Veda und Shruti: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Shruti''' ([[Sanskrit]], f., श्रुति, {{IAST|śruti}}, wörtl.: "das Gehörte")


Mit '''Veda''' ([[Sanskrit]], m., वेद, veda, wörtl.: "Wissen") werden im [[Hinduismus]] die heiligen Schriften bezeichnet. Den Kern des Veda bilden die Texte der [[Shruti]], das sind von [[Rishi]]s (Weisen) "gehörte" Texte, also Offenbarungen. Die '''vedische Zeit''' und die damit verbundene '''vedische Kultur''' begann etwa um 1500 v. Chr., als [[Arier|arische Stämme]] von Norden her nach [[Indien]] einwanderten und die nördlichen Flussebenen des [[w:Indus|Indus]] und des [[w:Ganges|Ganges]] besiedelten. Mit den politischen und religiösen Umbrüchen im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. endete das vedische Zeitalter. [[w:563 v. Chr.|563 v. Chr.]] wurde [[Siddhartha Gautama]] geboren, der später zur Würde des [[Buddha]] aufstieg. Als [[Alexander der Große]] [[w:326 v. Chr.|326 v. Chr.]] bis nach Indien vordrang, wurde schließlich das klassische Zeitalter der indischen Kultur eingeläutet.
Shrutis bezeichnen im [[Wikipedia:Hinduismus|Hinduismus]] die Schriften, die die zeitlose [[Offenbarung]] berichten und daher unbedingt verbindlich sind. Sie gelten als Weisheiten, welche die [[Rishi]]s (Weisen) direkt (vom Göttlichen) "gehört" haben. Dies ist im Gegensatz zu den [[Smriti]]s ("das Erinnerte") zu sehen, die "nur" die überlieferte Tradition berichten, und daher nur verbindlich sind, wenn angenommen wird, dass sie auf Shrutis zurückgehen. Zu den Shrutis zählt der [[Veda]], wenngleich ursprünglich nur die [[Mantra]]s und die [[Brahmanas]] dazu zählten und die [[Upanishaden]] und andere Bestandteile des Veda erst später dazu gerechnet wurden.  


Die Veden wurden lange Zeit mit erstaunlicher Präzision [[Wikipedia:Mündliche Überlieferung|mündlich überliefert]], da es sich um heilige Texte handelt. Das Wissen durfte nur an auserwählte Schüler weitergegeben werden. Erst um das 5. nachchristliche Jahrhundert wurden sie niedergeschrieben. Noch heute gibt es [[Brahmane]]n, die die Veden auswendig können. Die Bedeutung des Veda ist auch heute noch sehr groß.
Die Tatsache, dass die Texte mit dem höchsten Stellenwert als "gehörte" Texte bezeichnet werden, dokumentiert die Wichtigkeit des Hörens im Vergleich zum Niederschreiben, das in Indien erst vergleichsweise spät stattfand. Die Wurzeln der indischen Überlieferungen liegen in einer [[Wikipedia:mündliche Überlieferung|oralen Tradition]], die hierfür ausgefeilte [[Wikipedia:Mnemotechnik|mnemotechnische]] Methoden erfand.


Es gibt vier Veden: [[Rigveda]], [[Samaveda]], den weißen und den schwarzen [[Yajurveda]] und den [[Atharvaveda]]. (Mitunter werden die [[Wikipedia:Agamas|Agamas]], aus denen sich die [[Tantra]]-Lehre entwickelt hat, als der fünfte Veda bezeichnet.)
In der [[Wikipedia:Indische Musik|indischen Musik]] werden [[Wikipedia:Mikroton|Mikrotöne]] als Shrutis oder auch als [[Wikipedia:Srutis|Srutis]] bezeichnet.


Die Begriffe "Veda" und "vedisch" werden in Indien auch im weiteren Sinne mit der Bedeutung "[[Wissen]]" verwendet und beziehen sich nicht nur auf Texte, sondern auf das religiöse und weltliche Wissen schlechthin.
[[Kategorie:Hinduismus]]


Die Tradition der vedischen Gesänge wurde von der UNESCO unter die [[Wikipedia:Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit|Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit]] aufgenommen.
== Textschichten ==
Die älteste Schicht (ca. 1200 v. Chr. - 900 v. Chr.) des Veda  bilden die vier '''[[Samhita]]s''' (Hymnen). Sie bilden den eigentlichen Kern des Veda:
* die [[Rigveda]]-Samhita, (Hymnen)
* die [[Samaveda]]-Samhita, (Lieder)
* die [[Yajurveda]]-Samhita, mit Vajasaneyi-Samhita (gehört zum weißen [[Yajur Veda]]), Maitrayani-Samhita (gehört zum schwarzen Yajur Veda), (Opferformeln)
* die [[Atharvaveda]]-Samhita, (magische Formeln)
Die nächste Schicht (ca. 800 v. Chr. - 600 v. Chr.) bilden die '''[[Brahmanas]]''' (Ritualtexte):
* z. B. das Aitereya-Brahmana (gehört zum Rigveda)
* z. B. das Shatapatha-Brahmana (gehört zum weißen Yajurveda)
Dann kommen die '''[[Aranyakas]]''' ("Waldtexte"):
* z. B. das Kaushitaki-Aranyaka (gehört zum Rigveda)
* z. B. das Taittiriya-Aranyaka (gehört zum schwarzen Yajurveda)
Und zuletzt (ca. 700 v. Chr. - 500 v. Chr.) kommen die '''[[Upanishaden]]''' (philosophische Lehren). Jedoch werden nicht alle Upanishaden zum Veda gerechnet.
*z. B. die Aitereya-Upanishad (gehört zum Rigveda)
*z. B. die Chandogya-Upanishad (gehört zum [[Samaveda]])
*z. B. die Taittiriya-Upanishad (gehört zum schwarzen Yajurveda)
*z. B. die Mundaka-Upanishad (gehört zum Atharvaveda)
Man muss jedoch berücksichtigen, dass diese Textschichten nicht immer wirklich getrennt waren, da es sich um mündlich tradierte Texte handelte. Der Name ''Brihadaranyaka-Upanishad'' macht deutlich, dass dieser sehr wichtige Text ein Aranyaka und eine Upanishad enthält. Die ''Brihadaranyaka-Upanishad'' ist wiederum Teil des ''Shatapathabrahmana''. Vor allem bei Brahmanas, Aranyakas und Upanishaden gibt es starke Überschneidungen: die ''Chandogya Upanishad'' z. B. ist Teil des ''Chandogya Brahmana''.
=== Samhitas ===
Die [[Samhita]]s sind in einer frühen Form des [[Sanskrit]], dem nach dem Veda benannten [[Vedisch]]en geschrieben. Sie enthalten vor allem Texte, die von den Priestern der [[Wikipedia:Geschichte des Hinduismus|Vedischen Religion]] beim [[Opfer (Religion)|Opferzeremoniell]] gesprochen oder gesungen wurden. Die späteren Upanishaden sind in [[Sanskrit]] verfasst.
Die Riksamhita ([[Rig Veda]]) enthält 1 028 Hymnen <!--ich bitte um genaue Quellenangaben, falls jemand andere Zählungen hier anführen will - siehe Diskussionsseite dieses Artikels. gez. Jonas Kork--> in zehn Liederkreisen ("[[Mandala]]s") mit insgesamt über 10 000 Versen ("ric", daher der Name), der [[Samaveda]] (''saman'' = "Melodie") umfasst fast ausschließlich Verse aus dem Rigveda, die nach liturgischen Gesichtspunkten anders angeordnet sind. Der [[Yajurveda]] ist in zwei Fassungen überliefert, dem "schwarzen" (''krishna'') und dem "weißen" (''shukla'') Yajurveda. Er ist in [[Prosa]] geschrieben und enthält hauptsächlich [[Mantra]]s (''yajus'' = "Opferspruch"). Der [[Atharva Veda|Atharvaveda]] überliefert neben altem auch jüngeres Material als die anderen Veden, in ihm finden sich viele [[Wikipedia:Zauberspruch|Zaubersprüche]] und magische Hymnen.
Die ersten drei Veden werden nach indischer Tradition auch als "Dreifaches Wissen", ''trayi vidya'', bezeichnet, der [[Atharvaveda]] wurde erst später mit ihnen gleichgestellt. Nach westlicher Schätzung geschah dies vielleicht im 3. Jh. v. Chr., als die Atharvaveda-Samhita ihre feste Form erhielt. Die drei anderen Veden wurden bereits früher kanonisiert, für den Rigveda wird eine Entstehungszeit von ca 1200 v. Chr. - 900 v. Chr. angenommen. Im [[Wikipedia:Hinduismus|Hinduismus]] glaubt man jedoch, dass die Texte etliche Tausend Jahre älter sind.
=== Brahmanas ===
An die vier Samhitas schließen sich weitere Texte an, die auch zur [[Shruti]] (und damit zum Veda im weiteren Sinne) gehören. Die [[Brahmana]]s sind in Prosa verfasste Ritualtexte, die eine Opfertheologie entfalten. Nicht selten enthalten die Brahmanas auch ein Aranyaka und eine Upanishad.
=== Aranyakas ===
Die [[Aranyaka]]s ("Waldtexte") sind mystische Geheimlehren, die nicht im Dorf, sondern im Wald gelehrt wurden. Sie enthalten Opfersymbolik und priesterliche Philosophie. Ursprünglich handelte es sich meist um einzelne Kapitel der Brahmanas, die als Texte für das dritte Lebensstadium, den ''Vanaprastha'' (in der Waldeinsamkeit Lebender) gedacht waren, und später eigenständige Texte für die brahmanischen Schulen wurden.
=== Upanishaden ===
Die [[Upanishaden]] (wörtl.: "sích um (den Lehrer) herum setzen) sind spirituelle Erkenntnisse und "Geheimlehren", die im direkten Austausch zwischen Lehrer und Schüler vermittelt wurden. Diese Texte dürften zwischen 700 und 500 v. Chr. entstanden sein. In den Upanishaden wurde die Basis dessen formuliert, was auch noch Jahrhunderte später die Philosophie und Religion Indiens bestimmte: die Lehre von [[Atman]] und [[Brahman (Philosophie)|Brahman]], [[Samsara]] und [[Karma]]. Insbesondere die 10 ''mukhya upanishads'' (Haupt-Upanishaden) haben den späteren Hinduismus geprägt.
== Vedische Gesänge ==
Die Tradition des Singens vedischer Hymnen wurde im Jahr 2003 in die UNESCO-Liste der [[Wikipedia:Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit|Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit]] aufgenommen.
Ein Beispiel:
"Geh hin zur Mutter, gehe hin zur Erde,
Der weitgestreckten, breiten, segensreichen ...
Öffne dich, Erde, tu ihm nichts zuleide,
Empfang ihn freundlich und mit liebem Grusse."
(Zitat eines vedischen Gesangs aus
Königsberger Beiträge, Verl.Gräfe&Unzer 1929:"Zur Erinnerung an R.Otto Franke", S.104-124).
== Andere Texte ==
Manchmal werden auch Texte der [[Smriti]] ("Erinnertes", der weltlichen Tradition zugehörige Texte) zum Veda hinzugezählt (wie das [[Mahabharata]]), hier besteht jedoch kein Konsens.
Zur [[Smriti]] schließlich zählen die Vedangas ("Glieder des Veda"), das sind Hilfswissenschaften zum Verständnis und zur korrekten Überlieferung des Veda. Dazu gehören [[Wikipedia:Phonetik|Phonetik]], [[Wikipedia:Metrik|Metrik]], [[Wikipedia:Grammatik|Grammatik]], [[Wikipedia:Etymologie|Etymologie]], [[Astronomie]] und [[Wikipedia:Ritual|Ritual]].
== Siehe auch ==
*[[Wikipedia:Bedeutung des Veda|Bedeutung des Veda]]
== Literatur ==
*Soami Divyanand: ''Vedamrit - Die Botschaft der Veden''. ISBN 3-926696-03-6 (Übersetzung der Veden auf Deutsch, Bd. 1); ISBN 3-926696-13-3 (Bd. 2); ISBN 3-926696-26-5 (Bd. 3)
*Jutta Marie Zimmermann: ''Vedische Mantras. Begegnung mit dem Yoga.'' CD und Broschüre. Raja-Verlag CD:  ISBN 3-936684-01-4  Broschüre: ISBN 3-936684-00-6
*Wilfried Huchzermeyer: ''Die heiligen Schriften Indiens - Geschichte der Sanskrit-Literatur.''(edition-sawitri.de)  ISBN 3-931172-22-8
*[[Wikipedia:Moritz Winternitz|Moritz Winternitz]]: ''Geschichte der Indischen Literatur'', Leipzig, 1905 - 1922, Vol. I - III. Reprint in englischer Übersetzung: Maurice Winternitz: ''History of Indian Literatur'', Motilal Barnarsidass, Delhi, 1985, Vol I - III
*[[Wikipedia:Sri Aurobindo|Sri Aurobindo]]: ''Das Geheimnis des Veda'', 2. Auflage 1997, Hinder + Deelmann, ISBN 3-873481-65-0
*Klaus J. Bracker: ''Veda und lebendiger Logos. Anthroposophie und Integraler Yoga im Dialog'', Mayer/Info3-Vlg., Frankfurt a.M. 2014, ISBN 978-3-95779-009-5
== Weblinks ==
*[http://www.unesco.org/culture/intangible-heritage/masterpiece.php?id=66&lg=en UNESCO-Seite]
*[http://www.thombar.de Der Rig-Veda] Deutsche Übersetzung
[[Kategorie:Heilige Schrift (Hinduismus)]]
[[Kategorie:Literarisches Werk]]
[[Kategorie:Veden|!]]
[[Kategorie:Shruti]]
{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 2. April 2007, 08:38 Uhr

Shruti (Sanskrit, f., श्रुति, śruti, wörtl.: "das Gehörte")

Shrutis bezeichnen im Hinduismus die Schriften, die die zeitlose Offenbarung berichten und daher unbedingt verbindlich sind. Sie gelten als Weisheiten, welche die Rishis (Weisen) direkt (vom Göttlichen) "gehört" haben. Dies ist im Gegensatz zu den Smritis ("das Erinnerte") zu sehen, die "nur" die überlieferte Tradition berichten, und daher nur verbindlich sind, wenn angenommen wird, dass sie auf Shrutis zurückgehen. Zu den Shrutis zählt der Veda, wenngleich ursprünglich nur die Mantras und die Brahmanas dazu zählten und die Upanishaden und andere Bestandteile des Veda erst später dazu gerechnet wurden.

Die Tatsache, dass die Texte mit dem höchsten Stellenwert als "gehörte" Texte bezeichnet werden, dokumentiert die Wichtigkeit des Hörens im Vergleich zum Niederschreiben, das in Indien erst vergleichsweise spät stattfand. Die Wurzeln der indischen Überlieferungen liegen in einer oralen Tradition, die hierfür ausgefeilte mnemotechnische Methoden erfand.

In der indischen Musik werden Mikrotöne als Shrutis oder auch als Srutis bezeichnet.


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