Einsicht und Orphiker: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Einsicht''' ({{ELSalt|έπινοια}}, ''epinoia'') im [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]] Sinn ist gegeben, wenn ein bestimmter, begrenzter Bereich der [[Wirklichkeit]] durch das erkennende [[Ich]] in seinem [[begriff]]lichen Zusammenhang ''schlagartig'', ''unmittelbar'' und hinreichend ''vollständig'' klar [[bewusst]] überschaut wird. Einsicht ist entweder das Ergebnis eines vorangegangenen [[diskursiv]]en [[Denken|Denkprozesses]] oder unmittelbar durch [[Intuition]] gegeben, wobei Intuition nach [[Rudolf Steiner]] aufzufassen ist als
[[Datei:Orpheus_Mosaik.jpg|thumb|300px|[[Orpheus]] besänftigt die wilden Tiere durch sein Saitenspiel (antikes römisches Mosaik aus [[Wikipedia:Palermo|Palermo]])]]
Die '''Orphiker''' waren [[Geistesschüler]] des von dem legendären Sänger und [[Eingeweihter|Eingeweihten]] [[Orpheus]] begründeten [[Mysterienkult]]s.


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== Lehre und Verbreitung ==
"... das im rein Geistigen verlaufende bewußte Erleben eines rein geistigen Inhaltes." {{Lit|{{G|004|146}}}}
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'''Epinoia''' kann auch als ''„Nachsehung“'' aufgefasst werden, als Einsicht in das bereits Gewordene, Verwirklichte - und ist damit ein Gegenbegriff zur [[Pronoia]] (), der ''„[[Vorsehung]]“'', aus der das noch nicht Geschaffene, das noch nicht Verwirklichte [[Schöpfung|schöpferisch]] gestaltet wird. In verschiedenen [[Gnosis|gnostischen]] Systemen erscheinen ''Pronoia'' und/oder ''Epinoia'' in etwa diesem Sinn als [[wesen]]hafte [[Äon]]en, die aus dem «unbekannten Gott» [[Emanation|emaniert]] wurden.  
Die [[Orphik]] verbreitete sich seit dem [[Wikipedia:7. Jahrhundert v. Chr.|7. Jahrhundert v. Chr.]] von [[Wikipedia:Thrakien|Thrakien]] aus über die von Griechen besiedelten Gebiete. Ihre Lehre war für das diesseitsorientierte antike Griechentum ungewöhnlich.
 
Nach Auffassung der Orphiker trägt der Mensch von [[Dionysos]] Göttliches und Gutes in sich, von den [[Titanen]] Böses und Verwerfliches. Die im menschlichen Körper eingekerkerte [[Seele]] kann ihr Gefängnis nur durch die Einhaltung ''orphischer Lebensweise'' und nach mehreren Wiedergeburten verlassen. Diese [[Seelenwanderung]] kann durch sittlich einwandfreies Leben und die Einhaltung [[Askese|asketischer]] Vorschriften abgekürzt werden. Dann wird ein glückseliges Leben im Jenseits erreicht.
 
Die Orphik beeinflusste die im [[Wikipedia:6. Jahrhundert v. Chr.|6. Jahrhundert v. Chr.]] gegründete religiöse Bruderschaft der [[Pythagoras|Pythagoreer]], die ebenfalls den Glauben an Seelenwanderung und Unterweltstrafen vertrat.
In der [[Wikipedia:Philosophie|Philosophie]] waren sie außerdem über [[Wikipedia:Xenophanes|Xenophanes]] und die [[Wikipedia:Eleaten|Eleaten]] wirksam, die ihre Betonung der Einheit von Gottheit und Welt übernahmen.
 
Im Umfeld der Orphik zu sehen sind die [[Wikipedia:Orphische Dichtung|orphischen Dichtungen]], dem Sänger Orpheus zugeschriebene Dichtungen, von denen nur ein kleiner Teil überliefert ist.
 
== Besonderheiten ==
Die Hauptunterschiede zwischen dem Glauben der Orphiker und dem generellen griechischen Glauben:
*dass die Seele an sich göttlich und unsterblich ist, aber für eine Weile (durch [[Seelenwanderung]]) einen „schmerzhaften Kreislauf“ von Leben und Tod durchmachen muss;
*dass sie durch asketischen Lebenswandel und geheime Einweihungsriten schließlich aus diesem schmerzhaften Kreislauf entlassen werden und in Verbindung mit den Göttern treten kann;
*dass sie für gewisse Vergehen Strafen nach dem Tod erleiden kann.
 
==Nachweise==
Eindeutig orphische Ansichten und Praktiken sind schon bei [[Wikipedia:Herodot|Herodot]], [[Wikipedia:Euripides|Euripides]] und [[Platon]] zu finden. Durch den 2006 veröffentlichten [[Wikipedia:Derveni-Papyrus|Derveni-Papyrus]] lässt sich die orphische Mythologie in das vierte vorchristliche Jahrhundert zurückverfolgen, sie ist aber vermutlich viel älter.<ref>Kirk, Raven, & Schofield, ''The Presocratic Philosophers'' (Cambridge, 1983, 2nd edition), S. 30-31</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Orpheus]]
* [[Wikipedia:Orphische Dichtung|Orphische Dichtung]]
* [[Hermetismus]]
* [[Mysterium]]
==Literatur==


* [[Aha-Erlebnis]]
* Robert Parker: ''Early Orphism'', in: Anton Powell (Hg.): The Greek World, London/New York: Routledge 1995
* [[Anschauende Urteilskraft]]
* Johanna J.S. Aulich: ''Orphische Weltanschauung der Antike und ihr Erbe bei den Dichtern Nietzsche, Hölderlin, Novalis und Rilke'', Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 1998
* [[Ennoia]]
* [[Evidenz]]
* [[Heureka]]
* [[Intellektuelle Anschauung]]
* [[Intuition]]
* [[Pronoia]]
* [[Vipassana]]


==Literatur==
==Einzelnachweise==
# Rudolf Steiner: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4; '''Tb 627''', ISBN 978-3-7274-6271-9 {{Schriften|004}}
<references />


{{GA}}
[[Kategorie:Schulungsweg]] [[Kategorie:Orphik]]


[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]]
{{Wikipedia}}

Version vom 20. März 2011, 01:21 Uhr

Datei:Orpheus Mosaik.jpg
Orpheus besänftigt die wilden Tiere durch sein Saitenspiel (antikes römisches Mosaik aus Palermo)

Die Orphiker waren Geistesschüler des von dem legendären Sänger und Eingeweihten Orpheus begründeten Mysterienkults.

Lehre und Verbreitung

Die Orphik verbreitete sich seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. von Thrakien aus über die von Griechen besiedelten Gebiete. Ihre Lehre war für das diesseitsorientierte antike Griechentum ungewöhnlich.

Nach Auffassung der Orphiker trägt der Mensch von Dionysos Göttliches und Gutes in sich, von den Titanen Böses und Verwerfliches. Die im menschlichen Körper eingekerkerte Seele kann ihr Gefängnis nur durch die Einhaltung orphischer Lebensweise und nach mehreren Wiedergeburten verlassen. Diese Seelenwanderung kann durch sittlich einwandfreies Leben und die Einhaltung asketischer Vorschriften abgekürzt werden. Dann wird ein glückseliges Leben im Jenseits erreicht.

Die Orphik beeinflusste die im 6. Jahrhundert v. Chr. gegründete religiöse Bruderschaft der Pythagoreer, die ebenfalls den Glauben an Seelenwanderung und Unterweltstrafen vertrat. In der Philosophie waren sie außerdem über Xenophanes und die Eleaten wirksam, die ihre Betonung der Einheit von Gottheit und Welt übernahmen.

Im Umfeld der Orphik zu sehen sind die orphischen Dichtungen, dem Sänger Orpheus zugeschriebene Dichtungen, von denen nur ein kleiner Teil überliefert ist.

Besonderheiten

Die Hauptunterschiede zwischen dem Glauben der Orphiker und dem generellen griechischen Glauben:

  • dass die Seele an sich göttlich und unsterblich ist, aber für eine Weile (durch Seelenwanderung) einen „schmerzhaften Kreislauf“ von Leben und Tod durchmachen muss;
  • dass sie durch asketischen Lebenswandel und geheime Einweihungsriten schließlich aus diesem schmerzhaften Kreislauf entlassen werden und in Verbindung mit den Göttern treten kann;
  • dass sie für gewisse Vergehen Strafen nach dem Tod erleiden kann.

Nachweise

Eindeutig orphische Ansichten und Praktiken sind schon bei Herodot, Euripides und Platon zu finden. Durch den 2006 veröffentlichten Derveni-Papyrus lässt sich die orphische Mythologie in das vierte vorchristliche Jahrhundert zurückverfolgen, sie ist aber vermutlich viel älter.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Robert Parker: Early Orphism, in: Anton Powell (Hg.): The Greek World, London/New York: Routledge 1995
  • Johanna J.S. Aulich: Orphische Weltanschauung der Antike und ihr Erbe bei den Dichtern Nietzsche, Hölderlin, Novalis und Rilke, Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 1998

Einzelnachweise

  1. Kirk, Raven, & Schofield, The Presocratic Philosophers (Cambridge, 1983, 2nd edition), S. 30-31


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