Dis Pater und Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Joachim Stiller
 
imported>Joachim Stiller
(Die Seite wurde neu angelegt: „'''Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft''' (Abk. MAN) ist der Titel eines Buchs des Philosophen Immanuel Kant. Es erschien 1786, ein Jahr…“)
 
Zeile 1: Zeile 1:
Der [[Wikipedia:Römische Religion|römische Gott]] '''Dis Pater''' (auch ''Dispater'' oder verkürzt ''Dis'')  war ein anderer Name (bzw. eine Facette) der Götter der [[Unterwelt]] [[Pluton|Pluto]]  und [[Orcus]]. Auch er wurde als  Herrscher der Unterwelt angesehen. Sein Kult wurde in Rom, gleich dem der [[Proserpina]], erst aus Anordnung der [[Sibyllinische Bücher|Sibyllinischen Bücher]] 249 v. Chr. in den ersten Zeiten der römischen Republik als Staatskult eingeführt.
'''Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft''' (Abk. MAN) ist der Titel eines Buchs des [[Philosoph]]en [[Immanuel Kant]]. Es erschien 1786, ein Jahr vor Herausgabe der zweiten Auflage der [[Kritik der reinen Vernunft]] (KrV).


Außer einer Kapelle neben dem Altar des [[Saturn (Mythologie)|Saturnus]] hatte er auf dem [[Wikipedia:Campus Martius|Marsfeld]] gemeinschaftlich mit Proserpina einen unterirdischen Altar, der nur aufgedeckt wurde, wenn man opferte (z. B. bei den Säkularspielen). Geopfert wurden ihm schwarze Tiere.
Das Buch ist die Anwendung der in der KrV erarbeiteten Prinzipien über die menschliche Erkenntnis auf den Bereich der [[Physik]]. Bereits in der KrV hatte Kant gesagt, dass es sich bei dieser nicht um ein philosophisches [[System]] handele, sondern um einen "Traktat von der [[Methode (Erkenntnistheorie)|Methode]]". Die MAN sind eine Anwendung dieser Methode. Sie zeigen, wie die Grundsätze der Erkenntnis a priori als Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis der Natur gültig sind. Kant ging dabei davon aus, dass die von [[Isaac Newton]] formulierten Gesetze eine tatsächliche Beschreibung der Natur darstellen. Entsprechend der Unterteilung der [[Kategorie (Philosophie)|Kategorien]] suchte Kant nach den Prinzipien, die der Physik a priori zugrunde liegen. Die der MAN zugrunde liegende [[Prämisse]] besagt, Bewegung sei die Grundbestimmung von sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen. Daher müsse der Begriff der Materie in Hinblick auf die darin enthaltenen vier Kategorienbereiche untersucht werden. Kant entwickelte entsprechend vier Untersuchungsbereiche.


[[Wikipedia:Gaius Iulius Caesar|Caesar]] berichtet in seinem Werk ''[[Wikipedia:De bello Gallico|De bello Gallico]]'', dass die [[Wikipedia:Gallien|gallischen Kelten]] Dis Pater für den Stammvater ihres Volks gehalten hätten. Mit welchem [[Wikipedia:Keltische Gottheiten|keltischen Gott]] Dis Pater hier identifiziert wird, lässt sich nicht mehr zweifelsfrei rekonstruieren, einige Inschriften deuten auf [[Wikipedia:Sucellus|Sucellus]] hin.<ref>Caesar, ''de bello Gallico'' 6,18. Vgl. dazu [[Wikipedia:Bernhard Maier (Religionswissenschaftler)|Bernhard Maier]], ''Dis Pater'', in: Bernhard Maier, ''Lexikon der keltischen Religion und Kultur'', Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1994, S. 100.</ref> Andere Forscher glauben, dass der Hirschgott [[Wikipedia:|Cernunnos]] gemeint war.<ref>[[Wikipedia:Alexander Demandt|Alexander Demandt]], ''Die Kelten'', 6. Auflage, C.H. Beck, München  2006, S. 10.</ref>
* I. Bewegung als [[Quantität]] ist [[Kinematik|Phoronomie]]
*: Richtung und Geschwindigkeit kennzeichnen die relative Position eines Gegenstandes im Raum.
 
* II. Bewegung als [[Qualität]] ist [[Dynamik (Physik)|Dynamik]].
*: Anziehung und Zurückstoßung sind die Grundlagen der Raumerfüllung. Die Anziehung ist die Kraft der [[Gravitation]]. Kant (nicht, wie vielfach behauptet wird, Newton) formuliert als Erster das Konzept der ''instantanen Fernwirkung''. Im Zweiten Hauptstück "Dynamik" (ein Terminus von Leibniz, siehe dessen ''Specimen Dynamicum'' von 1695) schreibt Kant in "Lehrsatz 7": "Die ''aller Materie wesentliche Anziehung'' ist eine unmittelbare Wirkung derselben auf andere durch den leeren Raum".
 
* III. Bewegung der [[Relation]] ist [[Mechanik]].
*: In grober Anlehnung an Newton formulierte Kant drei Grundprinzipien der Mechanik.
:# Bei Veränderungen bleibt die Quantität der Materie unverändert.
:# Alle Veränderung von Materie hat eine äußere Ursache.
:# Bei Veränderungen sind Wirkung und Gegenwirkung identisch.
 
* IV. Bewegung als [[Modalität (Philosophie)|Modalität]] ist [[Phänomenologie]].
*: In Hinblick auf die Modalität wird Materie als möglicher Gegenstand der Erfahrung untersucht.
 
Kant betrachtete Physik als „strenge Wissenschaft“. Hiermit verband er die Auffassung, dass die Prinzipien der Physik vollständig und unbezweifelbar in einer mathematischen Formulierung darstellbar sind. Im Opus postumum Kants finden sich Aufzeichnungen, die zeigen, dass er die in den MAN aufgestellten Prinzipien nicht als endgültig betrachtete. In der Praxis haben die Grundsätze der MAN nur wenig Beachtung gefunden. Insbesondere seit der Aufstellung der [[Relativitätstheorie]] und der [[Quantenphysik]] gelten Kants Überlegungen zu den Grundprinzipien der Physik als überholt.<ref>[[Karen Gloy]]: Kant und die Naturwissenschaften – ihre Bedeutung für die Gegenwart, in: Andreas Lorenz (Hrsg.): Transzendentalphilosophie heute: Breslauer Kant-Symposium 2004, Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, 39–58.</ref>
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Metaphyische Anfangsgründe der Naturwissenschaft}}


== Literatur ==
== Literatur ==
 
* [[Immanuel Kant]]: [http://www.philosophiebuch.de/metannat.htm Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft] bei Philosophiebuch.de
* [[Wikipedia:Pierre Grima|l]]: ''The Dictionary of Classical Mythology''. Basil Blackwell, Oxford 1986, ISBN 0-631-13209-0, S. 141, 177.
* Erich Adickes: ''Kants Opus postumum'', dargestellt und beurteilt - Berlin : Reuther & Reichard, 1920. (Kant-Studien. Ergänzungshefte ; Nr. 50) - 855 Seiten
* Ernest Nash: ''Pictorial Dictionary of Ancient Rome''. Bd. 1A. Zwemmer, London 1962, ISBN 0-87817-265-3, S. 57.
* [[Otfried Höffe]]: ''Immanuel Kant'', 7. Aufl. Beck, München 2007, ISBN 978-3406547621
* Lawrence Richardson Jr.: ''A New Topographical Dictionary of Ancient Rome''. Thames and Hudson, London 1992, ISBN 0-8018-4300-6, S. 110–111.
* Holger Lyre: [http://www.lyre.de/Lyre-DZPhil2006.pdf Kants „Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft“: gestern und heute] (PDF; 281&nbsp;kB), in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 54 (3 /2006), 1–16
* Miranda J. Green: ''Dictionary of Celtic Myth and Legend''. Thames and Hudson, London 1992, ISBN 0-500-01516-3, S. 81–82.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


[[Kategorie:Römische Gottheit]]
{{Navigationsleiste Immanuel Kant}}
[[Kategorie:Totengottheit]]
{{Normdaten|TYP=w|GND=4290889-9|LCCN=n/94/008533|VIAF=178303536}}
[[Kategorie:Männliche Gottheit]]


{{SORTIERUNG:Metaphysische Anfangsgrunde Der Naturwissenschaft}}
[[Kategorie:Sachliteratur (Physik)]]
[[Kategorie:Geschichte der Physik]]
[[Kategorie:Wissenschaftstheorie]]
[[Kategorie:Werk von Immanuel Kant]]
[[Kategorie:Philosophisches Werk]]
[[Kategorie:Metaphysik]]
{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 13. März 2022, 20:17 Uhr

Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (Abk. MAN) ist der Titel eines Buchs des Philosophen Immanuel Kant. Es erschien 1786, ein Jahr vor Herausgabe der zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft (KrV).

Das Buch ist die Anwendung der in der KrV erarbeiteten Prinzipien über die menschliche Erkenntnis auf den Bereich der Physik. Bereits in der KrV hatte Kant gesagt, dass es sich bei dieser nicht um ein philosophisches System handele, sondern um einen "Traktat von der Methode". Die MAN sind eine Anwendung dieser Methode. Sie zeigen, wie die Grundsätze der Erkenntnis a priori als Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis der Natur gültig sind. Kant ging dabei davon aus, dass die von Isaac Newton formulierten Gesetze eine tatsächliche Beschreibung der Natur darstellen. Entsprechend der Unterteilung der Kategorien suchte Kant nach den Prinzipien, die der Physik a priori zugrunde liegen. Die der MAN zugrunde liegende Prämisse besagt, Bewegung sei die Grundbestimmung von sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen. Daher müsse der Begriff der Materie in Hinblick auf die darin enthaltenen vier Kategorienbereiche untersucht werden. Kant entwickelte entsprechend vier Untersuchungsbereiche.

  • I. Bewegung als Quantität ist Phoronomie
    Richtung und Geschwindigkeit kennzeichnen die relative Position eines Gegenstandes im Raum.
  • II. Bewegung als Qualität ist Dynamik.
    Anziehung und Zurückstoßung sind die Grundlagen der Raumerfüllung. Die Anziehung ist die Kraft der Gravitation. Kant (nicht, wie vielfach behauptet wird, Newton) formuliert als Erster das Konzept der instantanen Fernwirkung. Im Zweiten Hauptstück "Dynamik" (ein Terminus von Leibniz, siehe dessen Specimen Dynamicum von 1695) schreibt Kant in "Lehrsatz 7": "Die aller Materie wesentliche Anziehung ist eine unmittelbare Wirkung derselben auf andere durch den leeren Raum".
  • III. Bewegung der Relation ist Mechanik.
    In grober Anlehnung an Newton formulierte Kant drei Grundprinzipien der Mechanik.
  1. Bei Veränderungen bleibt die Quantität der Materie unverändert.
  2. Alle Veränderung von Materie hat eine äußere Ursache.
  3. Bei Veränderungen sind Wirkung und Gegenwirkung identisch.
  • IV. Bewegung als Modalität ist Phänomenologie.
    In Hinblick auf die Modalität wird Materie als möglicher Gegenstand der Erfahrung untersucht.

Kant betrachtete Physik als „strenge Wissenschaft“. Hiermit verband er die Auffassung, dass die Prinzipien der Physik vollständig und unbezweifelbar in einer mathematischen Formulierung darstellbar sind. Im Opus postumum Kants finden sich Aufzeichnungen, die zeigen, dass er die in den MAN aufgestellten Prinzipien nicht als endgültig betrachtete. In der Praxis haben die Grundsätze der MAN nur wenig Beachtung gefunden. Insbesondere seit der Aufstellung der Relativitätstheorie und der Quantenphysik gelten Kants Überlegungen zu den Grundprinzipien der Physik als überholt.[1]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Karen Gloy: Kant und die Naturwissenschaften – ihre Bedeutung für die Gegenwart, in: Andreas Lorenz (Hrsg.): Transzendentalphilosophie heute: Breslauer Kant-Symposium 2004, Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, 39–58.
Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.