Simonianer und Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Simonianer''' waren eine [[Gnosis|gnostische]] Sekte, die sich auf den in der [[Wikipedia:Apostelgeschichte|Apostelgeschichte]] erwähnten [[Simon Magus]] als Gründer beriefen. Der '''Simonianismus''', der in Konkurrenz zum beginnenden Christentum  stand, blühte im [[Wikipedia:2. Jahrhundert|2. Jahrhundert]]s vor allem in [[Wikipedia:Syrien|Syrien]], im manchen Gegenden [[Wikipedia:Kleinasien|Kleinasien]]s und in [[Wikipedia:Rom|Rom]]. Reste dieser Anschauungen blieben bis ins [[Wikipedia:4. Jahrhundert|4. Jahrhundert]] erhalten.
'''Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft''' (Abk. MAN) ist der Titel eines Buchs des [[Philosoph]]en [[Immanuel Kant]]. Es erschien 1786, ein Jahr vor Herausgabe der zweiten Auflage der [[Kritik der reinen Vernunft]] (KrV).


== Die große Offenbarung ==
Das Buch ist die Anwendung der in der KrV erarbeiteten Prinzipien über die menschliche Erkenntnis auf den Bereich der [[Physik]]. Bereits in der KrV hatte Kant gesagt, dass es sich bei dieser nicht um ein philosophisches [[System]] handele, sondern um einen "Traktat von der [[Methode (Erkenntnistheorie)|Methode]]". Die MAN sind eine Anwendung dieser Methode. Sie zeigen, wie die Grundsätze der Erkenntnis a priori als Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis der Natur gültig sind. Kant ging dabei davon aus, dass die von [[Isaac Newton]] formulierten Gesetze eine tatsächliche Beschreibung der Natur darstellen. Entsprechend der Unterteilung der [[Kategorie (Philosophie)|Kategorien]] suchte Kant nach den Prinzipien, die der Physik a priori zugrunde liegen. Die der MAN zugrunde liegende [[Prämisse]] besagt, Bewegung sei die Grundbestimmung von sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen. Daher müsse der Begriff der Materie in Hinblick auf die darin enthaltenen vier Kategorienbereiche untersucht werden. Kant entwickelte entsprechend vier Untersuchungsbereiche.
[[Wikipedia:Hippolyt von Rom|Hippolyt von Rom]] gab in seiner ''Widerlegung aller Häresien'' (''Refutatio omnium haeresium'') einen ausführlichen Bericht<ref>Hippolytus von Rom: ''Widerlegung aller Häresien'' (''Refutatio omnium haeresium''), bekannt auch als [[Philosophumena]] ({{ELSalt|Φιλοσοφούμενα}}) [http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-2.htm Ref. VI,7-20] in der [http://www.unifr.ch/bkv Bibliothek der Kirchenväter]</ref> über die Lehren des Simon, die in der „Großen Offenbarung“ ({{ELSalt|Αποφασις μεγάλε}}, ''Apophasis megale'') festgehalten sind und die Hippolyt als frühe Form des [[Valentinianismus]] ansieht. Es handel sich um eine Mischung aus [[Wikipedia:Hellenismus|hellenistischen]], [[Mittelplatonismus|mittel]]- bzw. [[Neuplatonismus|neuplatonistischen]] und [[Judentum|jüdischen]] Elementen, verbunden mit einer [[Allegorie|allegorisierenden]] Auslegung der [[Wikipedia:Bibel|biblischen]] [[Schöpfungsgeschichte]].


=== Das Feuer als Schöpfungsursprung ===
* I. Bewegung als [[Quantität]] ist [[Kinematik|Phoronomie]]
*: Richtung und Geschwindigkeit kennzeichnen die relative Position eines Gegenstandes im Raum.


Ausgehend von {{B|5 Mos|4|24|LUT}}: ''„Denn der HERR, dein Gott, ist ein verzehrendes Feuer und ein eifernder Gott“'' und mit Bezug auf die Lehre [[Heraklit]]s sieht Simon im [[Feuer]] den Ursprung aller Dinge, das für ihn aber kein ''einfaches'' Wesen ist, sondern, anklingend an die [[Akt und Potenz]]-Lehre des [[Aristoteles]], zwei Naturen in sich trägt, eine ''offenbare'', die äußerlich in Erscheinung tritt, und eine ''verborgene'', rein [[geist]]ige Natur. Dieses ''vollkommene'' und ''vernüftige'' ([http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-6.htm Ref. VI,11]) ''überhimmlische Feuer'' ist die Quelle allen [[Sein]]s, was Hippolyt wie folgt kommentiert:
* II. Bewegung als [[Qualität]] ist [[Dynamik (Physik)|Dynamik]].
*: Anziehung und Zurückstoßung sind die Grundlagen der Raumerfüllung. Die Anziehung ist die Kraft der [[Gravitation]]. Kant (nicht, wie vielfach behauptet wird, Newton) formuliert als Erster das Konzept der ''instantanen Fernwirkung''. Im Zweiten Hauptstück "Dynamik" (ein Terminus von Leibniz, siehe dessen ''Specimen Dynamicum'' von 1695) schreibt Kant in "Lehrsatz 7": "Die ''aller Materie wesentliche Anziehung'' ist eine unmittelbare Wirkung derselben auf andere durch den leeren Raum".


{{Zitat|Simon deutet das Gesetz Mosis sinnlos und böswillig um: Wenn Moses sagt, daß „Gott ein verbrennendes und verzehrendes Feuer ist“<ref>{{B|5 Mos|4|24}}</ref>, so behauptet Simon unter falscher Übernahme des Wortes des Moses, Feuer sei das Prinzip des Alls, und bedenkt dabei nicht, daß von Gott nicht gesagt ist, er sei Feuer, sondern ein verbrennendes und verzehrendes Feuer, und zerreißt so nicht nur das Gesetz des Moses selbst, sondern holt auch noch den dunklen Heraklitus zu sich herüber. Simon sagt weiter, das Prinzip des Alls sei eine unendliche Kraft, mit folgenden Worten: „Dies ist das Buch der Offenbarung der Stimme und des Namens aus der Erkenntnis der großen unendlichen Kraft. Deswegen wird es versiegelt, verborgen, verhüllt werden und in dem Raume liegen, wo die Wurzel des Alls sich gründet.“ Er sagt, der Raum sei dieser Mensch, aus Geblüt erzeugt, und in ihm wohne die unendliche Kraft, die die Wurzel des Alls ist. Diese unendliche Kraft ist das Feuer; nach Simon ist es nicht etwas Einfaches; die meisten anderen, die behaupten, die vier Elemente seien einfach, sind auch der Ansicht, das Feuer sei einfach; er aber meint, das Feuer habe gewissermaßen eine zweifache Natur, und einen Teil dieser Doppelnatur nennt er den verborgenen, den anderen den in Erscheinung tretenden; das Verborgene sei in dem, was am Feuer in Erscheinung tritt, verborgen, und das in Erscheinung Tretende des Feuers stamme aus dem Verborgenen. Es ist das, was Aristoteles Kraft (Potenz) und Wirkung (Aktualität) nennt, oder Plato das Erkennbare und das Fühlbare. Das, was vom Feuer in Erscheinung tritt, schließt alles in sich, was immer einer an sichtbaren Dingen wahrnimmt oder vielleicht übersieht; das Verborgene schließt alles in sich, was einer als geistig erkennbar und sich der sinnlichen Wahrnehmung entziehend wahrnimmt oder was er, ohne es wahrzunehmen, übersieht. Abschließend kann man sagen: Die Schatzkammer für alles Bestehende, sinnlich oder geistig Wahrnehmbare, das Simon verborgen oder in Erscheinung tretend nennt, ist das überhimmlische Feuer; es ist gleich dem großen Baum, den Nabuchodonosor im Traum geschaut<ref>{{B|Dan|4|7— 9}}</ref> , von dem alles Fleisch ernährt wird.|Hippolyt von Rom|[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-4.htm Ref. VI,9]}}
* III. Bewegung der [[Relation]] ist [[Mechanik]].
*: In grober Anlehnung an Newton formulierte Kant drei Grundprinzipien der Mechanik.
:# Bei Veränderungen bleibt die Quantität der Materie unverändert.
:# Alle Veränderung von Materie hat eine äußere Ursache.
:# Bei Veränderungen sind Wirkung und Gegenwirkung identisch.


=== Die «sechs Wurzeln» und der «Siebente» ===
* IV. Bewegung als [[Modalität (Philosophie)|Modalität]] ist [[Phänomenologie]].
*: In Hinblick auf die Modalität wird Materie als möglicher Gegenstand der Erfahrung untersucht.


Aus dem ''ungezeugten'' Feuer entspringt die ''gezeugte'' Welt in sechs ''Wurzeln'' (bei den [[Valentinianer]]n werden sie später [[Äon]]en genannt), die drei männlich-weibliche Paare bilden: ''[[Nus]]'' (Verstand) und ''[[Epinoia]]'' (Vorstellung, Einsicht), ''[[Phone]]'' (Stimme, Laut) und ''Onoma'' (Name), ''Logismos'' (Urteil) und ''[[Enthymesis]]'' (Erwägung). In ihnen vereinigt sich - zunächst nur als [[Möglichkeit]] ([[Potenz]]) - der Siebente, die «unendliche Kraft» ({{ELSalt|δύναμις}}, ''dýnamis''): ''„Diese unendliche Kraft nennt er den, der steht, gestanden ist, stehen wird.“'' ([http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-7.htm Ref. VI,12]) ''„Wenn dieser, der in den sechs Wurzeln sich befindet, ausgeprägt sein wird, so wird er im Wesen, in der Kraft, in der Größe und Vollendung ein und dasselbe wie die unerzeugte und unendliche Kraft sein, in nichts hinter der unerzeugten, unvergleichlichen, unendlichen Kraft zurückstehend.“'' ([http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-7.htm Ref VI,12])
Kant betrachtete Physik als „strenge Wissenschaft“. Hiermit verband er die Auffassung, dass die Prinzipien der Physik vollständig und unbezweifelbar in einer mathematischen Formulierung darstellbar sind. Im Opus postumum Kants finden sich Aufzeichnungen, die zeigen, dass er die in den MAN aufgestellten Prinzipien nicht als endgültig betrachtete. In der Praxis haben die Grundsätze der MAN nur wenig Beachtung gefunden. Insbesondere seit der Aufstellung der [[Relativitätstheorie]] und der [[Quantenphysik]] gelten Kants Überlegungen zu den Grundprinzipien der Physik als überholt.<ref>[[Karen Gloy]]: Kant und die Naturwissenschaften – ihre Bedeutung für die Gegenwart, in: Andreas Lorenz (Hrsg.): Transzendentalphilosophie heute: Breslauer Kant-Symposium 2004, Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, 39–58.</ref>


Der, ''„der steht, gestanden ist, stehen wird“'' ist das unverderbte Bild des ewig Beständigen, der unerzeugt und unvergänglich, ewig in sich gleich ist, der Unbewegte, der alles in Bewegung setzt, der «unbewegte Beweger», wie ihn [[Aristoteles]] genannt hat, der ''Nicht''-Seiende, der alles [[Sein]] erzeugt, vergleichbar dem [[Ain]] ({{HeS|אין|Nichts}}) der [[Kabbala]] oder dem [[Nirvana]]. Er ist das [[Nichts]], das durch sein „Schweigen“ ([[Sige]] {{ELSalt|σιγή}}, „Stille, Schweigen“) gegenwärtig wird (siehe unten). Er ist die [[Mann|männliche]] Seite der unbegrenzten [[Schöpferkraft]], die sich durch ihre Tätigkeit in seinem [[weib]]lichen Gegenbild objektiviert, so wie sich das aktive [[Denken]] im Gedachten, d.h. im gewordenen, passiven [[Gedanke]]n objektiviert und darin spiegelt und so das [[Bewusstsein seiner selbst]] erweckt. So bringt der ''Nus'' die ''Epinoia'', d.h. die [[Einbildung]], hervor, die Stimme (''Phone'') den [[Name]]n und die [[Urteilskraft]] das ''Erwogene'', die ''Erwägung''.
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Metaphyische Anfangsgründe der Naturwissenschaft}}
''Nus'' und ''Epinoia'' sind zugleich [[Himmel]] und [[Erde (Planet)|Erde]], ''Phone'' und ''Onoma'' sind [[Sonne]] und [[Mond]] und ''Logismos'' und ''Enthymesis'' [[Luft]] und [[Wasser]], wobei allen die «unendliche Kraft» beigemischt ist. ([http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-8.htm Ref. VI,13]) Gemeinsam entsprechen sie den [[Schöpfungstage]]n der [[Wikipedia:Bibel|Bibel]].
 
=== Das Paradies ===
Von dem Siebenten heißt es in der Genesis: „Und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser“ {{Bibel|1 Mos|1|2|LUT}} Er ist das unverderbte Bild des unendlichen, unerzeugten Gottes. Es wirkt auch in jedem Kind, das im Mutterschoß heranreift. Simon vergleicht nun, wobei er sich auf [[Moses]] beruft, das [[Paradies]] mit dem [[Mutterschoß]] und interpretiert damit den zweiten Schöpfungsbericht, die Paradieseserzählung {{Bibel|1 Mos|2|5-25}}. Die [[Genesis]], das [[Wikipedia:1. Buch Mose|1. Buch Mose]], repräsentiert insgesamt die Empfängnis und Reifung des Menschen im mütterlichen Organismus.
 
{{Zitat|Nach Simon nämlich steht es so geschrieben. Moses nennt allegorisch den Mutterschoß Paradies, wenn man dem Worte glauben darf. Wenn nun Gott den Menschen im Mutterschoße bildet, d. i. im Paradiese, wie ich sagte, so muß das Paradies der Mutterschoß sein, Edem das Bauchfell, „der Fluß, der aus Edem entspringt, das Paradies zu bewässern“<ref>{{B|1 Mos|2|10}}</ref>, der Nabel. Dieser Nabel wird in vier Hauptströme geteilt; auf beiden Seiten des Nabels liegen zwei Arterien, Geisteskanäle, und zwei Venen, Blutkanäle. Wenn aber vom Bauchfell Edem ausgehend der Nabel dem Fötus um das Epigastrium einwächst, das man allgemein Nabel nennt..... die zwei Venen, durch die das Blut von dem Bauchfell Edem durch die sogenannten Pforten der Leber, die den Embryo nähren, fließt und getrieben wird; die Arterien, von denen wir gesagt haben, daß sie Kanäle des Geistes sind, umfassen auf beiden Seiten die Blase um die große Öffnung und vereinigen sich an der großen Arterie, an der sogenannten Aorta am Rücken, und so bewirkt der Geist, durch die Öffnungen ins Herz gelangend, die Bewegung der Embryonen.|Hippolyt von Rom|[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-9.htm Ref. VI,14]}}
 
Der Fluß, der aus dem [[Garten Eden]] entspringt und sich in vier Hauptströme teilt, entspricht der [[Wikipedia:Nabelschnur|Nabelschnur]]. Daraus bilden sich die fünf [[Sinne]]: [[Sehsinn|Gesicht]], [[Gehörsinn|Gehör]], [[Geruchssinn|Geruch]], [[Geschmackssinn|Geschmack]] und [[Tastsinn|Gefühl]] ([http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-10.htm Ref. VI,15]). Diese entsprechen zugleich, in der genannten Reihenfolge, den [[Wikipedia:Tora|Fünf Büchern Moses]].
 
Mit der [[Geburt]] erfolgt der Auszug ([[Wikipedia:2. Buch Mose|Exodus]]) aus dem mütterlichen Leib. Der Weg führt durch das [[Wikipedia:Rotes Meer|Rote Meer]] - nach Simon das [[Blut]] - zu den mühseligen und bitteren Lebenserfahrungen, die erst durch [[Moses]] verwandelt süß werden ([http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-10.htm Ref. VI,15]). Das Buch [[Wikipedia:3. Buch Mose|Levitikus]] handelt von Opfern und Opfergaben. ''„Wo immer aber Opfer ist, da entsteht Geruch von etwas Wohlduftendem durch die Brandopfer; für diesen Duft ist der Geruchsinn das Prüfungsmittel“'' ([http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-11.htm Ref. VI,16]) Voraussetzung für das Riechen ist aber die [[Atmung|Einatmung]].  Die Zunge ist das Organ des Geschmackes und der Rede; dafür steht das vierte Buch, [[Wikipedia:4. Buch Mose|Numeri]]: ''„Weil es alles bespricht, wird es mit dem Wort Zahl (Numerus) benannt.“'' ([http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-11.htm Ref. VI,16]) Das fünfte und letzte Buch, [[Wikipedia:5. Buch Mose|Deuteronomium]], ist die große Synthese aller anderen Bücher und steht für den Tastsinn: ''„Wie nämlich der Tastsinn die Wahrnehmungen der anderen Sinne durch Befühlen wiederholt und bestätigt, etwas als hart oder heiß oder feucht erweisend, so ist das fünfte Buch des Gesetzes die Wiederholung der vor ihm geschriebenen vier Bücher.“''
 
=== Die Zeugungslust des Feuers ===
 
Dass das Feuer das Zeugungsprinzip aller werdenden Dinge ist, liegt aber daran, dass darin die [[Begierde]], die Zeugungslust waltet. Durch sie wird der oben genannte «Siebente», der zuerst nur der [[Möglichkeit]] (potentiell) nach da war, zur [[Wirklichkeit]] ([[Aktualität]]) und damit gleich dem unendlichen, unveränderlichen Ursprung, dem göttlichen Quell.
 
{{Zitat|Die Zeugungslust aller zeugungsfähigen Wesen entstammt dem Feuer. Denn die Begier nach Umwandlung nennt man vom Feuer ergriffen werden. Obwohl es nur ein Feuer gibt, unterliegt es zwei Wandlungen. Im Mann wandelt sich das heiße, rötliche, feuerähnliche Blut in den Samen, im Weibe in Milch. Die Wandlung im Männlichen ergibt Zeugung, die Wandlung im Weiblichen Nahrung. Dies ist „das flammende Schwert, das gezückt ist, um den Weg zum Holz des Lebens zu bewachen“<ref>{{B|1 Mos|3|24}}</ref>. Es wandelt3 sich nämlich das Blut in Samen und Milch, und diese Kraft wird Vater und Mutter, Vater der Entstehenden und Nahrung derer, die genährt werden, keiner Sache bedürfend, sich selbst genügend. Das Holz des Lebens wird durch das gezückte flammende Schwert, wie wir gesagt, behütet, d. i. die siebente Kraft, die aus sich selbst entstammt, die alle in sich hat, die in den sechs Kräften liegende. Wenn nämlich das flammende Schwert nicht gezückt wird, wird jenes schöne Holz zerstört und vernichtet; wenn es aber in Samen und Milch verwandelt wird, so wird der, welcher der Potenz nach darin liegt, den ihm zustehenden Ruhm und den hervorragenden Platz, in dem das Wort erzeugt wird, erhalten und wie aus dem allerkleinsten Funken entstehend, größer werden und zunehmen, und er wird eine unendliche Kraft werden, unveränderlich, ganz ähnlich dem unveränderlichen [[Äon]], der in Ewigkeit nicht mehr entsteht.|Hippolyt von Rom|[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-12.htm Ref. VI,17]}}
 
=== Sige ===
 
[[Sige]] ({{ELSalt|σιγή}}, „Stille, Schweigen“), das „Schweigen“, die unsichtbare, unfassbare [[weiblich]]e Seite des unergründlichen männlich-weiblichen Schöpfungsursprungs, ist die ''eine'' und ''eigentliche'' Wurzel, aus der [[Nus]] (männlich) und [[Epinoia]] (weiblich) hervorgehen. Der oben genannte «Siebente» wird hier zum «Vater» - aber erst, nachdem er von der Epinoia so genannt wird.
 
{{Zitat|Zwei Sprossen gibt es unter den gesamten Äonen, die weder Anfang noch Ende haben, aus einer Wurzel. Diese Kraft ist die unsichtbare, unfaßbare Sige. Der eine von ihnen erscheint oben und ist die große Kraft, der Nus des Alls, alles verwaltend, männlichen Geschlechts; der andere unten, die große Epinoia, weiblichen Geschlechts, alles erzeugend. Daher haben sie Gemeinschaft, sich gegenseitig ergänzend, und lassen den Zwischenraum in Erscheinung treten, unfaßbare Luft, die weder Anfang noch Ende hat. In dieser weilt der Vater, der alles trägt und nährt, das Anfang und Ende hat. Dieser ist es, der steht, gestanden ist, stehen wird, eine männlich-weibliche Kraft, gemäß der vorher existierenden unendlichen Kraft, die weder Anfang noch Ende hat, in Einzigheit bestehend. Von ihr ausgehend verzweifachte sich die in Einzigheit bestehende Epinoia. Auch der Vater war einzig; die Epinoia in sich habend war er allein, zwar nicht der erste, doch vorherexistierend; indem er sich selbst erschien, verzweifachte er sich durch sich selbst. Aber er wurde nicht Vater genannt, bevor die Epinoia ihn nicht Vater nannte. So, wie er sich selbst durch sich hervorbrachte und sich selbst die eigene Epinoia zeigte, machte es die in Erscheinung getretene Epinoia nicht, sondern da sie den Vater gesehen, verbarg sie den Vater, d. i. die Kraft in sich, und so ist Epinoia auch männlich-weibliche Kraft; daher ergänzen sie sich gegenseitig — die Kraft unterscheidet sich nicht von der Epinoia — da sie eines sind. In dem, was oben ist, findet sich die Kraft, in dem, was unten ist, die Epinoia. Ihre Erscheinungsform ist nun folgender Art: obwohl eins, werden sie als zwei erfunden, der Männlich-Weibliche das Weibliche in sich habend. So ist der Nus in der Epinoia, die, voneinander getrennt, obwohl eins, als zwei erfunden werden. |Hippolyt von Rom|[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-13.htm Ref. VI,18]}}
 
=== Helena und Epinoia ===
 
Die schöne [[Helena (Mythologie)|Helena]] habe ihre Kraft und Schönheit erhalten, weil die [[Epinoia]] in ihr wohnte. Simon sei, wie er sagte, gekommen, um sie aus dem Gefängnis ihres Leibes - dem „Hurenhaus“ - zu erlösen. Hippolyt sieht darin allerdings nur einen Vorwand für die [[Wikipedia:freie Liebe|freie Liebe]], die die Simonianer angeblich gepflegt haben sollen.
 
{{Zitat|Helena sei das verirrte Schaf<ref>{{B|Lk|15|4}}</ref>; sie verwirre, in den Frauen wohnend, durch ihre wunderbare Schönheit die Kräfte in der Welt; so sei auch durch sie der trojanische Krieg entstanden. In der damaligen Helena wohnte die Epinoia und, da alle Mächte sie für sich beanspruchten, so entstand Zwist und Krieg, bei welchen Völkern immer sie sich zeigte. So wurden dem Stesichoros, der sie in Liedern geschmäht hatte, die Augen geblendet, dann schrieb er reuig Gesänge, in denen er sie verherrlichte, und erhielt das Gesicht wieder. Durch die Engel und die unteren Mächte, die die Welt gemacht, habe auch sie einen Leib bekommen und habe sich in einem Hurenhause in der phönizischen Stadt Tyrus aufgehalten, und er (Simon) habe sie dort bei seiner Herabkunft gefunden. Er sagt, er sei in erster Linie sie zu suchen gekommen, auf daß er sie von ihren Ketten löse, und er führte sie befreit mit sich herum und sagte, sie sei das verlorene Schaf, sich selbst nannte er die Kraft über alles. Der Lügner aber, in das Weibsbild, das Helena hieß, verliebt, hatte sie gekauft und hielt sie aus, und erfand diese Fabel, weil er sich vor seinen Schülern schämte. Sie aber traten in die Fußstapfen des Schwindlers und Zauberers Simon, führten sich ebenso auf und behaupteten, man solle unterschiedslos geschlechtlich verkehren: Jegliche Erde sei Erde, und es komme nicht darauf an, wo einer säe, wenn er nur säe; ja sie preisen sich selig wegen des allgemeinen Geschlechtsverkehrs, indem sie sagen, das sei die vollkommene Liebe, und: Der Heilige der Heiligen...... wird geheiligt; sie ließen sich nicht von einem eingebildeten Übel beherrschen; sie seien ja doch erlöst.|Hippolyt von Rom|[http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1767-13.htm Ref. VI,19]}}
 
Die Beziehung des [[Simon Magus]] zu Helena findet eine gewisse Entsprechung in [[Goethe]]s [[Faust-Tragödie]]. Helena ist hier ein Bild für die sich entwickelnde, ''unschuldig-schuldige'' [[Seele]]. Nach dem [[Wikipedia:Volksbuch|Volksbuch]] ''„Historia von D. Johann Fausten“'' des Buchdruckers [[Wikipedia:Johann Spies|Johann Spies]] soll sich [[Johann Georg Faust]] auch als ''Magus secundus'' bezeichnet haben - mit bewusstem Bezug auf Simon Magus, den ''Magus primus''.
 
== Gesamtüberblick ==
Einen kurzen Gesamtüberblick über die Äonologie der Simonianer gibt das folgende Schema des [[Wikipedia:Vereinigtes Königreich|englischen]] [[Theosophie|Theosophen]] [[G.R.S. Mead]]:
 
[[Datei:Aenologie der Simonianer (Mead).gif|center|700px|Die Simonianische Äonologie]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[G.R.S. Mead]]: ''[http://www.gutenberg.org/files/12892/12892-h/12892-h.htm Simon Magus]'' (1892)
* [[Immanuel Kant]]: [http://www.philosophiebuch.de/metannat.htm Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft] bei Philosophiebuch.de
* Erich Adickes: ''Kants Opus postumum'', dargestellt und beurteilt - Berlin : Reuther & Reichard, 1920. (Kant-Studien. Ergänzungshefte ; Nr. 50) - 855 Seiten
* [[Otfried Höffe]]: ''Immanuel Kant'', 7. Aufl. Beck, München 2007, ISBN 978-3406547621
* Holger Lyre: [http://www.lyre.de/Lyre-DZPhil2006.pdf Kants „Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft“: gestern und heute] (PDF; 281&nbsp;kB), in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 54 (3 /2006), 1–16


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references />
 
{{Navigationsleiste Immanuel Kant}}
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[[Kategorie:Gnostische Richtung|T]] [[Kategorie:Simonianer|!]]
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[[Kategorie:Geschichte der Physik]]
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[[Kategorie:Werk von Immanuel Kant]]
[[Kategorie:Philosophisches Werk]]
[[Kategorie:Metaphysik]]
{{Wikipedia}}

Version vom 13. März 2022, 19:17 Uhr

Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (Abk. MAN) ist der Titel eines Buchs des Philosophen Immanuel Kant. Es erschien 1786, ein Jahr vor Herausgabe der zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft (KrV).

Das Buch ist die Anwendung der in der KrV erarbeiteten Prinzipien über die menschliche Erkenntnis auf den Bereich der Physik. Bereits in der KrV hatte Kant gesagt, dass es sich bei dieser nicht um ein philosophisches System handele, sondern um einen "Traktat von der Methode". Die MAN sind eine Anwendung dieser Methode. Sie zeigen, wie die Grundsätze der Erkenntnis a priori als Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis der Natur gültig sind. Kant ging dabei davon aus, dass die von Isaac Newton formulierten Gesetze eine tatsächliche Beschreibung der Natur darstellen. Entsprechend der Unterteilung der Kategorien suchte Kant nach den Prinzipien, die der Physik a priori zugrunde liegen. Die der MAN zugrunde liegende Prämisse besagt, Bewegung sei die Grundbestimmung von sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen. Daher müsse der Begriff der Materie in Hinblick auf die darin enthaltenen vier Kategorienbereiche untersucht werden. Kant entwickelte entsprechend vier Untersuchungsbereiche.

  • I. Bewegung als Quantität ist Phoronomie
    Richtung und Geschwindigkeit kennzeichnen die relative Position eines Gegenstandes im Raum.
  • II. Bewegung als Qualität ist Dynamik.
    Anziehung und Zurückstoßung sind die Grundlagen der Raumerfüllung. Die Anziehung ist die Kraft der Gravitation. Kant (nicht, wie vielfach behauptet wird, Newton) formuliert als Erster das Konzept der instantanen Fernwirkung. Im Zweiten Hauptstück "Dynamik" (ein Terminus von Leibniz, siehe dessen Specimen Dynamicum von 1695) schreibt Kant in "Lehrsatz 7": "Die aller Materie wesentliche Anziehung ist eine unmittelbare Wirkung derselben auf andere durch den leeren Raum".
  • III. Bewegung der Relation ist Mechanik.
    In grober Anlehnung an Newton formulierte Kant drei Grundprinzipien der Mechanik.
  1. Bei Veränderungen bleibt die Quantität der Materie unverändert.
  2. Alle Veränderung von Materie hat eine äußere Ursache.
  3. Bei Veränderungen sind Wirkung und Gegenwirkung identisch.
  • IV. Bewegung als Modalität ist Phänomenologie.
    In Hinblick auf die Modalität wird Materie als möglicher Gegenstand der Erfahrung untersucht.

Kant betrachtete Physik als „strenge Wissenschaft“. Hiermit verband er die Auffassung, dass die Prinzipien der Physik vollständig und unbezweifelbar in einer mathematischen Formulierung darstellbar sind. Im Opus postumum Kants finden sich Aufzeichnungen, die zeigen, dass er die in den MAN aufgestellten Prinzipien nicht als endgültig betrachtete. In der Praxis haben die Grundsätze der MAN nur wenig Beachtung gefunden. Insbesondere seit der Aufstellung der Relativitätstheorie und der Quantenphysik gelten Kants Überlegungen zu den Grundprinzipien der Physik als überholt.[1]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Karen Gloy: Kant und die Naturwissenschaften – ihre Bedeutung für die Gegenwart, in: Andreas Lorenz (Hrsg.): Transzendentalphilosophie heute: Breslauer Kant-Symposium 2004, Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, 39–58.
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