Tetragramm

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JHWH
Francisco de Goya: Der Name Gottes (JHWH), Detail aus dem Deckenfresko der Basílica del Pilar (1772)

Als Tetragramm oder Tetragrammaton (griech. Τετραγράμματον vier Zeichen) wird der aus vier Buchstaben bestehende hebräische Gottesname JHWH (Jahve) bezeichnet, der auch als der unaussprechliche Name Gottes gilt und daher bei der Lesung der Tora stets durch die Anrede „Adonai“ (hebr. אֲדֹנָי „Herr“) ersetzt wird.

„Die alten Hebräer und mit einer gewissen Ähnlichkeit noch die Römer, haben ja ihren sogenannten geheiligten Namen, den unaussprechlichen Namen des Gottes, Jahve. Dieser unaussprechliche Name bestand ja für die Hebräer in einer gewissen Zusammenfügung der von uns als fünf Vokale empfundenen Laute, die verbunden gedacht wurden während des physischen Lebens. Noch in dem römischen Jovis, Jupiter, ist ja nur eine andere Form des Jahvenamens verdeckt enthalten; er ist im Grunde in bezug auf die fünf Vokale in einer gewissen Weise verbunden in dem Jovis. In der Auflösung desjenigen, was hier verbunden war in diesem Gottesnamen, lebte der Tote, und indem er die Vokale, die zusammengesetzt waren im Leben, auflöste, enthüllte sich ihm auch zugleich der Sinn, könnte man sagen, des Todes. Die Enthüllung dieses Sinnes des Todes, die muß man nur versuchen, in der richtigen Weise wenigstens zu ahnen. Man muß verstehen, daß sich dem Toten enthüllt dieser Sinn des Todes durch die Auflösung des heiligen Namens in seine Bestandteile, die dann verklingen und verklingend forttönen in der Welt. Die Auflösung dieses heiligen Namens ist verknüpft mit dem Verständnis der Vergeistigung des Todes. Es ist das ein Begriff, den man außerordentlich schwer schildern kann. Der Tod, von der andern Seite angesehen, kann Vergeistigung genannt werden. Indem der Tod von der andern Seite angeblickt wird, ist dieser Anblick verknüpft mit der Entstehung von Geistigem. Und in dem Zerpflücken des Wortes nach den Vokalen enthüllt sich das Geistige aus dem Zerfall heraus, den der Tod bedeutet. Zerfall ist da zu gleicher Zeit Geburt des Geistigen, Entstehung des Geistigen.“ (Lit.:GA 183, S. 148)

„Als der Mensch herüberkam aus der atlantischen Zeit in die nachatlantische Zeit, da konnte man manches nicht, was man heute kann. Sehen Sie, Sie können, jeder einzelne, wenn Sie sich meinen, seit einer gewissen Zeit in Ihrer Kindheit zu sich Ich sagen. Sie sagen dieses Ich recht respektlos. Dieses Ich wurde in der Menschheitsentwickelung nicht immer so respektlos gesagt. Es gab ältere Zeiten der Menschheitsentwickelung, wenn die auch schon zum Teil verglommen waren selbst in der ägyptischen Zeit - es gab ältere Zeiten, da wurde für das, was das Ich ausdrückte, ein Name gebraucht, der, ausgesprochen, den Menschen betäubte. Daher vermied man, diesen Namen auszusprechen. Hätte die erste Bevölkerung gleich nach der atlantischen Katastrophe es erlebt, daß der bei ihnen geltende und nur den Eingeweihten bekannte Name für das Ich ausgesprochen worden wäre, die ganze Versammlung würde betäubt worden sein, würde umgefallen sein, so stark hätte der Name für das Ich gewirkt. Ein Nachklang dieser Tatsache ist noch vorhanden in der alten Hebräerzeit, wo man spricht von dem unaussprechlichen Namen des Gottes in der Seele, der ja nur ausgesprochen werden durfte von Eingeweihten oder aber vor der Gemeinde eurythmisiert wurde. Der unaussprechliche Name des Gottes, er hat seinen Ursprung in dem, was ich Ihnen eben erzählt habe. Allmählich ist dies immer mehr verlorengegangen.“ (Lit.:GA 296, S. 101f)

„Man muß sich ein starkes Bewußtsein dafür aneignen, daß artikuliertes Sprechen menschliches Eigentum ist. Der Mensch muß sich auch zum Bewußtsein bringen, wie er in der Welt den andern drei Reichen der Natur gegenübersteht. Wenn er sich dessen bewußt ist, weiß er, daß sein Ich wesentlich mitbedingt ist durch alles, was Sprache ist. Heute ist allerdings für die Menschen das Sprechen auch schon etwas sehr Abstraktes geworden. Aber ich möchte Sie an etwas erinnern, aus dem Sie wieder Respekt für die Sprache bekommen können. Wenn in sehr alten Zeiten, zum Beispiel in der jüdischen Kultur - aber noch deutlicher ausgesprochen gilt das für die noch älteren Kulturen - die Kultusvertreter, die Kultusverwalter, die Priester bei den Kultushandlungen auf gewisse Begriffe gekommen sind, so haben sie die Rede unterbrochen und gewisse Bezeichnungen für hohe Wesen nicht durch Worte gegeben, sondern sie sind dann stumm geworden und haben nur die entsprechende eurythmische Gebärde gemacht, dann haben sie weiter geredet. So wurde zum Beispiel jener Name, der uns heute schon ganz abstrakt klingt und der im Hebräischen wiedergegeben hat das «Ich bin der Ich-bin», niemals ausgesprochen, sondern es wurde immer die Rede bis zu ihm geführt, dann das Zeichen gemacht, dann wurde die Rede fortgesetzt. Das bedeutete, durch die Gebärde ausgedrückt, den «unaussprechlichen Namen des Gottes im Menschen». Warum wurde das so gemacht? Es wurde deshalb gemacht, weil, wenn dieser Name ohne weiteres ausgesprochen und nachgesprochen worden wäre, dann die Menschen durch ihre damalige Sensitivität betäubt worden wären. Es gab noch Sprachlaute und Sprachlautverbindungen, durch welche die Menschen alter Kulturen betäubt werden konnten, so stark wirkten sie auf sie. Etwas wie ein reines Ohnmachtsgefühl wäre beim Aussprechen und Anhören solcher Worte über die Menschen gekommen. Deshalb sprach man von dem «unaussprechlichen Namen Gottes». Das hatte eine große Bedeutung. Und beschrieben finden Sie dies, indem davon gesagt wird: Es dürfen nur die Priester und auch die nur bei besonderen Gelegenheiten solche Namen aussprechen, weil sonst, beim Aussprechen vor nicht dazu vorbereiteten Menschen, Himmel und Erde zusammenfallen würden. Das heißt, der Mensch wäre ohnmächtig geworden. Daher wurde ein solcher Name durch eine Gebärde ausgedrückt. Was also die Sprache wirklich ist, wurde durch eine solche Empfindung ausgedrückt.“ (Lit.:GA 294, S. 65f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Wissenschaft vom Werden des Menschen, GA 183 (1990), ISBN 3-7274-1830-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Erziehungskunst. Methodisch-Didaktisches, GA 294 (1990), ISBN 3-7274-2940-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Die Erziehungsfrage als soziale Frage, GA 296 (1991), ISBN 3-7274-2960-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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