Gyrus dentatus

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Koronarschnitt durch das Gehirn unmittelbar vor der Brücke, Gyrus dentatus unten halblinks

Der Gyrus dentatus[1] ist ein Teil des Hippocampus und gilt als dessen Eingangsbereich. Er besteht aus dem innen gelegenen Hilus, der von dem Körnerzellband (Stratum granulare) umgeben ist, das den Hauptbestandteil des Gyrus dentatus bildet und vornehmlich aus Körnerzellen besteht. Das Körnerzellband ist von inneren und der äußeren Molekularschicht (Stratum moleculare) umgeben.

In der Grenzschicht zwischen Hilus und Stratum granulare werden entgegen der bis in 1990er Jahre vertretenen Meinung auch noch im Erwachsenenalter neue Nervenzellen gebildet, was insbesondere für das Langzeitgedächtnis bedeutsam sein dürfte.

Die Rolle des Hippocampus beim Lernen und Gedächtnis wurde mit Beginn der Läsionsforschung seit vielen Jahrzehnten untersucht. Einer der prominentesten frühen Fälle von anterograder Amnesie (Unfähigkeit, neue Erinnerungen zu bilden), die den Hippocampus mit der Gedächtnisbildung verbindet, war der Fall von Henry Gustav Molaison (bis zu seinem Tod im Jahr 2008 anonym als Patient H.M. bekannt)[2] Seine Epilepsie wurde mit einer chirurgischen Entfernung seiner Hippocampi (linke und rechte Hemisphäre haben jeweils einen eigenen Hippocampus) sowie einiger umgebender Gewebe behandelt. Diese gezielte Entfernung von Hirngewebe führte dazu, dass Herr Molaison nicht in der Lage war, neue Erinnerungen zu bilden, und der Hippocampus wird seither als kritisch für die Gedächtnisbildung angesehen[2]. Einige Studien gehen davon aus, dass neue Erinnerungen vorzugsweise neu gebildete dentale Gyruszellen verwenden könnten, was einen potenziellen Mechanismus zur Unterscheidung ähnlich gearteter Ereignisse oder mehrerer Besuche am gleichen Ort bietet[3] Diese erhöhte Neurogenese ist, wie Versuche in einem Labyrinth gezeigt haben, mit einem verbesserten räumlichen Gedächtnis bei Nagetieren verbunden[4].

„Diese Fähigkeit des Hippocampus ist bedeutsam, weil viele Episoden, die wir täglich erleben, Ähnlichkeiten haben, es aber oft wichtig ist, sich verschiedene Merkmale einer ganz bestimmten Episode zu merken. Der Hippocampus ist auch eine der wichtigsten Einrichtungen, die am Abruf von zuvor erworbenen Erinnerungen beteiligt sind, um die volle Repräsentation unter Verwendung von Teilinformationen als Erinnerungshinweise zu rekonstruieren (Muster-Vervollständigung). Diese Fähigkeit des Hippocampus ist auch deshalb wichtig, weil im wirklichen Leben spezifische Episoden selten vollständig repliziert werden.“[3]

So zeigten etwa Untersuchungen an Londoner Taxifahrern, die sich für ihren Zulassungstest gut 25.000 Straßen, 20.000 wichtige Orte wie Sehenswürdigkeiten, Hotels, Theater usw. und 320 gängige Routen quer durch die Stadt einprägen müssen, dass der hintere Teil ihres Hippocampus maßgeblich vergrößert war und mit steigender Berufserfahrung weiter zunahm[5].

Literatur

Einzelnachweise

  1.  Terminologia Anatomica. Thieme, Stuttgart 1998.
  2. 2,0 2,1 Eric R. Kandel, James H. Schwartz , Thomas M. Jessell, Steven A. Siegelbaum, A. J. Hudspeth: Principles of Neural Science, McGraw-Hill Education Ltd. 2012, ISBN 978-0071390118
  3. 3,0 3,1 T. Nakashiba, J. D. Cushman, K. A. Pelkey, S. Renaudineau, D. L. Buhl, T. J. McHugh, V. R. Rodriguez Barrera, R. Chittajallu, K. S. Iwamoto, C. J. McBain, M. S. Fanselow, S. Tonegawa, : Young Dentate Granule Cells Mediate Pattern Separation, whereas Old Granule Cells Facilitate Pattern Completion, Cell. 149 (1). 2012, pp. 188–201, doi:10.1016/j.cell.2012.01.046, PMC 3319279 (freier Volltext), PMID 22365813 pdf
  4. Rosalie Marion Bliss: Food and the Aging Mind, first in a Series: Nutrition and Brain Function. http://www.ars.usda.gov/is/ar/archive/aug07/aging0807.htm. (27 February 2010)
  5. David Eagleman: The Brain: Die Geschichte von dir, 3. Auflage, Pantheon Verlag 2017, ISBN 978-3570552889, eBook ASIN B01N0NRXCP, S. 25f.


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