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Qumran
Khirbet Qumran (arab. خربة قمران, DMG Ḫirbat Qumrān ‚die graue Ruine‘), meist nur Qumran oder Kumran genannt, heißt eine antike, in Ruinen erhaltene Siedlung auf einer flachen Mergelterrasse im Westjordanland nahe dem Nordwestufer des Toten Meeres. Der Ort war seit etwa 800 v. Chr. zeitweise besiedelt und bildete in der Antike einen Verkehrsknoten und zugleich strategisch hervorragenden Überblickspunkt und war wirtschaftlich mit benachbarten Oasen verbunden.[1] Die jüngste Siedlung wurde 68 n. Chr. im Zuge des jüdischen Aufstands gegen die Römer (66–70) von deren Legio X Fretensis zerstört.
Überblick
Seit den Funden der Schriftrollen vom Toten Meer in elf Felshöhlen der näheren Umgebung (1947–1956) wurden die Ruinen von 1951 bis 1958 vollständig freigelegt. Sechs der entdeckten Höhlen (Nr. 4, 5, 7–10) liegen in Sichtweite zur Siedlung. Sie wurden im Gegensatz zu den natürlichen Karsthöhlen (Nr. 1–3, 6, 11) von Menschen angelegt, zeigen aber keine Spuren von Bewohnung; nur in Höhle 8 wurde eine Gebetsriemenkapsel und eventuell eine Türpfostenkapsel gefunden. 1986 bis 1991 wurden bei einer systematischen Suche weitere 17 Höhlen mit Keramikresten und Kleinfunden darin entdeckt, darunter ein kleines in Palmfasern gehülltes Ölkännchen mit Öl. Dies gilt als Beleg dafür, dass einige Höhlen bei Qumran doch zeitweise bewohnt waren.[2]
Bei den Ausgrabungen wurden vor allem Münzen aus verschiedenen Epochen, Keramiken, verschiedene Werkzeuge und Alltagsgegenstände sowie überwiegend männliche, aber auch weibliche und kindliche Skelette gefunden. Die Deutung der Funde und ihr möglicher Zusammenhang mit den Schriften sind stark umstritten. Seit den späten 1980er Jahren entwickelte sich Qumran zu einer vielbesuchten Touristenattraktion.[3]
Der Leiter des ersten Grabungsteams, Roland de Vaux, stellte ab 1952 die Hypothese auf, es handele sich bei der Siedlung um ein Essener-Kloster.[4] Ausgangspunkt dieser Theorie waren die in Höhle 1 gefundenen Schriften, von denen eine (1QS) als „Sektenregel“ gedeutet wurde. Sie enthält Angaben über eine gemeinsame Kasse, gemeinsame Mahlzeiten, eine Probezeit für neue Mitglieder und die Möglichkeit, sie auszuschließen. Dies schien einige Merkmale der Essener, die antike Autoren nannten, zu bestätigen. In Höhle 1 wurde zudem die Damaskusschrift (CD) entdeckt: Deren Text war schon aus jüngeren Handschriften unter den ausrangierten Rollen einer Geniza in Kairo bekannt und wurde bereits essenischen Kreisen zugeordnet. Diese Annahme schien nun plausibel und bestimmte die Deutung der übrigen Schriften und archäologischen Befunde.
Das System von Wasserleitungen und Becken deutete de Vaux als Mittel für intensive rituelle Waschungen und Tauchbäder vor dem Betreten des Hauptversammlungsraums. Die Räume deutete er als Gemeinschaftsräume, denen er Namen aus der europäischen Klosterkultur (Skriptorium, Refektorium) beilegte. Die israelische Altertümerverwaltung machte sich sein Erklärungsmodell zu eigen, was sich auch in der touristischen Erschließung der Ausgrabungsstätte spiegelt.
Siehe auch
Literatur
- Millar Burrows: Die Schriftrollen vom Toten Meer. München 1957
- Millar Burrows: Mehr Klarheit über die Schriftrollen. München 1958
- Lena Cansdale: Qumran and the Essenes. A Re-Evaluation of the Evidence. Texte und Studien zum antiken Judentum. Bd. 60. Mohr, Tübingen 1990, ISBN 3-16-146719-1.
- Florentino García Martínez, Julio Trebolle Barrera: The People of the Dead Sea Scrolls. Their Writings, Beliefs and Practices. Brill, Leiden 1995, ISBN 90-04-10085-7.
- Ferdinand Rohrhirsch: Wissenschaftstheorie und Qumran. Die Geltungsbegründungen von Aussagen in der biblischen Archäologie am Beispiel von Chirbet Qumran und En Feschcha. NTOA, Bd. 32. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1996, ISBN 3-525-53934-7.
- Roland de Vaux: Die Ausgrabungen von Qumran und En Feschcha. Die Grabungstagebücher. Aufbereitet und herausgegeben von Ferdinand Rohrhirsch und Bettina Hofmeier. Novum testamentum et orbis antiquus. Series archaeologica 1A. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1996, ISBN 3-525-53980-0.
- Hartmut Stegemann: Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus. Herder, Freiburg i.Br. 1999 (9. Aufl.), ISBN 3-451-04128-6.
- Alexander Schick: Faszination Qumran – Wissenschaftskrimi, Forscherstreit und wahre Bedeutung der Schriftrollen vom Toten Meer. 2. Aufl. CLV, Bielefeld 1999, ISBN 3-89397-382-6.
- Jodi Magness: The Archaeology of Qumran and the Dead Sea Scrolls. Eerdmans, Grand Rapids MI 2003, ISBN 0-8028-2687-3.
- Yizhar Hirschfeld: Qumran – die ganze Wahrheit. Die Funde der Archäologie neu bewertet. Gütersloh 2006, ISBN 3-579-05225-X.
- Katharina Galor, Jean-Baptiste Humbert, Jürgen Zangenberg (Hrsg.): Qumran. The Site of the Dead Sea Scrolls – Archaeological Interpretations and Debates. Brill, Boston/Leiden/London 2006, ISBN 90-04-14504-4.
- Daniel Stökl Ben Ezra: Qumran: Die Texte vom Toten Meer und das antike Judentum (UTB 4681). Mohr Siebeck, Tübingen 2016, ISBN 978-3-8252-4681-5.
Weblinks
- Ferdinand Rohrhirsch, Universität Eichstätt: Chirbet Qumran im Netz (Fundlisten, Fotos, Lageplan, Basisinfos – 2004 eingestellt)
- Eine virtuelle Tour durch Qumran
- Bilder des Palestine Exploration Fund
- Norman Golb (University of Chicago, 20. Februar 2007): THE QUMRAN-ESSENE THEORY AND RECENT STRATEGIES EMPLOYED IN ITS DEFENSE (PDF-Datei; 629 kB)
Einzelnachweise
- ↑ Karlheinz Müller: Neutestamentliche Wissenschaft und Judaistik. In: Lutz Doering, Hans-Günther Waubke (Hrsg.): Judaistik und neutestamentliche Wissenschaft: Standorte – Grenzen – Beziehungen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008, ISBN 3-525-53090-0, S. 48 Anm. 71.
- ↑ Yizhar Hirschfeld: Qumran – die ganze Wahrheit. Die Funde der Archäologie – neu bewertet. Gütersloh 2006, S. 51f.
- ↑ Jodi Magness: The archaeology of Qumran and the Dead Sea Scrolls. Eerdman, Grand Rapids 2003, S. 1.
- ↑ Roland de Vaux: Archaeology and the Dead Sea Scrolls. Oxford University Press, London 1959, 1973. ISBN 0-19-725931-6.
Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Qumran aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |