Ewigkeit

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Die Ewigkeit oder Region der Dauer ist jenes Reich des Geistes, in dem das Phänomen der Zeit keine Rolle mehr spielt. An die Stelle des linearen Zeiterlebens, wie wir es aus dem irdischen Dasein kennen, tritt ein zyklisch in sich selbst zurücklaufendes Erleben, wie es etwa das Bild der Ouroboros-Schlange anzeigt. Die sich in den Schwanz beißende Schlange weist darauf hin, dass dem Ende ein neuer Anfang in ständiger Wiederholung entspricht, dass der Abschluss eines Weges oder Prozesses einen Neubeginn bedeutet. Zusammen mit der Symbolik, die dem Bild der sich ständig häutenden und dadurch verjüngenden Schlange ohnehin zukommt, stellt der Zirkelschluss des Tieres eine aussagekräftige Metapher einer zyklischen Wiederholung dar – etwa des Kreislaufes der Zeiten, der Weltuntergänge und Neuschöpfungen, des Sterbens und der Neugeburt, im weiteren Sinn aber auch, wie schon der einfache Kreis, der Ewigkeit selbst.

"Man erlebt nicht ein Vorher und Nachher, sondern man kann es nicht anders bezeichnen als eine Kreislaufbewegung, bei welcher Anfang, Mitte und Ende eigentlich nicht anders gebraucht werden können, als wenn man sie zusammen gebraucht. Wie beim Kreise, wenn er fertig gezogen ist, von jedem Punkte gesagt werden muß, da fängt er an, und - wenn man herumgegangen ist - da hört er wieder auf - aber von jedem Punkte kann man das sagen - , so ist es bei diesem Erleben. Man hat nicht das Gefühl, daß man eine Zeit durchlebt, sondern eine Kreislaufbewegung durchmacht, einen Zyklus beschreibt - und verliert bei diesem Erleben vollständig das Gefühl für die Zeit, die man gewöhnlich im Sinnensein hat. Man hat nur das Gefühl: Du bist in der Welt, und die Welt hat zu ihrem Grundcharakter das Zyklische, das Kreishafte. Und ein Wesen, welches nie die Erde betreten haben würde, welches nie im Sinnensein gewesen wäre, sondern nur in dieser Welt immer gelebt hätte, würde nie auf den Gedanken kommen, die Welt habe einmal einen Anfang genommen und könne gegen ein Ende zulaufen, sondern es würde sich ihm immer nur eine in sich geschlossene Kreis weit darstellen. Ein solches Wesen hätte gar keine Veranlassung zu sagen, es erstrebe die Ewigkeit, aus dem einfachen Grunde, weil überall alles ewig ist, weil nirgends etwas ist, über das man hinaussehen könnte als über etwas Zeitliches in etwas Ewiges hinein." (Lit.: GA 138, S 92ff)

Es ist nicht so, dass es in der Region der Dauer keine Bewegung gäbe. Das Wesen des Geistes, der der Ewigkeit angehört, ist rastlose unaufhörliche Bewegung, die aber zugleich als absolute Ruhe empfunden wird, solange alle Wesen diese Bewegung gleichmaßen mitmachen. Erst wo Bewegungsunterschiede entstehen, weil nicht mehr alle Wesen dieses rastlose Tempo mitmachen können, wird die Bewegung auch als solche empfunden - und damit tritt die Zeit in Erscheinung.

Auf dem alten Saturn trat die wesenhafte Zeit als die Gemeinschaft der Archai in Erscheinung, indem die Throne ihre Willenssubstanz als Wärme den Cherubim hinopferten und dadurch die Evolution unseres ganzen Planetensystems in Gang brachten. Dadurch waren aber die Cherubim selbst in den Bereich der Zeitlichkeit eingetreten. Beim Übergang von der alten Sonne zum alten Mond entwickelte jedoch ein Teil der Cherubim die geistige Tugend der schöpferischen Resignation und verzichtete darauf, das Willensopfer der Throne anzunehmen. Dadurch hoben sie sich aus dem Bereich der Zeitlichkeit heraus und traten in die Ewigkeit ein. In der zurückgewiesenen und damit von den Cherubim unabhängig gewordenen Opfersubstanz der Throne konnten sich Wesen aus der Hierarchie der Angeloi verkörpern und hier ihre Selbstständigkeit entwickeln. Sie wurden dadurch zu luziferischen Wesenheiten. Unser Erleben der Zeitlichkeit ist zurückzuführen auf den luziferischen Einfluss in der Sinneswelt:

"Was dem Dasein zugrunde liegt - Augenblick und Ewigkeit - , ist immer und überall. Die Frage kann nicht anders gestellt sein als: Wie kommt es, daß die Ewigkeit einmal als Augenblick erscheint, daß das Ewige einmal zeitlich erscheint, und daß ein Wesen in der Welt die Gestalt des Zeitlichen annimmt? Das kommt von nichts anderem als davon her, daß unser Sinnensein überall, wo es auftritt, von luziferischen Wesenheiten zugleich durchsetzt ist. Und soweit das luziferische Wesen hereinspielt, soweit wird die Ewigkeit zur Zeitlichkeit gemacht. Sie müssen also sagen: Ein Wesen, das irgendwo in der Zeit auftritt, ist soviel ein ewiges Wesen, als es sich zu befreien vermag von dem luziferischen Dasein, und es ist ebensoviel ein zeitliches Wesen, als es unterliegt dem luziferischen Dasein [...] Der Mensch ist ein Wesen, zu dessen ganzer Natur fortschreitende göttliche Wesen und luziferische Wesen mitwirken müssen. Und insofern fortschreitende göttliche Wesen in ihm sind, ringt sich ein Teil seines Wesens so los von allem, was daran luziferisch ist, daß es der Ewigkeit teilhaftig ist. Insofern die göttlichen Wesen wirken, hat der Mensch Anteil an dem Ewigen; insofern die luziferische Welt in ihm wirkt, gliedert sich an die Menschenwesenheit alles an, was mit Vergänglichkeit und Zeitlichkeit verbunden ist.

Also als ein Zusammenwirken verschiedenartiger Wesenheiten erscheinen Ewigkeit und Zeitlichkeit. In den höheren Welten hat es auch keinen Sinn mehr, von solchen abstrakten Gegensätzen zu sprechen wie Ewigkeit und Zeitlichkeit; die hören auf, in den höheren Welten einen Sinn zu haben. Da muß man von Wesenheiten sprechen. Deshalb spricht man von fortschreitenden göttlichen Wesenheiten und von luziferischen Wesenheiten. Weil die in den höheren Welten da sind, spiegelt sich ihr Verhältnis zueinander als der Gegensatz von Ewigkeit und Zeitlichkeit." (Lit.: GA 138, S 96)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Von der Initiation. Von Ewigkeit und Augenblick. Von Geisteslicht und Lebensdunkel., GA 138 (1986)
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.