zauberei der Schamanen und ihr Nachklang in Mittelund Nordasien - der Süden von Asien wurde ja auch angesteckt, hat sich aber verhältnismäßig freier erhalten davon - , das ist die dekadente Form der alten Pleroma-Anschauung. Physisch-sinnliche Zauberei trat an die Stelle der Teilnahme der menschlichen Seelenwirksamkeiten an den Götterwelten des Pleromas. Was die Seele tun sollte und ehemals getan hat, das wurde mit Hilfe von sinnlich-physischen Zaubermitteln versucht. Eine ganz ahrimanisierte Pleroma-Tätigkeit wurde gewissermaßen dasjenige, was auf der Erde getrieben wurde und was namentlich von den an die Erde angrenzenden, nächsten Geisteswesen getrieben wurde, wovon aber die Menschen angesteckt wurden.

Gelangt man also ostwärts vom Ural und der Wolga nach Asien hinüber, so haben wir, namentlich in der an die menschliche irdische Welt anstoßenden astralischen Welt, in den Jahrhunderten des zweiten Mittelalters, in den Jahrhunderten der Neuzeit bis heute eine ahrimanisierte Magie, welche ja namentlich von gewissen geistigen Wesenheiten ausgeübt wird, die in ihrer ätherisch-astralischen Bildung zwar über dem Menschen stehen, aber in ihrer Seelen- und Geistesbildung unter dem Menschen zurückgeblieben sind. Durch das ganze Sibirien hindurch, durch Mittelasien hindurch über den Kaukasus, da treiben sich überall in der unmittelbar an das Irdische angrenzenden Welt furchtbare ahrimanische, ätherisch-astralische Wesen herum, welche ins Astralische und Irdische heruntergesetzte ahrimanische Zauberei treiben. Und das wirkt ansteckend auf die Menschen, die ja nicht alles gleich selber können, die ungeschickt sind in den Dingen, die aber wie gesagt angesteckt werden, beeinflußt werden davon und somit unter dem Einflüsse der an die Erde angrenzenden, unmittelbar an das Astralische grenzenden Welt stehen.

Wenn so etwas geschildert wird, dann muß man sich ja klar sein, daß dem, was man für alte Zeiten einen Mythos oder dergleichen nennt, immer großartige geistige Naturanschauungen zugrunde liegen. Und als man in Griechenland von den Faunen und Satyrn gesprochen hat, die sich in ihrer Tätigkeit hineinwoben in das irdische Geschehen, da hat man sich nicht, wie phantastische Gelehrte von heute es sich vorstellen, Wesen in der Phantasie konstruiert, sondern man hat in seiner geistigen Naturschau von jenen wirklichen Wesen gewußt, welche das unmittelbar an die irdische Welt angrenzende Astralterritorium überall eben als Faune und Satyrn bevölkerten. Jene Faune und Satyrn sind ungefähr um die Wende des 3., 4. nachchristlichen Jahrhunderts alle hinübergezogen in die Gebiete östlich vom Ural und der Wolga nach dem Kaukasus. Das wurde ihre Heimat. Dort haben sie ihre weitere Entwickelung durchgemacht." (Lit.: GA 225, S. 124ff)

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Schamanismus. In: „Kurzinformation Religion“ des Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienstes e.V., Marburg 2010, abgerufen am 15. Januar 2016.
  2. Dorothea Kupferschmidt-Neugeborn: „Heal into time and other people.“ Schamanismus und analytische Psychologie in der poetischen Wirkungsästhetik von Ted Hughes. Auflage, Gunter Narr Verlag, Tübingen 1995, ISBN 3-8233-5027-7, S. 33, Fußnote 78, S. 62–67
  3. Kai Funkschmidt: Schamanismus und Neo-Schamanismus. In: Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen ezw-berlin.de, Berlin, 2012, abgerufen am 15. Januar 2016.

Literatur

  1. Mircea Eliade: Schamanismus und archaische Ekstasetechnik. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, OA 1951, ISBN 3-518-27726-X
  2. Rudolf Steiner: Drei Perspektiven der Anthroposophie. Kulturphänomene, geisteswissenschaftlich betrachtet., GA 225 (1990), ISBN 3-7274-2252-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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